Quelltext der Seite Negativpreis (Wirtschaft)

Der '''Negativpreis''' ist in der [[Wirtschaft]] ein durch den [[Verkäufer]] zu zahlender [[Preis (Wirtschaft)|Preis]] für [[Gut (Wirtschaftswissenschaft)|Güter]] oder [[Dienstleistung]]en.

== Allgemeines ==
Beim Negativpreis wird der [[Kaufpreis]] nicht wie üblich durch den Käufer entrichtet, sondern durch den Verkäufer. Der Negativpreis wird mathematisch ausgedrückt mit einer [[Negative Zahl|negativen Zahl]] und ist eine Preisangabe von <math>< 0</math>. Er ist ein Indiz für einen [[Markt]], der sich nicht im [[Marktgleichgewicht]] befindet, denn es gibt erhebliche [[Angebotsüberhang|Angebotsüberhänge]] und/oder signifikante [[Nachfragelücke]]n. Der Negativpreis ist dann der neue [[Gleichgewichtspreis]], auch wenn sich [[Angebot (Volkswirtschaftslehre)|Angebot]] und [[Nachfrage]] nicht im Marktgleichgewicht befinden. Finden sich genügend Käufer, die bereit sind, die [[Überbestand|Überbestände]] den Verkäufern gegen Erhalt eines Negativpreises abzunehmen, könnte sich wieder ein positiver Preis ergeben. Das wird jedoch kaum der Fall sein, weil die Käufer die Güter nicht [[verbrauch]]en oder nicht [[Lagerbestand|lagern]] können, weshalb es zu [[Angebotslücke]]n durch Drosselung der Produktion kommen muss. Auch der auf dieselbe Weise zustande kommende [[Negativzins]] ist ein Negativpreis.

== Rechtsfragen ==
Bei einem negativen Preis fehlt es nicht an einer [[Preisangabe]]; auch negative Preise sind Preise.<ref>[[Oberlandesgericht Düsseldorf]]: ''Beschluss vom 22. Dezember 2010, Az.: VII-Verg 33/10'' = {{Rspr|ZfBR 2011, 204}}</ref> Damit ist auch der Negativpreis ein Preis im Sinne des {{§|13|VOB-A|dejure}} Abs. 1 Nr. 3 [[VOB/A]]. Der [[Bundesgerichtshof]] (BGH) wies darauf hin, dass bei Arbeiten, bei deren Durchführung der [[Auftragnehmer]] [[vermögenswert]]e Güter erhält (wie etwa bei Bauarbeiten mit Abbruch- oder Ausbaggerungsgut oder bei Verwertung von Altpapier), es zu negativen Preisen kommen kann.<ref>BGH, Beschluss vom 1. Februar.2005, Az.: X ZB 27/04 = {{Rspr|BGHZ 162, 116}}</ref> Der Auftragnehmer darf bei seiner [[Preiskalkulation]] berücksichtigen, dass er bei der Durchführung von Arbeiten vermögenswerte Güter erhält und diese in seiner Kalkulation durch negative Preise zum Ausdruck bringen.<ref>Corinna Contag, Christian Zanner: ''Vergaberecht nach Ansprüchen.'' 2014, S. 42&nbsp;f. ([https://books.google.de/books?id=_y4gBAAAQBAJ&pg=PA43&dq=BGH+Abbruch-+oder+Ausbaggerungsgut books.google.de]).</ref>

== Beispiele ==
Auf der [[Leipziger Strombörse]] (EEX) wurde zeitweise über Weihnachten 2009 nicht der übliche [[Strompreis]] von 50 [[Euro]] je [[MWh]] vom Käufer verlangt, sondern die Käufer bekamen noch bis zu 200 Euro von den Verkäufern für die [[Abnahme]] gezahlt. Den Höhepunkt verzeichnete man vom 3. bis 4.&nbsp;Oktober 2009, als die Stromanbieter bis zu 1500 Euro zahlen mussten. Tatsächlich gab es auf dem Strommarkt ein [[Überangebot]], doch war es den [[Energieversorgungsunternehmen]] zu teuer, Kapazitäten ([[Kraftwerk]]e) herunterzufahren und diese erst bei neuer Nachfrage wieder hochzufahren. Anstatt dessen bevorzugten sie, zeitweise überzählige Energie mit Negativpreisen abzugeben. Da solche Konstellationen nur kurzzeitig waren, wirkten sie sich im Jahresdurchschnitt relativ gering aus. Außerdem legen die Energieerzeuger in der Regel die entstehenden Mehrkosten für die Negativpreise auf die eigenen Endverbraucher um.<ref>Hans.-J. Schmahl: ''Strom verrückt – teuer verschenkt.'' In: ''Märkische Oderzeitung.'' 31. Dezember 2009, S.&nbsp;5 ([http://www.moz.de/ moz.de]).</ref> Milde Witterung, mehr Solarstromangebot und die [[Corona-Pandemie]] sorgten auch im März 2020 für [[Überkapazität]]en und einen negativen Strompreis von minus 55 Euro/MWh.<ref>Jürgen Flauger: ''Stromverbrauch bricht wegen Coronakrise ein – mit drastischen Folgen für Großkunden.'' In: ''[[Handelsblatt]].'' 9. April 2020 ([https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energiewirtschaft-stromverbrauch-bricht-wegen-coronakrise-ein-mit-drastischen-folgen-fuer-grosskunden/25723474.html handelsblatt.com]).</ref>

Auch der [[Erdölpreis]] wurde während der Corona-Pandemie im April 2020 trotz einer Angebotsverknappung von 20 % durch die [[OPEC]] zum Negativpreis, denn [[Händler]] waren bereit, den Käufern für den Kauf von Erdöl einen Preis zu zahlen.<ref>Gerald Hosp: ''Was bedeuten Erdölpreise unter null, was sind die Folgen und wird Tanken günstiger?.'' In: ''[[Neue Zürcher Zeitung]].'' 21. April 2020 ([https://www.nzz.ch/wirtschaft/am-erdoelmarkt-ist-der-teufel-los-was-sind-negative-terminmarkt-preise-und-was-zeigen-sie-fuer-die-gesamtwirtschaft-auf-ld.1552791#subtitle-was-bedeutet-ein-negativer-preis-am-terminmarkt-f-r-erd-l-second nzz.ch]).</ref> So notierte der [[Standard (Ökonomie)|Rohöl-Standard]] [[West Texas Intermediate]] (WTI) an der [[Warenterminbörse]] [[New York Mercantile Exchange]] kurzfristig mit einem Negativpreis von 40 US-Dollar/[[Barrel]]. Grund hierfür waren die vollen Öllager, so dass der Negativpreis die [[Lagerkosten]] reflektierte. Die vorgenommene Angebotsverknappung war zu gering im Hinblick auf den krisenbedingten Nachfragerückgang, so dass der Erdölpreis weiter sank und schließlich einen negativen Preiswert erreichte. Hinzu kamen jedoch auch Fehlspekulationen bei [[Future]]s, wobei Käufer, die nicht am physischen Besitz von Rohöl interessiert waren, einen Preis für auslaufende [[Terminkontrakt]]e an Händler zahlten.

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Rechtshinweis}}

[[Kategorie:Wirtschaft]]
[[Kategorie:Preistheorie]]
[[Kategorie:Volkswirtschaftslehre]]
[[Kategorie:Ökonomischer Markt]]
[[Kategorie:Preispolitik]]
[[Kategorie:Energiehandel]]