Diskussion:Proportionslehre

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Gilt die Proportionslehre nur für die Kunst?

Die gesamte neuzeitliche Naturphilosophie (später: Naturwissenschaft), soweit man sie bei den anerkannten Gründervätern Galilei und Newton findet, ist in geometrische Proportionen (Verhältnisgleichungen A:B = C:D, bzw. A:B = C = konstant) gefasst. Siehe dazu: Galileo Galilei, Discorsi, deutsch (2015) bei Felix Meiner Hamburg (philosophische Bibliothek Nr. 678); Isaac Newton, Mathematische Grundlagen der Naturphilosophie (Principia), deutsch (4. Aufl. 2016) bei Academia Verlag Sankt Augustin). Newton betont sowohl in seinem Vorwort vom Mai 1686, als auch an anderen Stellen die Bedeutung der (antiken, euklidischen) Geometrie für die Naturlehre. Sie besteht insbesondere darin, dass die geometrische Proportionenlehre mathematische Beziehungen (Verhältnisse) zwischen natürlichen Entitäten verschiedener Art, wie Raum und Zeit, Kraft und Bewegung, darstellen kann. Newton stellt deshalb in den Principia seine geometrische Methode vor, als "Methode der ersten und letzten Verhältnisse, mit deren Hilfe das Nachfolgende bewiesen wird" (Erstes Buch, Abschnitt 1). Im anschließenden Scholium (nach Lemma X) erläutert er zusammenfassend, wie er die Verhältnisse zwischen "quantitates indeterminatae diversorum generum" mathematisch (geometrisch) behandelt, d. h. zwischen artverschiedenen natürlichen Entitäten. Zum Verständnis der Natur- und Bewegungslehre Galileis und Newtons gehört deshalb unbedingt die Kenntnis der geometrischen Struktur dieser Lehre, die z. B. Ernst Mach (1883) im Prinzip noch bekannt war (Ernst Mach, Die Mechanik in ihrer Entwicklung, Kapitel IV, 3 "die analytische Mechanik": "Newtons Mechanik ist eine rein geometrische... Die Methode Newtons wird, wie jene der alten Geometer, auch als die synthetische bezeichnet"). Die geometrische Tradition führt im Übrigen von Galilei zurück zu Bruno, Copernicus und zur platonischen Renaissance des 15. Jahrhunderts (Leonardo, Dürer), zur platonischen Akademie in Florenz, weiter zu Cusanus, und in der Antike zu Platon, der bekanntlich forderte, niemand solle in seine philosophische Akademie aufgenommen werden, der nicht zuvor sich in der Geometrie kundig gemacht hat. Es handelt sich dabei um eine nicht nur wissenschaftsmethodisch, sondern auch kulturgeschichtlich erstrangige Entwicklungslinie, die nicht einfach vergessen werden sollte, nur weil seit dem 18. Jahrhundert die arithmetisch-analytische Richtung beherrschend geworden ist. Ed Dellian. --91.37.150.49 11:20, 19. Apr. 2016 (CEST)