Benutzer:Cecilie Sophie von Heintze/Arbeitsseite (KU 2018)

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Mediale Kunstvermittlung für Kinder durch Märchen

Das Lemma Mediale Kunstvermittlung für Kinder durch Märchen thematisiert die kulturelle Erziehung, Förderung und Verbreitung von Kunst durch die kindliche Auseinandersetzung mit der spezifisch durch Bücher dargestellten Gattung der Märchen.

Theorie

Mediale Kunst-und Kulturvermittlung

Die Kunst ist ein kompliziertes Phänomen, das zwar keiner wirklich deuten kann und von unzähligen Emotionen abhängig ist, aber dennoch erfreut sie die Gesellschaft immer wieder schon seit hunderten von Jahren. Sie wird als Höchstentwicklung des kreativen Potentials des Menschen in der Versinnlichung seines intellektuellen, emotionalen und sozialen Vermögens angesehen. Aber auch Kultur spielt eine wichtige Komponente, die in Hinblick auf Kunst nur schwer voneinander trennbar ist. Kultur wird als eine Art Deutungsmuster von agierenden Personen in einem Metakonstrukt verstanden, um die vorhandene Welt als ihre zu erkennen und um in ihr handeln zu können.[1]

In der Kunst- und Kulturvermittlung wurden zahlreiche Strategien entwickelt, mit dem Ziel möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Die Intentionalität von Kunst- und Kulturvermittlung ist dabei in vielen Fällen implizit wirksam, wird jedoch meist nicht explizit benannt. Kunst- und Kulturvermittlung bewegt sich zwischen den zwei Polen und Zielen von Emanzipation und Disziplinierung. Es geht hier um unterschiedliche Positionen darüber, wer jeweils das Recht und die Möglichkeit hat, die Künste zu besitzen, zu sehen, zu zeigen und über sie zu sprechen. Damit zusammenhängend sind jeweils unterschiedliche Verständnisse von Bildung, also das Erlernen von bestehenden Wissensbeständen, die es zu rezipieren und zu reproduzieren gilt. Der Soziologe Pierre Bourdieu hat bereits Ende der 1970er-Jahre in seiner Studie „Die feinen Unterschiede“ festgestellt, dass „Kunst“ insbesondere als Mittel der sozialen Distinktion dient und als Abgrenzungsfunktion in Bezug auf Milieuzugehörigkeit eingesetzt wird, um das vermeintlich „Eigene“ vom vermeintlich „Anderen“ bzw. „Fremden“ abzugrenzen/zu unterscheiden.[2]

Die aktuelle Debatte um den Begriff Kunstvermittlung weist über die museumspädagogische Praxis hinaus und befasst sich zum Beispiel auch mit der Vermittlung in schulischen und außerschulischen Partnerschaften, mit Interventionen im öffentlichen Raum oder mit dem Zusammenhang von Kulturpolitik und kultureller Bildung. Kunstvermittlung wird dabei als angewandte Strategie verstanden, die nicht nur Wissen über kulturelle Projekte liefert, sondern auch den politischen und gesellschaftlichen Kontext sowie die Hintergründe der Beteiligten reflektiert.[3]

Kulturvermittlung wird generell für Situationen angewendet, bei denen Menschen über Kulturen, die Künste oder auch wissenschaftliche und gesellschaftliche Phänomene und Erkenntnisse informiert werden, über sie in einen Austausch treten und auf sie reagieren – sei es sprechend oder mit anderen Ausdrucksformen. Es handelt sich um ein Sammelbegriff, der unterschiedliche Praktiken umfasst und sich in einem Prozess ständiger Neubesetzung befindet. 

Kulturvermittlung folgt der etymologischen Bedeutung von Vermittlung im Sinne von «Mitte, in der Mitte befindlicher Teil», als das «zwischen zwei Dingen Befindliche». Kulturvermittlung bezieht sich auf die Rolle eines Mittlers zwischen Individuum, Kultur und Gesellschaft. Dazu zählen unter anderem:

  • Lehrende an Schulen und Hochschulen,
  • Kulturschaffende und kulturvermittelnde Studiengänge,
  • Kulturpolitiker und Medien, sowie
  • Eltern - im Sinne von Kultur- und Wertvermittlung.


Die Methoden und Techniken der Kunstvermittlung besitzen ein breites Spektrum. Auch in neuen Konzepten der Kulturpädagogik an Schulen spielt sie eine wichtige Rolle.[4]

Mediale Kunstvermittlung für Kinder

Carmen Mörsch, Leiterin des Institutes für Kunst und Bildung an der ZHDK Zürich grenzt verschiedene Vermittlungsansprüche von Kunst ab. Dazu schlägt sie die Unterscheidung zwischen affirmativer, reproduktiver, dekonstruktiver und transformativer Kunstvermittlung vor. Bezogen auf Kinder ist die reproduktive Kunstvermittlung in Betracht zu ziehen, bei der es sich um eine Form der Kunstvermittlung handelt, die die Funktion übernimmt, das Publikum von morgen heranzubilden und Personen, die nicht von alleine kommen, an die Kunst heranzuführen. In diesem Zusammenhang werden die Überwindung von Schwellenängsten und damit auch ein auf Selbsterhalt zielendes Interesse der Institution an einer Neugewinnung von Publikum virulent. Aber auch die dekonstruktive Kunstvermittlung ist für Kinder entscheidend. Diese Art der Kunstvermittlung hat die Aufgabe, die Bildungs- und Kanonisierungsprozesse gemeinsam mit dem Publikum, also den Kindern, kritisch zu hinterfragen und Kunst als dekonstruktives Potential anzuerkennen.[5]

Des Weiteren sind die Forschungsergebnisse von der Kinderpsychologin und Kognitionsforscherin Alison Gopnik heranzuziehen. Kinder verfügen, lange bevor sie lesen und schreiben können, über eine erstaunliche Lernfähigkeit und ein außergewöhnliches Maß an Phantasie und Kreativität. Kinder haben einen spontanen Einfallsreichtum, der ins Unermessliche geht, und je jünger sie sind, umso unkonventioneller gehen sie an Aufgabenstellungen heran. Grundvoraussetzung dafür ist, dass sich der erwachsene Mensch mit seiner Gedankenwelt zurücknimmt und die Kinder in der eigenen Umsetzung gewähren lässt.[6]

Märchen

Als Märchen bezeichnet man kurze Prosaerzählungen, die von fantastischen Vorgängen berichten. Tiere können sprechen, Menschen in Tiere oder Pflanzen verwandelt werden und übernatürliche Wesen wie Zauberer, Hexen, Riesen, Zwerge, Drachen und Feen spielen regelmäßig eine Rolle. Märchen beziehen sich nicht auf geschichtliche Orte, Zeiten oder Personen - das unterscheidet sie von Sagen und Legenden. Und sie haben eine verbindende Moral: Wenn Gut und Böse kämpfen, werden die Guten erst leiden, letztlich aber gewinnen.

Der Inhalt von Märchen ist oft grausam und gewalttätig - Mord, Kindesaussetzung und Verbannung sind an der Tagesordnung. Ursprünglich angedacht für Erwachsene, wurden Märchen erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts wegen ihrer Irrationalität und der Kinderliteratur zugeordnet.

Nach ihrer Entstehung unterscheidet man Volks- und Kunstmärchen. Die so genannten Volksmärchen wurden über sehr lange Zeiträume weitergegeben. Ihre Entstehung und ihr Verfasser sind daher unbekannt. Oft kursieren sie in verschiedenen Versionen in unterschiedlichen Ländern. Kunstmärchen sind neueren Datums, schriftlich fixiert und von bekannten Autoren verfasst. Häufig haben diese Dichter sich jedoch inhaltlich an der Erzählstruktur und der Naivität der Volksmärchen orientiert. Bekannte Märchendichter sind Ludwig Tieck, Clemens von Brentano und Hans Christian Andersen.

Die ersten Sammlungen von Volksmärchen stammen aus Italien, bald darauf folgten französische Werke. Auf deutschem Gebiet war im 17. Jahrhundert Johannes Praetorius der erste Märchensammler, dessen Werk auch für die Brüder Grimm nützlich werden sollte. Diese beiden, Jacob und Wilhelm, sind die ersten, die man in Deutschland heute mit dem Gedanken an Märchen verbindet. Sie sammelten Märchen aus verschiedenen Quellen und gaben sie erstmals 1812 als "Sammlung der Kinder- und Hausmärchen" heraus. Wenn ein Märchenbuch im heimischen Bücherregal steht, so ist es häufig dieses.

Weitere bekannte deutsche Märchensammler und -dichter waren Ludwig Bechstein mit seinem "Deutschen Märchenbuch" (1854) und Johann Karl August Musäus mit seinen "Volksmärchen der Deutschen" (1782-1786).[7]

Gerade in Büchern, die Märchen thematisieren, findet man oft künstlerische Untermalungen in Form von Bildern, Zeichnungen, Karikaturen oder Fotografien. Die künstlerische Gestaltung soll Kinder ansprechen, ihre Aufmerksamkeit bereits im jüngeren Alter generieren und aufrechterhalten.

Empirie

Im Zuge der Erforschung, inwiefern Kunst durch Märchen für Kinder vermittelbar ist, wurden zwei verschiedene Workshops im Rahmen der KinderuniKunst, die von Frau Silke Vollenhofer-Zimmel in Wien geleitet wird, besucht. Untersucht wurden zum einen die methodischen Aspekte der WorkshopleiterInnen, und zum anderen wurden Forschungsergebnisse aus der Empirie abgeleitet.

Diese Vorgehensweise der Feldforschung hat am 2. und 3. Juli 2018 in Wien, Hütteldorf stattgefunden. Dabei wurden die partizipierenden Kinder zweier Workshops beobachtet und auf ihr Verhalten analysiert. Die Kinder beider Workshops waren zwischen acht und 12 Jahre alt, wobei eine Gruppe aus ca. 12 Kindern bestand.

Zusätzlich zu der Beobachtung des Verhaltens der Kinder wurde eine ausgebildete Pädagogin, die beide Workshops leitete, zum Thema Kunstvermittlung für Kinder befragt.

KinderuniKunst

Die KinderuniKunst Kreativwoche besteht seit 2004 und ist ein Kooperationsprojekt der Universität für angewandte Kunst Wien, Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, der Akademie der bildenden Künste Wien und weiteren KooperationspartnerInnen im Kunst- und Kulturbereich. Die KinderuniKunst bietet abwechslungsreiche Kreativ-Workshops und Seminare unter künstlerischer und wissenschaftlicher Leitung unter dem Motto „Fanatasie, Neugierde und Experiment“ an. Die Kinder, deren Teilnahme an den Workshops kostenlos ist, können zwischen einem breiten Lehrveranstaltungsangebot von Architektur, Bildende Kunst, Film, Schauspiel, zeitgenössischer Tanz, Musik bis hin zu Mediengestaltung und vielen weiteren Kursen wählen.
Die KinderuniKunst Kreativwoche, die einmal im Jahr in der ersten Sommerferienwoche in Wien stattfindet, ist für alle Kinder von sechs bis 14 Jahren gedacht. [8]

Beobachtungen und Ergebnisse

KinderuniKunst Kinder beim Basteln.jpg

Der erste Workshop fand am Montag, den 2. Juli zwischen 09 und 14 Uhr in der Kinderbücherei der Weltsprachen in Hütteldorf statt. Der Kurs „Entfalte die Magie der Bücher“ befasste sich damit, den Kindern unterschiedliche Falttechniken von Büchern nahezubringen. Verwendet wurden alte Bücher, die der Bibliothekar der Kinderbücherei zur Verfügung gestellt hatte. Ziel der Kinder war es, ein komplettes Buch in einem bestimmten Faltmuster zu "verzaubern". Den Kindern hat das Falten der Bücher sehr viel Freude bereitet und es entstand ein kleiner Wettkampf in der Schnelligkeit des Faltens sowie des Schweregrades der verschiedenen Techniken. Außerdem interessierten sich die Kinder auch für die Illustrationen der jeweiligen Bücher. Einige verbrachten sogar ihre Pause damit, angeregt in den Büchern zu lesen und sich gegenseitig die Zeichnungen und Illustrationen zu zeigen. Im Anschluss an die Pause folgte eine Bastelstunde, in der Lesezeichen gebastelt wurden. Auch in dieser Stunde wurden den Kindern keine Grenzen gesetzt und sie konnten sich sehr vielseitig, kreativ und künstlerisch entfalten. Zum Abschluss des ersten Tages las der Bibliothekar aus dem Buch "Wenn ich ein Buch wäre" vor. Er bezog die Kinder beim Vorlesen stets mit ein, sodass diese zur inhaltlichen Auseinandersetzung angeregt wurden.

Der zweite Workshop fand am darauffolgen Tag zwischen 09 und 15 Uhr in der Bücherei Penzing in Hütteldorf statt. Ziel des Kurses war es, aus bestehenden Büchern bzw. Geschichten eine Szene zu kreieren. Dazu konnten sich die Kinder aus einer von der Bücherei bereitgestellten Box Kinderbücher aussuchen, die ihnen am besten gefielen. Aus den Büchern, die größtenteils Märchen beinhalteten, haben die Kinder dann verschiedene Illustrationen ausgeschnitten und diese dann dreidimensional auf eine Pappe geklebt.

Bastelarbeiten im KinderuniKunst-Workshop.png


So entstand eine neue Geschichte, die sie, nach der einstündigen Pause, vor den anderen Kindern vortrugen. Die Geschichten der Kinder waren sehr phantasievoll und detailliert ausgeschmückt. Alle Kinder meisterten die Ansprüche an Kreativität und Vorstellungsvermögen und gaben sich sehr viel Mühe in der Bastelarbeit und Vorbereitung, sodass ein kunterbuntes Ergebnis kreativer, künstlerischer Arbeiten entstand.

Conclusio

Während der beiden Workshops ließen sich verschiedene Phänomene feststellen, die sich von den Vermutungen der Observierenden unterschieden. Das Vorurteil, Kinder würden sich heutzutage lieber mit elektronischen Geräten, als mit Büchern beschäftigen, konnte falsifiziert werden. Letztendlich sollten Kinder durch Kreativität, Abwechslung und Integration zur Auseinandersetzung mit Literatur angeregt werden. Denn dann nehmen die Kinder Bücher auch dementsprechend wahr und begeistern sich für das Thema.

Kinder bevorzugen außerdem illustrierte Literatur, vorzugsweise mit großen, bunten Bildern und Zeichnungen. Die Art der Illustration spielt dabei keine ausschlaggebende Rolle. Kinder wagen sich zudem auch an dicke Bücher mit einer hohen Seitenanzahl. Erstens um sich von den anderen Kindern abzuheben und zweitens, weil sie sich selbst dazu ermutigen, auch große Bücher meistern zu können.

Während der Workshops fand ein angeregter Austausch zwischen den Kindern statt. Sie kommunizierten durch die Bücher und ihre Kreativität wurde gefördert. Neue Ideen entstanden sowohl individuell, als auch in kleinen Gruppen. Die Kinder waren nicht voreingenommen und waren friedlich, offen und kontaktfreudig bezüglich ihrer Mitmenschen.

Während der Auseinandersetzung mit der Literatur wurden Stereotype ersichtlich. So griffen Mädchen tendenziell eher zu rosafarbenen Büchern, während Jungen Bücher mit Rittern, Drachen oder Sportarten bevorzugten. Die Kinder schienen sich wirklich für die Literatur und ihre Vielfältigkeit zu interessieren, was sich auch an ihrem Verhalten, in den Pausen weiterzulesen, bemerkbar machte.

Die Kursleiterin des KinderuniKunst-Workshops, die hauptberuflich an der Universität für angewandte Kunst Wien arbeitet, erzählte in einem Interview, dass sie schon mit vielen verschiedenen Altersgruppen zusammengearbeitet hat. Dennoch seien ihr Kinder am liebsten, da diese kaum Anleitungen benötigen, wesentlich kreativer und mutiger seien, Dinge selbst auszuprobieren.

Zusammenfassend kann die These, dass Kunst durch Märchen für Kinder vermittelbar ist, verifiziert werden. Kinder beschäftigen sich nicht nur mit den vorhandenen Kunstwerken in Form von Illustrationen, Fotografien u.v.m., sondern sie erweitern auch ihren kreativen und künstlerischen Horizont.

Quellenverzeichnis

  1. Silke Vollenhofer-Zimmel: Reise in die Welt der Sinne. De Gruyter, Berlin 2016. S.16
  2. Making Art, Taking Part. Kritische Kunst- und Kulturvermittlung. In: https://www.takingpart.at/kontext-1/kritische-kunst-und-kulturvermittlung/
  3. Trunk, Wiebke. ifa-Edition Kultur und Außenpolitik: Voneinander ernen – Kunstvermittlung im Kontext kultureller Diversität. In: https://www.ifa.de/fileadmin/pdf/edition/kunstvermittlung_trunk.pdf (S. 13).
  4. Kulturvermittlung. In: https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturvermittlung#cite_note-2
  5. Trunk, Wiebke. ifa-Edition Kultur und Außenpolitik: Voneinander ernen – Kunstvermittlung im Kontext kultureller Diversität. In: https://www.ifa.de/fileadmin/pdf/edition/kunstvermittlung_trunk.pdf (S. 15-17).
  6. Silke Vollenhofer-Zimmel: Reise in die Welt der Sinne. De Gruyter, Berlin 2016. S.14
  7. Fudeus, Claudia: Was sind eigentlich Märchen? In: https://www.stern.de/kultur/buecher/hintergrund-was-sind-eigentlich-maerchen--3545204.html
  8. KinderuniKunst. In: https://www.kinderunikunst.at/de/die-kinderunikunst