Die Schattenlinie (Tankred Dorst)

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Die Schattenlinie ist ein Drama von Tankred Dorst, das am 28. Januar 1995 unter der Regie von Hans Hollmann im Akademietheater Wien uraufgeführt wurde. Klaus Emmerich brachte am 3. März desselben Jahres im Cuvilliés-Theater München das Stück auf die deutsche Bühne.[1]

Der Humanist Malthus, ein profunder Lessing-Kenner, verliert den Verstand, nachdem sein Sohn Jens einen Schwarzafrikaner erstochen hat.

Inhalt

Malthus ist mit der Lettin Lil verheiratet. Das Paar hat drei Kinder. Benny, der Älteste, ist geistig und körperlich behindert zur Welt gekommen. Siebzehn Jahre musste die Familie das „tierische Gebrüll“ aushalten, bis der Kranke „in der Anstalt“ aufgenommen worden war. Malthus verfasst in der Akademie für Erwachsenenbildung Aufklärungsvorträge – unter anderen zum Thema „Harmonie und Gewalt in den Kulturen der Menschheit“. Da der Staat die Arbeit dieser Einrichtung fördert, erscheint ihre Zukunft als finanziell gesichert. Malthus gilt bei den Kollegen in der Akademie als umgänglich, tolerant, doch manchmal penetrant moralisch. Dem Menschenfreund bereitet Jens, der jüngere Sohn, Sorgen. Der Junge bleibt mitunter tagelang von zu Hause fort. Wenn Jens gelegentlich von seinen Kumpanen brutal zusammengeschlagen wird, dann findet der Verprügelte das ganz in Ordnung. Alle Erziehungsversuche des Vaters prallen an dem glatzköpfigen Sohn, der Springerstiefel trägt, ab. Malthus nennt den Sprössling einen „spätpubertären Spinner“, der statt Lessing „rassistisches Geschmiere“ als Lektüre bevorzugt. Die Polizei hat Jens wegen eines Falles von Störung der Totenruhe schriftlich vorgeladen. Nachdem Malthus daraufhin seinem Sohn wieder einmal gar zu eindringlich Toleranz gepredigt hat, schlägt Jens die Wohnungseinrichtung kurz und klein. Der Vater bleibt mit blutigem Gesicht auf dem Schlachtfeld zurück und humpelt nur noch, nachdem er sich erhoben hat.

Jens ermordet Leo, einen Professor der Ökonomie aus Sierra Leone, mit zwanzig Messerstichen. Die Mutter Lil gibt Malthus – zumindest teilweise – Schuld an dem Verbrechen des Sohnes. Denn vom Vater habe er das Messer. Während der Gerichtsverhandlung stellt sich Malthus vor den angeklagten Sohn. Natürlich will der Richter den Vater nicht hören. Der Richter wartet auf Antworten des Täters. Letzterer schweigt sich aus.

Jensens dilettantischer Gefängnisausbruch scheitert. Malthus verlässt auf eigenen Wunsch seine Akademie und lebt getrennt von Ehefrau Lil und Tochter Jennifer in einem Wohnwagen auf einer Müllkippe. Als ihn die Tochter aufsucht, weiß er im Gespräch plötzlich nicht mehr, wer Lessing war. Zum Schluss des Stücks erscheint dem nun geisteskranken Malthus der Ermordete. Malthus singt und tanzt zu dem Phänomen.

Form

Erst im fünften der dreizehn Bilder werden dem Zuschauer die Augen geöffnet.

Ort der Handlung könnte eine Stadt in Deutschland sein. Bielefeld[2] ist es nicht.

Vereinzelt wird der Zuschauer schockiert wie im absurden Theater: Der Richter schlägt den anwesenden schwarzen Müttern während der Verhandlung ins Gesicht.[3] Und Jens sinniert nach seiner abscheulichen Mordtat über das „Wegputzen“[4]: „Die H-Bombe, hab ich gehört, die soll das Beste sein, löst den Menschen in Schleim auf, und so tropft er in den Gully.“[5]

Rezeption

Hörspiel

Literatur

Textausgaben

Sekundärliteratur

  • Jean-Pierre Sarrazac und Gérard Schneilin: Eintrag Absurdes Theater, S. 46–49 in: Manfred Brauneck, Gérard Schneilin (Hrsg.): Theaterlexikon. Begriffe und Epochen, Bühnen und Ensembles. Reinbek 1992. 1138 Seiten, ISBN 3-499-55465-8
  • Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): text + kritik Heft 145: Tankred Dorst. Richard Boorberg Verlag, München im Januar 2000, ISBN 3-88377-626-2.
  • Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren A–Z. Stuttgart 2004, ISBN 3-520-83704-8, S. 126, linke Spalte.

Einzelnachweise

  1. Verwendete Ausgabe, S. 375, letzter Eintrag
  2. Verwendete Ausgabe, S. 299, 14. Z.v.u.
  3. Verwendete Ausgabe, S. 288, 7. Z.v.u. und S. 288, 3. Z.v.u.
  4. Verwendete Ausgabe, S. 290, 12. Z.v.u.
  5. Verwendete Ausgabe, S. 290, 9. Z.v.u.
  6. Erken im Nachwort der verwendeten Ausgabe, S. 372, 17. Z.v.o.