Benutzer:GerhardSchuhmacher/Randental
Die Schweiz
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Randentalschaft
Historische Nennung
Die Randentalschaft kann als einheitlich bestehendes Territorium durch eine Überlieferung, die 1880 veröffentlicht wurde, bereits für das 10. Jahrhundert angenommen werden. Es handelt sich um einen Bericht mit dem Titel Die Abtretung des Randentales an Reichenau von Dr. Wanner, hier zitiert nach dem Sammelband Altes und Neues vom Randen, 1911, in Zweiter Auflage nach einer Erstausgabe von 1880.[1] Die Darstellung des Berichts ist erzählerisch verfasst, gewertet und zitiert sind hier die darin enthaltenen historisch aktuell als gesichert bzw. als ‚querverifizierbar‘ geltenden Informationen.
Hintergrund
Der Zeitraum ist beschrieben – etwa 20 Jahre nach dem Ungarneinfall 954 –; nach dem Tod des Alamannengrafen und Herzog von Schwaben, Burchard III.. Er hatte seine Güter seiner Frau Hadwig vermacht, die auf der gemeinsamen Residenz Twiel (dem Hohentwiel) blieb. Im Hintergrund entwickelte sich das neue Herrschaftsprinzip des Sachsenkaisers Otto dem Großen, der – im Gegensatz zu den Karolingern, die das Reich unter ihren Söhnen teilten – die Nachfolge an den (ältesten) Sohn einführte, um das Territorium in einer Hand zu erhalten. Zugleich begann Otto, die Erbfolge seiner Fürsten und Herzöge aufzuheben: Starb der Herrscher, so fiel sein Territorium dem Kaiser zu, der ohne Rücksicht auf die traditionelle Erbfolge in der Adelsfamilie den neuen Herrscher ernannte – der natürlich auch der familiäre Nachfolger sein konnte. Aber dies war eine Frage von Macht und Gunst.
Im Falle Burchards, der ohne Kinder blieb, sollte ‚nach altem Brauch‘ die Herzogin Hadwig nun die Herrschaft antreten und sie verhielt sich auch so. Letztlich konnte sie aber nicht das Herzogtum Schwaben von ihrem verstorbenen Gatten erhalten, sondern nur das alte Familiengut Burchards. Der neue Kaiser Otto II. setzte einen ‚Ottonen‘ als neuen Herzog von Schwaben ein. Zu dem Familiengut, das der Hadwig belassen wurde, zählte nach der Überlieferung auch die „Randen-Talschaft“.
Die Überlieferung
Die Überlieferung setzt ein mit einem Besuch Ottos, der mit Zeit und Reiseweg historisch gesichert und dem Reichenauer Abt Rudiman (Ruodmann, 972–985) in den Mund gelegt ist: „Kaiser Otto, den sie den Großen nennen, hat uns, als er im August des Jahres 972 aus Italien zurückkehrend, im Rheintal und in den Gegenden am Bodensee anlangte und hier St. Gallen, Kostnitz[Anm 1] und unser Gotteshaus besuchte, die Schenkung der Orte Trichtolfingen, Engeldorf und Rustindorf verheißen, allein der Tod ereilte den frommen Herrn vor der Zeit.“ Otto I. starb 973.
Geschildert werden anschließend die Feierlichkeiten um den Tod des Herzogs „Burkhard III.“ und der Unmut des versammelten Adels – unter anderen der „Baiernherzog Heinrich“ – über die neue Regelung der Übertragung von Macht [unter Otto II. (973–983)]. Heinrich: „Die Zeit der Selbstständigkeit der Herzöge ist dahin. Dem König gilt das Herzogtum weder als ein erbliches Lehen, noch macht er es von der Volkswahl abhängig, sondern er sieht in demselben nur ein Reichsamt, das er nach freier Entschließung erteilt und dem er nicht gewillt ist, irgend welche Vorrechte zu überlassen.“ (Dr. Wanner, 36). Der Konflikt von Otto II. mit dem Bayernherzog Heinrich II. sowie die Einsetzung des Kaiser-Neffen Otto 973 als neuem Schwabenherzog sind historisch.
Dies spricht auch für die Glaubwürdigkeit der Angabe, dass „außer verschiedenen kleineren Schenkungen [..] der Herzogin nur der erbliche Besitz ihres Gemahls frei und uneingeschränkt zur Verwaltung überlassen (war). Dem Kloster Reichenau waren die Ort- und Talschaften Schleitheim, Beggingen, Brunthofen, Thalen, Schlatt und Grimmelshofen, einst Gut der fränkischen Krone, als Eigentum bestimmt, jedoch mit dem Beding, daß die Nutznießung desselben der Herzogin Hadewig Zeit ihres Lebens zustehe.“ (Dr. Wanner, 34).
Damit ist eine Randentalschaft mit dem oben genannten Bestand, der damals auch Grimmelshofen einschloss, benannt.
Zustand der Talschaft
Nach dem Tod des Abt Rudimann/Ruodmann [985], der laut Überlieferung „die Abtei in gar üblem Zustande“ hinterlassen habe, gelang es seinem Nachfolger „Wittigow“ – sein Leben ist als Witigowo (985–966) als Erneuerer der Abtei überliefert – von der Herzogin Hadwig die Talschaft bereits zu deren Lebzeiten zu erhalten.
Sie ließ ihn rufen, nachdem „Abgesandte aus klett- und albgauischen Dorfschaften“ sie aufgesucht hatten und den Zustand ihres Landes beschrieben, das zum Erbgut der Hadwig gehörte. Die Männer berichten dem „Herrn von der Au“ von der Zeit, da „die wilden Hunnen in unseren Gau einbrachen, Alles plündernd, versengend, mordend.“ Es gelang wohl, „Frauen und Kinder in die Einöden des Schwarzwaldes“ zu bringen und nach vergeblichem Widerstand folgten ihnen auch die überlebenden Männer:
„Ob sie auch da von den Wütrichen ereilt und gemordet wurden, wissen wir nicht, nur Wenige sind aus ihrem Versteck in die Heimat wiedergekehrt. […] Wir sind außerstande, unsere Häuser neu aufzubauen und unsere Aecker und Weinberge wieder zu bestellen. Die Kirche liegt in Trümmern, kein Priester verkündigt das Wort Gottes und das Volk kehrt zurück in Unglauben und loses Wesen.“
Historischer Ungarneinfall
Die Forschung geht von zwei Ungarneinfällen entlang Bodensee und Hochrhein in den Jahren 926 und 954 aus. 926 wurde das Kloster St. Gallen geplündert und zerstört, vermutlich auch das Kloster Säckingen. Für den Rahmen der vorliegenden Randen-Überlieferung wäre dies ein zu früher Zeitpunkt, auch wird das Kloster St. Gallen im Text anfangs auch als ‚handelnder Akteur‘ genannt. So wird es sich um den Einfall im Jahr 954 gehandelt haben, dem vermutlich auch das Dorf Schwaben in der Rheinschleife bei Rheinau zum Opfer fiel und zu dem auch lokale Überlieferungen andernorts existieren.
Der Einfall 954 war der letzte, denn Kaiser Otto I. schlug mit einem neu aufgebotenen Heer die Ungarn 955 vernichtend in der Schlacht auf dem Lechfeld. An dieser Schlacht hatte auch Herzog Burchhard III. teilgenommen. Die heimgesuchten Landschaften konnten sich jedoch jahrzehntelang nicht erholen und oft wurden sie zudem von anfolgenden Seuchen niedergehalten.
Dem Abt erscheint als Gefahr auch der forcierte Burgenbau in der Region – die Förderung dieser Aktivität war auch eine Maßnahme der Ottonen gegen die Bedrohung durch die Ungarn. Genannt werden: Die Herren von Krenkingen, von Stühlingen und die Herren der Küssaburg. Lediglich der „Zürichgaugraf Manegold“ [nachgewiesen als: Manegold I., Graf im Zürichgau (* um 940/50, † 991)], erbaue eine Burg zum Schutz der Randentalschaft (Randenburg). (Dr. Wanner, 53).[Anm 2] Der Adel würde sich über kurz oder lang die noch freien, doch wehrlosen Bauernschaften aneignen.
Übertragung ans Kloster Reichenau
Die Abgesandten wandten sich an ‚ihre Herzogin‘ um Hilfe, doch sah sich diese aufgrund ihrer Entmachtung nicht in der Lage, wirksame Unterstützung zu leisten: Aus dieser Einsicht heraus überträgt sie die ihr noch zugesprochenen Territorien – hier: „das weite schöne Tal am Randen“ noch vor ihrem Ableben und unmittelbar an das Kloster Reichenau. Witigow nahm den Neuaufbau in Angriff – „Viele der geflüchteten und versprengten Talbewohner kehrten in ihre Heimat zurück. Aus den umliegenden zerstörten Ortschaften, aus dem nahen Schwarzwald zogen neue Einwohner herbei und siedelten sich dauernd an.“ Neben Schleitheim „auch Beggingen und Grimmelshofen entstanden wieder als Dörfer, während Thalen, Brunthofen und Schlatt nur noch als einzelne Höfe fortbestanden.“ (Dr. Wanner, 56).
Hinweis auf Juliomagus
Die Darstellung enthält auch einen Hinweis auf die ehemalige Römerstadt Juliomagus:
„Bei Anlegung der neuen Gebäude stieß man vielfach auf Überreste früherer Bauten, die sich wohl eine Stunde weit das Tal hinauf erstreckt haben mußten. Gut erhaltene Feuerstellen, schön eingelegte, farbige Fußböden, ja selbst Platten von Marmor wurden aufgedeckt und der Hofmeier erklärte, daß hier die Überreste einer uralten, vielleicht schon römischen Niederlassung vorlägen. Zum Teil wurde das aufgefundene Material, wie Türgerichte, Treppenstufen, Ziegel mit Inschriften, behauene Sandsteinplatten, steinerne Brunnenbecken, wieder verwendet. An anderen Orten, wo die Mauern über dem Erdboden heraufragten, die Lage aber nicht für eine neue Ansiedlung geeignet erschien, blieben dieselben stehen und man überließ es der Zeit, das Werk der Zerstörung allmählich, aber sicher fortzusetzen.“
in: Schleitheim
Ungarneinfall 954
Die ältere regionale Überlieferung lässt Rückschlüsse auf das ausgehende 10. Jahrhundert zu, in dem nach dem Ende der fränkischen, karolingischen Herrschaft in Mitteleuropa das Ostfrankenreich unter den Ottonen stabilisiert wurde.
10. Jahrhundert
Nach dem Tod Konrads I., dem es nicht gelang, die Großen des Reiches in seine Herrschaft einzubinden, war 919 die Königswürde erstmals nicht an einen Franken, sondern an einen Sachsen übergegangen. Zwar war Heinrich I. nur von den Franken und Sachsen gewählt worden, doch durch eine geschickte Politik der militärischen Unterwerfung und der anschließenden Freundschaftsbindung samt zahlreichen Zugeständnissen (amicitia und pacta) verstand er es, die Herzogtümer Schwaben (919) und Bayern (921/922) an sich zu binden.[2] Heinrich gewann auch Lothringen, das sich zu Zeiten Konrads dem Westfrankenreich angeschlossen hatte und gliederte es dem ostfränkischen Königreich wieder an (925).
Heinrich änderte die fränkische Tradition, in der Erbschaft das Reich jeweils unter den Söhnen zu teilen und bestimmte nur den Ältesten als Nachfolger.
Otto I., der ab 936 zunächst noch als König des Ostfrankenreichs herrschte, bestand nur mit Mühe die sofort folgenden internen Auseinandersetzungen.
Ungarneinfälle
Bereits unter seinem Vater Heinrich und dessen Vorgängern war es zu im Osten zu Angriffen ungarischer Reiterheere gekommen, die in den Quellen und auch späten Überlieferungen noch als „Hunnen“ bezeichnet wurden. Ein verheerender Zug durch Bayern und Alamannien hatte bereits 926 noch unter der Vorherrschaft Heinrichs stattgefunden. Die Territorien waren den Angriffen nicht gewachsen, zumal der Alamannen-Herzog Burchard II. aus machtpolitischen Gründen mit seinen Kriegern in Italien weilte und Ende April 926 bei Novarra fiel.
Augsburg, das von Bischof Ulrich verteidigt wurde, konnte sie durch neue Befestigungen noch abhalten, doch am 1. Mai plünderten und zerstörten die Ungarn Stadt und Kloster St. Gallen. Sie verheerten danach die Regionen am Hochrhein bis zum Kloster Säckingen. Herzog Arnulf, der inzwischen wieder in Bayern weilte, sah sich gezwungen, durch Tributzahlungen einen Frieden zu erkaufen.
Nach einer Niederlage 933 gegen ein ostfränkisches Heer und 943 gegen die Bayern, blieb die Hochrheinregion zwei Jahrzehnte verschont, doch als während eines Aufstandes gegen Kaiser Otto I. die Heere der Bayern und Schwaben nach Norden gezogen waren, nutzten die Ungarn die Situation und fielen 954 wieder in das Bodensee/Hochrheingebiet ein.
Zwar ist der Weg und die betroffene Region kaum zu rekonstruieren, doch zeigt die Überlieferung der Randen-Talschaft, dass das Hochrheingebiet betroffen war[Anm" 1]:
Wechsel des Herrschaftsprinzips
Ein karolingisches Herrschaftsprinzip war die Reichsteilung unter die Königssöhne. So geriet Alamannien in das Ostfrankenreich, das sich gegen Ende des 9. Jahrhunderts durch schwache Herrscher und innere Konflikte in Auflösung befand. Dies begünstigte große Adelsfamilien, die ohne eine ordnende Zentralgewalt die kleineren Adelshäuser in ihrem Besitzstand gefährdeten. Diese retteten ihre Territorien oft durch Schenkungen an Klöster wie der es für den Klettgaugrafen Gotsbert mit Vergaben an Rheinau Ende des 9. Jahrhunderts überliefert ist. So wie er konnten sich dann Grafen und andere Adlige zu Äbten der Klöster machen – dazu reichte ihre Macht aus und sie verfügten somit wieder über ihr Eigentum und die damit verbundenen Ressourcen. Da die Schenkungsurkunden in den Klöstern häufig erhalten blieben, gehen auf die Gotsbert-Vergaben zahlreiche „Erstnennungen“ von Klettgau-Orten zurück. Diese Zuweisung ist ein ‚wissenschaftliches Prinzip‘, die Orte sind faktisch alle viel älter, da sie geordnet und vielfach mit großen Gütern ‚verschenkt‘ wurden. Fast durchgängig führten die Schenkenden ihr ‚Seelenheil‘ als Begründung an; selbstverständlich ging es dabei um ökonomische Interessen, den Herrgott und das Volk konnte man dabei auch noch zufrieden stellen. Es hieß jedoch auch, unter den Klöstern lässt es sich besser leben als unter den Herren.
Die Macht der Klöster hatte sich im beginnenden 10. Jahrhundert ausgeweitet und im Kampf um den Königs- und auch Kaiserthron verblassten die Franken und die Sachsen gewannen an Kontur und Macht. Doch dann drangen die Reiterheere der Magyaren („Ungarn“) nach Westen und ihnen war anfangs die einheimische Heeresorganisation nicht gewachsen, die Bevölkerung war meist hilflos dem neuen „Hunnensturm“ ausgeliefert. 926 wurde auch St. Gallen und das Kloster niedergebrannt – dies ist überliefert, auch Säckingen und Basel wurden zerstört, und es dauerte drei Jahrzehnte, bis sich die Regionen in Bayern und „Schwaben“ (dem alten Alamannien) wieder erholten. 954 folgte die nächste Verheerung durch die Ungarn dem (heutigen) Hochrhein entlang. Allerdings hatte nun der neue (Sachsen-)Kaiser Otto I. das Reich wieder geordnet und eine Armee von Panzer(?)reitern aufgestellt, die 955 die Ungarn auf dem Lechfeld vernichtend schlugen. In dieses Szenario findet sich eine regionale Überlieferung ein, die vieles ausschmückt und in Dialogen erzählt, doch wichtige, überprüfbare Informationen enthält:
Anmerkungen
- ↑ Der Besuch Ottos am 28. August 972 zum Pelagiusfest im Bistum Konstanz ist dort nachgewiesen.
- ↑ Eine Verifizierung der meisten Angaben entzieht sich den Möglichkeiten, da die ersteren in Urkunden erst später genannt wurden – allerdings dann als bereits bestehende, teils mächtige Geschlechter.
Einzelnachweise
- ↑ Hrsg.: Freunde der Heimatkunde: Altes und Neues vom Randen, Buchdruckerei J. G. Stamm, Schleitheim 1911, persönlich als Herausgeber genannt: Anton Pletscher. In der Vorbemerkung der Hinweis auf die Erstausgabe von 1880.
- ↑ Gerd Althoff, Hagen Keller: Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe. Bd. 1–2, Göttingen u. a. 1985, S. 64f.; Gerd Althoff: Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert. Hannover 1992.
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