Benutzer:Burkanar/Schlacht um Schuscha (2020)

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Die Schlacht um Schuscha (2020) wird die Rückeroberung der aserbaidschanischen Stadt Şuşa (eingedeutscht Schuscha) in Bergkarabach durch aserbaidschanischen Streitkräft,9. November 2020 bezeichnet und stellt den Endpunkt des Krieges zwischen Aserbaitschan und Armien da, welcher nach der Einnahme Schuschas kapitulierte.

Hintergrund

Mit dem Zerfall der Sowjetunion Ende 1991 trat die seit Jahren eskalierende armenisch-aserbaidschanische Auseinandersetzung in ihre kriegerische Phase ein. Zu Sowjetzeiten galt Şuşa als einzige große aserbaidschanische Enklave innerhalb des mehrheitlich von Armeniern bevölkerten Autonomen Gebiets Bergkarabach, das wiederum zur Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik gehörte. Von den 17 Tausend Einwohnern, die die Stadt vor dem Sturm der Armenier zählte, waren 98 Prozent Aserbaidschaner. Die armenische Bevölkerung der Stadt war bereits zuvor, im September 1988, vertrieben worden.

Bereits ab Anfang 1991 befand sich die Stadt mit einigen Hundert Verteidigern in armenischer Einkesselung und war praktisch von der Außenwelt abgeschnitten. Zum Zeitpunkt des Angriffs war Elbrus Orudschow Militärkommandant von Şuşa auf aserbaidschanischer Seite. Seit Oktober 1991 nahmen aserbaidschanische Einheiten von der 1300 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Stadt, die tiefer liegende und nur 5 bis 7 Kilometer nördliche befindliche Hauptstadt Stepanakert (aserbaidschanisch Xankəndi), unter anderem auch mit Grad-Raketen, unter Beschuss. Durch den kontinuierlichen Beschuss hatte sich die Einwohnerzahl Stepanakerts bis Mai 1992 von ursprünglich 70.000 auf nur noch 20.000 reduziert. Die Einnahme der Stadt war daher von entscheidender strategischer Bedeutung für die armenische Seite, da die Stadt eine der zwei Straßen nach Armien kontrolliert.

Anlässlich der Vorfälle im Juli 2020 ging die aserbaidschanische Seite davon aus, dass Armenien mit den Vorstößen das Ziel verfolgte, die Ölpipeline Baku–Tiflis–Ceyhan und die Gaspipeline Baku–Tiflis–Erzurum in Tovuz zu treffen, die von internationaler Bedeutung sind und Energieressourcen des Kaspischen Beckens über Georgien und Türkei nach Europa transportieren. Auch die Bahnstrecke Kars–Achalkalaki–Tiflis–Baku als Teil des Transportkorridors Europa-Kaukasus-Asien durchquert die Gegend. Jerewan habe es auf die Beeinträchtigung der genannten Leitungen durch Einnahme der strategischen Positionen abgesehen. Aserbaidschanische Offizielle warfen der armenischen Führung vor, mit ihrem Vorgehen die Öffentlichkeit vom Lösungsprozess des Bergkarabachkonfliktes abzuwenden und eine zweite Frontlinie eröffnen zu wollen. Zudem vermutet man hinter der armenischen „Provokation“ die Absicht Russland und die von ihm geführte Organisation des Vertrages über Kollektive Sicherheit (OVKS), der auch Armenien angehört, in den Konflikt hineinzuziehen.[25] Ferner habe Armenien darauf abgezielt, die schwierige soziale und wirtschaftliche Situation vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie herunterzuspielen. Nach Auffassung des armenischen Premierministers Nikol Paschinjan wollte die aserbaidschanische Regierung mit massiven Militärschlägen Stärke demonstrieren und die Aufmerksamkeit von innenpolitischen Problemen ablenken. Die aserbaidschanischen Attacken hätten sich auf eine Region konzentriert, in welcher solche für Armenien am wenigsten zu erwarten wären.[27] Einen ähnlichen Standpunkt vertrat auch Außenminister Sohrab Mnazakanjan in einem Interview mit Sky News Arabia. Er beschuldigte außerdem die Türkei, die Lage in der Region destabilisieren zu wollen.

Angriff und Einnahme

ab dem 5. November berichtete Arzach von erheblich verstärkten Angriffen der aserbaidschanischen Armee mit Spezialeinheiten, Panzern, Luftwaffe, Artillerie und Drohnen und heftigen Kämpfen um Karin Tak und um Schuscha. Zu Kämpfen kam es auch in Richtung Stepanakert, das nur 10 km von Schuschi entfernt unterhalb im Flusstal des Qarqarçay liegt. Am Morgen des 8. November meldete Aserbaidschan, Schuscha sei „von der Okkupation befreit“. [1] Die armenische Seite wiedersprach dem am Abend, die schwere Kämpfe dauerten an, der nächste Tag würde mehr Klarheit über den Verlauf dieser entscheidenden Schlacht bringen. [2] Am selben Tag begann eine Evakuierung von Zivilisten, Journalisten und Soldaten.[ Am nächsten Morgen behauptete Armenien, es sei in der Nacht gelungen, die Gegner in der Region Karin Tak-Schuschi zurückzudrängen. [3] Nach weiteren Kämpfen meldete der Premierminister Armeniens, Nikol Paschinjan und die Armeesprecher Armeniens, die Kämpfe um Schuschi würden fortgesetzt. Dem widersprach am Nachmittag der Regierungssprecher von Arzach, Wahram Pogossjan, Schuschi sei komplett vom Gegner besetzt worden, die aserbaidschanischen Angriffe würden jetzt gegen Stepanakert fortgesetzt, und Arzachs Präsident Arajik Harutjunjan präsentierte sich mit dem Hauptquartier der arzachischen Armee als „Verteidiger von Stepanakert“. Ebenfalls im Verlaufe des 9. November meldete der aserbaidschanische Präsident eine wachsende Zahl von Dörfern als eingenommen, darunter Karin Tag, Taghaward, Awetaranoz, Sghnach, weitere Dörfer zwischen Hadrut und Scheker und zahlreiche weitere Dörfer an allen Frontabschnitten, die armenische Seite berichtete nur noch Erfolge in Karmir Schuka. [4] Insbesondere die Einnahme Schuschis war für Aserbaidschan von großem strategischen Wert: Hier kann die Hauptverbindung zwischen Armenien und Arzach blockiert werden und die Stadt liegt direkt oberhalb von Stepanakert, das von hier aus leicht beschossen werden kann. Wie der Präsident von Arzach, Arajk Harutjunjan, am 10. November ausführlich begründete, war die Verteidigung nach der verlorenen Entscheidungsschlacht um Schuscha gegen die überlegene aserbaidschanische Bewaffnung und Taktik [5] komplett zusammengebrochen und die Einnahme des übrigen Arzach nur noch eine Frage weniger Tage.

Folgen

Am Abend des 9. November unterzeichneten die Präsidenten Russlands und Aserbaidschans sowie der Premierminister Armeniens mit Zustimmung Arzachs gegen 9:00 Uhr ein Abkommen, die Kampfhandlungen am 10. November ein Uhr morgens einzustellen. [6] Es beinhaltet neun Punkte, auf die sich die Konfliktgegner geeinigt haben: Aserbaidschan und Armenien verpflichteten sich, ihre aktuellen Positionen einzufrieren. Armenien soll sich in mehreren Schritten aus den noch gehaltenen Gebieten um Bergkarabach zurückziehen und sie an Aserbaidschan übergeben. Eine 1960 Personen umfassende russische Grenztruppe übernimmt dem Abkommen nach die Beobachtung der Waffenstillstandslinie und des Latschin-Korridors, der weiterhin den Rest Arzachs mit Armenien verbinden soll. Aserbaidschan erhielt die Zusage freier Verkehrswege zu seiner Exklave, der autonomen Republik Nachitschewan, und die Grenzen zwischen beiden Staaten sollen geöffnet werden. Aserbaidschanische Flüchtlinge dürfen nach Bergkarabach und die umgebenden Gebiete zurückkehren. Das Abkommen gilt für 5 Jahre und verlängert sich automatisch, wenn keiner der Beteiligten widerspricht. Die Grundzüge des Abkommens – Rückgabe der Gebiete um das Kerngebiet Bergkarabachs an Aserbaidschan und die Selbstbestimmung der Armenier in Bergkarabach – waren ähnlich bereits Teil des gescheiterten Waffenstillstands vom 10. Oktober.

Einzelnachweise

  1. Telegram-Mitteilung des aserbaidschanischen Mediendienstes vom 8.11. 9:51 Uhr, Spiegel-Bericht von Christian Esch, 8.11
  2. Briefing mit Armeesprecher Howanissian am Abend des 8.11.
  3. Telegram-Mitteilung der armenischen Regierung vom 9.11. 7:25 Uhr
  4. TASS-Telegram-Wiedergabe der armenischen Erklärung
  5. Ron Synovitz: Technology, Tactics, And Turkish Advice Lead Azerbaijan To Victory In Nagorno-Karabakh
  6. https://www.aljazeera.com/news/2020/11/9/armenia-pm-says-signed-painful-deal-to-end-nagorno-karabakh-war