Heylandt Gesellschaft für Apparatebau

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Heylandt Gesellschaft für Apparatebau (Heylandt-Werke)
Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 1919
Auflösung unbekannt
Sitz Berlin-Mariendorf, später Berlin-Britz
Branche Herstellung von Sauerstofferzeugungsanlagen und Kraftfahrzeughersteller

Die Heylandt Gesellschaft für Apparatebau mbH war ein deutscher Hersteller von Sauerstofferzeugungsanlagen und Behältern für flüssige Gase. Nach dem Ersten Weltkrieg stellte die Firma vorübergehend auch elektrisch angetriebene Lastkraftwagen her.

Unternehmensgeschichte

Firmengründer und Namensgeber war Paul Heylandt, der am 6. Februar 1884 in Bad Sulza geboren wurde.[1] Bereits im jugendlichen Alter beschäftigte er sich in Erfurt, angeregt durch die Experimente von Carl Linde, während seiner Tätigkeit als Schlosser mit der Verflüssigung von Sauerstoff.

Nach zwei kurzlebigen Firmengründungen in Hannover und Hamburg übernahm Paul Heylandt im Jahr 1919 die Gesellschaft für Apparatebau A. R. Ahrendt & Co mbH, an der er zuvor als Teilhaber beteiligt war und die ihren Sitz an der Burggrafenstraße 1 (heutiger Seelbuschring 9–17) in Berlin-Mariendorf hatte.[2] Die Heylandt Gesellschaft für Apparatebau lieferte Flüssigsauerstoff und produzierte Anlagen für die Herstellung von Stickstoff und Sauerstoff.

Um 1921 baute Heylandt elektrisch angetriebene Fünf-Tonnen-Lastkraftwagen.[3]

In den 1920er Jahren wurde die Firma Heylandt führend im Behälterbau für flüssige Gase und stellte Anlagen zur Verflüssigung von Sauerstoff unter hohem Druck her. 1929 verlegte die expandierende Firma ihren Betrieb nach Berlin-Britz, Gradestraße 91–107, wo zuvor die Optisch-mechanische Anstalt C. F. Voth & Co. ihren Sitz hatte. Unter Beteiligung von Heylandt wurde hier um 1931 auch die Aktiengesellschaft für Industriegasverwertung als Konzerngesellschaft gegründet.

Raketenversuchsfahrzeug Höllenhund

Heylandt-Werke, Raketenfahrzeug auf Prüfstand

Anfang 1930 erhielt der Raketenforscher Max Valier bei Heylandt in Britz die Möglichkeit, ein Flüssigkeitsraketentriebwerk zu entwickeln. Dabei wurde er von den Heylandt-Entwicklungsingenieuren Alfons Pietsch, Walter Riedel und Arthur Rudolph unterstützt, die nach Valiers Unfalltod den Raketenmotor in ein Testfahrzeug namens „Höllenhund“ einbauten und damit Anfang Mai 1931 erfolgreich Versuchsfahrten auf dem Tempelhofer Feld durchführten.

Im Oktober 1931 beginnt eine Zusammenarbeit von Heylandt mit der Heeresprüfstelle, bei der Anfang 1932 ein Flüssigkeits-Raketenmotor entstand, der bis etwa 1937 dort zu Testzwecken verwendet wurde.

Beteiligung an der A4-Raketenproduktion

Im Zuge der großtechnischen Herstellung der A4-Rakete unter der Leitung von Wernher von Braun ab 1939/40 erhielt Heylandt Großaufträge für Planung und Herstellung von Sauerstoffanlagen für die A4-Rakete. Dafür waren auch Zwangsarbeiter im Einsatz.[4] Die Produktionsleitung und Koordination der Herstellungswerke im Deutschen Reich (Raderach bei Friedrichshafen, Zipf bei Salzburg und in Wittring in Lothringen (CdZ-Anschlußgebiet)), im besetzten Frankreich (bei Rouen) übernahm im Jahr 1944 der Ingenieur Walter Ruckdeschel von der Linde AG.[5] Linde hatte sich bereits 1922 an Heylandt beteiligt und diese 1941 als Tochterfirma übernommen.

Das Werk Gradestraße wurde 1943 bei einem alliierten Luftangriff zerstört.

Paul Heylandt kam im Juli 1945 unter ungeklärten Umständen in die Sowjetunion, wo er an der Raketenentwicklung beteiligt war. Er starb am 24. Juni 1947 in Moskau.[6]

Nachkriegsgeschichte

Auf dem Firmengelände an der Gradestraße begann die Linde AG um 1947 wieder mit der Herstellung und dem Vertrieb von technischen Gasen.[7]

Der Linde-Konzern Geschäftsbereich Linde Gas hat aktuell (2017) auf dem Grundstück eine Niederlassung zum Vertrieb seiner technischen Gase.

Literatur

  • Frank H. Winter/Michael J. Neufeld: Heylandt’s Rocket Cars and the V-2: A Little Known Chapter in the History of Rocket Technology, in: American Astronautical Society, History Series, Volume 21, San Diego/California 1997.

Einzelnachweise

  1. Erik Jaeger: Heylandt, Paul. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 84 f. (Digitalisat).
  2. Der Motorwagen vom 20. Mai 1919
  3. Motor Nr. 9 von 1921, S. 273
  4. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns, 1879–2004. München: C.H. Beck 2004, S. 181 f.
  5. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns, 1879–2004. München: C.H. Beck 2004, S. 175
  6. Erik Jaeger: Heylandt, Paul in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 84–85 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd139899200.html#ndbcontent
  7. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns, 1879–2004. München: C.H. Beck 2004, S. 200