Korbinian von Blanckenburg

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Korbinian von Blanckenburg

Korbinian von Blanckenburg (* 25. Mai 1979 in Göttingen) ist ein deutscher Volkswirt. Er ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsmathematik und Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo.

Werdegang

Korbinian von Blanckenburg studierte nach dem Abitur am Hainberg-Gymnasium Göttingen Volkswirtschaftslehre an der Universität Regensburg, der Universität Karlstad in Schweden und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Anschließend entwickelte er in seiner Doktorarbeit Testverfahren zur Beurteilung der Funktionsfähigkeit von Märkten.[1] Nach Stationen beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, der WINGAS GmbH und einem dreisemestrigen Lehrauftrag am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Kassel wurde er im Oktober 2013 zum Professor ernannt.[2] 2016 habilitierte er sich an der Universität Kassel, und es wurde ihm die Lehrbefähigung für das Fach Volkswirtschaftslehre erteilt.[3]

Virtual Reality Vorlesung

Korbinian von Blanckenburg entwickelt für seinen Youtube-Channel 360° Videos mit VR-Elementen. Mit diesen 360° Videos ermöglicht er seinen Studierenden eine ganz neue Möglichkeit die Vorlesung nachzuerleben. Der Unterschied zum herkömmlichen Lernvideo: Die Studierenden sehen nicht nur ihren Professor, sondern können sich mit einem Abspielmedium ihrer Wahl in einen virtuellen Vorlesungssaal begeben. Die Youtube-Videos ermöglichen einen 360-Grad-Blick durch den Vorlesungssaal inklusive Kommilitonen. Grafiken und Kurven erscheinen als anschauliches 3D-Gebilde im Raum. Die Zuschauer bekommen Aufgaben gestellt und müssen sich aktiv durch den virtuellen Raum bewegen, um mitrechnen zu können.[4] Die VR-Vorlesungen sind öffentlich unter youtube.com/wirliebenmathe zugänglich.[5]

Mathematik in der BWL

Korbinian von Blanckenburg ist Autor des Lehrbuchs "Mathematik in der BWL".[6] Dieses Buch ist bewusst anwendungsorientiert geschrieben, d. h. verständlich und mit diversen praktischen Beispielen. Es richtet sich an Studierende der Betriebswirtschaftslehre. Auf Beweise und Herleitungen wird weitestgehend verzichtet. Zur Vertiefung des Stoffes sind an vielen Stellen QR-Codes eingefügt, die zu Live-Mitschnitten und kurzen Zusammenfassungen aus den Vorlesungen von Korbinian von Blanckenburg verlinken.

Forschungsschwerpunkte

Forschung zur Zeitumstellung

Korbinian von Blanckenburg veröffentlichte zusammen mit seinem Koautor Julian Strauch eine Studie zur Stromersparnis privater Haushalte. Aus der Analyse geht hervor, dass es durch die Zeitumstellung im Vergleich zu einer reinen Sommerzeit nicht zu Energieersparnis kommt. Im Gegenteil, bei einer ganzjährigen Sommerzeit wird bei privaten Haushalten sogar weniger Strom verbraucht. Dies begründen die Autoren über die Spezifika des täglichen Stromverbrauchs: In den Abendstunden verbrauchen Haushalte die meiste Energie. Zudem wird weniger Strom verbraucht, wenn es heller ist. Im Umkehrschluss verbrauchen private Haushalte bei einem System mit ganzjähriger Sommerzeit weniger Energie als bei der Zeitumstellung, da so die Effekte von mehr Helligkeit in den Abendstunden bereits ab dem frühen Frühling genutzt werden können und nicht erst ab Ende März.[11][12][13] Bei der aktuellen Debatte der Abschaffung der Zeitumstellung auf EU-Ebene warnt Korbinian von Blanckenburg vor einem Flickenteppich in Europa. Wenn jedes EU-Mitgliedsland selbst entscheiden kann, ob es zukünftig bei Sommer- oder Winterzeit verbleibt, drohen vor allem ökonomische Schäden. Zusätzliche Zeitzonen würden sich negativ auf den Handel und die Auslandsinvestitionen auswirken.[14] Der Ökonom plädiert für eine abgestimmte europäische Lösung. Diese könnte beispielsweise aus weiterhin drei Zeitzonen bestehen. Vorstellbar wäre es seiner Meinung nach auch, das Verhalten, vor allem im Winter zu überdenken. Demnach sollten Schul- und Arbeitsanfangszeiten bei einer ganzjährigen Sommerzeit verschoben werden. So würde man den Effekt der längeren Abendhelligkeit nutzen und gleichzeitig nicht unter der längeren Dunkelheit am Morgen leiden. Diese Anpassung der Lebensweise an die Tageshelligkeit entspricht dann auch wieder dem natürlichen Biorhythmus – was klassischerweise als Gegenargument zur ganzjährigen Sommerzeit angeführt wird. Der Ökonom diskutiert darüber hinaus auch die Möglichkeit einer geregelten Weltzeit, wie sie auch schon die Piloten haben.[15]

Das System of Cartel Markers (SCM): Ein Kartellscreeningverfahren

Korbinian von Blanckenburg entwickelte mit seinen Koautoren Alexander Geist und Konstantin Kholodilin das so genannte System of Cartel Markers (SCM)[16]. Es handelt sich dabei um ein Kartellscreeningverfahren, das auf der Idee basiert, dass ein Kartell bei seinen Aktivitäten verdächtige Spuren in empirischen Daten hinterlässt.[17][18] Das SCM berücksichtigt dabei:

  1. Den Kapazitätsauslastungsgrad: Während der Kartellgründungsphase tendieren Kartelle zu einer Preiserhöhung und/oder Mengenreduzierung. Unter der Annahme, dass die Kapazitäten kurzfristig unverändert bleiben wird demnach eine geringe Kapazitätsauslastung erwartet.
  2. Die Korrelation zwischen Kapazitätsauslastungsgrad und Preisveränderung: Aufgrund ständig auftretender exogener Störungen wird davon ausgegangen, dass sich Märkte meistens im Ungleichgewicht befinden. Deshalb ist der Ansatz dieses Markers auf die Anpassung des Preises nach einer exogenen Störung gerichtet. So führt im Wettbewerb ein Nachfrageschock zuerst zu einer höheren Kapazitätsauslastung (die Anbieter sehen sich plötzlich vielen Anfragen gegenüber). Im nächsten Schritt wird eine Preisanpassung erwartet (nach einem positiven Nachfrageschock eine Preiserhöhung). Diese Korrelation lässt sich empirisch messen (wobei natürlich die Verzögerung beachtet werden muss). Grundsätzlich reagiert auch ein bestehendes Kartell auf exogene Veränderungen. Auf der Suche nach dem (neuen) Cournot-Level finden solche Anpassungen allerdings langsamer statt (Absprache innerhalb des Kartells). Eine Ausnahme stellt zudem die Kartellgründungsphase dar, denn hier werden Preise ja zunächst völlig unabhängig von der tatsächlichen Marktentwicklung getätigt (so lange bis das gewinnmaximale Level nach Meinung des Kartells erreicht wurde).
  3. Der Renditedifferenz (zu einer übergeordneten Industrie): Es werden Überrenditen erwartet.
  4. Korrelation zwischen Renditedifferenz und Kapazitätsänderungen: Auf einem Wettbewerbsmarkt wird ein positiver Zusammenhang zwischen der Renditedifferenz und den Kapazitätsänderungen erwartet. Erwirtschaftet eine Branche beispielsweise Überrenditen (weil die Produkte etwa in Mode gekommen sind), lockt dies einerseits neue Unternehmen an und führt andererseits zur Erweiterung der (ausgelasteten) Kapazitäten bisheriger Marktteilnehmer. Beide Effekte spiegeln sich in einer positiven Kapazitätsänderung für die Gesamtbranche wider. Im Gegensatz dazu führen Unterrenditen zum Ausscheiden von Teilnehmern und Kapazitätsreduzierung. In einer Kartellphase (wenn die Mitglieder ihre Investitionen absprechen) ist hingegen keine kurzfristige Kapazitätsveränderung zu erwarten, solange die vorhandenen (unterausgelasteten) Kapazitäten ausreichen. Es wird also sowohl für die Kartellgründung als auch in der Kartellphase die Unabhängigkeit von Renditedifferenz und Kapazitätsänderung erwartet.
  5. Verteilung der Preisveränderungen: Bei Kartellaktivitäten wird eine höhere Dichte der Preisveränderungsverteilung um Null erwartet, da Kartelle dazu neigen, Preise untereinander abzustimmen. Dies wurde zudem empirisch nachgewiesen.[19]

Mitgliedschaften

Auszeichnungen

  • Roman-Herzog-Forschungspreis Soziale Marktwirtschaft 2018[20]

Der Preis wurde von Blanckenburg für seine Habilitation „Entwicklung von wettbewerbsökonomischen Methoden zur Aufdeckung und Minderung von Marktmachtmissbrauch“ verliehen. Darin zeigt er Wege auf, um Wettbewerbsdefekte zu identifizieren und analysiert einschlägige empirische Fallbeispiele. Dabei geht es vor allem um Wettbewerbspolitik und Kartellbildung.[21]

  • Lehrpreis 2015 (Hochschule Ostwestfalen-Lippe)[22]

Den Lehrpreis erhielt von Blanckenburg für sein hohes Engagement bei seinen Vorlesungen.

Publikationen (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Entwicklung und Anwendung von ökonometrischen Testverfahren zur Koordinationsmängeldiagnose, Verlag Dr. Kovac; Auflage: 1., Aufl. (Oktober 2009)
  2. Korbinian von Blanckenburg neuer Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsmathematik an der Hochschule OWL
  3. Habilitationen und Berufungen. In: www.forschung-und-lehre.de. Abgerufen am 31. März 2016.
  4. Virtueller Hörsaal: Professor der TH OWL präsentiert seine Vorlesungen in 360 Grad
  5. Youtube Kanal - Korbinian von Blanckenburg. 27. Februar 2020, abgerufen am 27. Februar 2020 (deutsch).
  6. Mathematik in der BWL, 2. Auflage, Vahlen, München, 2019.
  7. The Effects of Gasoline Price Regulations: Experimental Evidence Justus Haucap, Hans Christian Müller, S. 10
  8. [1] Korbinian von Blanckenburg, Marc Hanfeld and Konstantin A. Kholodilin: A market screening model for price inconstancies : empirical evidence from German electricity markets , Berlin, DIW, 2013
  9. [2] Korbinian von Blanckenburg, Alexander Geist: Cartel detection : is market share volatility a significant indicator?, Intereconomics : review of European economic policy, Berlin, Springer, ISSN 1613-964X, ZDB-ID 2066476-X. - Vol. 46.2011, 4, S. 217–221
  10. Illegale Absprachen: Wie Kartelle systematisch aufgedeckt werden können, Wirtschaftsdienst 2010 /10, S. 670 ff.
  11. Stromersparnis der Zeitumstellung bei privaten Haushalten, in: Wirtschaftsdienst, Jg. 96 (2016), Heft 4, 265-272, doi:10.1007/s10273-016-1968-2.
  12. Für immer Sommerzeit, in: Süddeutsche Zeitung, 24. März 2017.
  13. Die Politik sollte die Zeitumstellung abschaffen, in: Handelsblatt 28. Oktober 2017
  14. Ökonom warnt vor unterschiedlichen Zeitzonen in Europa, in: Handelsblatt, 31. August 2018
  15. Zeitzonen haben Einfluss auf Wirtschaft, in: FAZ Woche, 8. März 2019
  16. Abstract: This paper considers enhancements of a comparatively new method to detect cartels, the System of Cartel Markers (SCM) Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
  17. Korbinian von Blanckenburg, Alexander Geist: Detecting illegal activities: the case of cartels, European Journal of Law and Economics, August 2011, 32(1), 15-33, doi:10.1007/s10657-010-9167-x
  18. [3] Korbinian von Blanckenburg, Alexander Geist: Illegale Absprachen: Wie Kartelle systematisch aufgedeckt werden können, Wirtschaftsdienst, 10/2010, 670-675
  19. [4] Korbinian von Blanckenburg, Alexander Geist and Konstantin A. Kholodilin: The Influence of Collusion on Price Changes: New Evidence from Major Cartel Cases, German Economic Review, 13(3), 245-256, 2013.
  20. Preisverleihung Roman Herzog Forschungspreis Soziale Marktwirtschaft am 19. Juni 2018. Abgerufen am 22. Juni 2018.
  21. 2018. Abgerufen am 2. Februar 2019.
  22. Herbstempfang der Hochschule OWL. 16. Oktober 2015, abgerufen am 12. November 2015.