Helmut Lent

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Helmut Lent im März 1943 mit Ritterkreuz, NS-Propagandafoto von Walter Doelfs (Propagandakompanie der Luftwaffe)

Helmut Lent (* 13. Juni 1918 in Pyrehne, Kreis Landsberg/Warthe; † 7. Oktober 1944 in Paderborn), zuletzt Kommodore des Nachtjagdgeschwaders 3, war ein Nachtjäger-Pilot der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg.[1]

Leben

Seriöse wissenschaftliche Literatur zu Lent liegt nach einem Gutachten des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes nicht vor.[2] Die folgenden Informationen zum Leben entstammen also mehr oder weniger zweifelhaften Quellen.

Helmut Lent war das fünfte Kind von Johannes Lent, einem evangelischen Pastor und Marie Elisabeth Lent geborene Braune. Lent hatte zwei ältere Brüder, Werner und Joachim und zwei ältere Schwestern, Käthe und Ursula. Seine Familie war sehr religiös, beide Brüder und auch seine Großväter waren Pastoren.[1]

Von Ostern 1924 bis Ostern 1928 besuchte Helmut Lent die örtliche Grundschule in Pyrehne. Sein Vater und seine älteren Brüder gaben ihm Nachhilfe als Vorbereitung auf die Zulassungsprüfung für das Gymnasium in Landsberg.[1]

Lent trat in das Jungvolk ein, der Kinder- und Jugendorganisation der Hitler-Jugend. Auch nach Erreichen der Altersgrenze blieb er in dieser Organisation und stieg in der Hierarchie auf. Von März 1933 bis April 1935 war er Jungzugführer (30–45 Kinder und Jugendliche) Vom April bis November 1935 war er Fähnleinführer (Anführer von 120 bis 180 Kindern und Jugendlichen), bis er das Jungvolk verließ.[1]

Lent trat 1936 in die Luftwaffe ein. Am 1. März 1938 wurde er zum Leutnant befördert und kurz vor dem Überfall auf Polen dem Zerstörergeschwader 76 zugeteilt. Er flog einen Zerstörer vom Typ Messerschmitt Bf 110 und erzielte am 2. September seinen ersten Luftsieg. Im Luftgefecht über der Deutschen Bucht am 18. Dezember 1939 gelang ihm der Abschuss zweier britischer Bomber vom Typ Vickers Wellington. Im Norwegenfeldzug 1940 schoss Lent weitere vier Maschinen ab und erhöhte seine Abschussbilanz auf insgesamt acht Tagesabschüsse. Schon nach seinen Abschüssen über der Deutschen Bucht wurde Lent als Kriegsheld in der NS-Propaganda stilisiert.[1] Seine Erfolge wurden in der Wochenschau präsentiert.[3]

Helmut Lent, 1942 (3. v. links), NS-Propagandafoto von Walter Doelfs (Propagandakompanie der Luftwaffe)

Anfang September 1940 begann Lent auf Nachtjagd umzuschulen und entwickelte sich hier zu einem Experten.

Am 30. August 1941 wurde Lent nach acht Tag- und 13 Nachtabschüssen das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen, am 8. Juni 1942 nach 41 Abschüssen das Eichenlaub zum Ritterkreuz. Am 4. August 1943 erhielt der inzwischen zum Major beförderte Lent die Schwerter zum Ritterkreuz mit Eichenlaub. Nach seinem 100. Nachtabschuss erhielt er am 31. Juli 1944 als erster Nachtjäger der Luftwaffe das Ritterkreuz mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten.

Am 5. Oktober 1944 startete Lent in Stade. Mit an Bord waren der Funker Walter Kubisch, der Kriegsberichterstatter Werner Kark in der Funktion eines Bordschützen und Hermann Klöss als zweiter Funker. Ziel war der Flughafen Paderborn, wo Lent den Luftwaffenoffizier Hans-Joachim Jabs für eine Besprechung aufsuchen wollte. Kurz vor der Landung in Paderborn stürzte das Flugzeug in eine Hochspannungsleitung. Kubisch und Klöss starben noch am selben Tag, Kark am nächsten Morgen und Lent zwei Tage nach dem Unfall.

Grab auf dem Garnisonsfriedhof in Stade

Beim Staatsbegräbnis in der Reichskanzlei am 11. Oktober 1944 hielt Hermann Göring die Totenrede.[4] Lent und seine Besatzung wurden am 12. Oktober 1944 unter großer Anteilnahme der Stader Bevölkerung auf dem Garnisonsfriedhof in Stade beigesetzt. Lent wurde postum zum Oberst befördert.

Auszeichnungen

Helmut Lent als Namensgeber

Nach Lent wurde 1964 in Rotenburg (Wümme) eine Kaserne der Bundeswehr benannt.[6] Josef Kammhuber, ehemaliger Vorgesetzter und nun Inspekteur der Luftwaffe, soll die treibende Kraft hinter der Benennung gewesen sein.

Am 2. Februar 2006 teilte der Standortälteste von Fürstenfeldbruck, Generalmajor Thomas Gericke, mit, dass die Straßen auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck durch den einheitlichen Namen „Straße der Luftwaffe“ neu benannt wurden. Damit änderte sich auch der Name der bisherigen „Lentstraße“.[7]

Ein Gutachten des MGFA ergab, dass die Benennung zwar im Einklang mit dem Traditionserlass von 1965 stand, aber dem aktuell gültigen Erlass aus dem Jahr 1982 nicht mehr entspreche.[2] Daraufhin erging ein Auftrag an die Standortverwaltung zu prüfen, ob der bisherige Name sinnstiftend sei, und anderenfalls eine Umbenennung vorzunehmen.[8]

Ein neueres und umfangreicheres Gutachten des Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr stellt fest, dass Lent sich zwar angepasst verhielt und auch keinen aktiven Widerstand gegen das NS-Regime leistete, aber sehr wahrscheinlich auch kein Anhänger der nationalsozialistischen Ideologie war, sondern sich vielmehr Hinweise auf eine gewisse Distanz ergeben. Der Gutachter führt diese Distanz auf die starke Prägung durch sein christlich-protestantisches Elternhaus zurück. So heiratete er 1941 eine gebürtige Russin, die jedoch, eine überzeugte Anhängerin des NS-Regimes, bereits zuvor einen „Ariernachweis“ erhalten hatte. Seine beiden Brüder waren als Pfarrer in der Bekennenden Kirche tätig und wurden durch die Gestapo bedrängt, woraufhin Lent seine Popularität zu Gunsten seiner Brüder einsetzte. Zudem soll er auf eine von ihm vorab verfasste Todesanzeige auf die übliche Floskel „gefallen für Führer, Volk und Vaterland“ verzichtet und lediglich ein Bekenntnis zu Christentum und Vaterland gestattet haben, während er seinen Angehörigen jegliche Bezugnahme auf den Nationalsozialismus untersagt zu haben scheint.[2]

Der Rat der Stadt Rotenburg nahm eine Vorlage des Bürgermeisters Andreas Weber an, die Kaserne um Beibehaltung des Namens zu bitten.[9] Die örtliche Diskussion um die Lent-Kaserne wurde überregional aufgegriffen.[10][11][12]

Im Mai 2017 erfolgte eine Diskussion der Soldaten und zivilen Mitarbeiter. Das Ergebnis des Votums war der Wunsch, den Namen beizubehalten.[13] Die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wollte Kasernen umbenennen, die nach Offizieren der Wehrmacht benannt wurden.[14]

Am 2. April 2018 verkündete der Kasernenälteteste Oberstleutnant York Buchholtz, dass die Kaserne umbenannt werden soll. Seit dem 8. Juni 2020 trägt sie den Namen Von-Düring-Kaserne.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Helmut Lent – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. a b c d e Peter Hinchcliffe: The Lent Papers. Cerberus Publishing Ltd, 2005, ISBN 978-1-84145-105-3.
  2. a b c Gutachten verfügbar über das Informationssystem des Landkreises: https://sessionnet.lk-rotenburg.de/sessionnet/bi/getfile.php?id=42998&type=do; vgl. die neuen Erkenntnisse mit einschlägigen Zeugnissen auf https://www.helmut-lent.de/
  3. tenghuamoye: Helmut Lent. 4. November 2006, abgerufen am 6. Dezember 2016.
  4. Hans-Peter Hagen: Husaren des Himmels: berühmte deutsche Jagdflieger und die Geschichte ihrer Waffe. Moewig, Rastatt 1998, ISBN 978-3-8118-1456-1.
  5. a b Veit Scherzer: Ritterkreuzträger 1939–1945. Die Inhaber des Eisernen Kreuzes von Heer, Luftwaffe, Kriegsmarine, Waffen-SS, Volkssturm sowie mit Deutschland verbündete Streitkräfte nach den Unterlagen des Bundesarchivs. 2. Auflage. Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2, S. 502.
  6. https://www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/rotenburg-ort120515/kaserne-verliert-namen-3578926.html
  7. https://www.merkur.de/lokales/regionen/fursty-poliert-geschichte-234397.html (25. April 2009)
  8. www.kreiszeitung.de 23. Mai 2014: Kaserne verliert Namen
  9. Der Name soll bleiben. In: Kreiszeitung. 22. September 2016 (kreiszeitung.de [abgerufen am 6. Dezember 2016]).
  10. Kommentar: Helden von gestern. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.weser-kurier.de. Archiviert vom Original am 6. Dezember 2016; abgerufen am 6. Dezember 2016.
  11. Rotenburg streitet über Umbenennung der Lent-Kaserne. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.weser-kurier.de. Archiviert vom Original am 6. Dezember 2016; abgerufen am 6. Dezember 2016.
  12. Nationalsozialist oder. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.radiobremen.de. Archiviert vom Original am 6. Dezember 2016; abgerufen am 6. Dezember 2016.
  13. Soldaten wollen Kasernennamen behalten. Abgerufen am 17. Mai 2017.
  14. mdr.de: Bundeswehrkasernen sollen Wehrmachtsnamen verlieren | MDR.DE. (mdr.de [abgerufen am 17. Mai 2017]). Bundeswehrkasernen sollen Wehrmachtsnamen verlieren | MDR.DE (Memento vom 17. Mai 2017 im Internet Archive)