Günther Rall

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Generalleutnant Günther Rall, Inspekteur der Luftwaffe (1970)

Günther Rall (* 10. März 1918 in Gaggenau; † 4. Oktober 2009 in Bad Reichenhall[1]) war ein deutscher Offizier, zuletzt Generalleutnant der Bundesluftwaffe. Im Zweiten Weltkrieg wurde er mit 275 Abschüssen zum dritterfolgreichsten Jagdflieger der Luftkriegsgeschichte. 1970 wurde er Kommandierender General des Luftflottenkommandos, von 1971 bis 1974 Inspekteur der Luftwaffe und 1974/75 deutscher Vertreter im NATO-Militärausschuss.

Leben

Kindheit und Jugendjahre

Rall wuchs in Gaggenau gemeinsam mit seiner älteren Schwester Lotte in einem konservativ-protestantisch geprägten Elternhaus auf. Sein Vater war zu jenem Zeitpunkt Prokurist bei der Eisenwerke Gaggenau AG. Nach dem Umzug nach Stuttgart war Rudolf Rall selbstständiger Kaufmann. Er war außerdem Mitglied im „Stahlhelm“ und stand – „im Herzen Monarchist[2] – der DNVP nahe. Günther Ralls Mutter Minna war sehr im kirchlichen Gemeindeleben engagiert und erzog ihre Kinder dementsprechend. Günther Rall besuchte das humanistisch geprägte Karls-Gymnasium in Stuttgart, bevor er 1935 auf die Napola Backnang wechselte, wo er im darauf folgenden Jahr sein Abitur ablegte.

Militärische Laufbahn

Günther Rall (Zweiter von links) nach seinem 200. Abschuss mit Kameraden, u. a. Walter Krupinski (Zweiter von rechts), Ukraine, August 1943

Wehrmacht

Nach dem Reichsarbeitsdienst trat er am 4. Dezember 1936 als Offizieranwärter in das Heer beim Infanterieregiment 13 ein. Am 1. Juli 1938 wechselte er als Oberfähnrich zur Luftwaffe, in der er nach Absolvierung seiner Ausbildung zum Jagdflieger als Leutnant dem Jagdgeschwader 52 zugeteilt wurde. In diesem Geschwader sollte er die meiste Zeit des Zweiten Weltkrieges verbringen. Seinen ersten Luftsieg errang er am 18. Mai 1940 bei Metz. Diesem sollten im Verlauf des Krieges noch 274 weitere bestätigte Luftsiege folgen. 1941 kam das Geschwader bei den Kämpfen von Kreta sowie beim Unternehmen Barbarossa zum Einsatz. Nachdem er im November 1941 abgeschossen worden war, musste er bis Juli 1942 wegen einer schweren Rückenverletzung im Wiener Universitätsklinikum behandelt werden. Dabei lernte er seine spätere Ehefrau Hertha kennen. Er kehrte in sein Geschwader zurück und wurde in der Folgezeit, gemessen an den Abschusszahlen, zum dritterfolgreichsten Jagdflieger der Geschichte nach Erich Hartmann und Gerhard Barkhorn. Er wurde wegen seiner Erfolge von der Propaganda zum Idol stilisiert und erhielt hohe Auszeichnungen. Diese Tatsachen halfen ihm im Jahre 1943, ein Gerichtsverfahren gegen sich ohne Konsequenzen zu überstehen (seine spätere Frau hatte im Jahre 1938 in Wien mehreren jüdischen Bürgern nach dem Anschluss Österreichs bei der Ausreise geholfen).[3]

Rall beim Aussteigen aus seiner Messerschmitt Bf 109 nach seinem 250. Luftsieg (Nov. 1943)

Im April 1944 wurde er, nunmehr im Rang eines Majors und mit 273 Luftsiegen zu diesem Zeitpunkt erfolgreichster Jagdflieger der Luftwaffe, zur Reichsverteidigung in den Westen beordert, wo er Gruppenkommandeur im JG 11 wurde. Am 12. Mai 1944 wurde er unmittelbar nach seinem 275. und letzten Luftsieg abgeschossen.[4] Mehrere Monate hatte er mit einer schweren Wundinfektion zu kämpfen. Im November 1944 wurde er Kommandeur der Verbandsführerschule des Generals der Jagdflieger. In den letzten zwei Kriegsmonaten führte er als Kommodore das JG 300. Bei der Kapitulation kam er in Kriegsgefangenschaft, aus der er bereits im August 1945 entlassen wurde. Danach arbeitete Rall zunächst als Manager bei der Abholzung von Wäldern im Südwesten Deutschlands mit, eine Maßnahme die aufgrund einer Borkenkäferplage notwendig geworden war. Später nahm er eine Tätigkeit bei der Firma Siemens & Halske auf. Seine Ehefrau war zunächst als Ärztin in einem Kinderkrankenhaus, später im Internat Schloss Salem (Baden) tätig; dort war auch Rall selbst zeitweise beschäftigt.[5]

Bundeswehr

Datei:GünterRall.png
Rall im Jahr 2004

Mit Wirkung vom 1. Januar 1956 wurde Rall als Major in die Bundeswehr übernommen. Von September 1956 bis März 1957 erhielt er eine Ausbildung auf der North American T-6 sowie der strahlgetriebenen Lockheed T-33. Dem folgte Ende 1958 die Einweisung auf den F-104 Starfighter, für die er als erster deutscher Pilot die Lizenz erwarb. Im Anschluss konnte er seine Erfahrungen in einer Verwendung als Inspizient der Jagdflieger im Allgemeinen Luftwaffenamt und als Leiter des Arbeitsstabs F-104 einsetzen. Nach Teilnahme an einem Lehrgang am NATO Defense College in Paris 1964 und einer letzten aktiven fliegerischen Verwendung als 2. Kommodore des JaboG 34 in Memmingen von 1964 bis 1966 wurde er auf Dienstposten in verschiedenen Kommandobehörden verwendet:[5]

Nachdem Rall bereits wegen der Unfälle mit dem „Starfighter“, die in seine Amtszeit fielen, in die öffentliche Kritik geraten war, führte eine weitere Affäre anlässlich einer Südafrika-Reise Ende 1974 zu seinem Ausscheiden aus dem Amt: Rall reiste unter falschem Namen und auf Kosten der südafrikanischen Regierung in das Land, das wegen der dort herrschenden Apartheid international in der Kritik stand. In Südafrika besuchte Rall das Atomforschungszentrum Pelindaba, sprach mit südafrikanischen Generälen und besichtigte militärische Einrichtungen. Offizieller Reisegrund war der Besuch eines im heutigen Namibia lebenden ehemaligen Kameraden. Am 1. Oktober 1975 entließ Bundesverteidigungsminister Georg Leber Rall. Der beim Ausscheiden übliche Große Zapfenstreich unterblieb,[6] auch weil die SPD-Fraktion angekündigt hatte, dem Zapfenstreich fern zu bleiben, woraufhin Rall selbst um die Absage der Veranstaltung gebeten haben will.[7] Er selbst betonte in seinen Memoiren zudem, dass der Besuch einen rein privaten Hintergrund gehabt habe und er ohne eigenes Zutun in Kontakt mit dem südafrikanischen Militär gekommen sei; einzelne Besuche bestimmter Anlagen zählt er allerdings nicht auf.[8]

Rall blieb auch nach seiner aktiven Dienstzeit der Luftwaffe verbunden. In den Jahren 2004/05 setzte er sich mit anderen ehemaligen Luftwaffen-Generalen erfolglos gegen die Entziehung des Traditionsnamens „Mölders“ beim Jagdgeschwader 74 ein, den er ihm während seiner Zeit als Inspekteur der Luftwaffe verliehen hatte. Der Traditionsname wurde im Januar 2005 vom Verteidigungsminister entzogen.

Auszeichnungen

Datei:Bundesarchiv Bild 146-1990-021-09A, Günther Rall.jpg
Porträt Hauptmann Günther Rall mit Eichenlaub zum Ritterkreuz, 1942

Werk

  • Günther Rall: Mein Flugbuch. Erinnerungen 1938–2004. NeunundzwanzigSechs, Moosburg 2004, ISBN 978-3-9807935-3-7

Privates

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Ralls Grab auf dem Friedhof St. Zeno in Bad Reichenhall

Während der Kämpfe wurde Rall vier Mal schwer verwundet und verbrachte insgesamt 15 Monate im Lazarett. Bei einem längeren Krankenhausaufenthalt 1941/42 in Wien wurde er von der Ärztin Hertha Schön behandelt, die er 1943 heiratete. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor, von denen zwei als Kleinkinder starben. Seit dem 4. Juli 1985 war Günther Rall verwitwet. Er starb an den Folgen eines Herzinfarktes.

Er lebte zuletzt in Bad Reichenhall.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Günther Rall – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Günther Rall gestorben
  2. So charakterisiert G. Rall seinen Vater in Mein Flugbuch, S. 17.
  3. Joachim Käppner, Kurt Kister: Fliegerheld Günther Rall über Heldentum. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Süddeutsche Zeitung. 5. April 2009, archiviert vom Original am 1. September 2009; abgerufen am 16. März 2016 (Interview).
  4. dabei kämpften 25 Flugzeuge der Luftwaffe gegen 900 schwere Bomber der US-Luftwaffe, geschützt durch 800 Jagdmaschinen (Beleg: Interview)
  5. a b Generalleutnant Günther Rall. Inspekteur der Luftwaffe von 1971 bis 1974. In: Geschichte der Luftwaffe. Bundesministerium der Verteidigung, 13. Juli 2015, abgerufen am 16. März 2016.
  6. Publicity vermeiden. In: Der Spiegel. Nr. 41, 1975, S. 27–30 (online). Fall Leber: Vier Depeschen, ein Dementi. In: Der Spiegel. Nr. 43, 1975, S. 23–25 (online).
  7. Rall: Mein Flugbuch. 2004, S. 322.
  8. Rall: Mein Flugbuch. 2004, S. 319–321.