Internationaler Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb
Der Internationale Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb (International Holocaust Cartoon Competition) wurde 2006 von der staatlichen iranischen Zeitung Hamshahri und 2016 vom iranischen Kulturinstitut Sarcheshmeh ausgerufen. Die Wettbewerbe waren jeweils erklärte Reaktionen nach Anschlägen auf Mohammed-Karikaturen publizierende Zeitungen. Der erste Wettbewerb wurde nach dem Mordversuch an dem Zeichner Kurt Westergaard, der zweite nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo angekündigt.
Geschichte
Erster Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb 2006
Die von der Teheraner Gemeindeverwaltung herausgegebene Zeitung Hamshahri rief im Februar 2006 zum ersten Wettbewerb auf. Insgesamt gingen 1.100 Zusendungen aus 60 Ländern ein.[1] Der Wettbewerb wurde unter anderem von UN-Generalsekretär Kofi Annan,[2] der Organisation Reporter ohne Grenzen[3] und der Anti Defamation League[4] scharf verurteilt.
Der Wettbewerb wurde als Reaktion auf die dänischen Mohammed-Karikaturen angekündigt. Sein Ziel sei nach Angabe der Initiatoren, herauszufinden, wie weit die Meinungsfreiheit der westlichen Gesellschaft gehe. Wenn das Veröffentlichen der Mohammed-Karikaturen durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei, müssten auch Holocaust-Karikaturen erlaubt sein. Der Wettbewerb wurde vielfach als Aufruf zur Holocaustleugnung kritisiert, und auch einzelne iranische Intellektuelle äußerten sich kritisch. Als Antwort auf den Wettbewerb wurde von Amitai Sandy und Eyal Zusman der Israelische antisemitische Karikaturen-Wettbewerb veranstaltet.
Der Redakteur Flemming Rose von Jyllands-Posten, der die Mohammed-Karikaturen veröffentlicht hatte, kündigte am 8. Februar 2006 an, die Holocaust-Karikaturen veröffentlichen zu wollen. Am selben Tag sagte der Chefredakteur Carsten Juste, dass Jyllands-Posten die Karikaturen nie drucken werde und dass Rose auf unbestimmte Zeit in Urlaub geschickt wurde. Rose entschuldigte sich Tage später und sprach von einem Fehler.[5] Die dänische Zeitung Information druckte sechs der Karikaturen im September 2006 ab.[6]
Am 1. November 2006 wurden die Sieger des Wettbewerbs bekanntgegeben. Der 1. Preis mit einem Preisgeld von 12.000 US-Dollar ging an den Marokkaner Abdellah Derkaoui. Den zweiten Preis mit einem Preisgeld von 8.000 US-Dollar teilten sich der brasilianische Karikaturist Carlos Latuff und, unter dem Pseudonym A. Chard, die Französin Françoise Pichard, die unter anderem für das rechtsextreme Magazin Rivarol arbeitet. Ihre Zeichnung bezieht sich auf die Thesen des Neonazis und Holocaustleugners Robert Faurisson,[7] der die „Gaskammer-Lüge“ zu Fall gebracht habe. Die übrigen Preise gingen an sechs iranische Staatsangehörige, einen Marokkaner, Jordanier, Syrer, Italiener und zwei Brasilianer. Der Marokkaner Naji Benaji verglich in seiner Zeichnung den Holocaust mit der Situation der Palästinenser: Eine kleine Anzahl Totenschädel steht neben einer Flasche voller Schädel.
Holocaust-Konferenz im Iran 2006
Auf den Internationalen Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb folgte im gleichen Jahr am 11. und 12. Dezember die Holocaust-Konferenz in Teheran.
Zweiter Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb 2016
Als Antwort auf die Mohammed-Karikaturen in der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo und anderen westlichen Medien kündigte das iranische Kulturinstitut Sarcheshmeh 2015 nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo einen zweiten Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb an.[8] Der Wettbewerb fand, wiederum in Teheran, im Mai 2016 statt und stieß auf weltweite Proteste und ein breites Medienecho.[9][10][11][12][13]
Literatur
- Christian Pape: Internationaler-Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb (2006). In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Band 7: Literatur, Film, Theater und Kunst. De Gruyter Saur, Berlin 2015, ISBN 978-3-11-034088-4, S. 184 ff.
Weblinks
- Die Gewinner des Wettbewerbs
- Die 232 eingereichten Cartoons
- Holocaust-Karikaturen ausgestellt. Iran reagiert auf Mohammed-Karikaturen, Neue Zürcher Zeitung, 15. August 2006
- Holocaust-Karikaturen prämiert, Stern, 2. November 2006
Einzelnachweise
- ↑ nzz.online vom 15. August 2006
- ↑ Moroccan wins first place in Iran Holocaust cartoon contest in: Haaretz, 1. November 2006
- ↑ Associated Press: Iran says Holocaust cartoon contest expresses hatred toward oppressors (Memento vom 16. Mai 2008 im Internet Archive), 2. November 2006
- ↑ Arab Media Review: Anti-Semitism and Other Trends July – December 2006 (Memento vom 6. August 2010 im Internet Archive), 24. Januar 2007
- ↑ Cartoon row editor sent on leave, BBC News, 10. Februar 2006
- ↑ Paper reprints Holocaust cartoons, BBC News, 8. September 2006
- ↑ Jürg Altwegg: Noam Chomsky und die Realität der Gaskammern. Zeit online, 21. November 2012
- ↑ Christiane Peitz: Iranisches Kulturinstitut lobt Wettbewerb für Holocaust-Karikaturen aus. In: tagesspiegel.de. 25. Februar 2015, abgerufen am 1. März 2015.
- ↑ Ausstellung in Teheran Bundesregierung verurteilt Holocaust-Karikaturen in Iran. In: Der Spiegel. 18. Mai 2016.
- ↑ Holocaust-Ausstellung: Karikaturen mit Beigeschmack Reinhard Baumgarten NDR/ARD 19. Mai 2016
- ↑ Judenfeindlicher Karikaturenwettbewerb Provokation der iranischen Hardliner von Daniel Steinvorth in Neue Zürcher Zeitung.
- ↑ Holocaust-Karikaturen Kalkulierte Provokation von Christoph Heinz in Frankfurter Allgemeine Zeitung. 21. Mai 2016.
- ↑ Karikaturen-Wettbewerb zum Holocaust an Iraner Uni: Deutsche Wissenschaftler sind empört von Susanne Klaiber in The Huffington Post. 27. April 2016.
Siehe auch
- Jesus with erection (Karikaturen)