Ramsin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. März 2022 um 09:24 Uhr durch imported>Catatine(2344009) (+Bild).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Ramsin
Koordinaten: 51° 36′ 45″ N, 12° 14′ 17″ O
Höhe: 93 m ü. NN
Fläche: 5,7 km²
Einwohner: 989 (31. Dez. 2008)
Bevölkerungsdichte: 174 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 2004
Eingemeindet nach: Sandersdorf
Postleitzahl: 06792
Vorwahl: 034954
Ramsin (Sachsen-Anhalt)

Lage von Ramsin in Sachsen-Anhalt

Barocke Dorfkirche Ramsin
Ortsansicht mit Dorfteich

Ramsin ist ein Ortsteil der Stadt Sandersdorf-Brehna im Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt.

Geografie

Der Ort liegt im westlichen Teil des Landkreises Anhalt-Bitterfeld und ist gut über die Bundesautobahn 9 und die Bundesstraße 100 zu erreichen.

Geschichte

Die erstmalige Erwähnung Ramsins ist für 1388 als Robesien urkundlich belegt. Im Jahre 1553 wurde das Rittergut Ramsin als Lehn- und Rittergut erstmals erwähnt.

1604 wurde die kleine, heute denkmalgeschützte Dorfkirche, ein verputzter Saalbau mit dreiseitigem Ostanschluss, im barocken Baustil errichtet. Der Kanzelaltar stammt aus dem Jahr 1700. Die Orgel auf der Westempore wurde 1892 in der Werkstatt des Zörbiger Orgelbaumeisters Wilhelm Rühlmann gefertigt.

Die Anlage des Ortsbildes deutet auf ein deutsches Angerdorf mit mehreren Ortsausgängen, Nebenstraßen und einem Dorfanger hin. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war Ramsin ein ländliches Dorf. Die Einwohner setzten sich aus Leinewebern, Tuchmachern, Hüfnern und Handwerkern zusammen. Als die Kohle- und Kiesgruben wie auch die Chemiewerke um 1900 entstanden, veränderte sich auch das Leben im Dorf. Die Leineweber und Tuchmacher stellten ihr Gewerbe ein und fanden in der Industrie eine neue Beschäftigung.

Der Ort gehörte bis 1815 zum kursächsischen Amt Bitterfeld.[1] Durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses kam er zu Preußen und wurde 1816 dem Kreis Bitterfeld im Regierungsbezirk Merseburg der Provinz Sachsen zugeteilt, zu dem er bis 1944 gehörte.[2]

Ramsin, Heideloh, Renneritz, Sandersdorf und Zscherndorf fanden sich 1992 zur Verwaltungsgemeinschaft Sandersdorf zusammen. Am 1. Juli 2004 wurde diese aufgelöst und Ramsin in die verwaltungsgemeinschaftsfreie Gemeinde Sandersdorf eingegliedert[3], die am 1. Juli 2009 nach weiteren Eingemeindungen in Sandersdorf-Brehna umbenannt wurde.

Wappen

Das Wappen wurde am 16. September 1998 durch das Regierungspräsidium Dessau genehmigt.

Blasonierung: „Schräglinks geteilt von Silber über Grün; oben ein schräggekreuztes schwarzes Bergmannsgezähe, unten eine silberne Ähre.“

Das Bergmannsgezähe und die Ähre stellen die beiden Haupterwerbszweige den Bergbau und die Landwirtschaft dar. Die grüne Tingierung nimmt Bezug auf die naturelle Umgebung der ehemaligen Gemeinde.

Es wurde durch den Magdeburger Heraldiker Jörg Mantzsch gestaltet.

Schulgeschichte

War es bis Ende des 16. Jahrhunderts üblich, dass ein intelligenter Handwerker, Schneider, Schuhmacher usw. den Dorfkindern bei sich zu Hause nebenbei das Lesen und Schreiben mehr schlecht als recht beibrachte, so änderte sich das 1610, als der damalige Rittergutsbesitzer Joachim von Hoyer die erste Schule in Ramsin bauen ließ. Das war ein einfaches Lehmhaus an der Ecke Mittelstraße – Heideloher Straße. (Seit 2007: „An den Linden“), den Ramsinern als „Eckschmidts-Haus“ bekannt. Das Gebäude überdauerte mehrere Jahrhunderte und wurde erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts abgerissen. Erster Lehrer an dieser Schule war Erasmus Faust.

Durch die Wirren des Dreißigjährigen Kriegs, Ramsin wurde überfallen und fast vollständig niedergebrannt, die wenigen Einwohner total verarmt, war für lange Zeit an Schulunterricht nicht zu denken.

Von 1808 bis 1819 war der Kinderlehrer Friedrich aus Köckern in der Einklassenschule in Ramsin tätig, gleichzeitig auch als Organist. Ihm folgte der Katechet aus Thalheim Gottfried Schulze. Nach dessen Ableben 1838 erhielt die Schulmeisterstelle Gustav Theodor Geleitsmann. Dieser führte gegen erheblichen Widerstand der Eltern den Handarbeitsunterricht ein. In der Schulchronik liest sich das so: „Große Widersätzlichkeiten hat die Gemeinde bewiesen, die widerstrebenden Eltern fügten sich erst nach wiederholt angedrohten Strafen“. Der Lehrer Geleitsmann übte sein Amt bis zum 1. April 1883 aus.

Nunmehr wurde der Vikar Gustav Thurm eingesetzt, der aber bereits am 18. März 1886 wegen Sittlichkeits-Delikten seines Amtes enthoben wurde. Bis Ende September wechselten die Vertreter kurzfristig. Erst am 1. Oktober 1886 wurde dann dem bisherigen Lehrer in Gollma, Arno Thurm, die Schul- und Küsterstelle übertragen. Er begann mit 154 Kindern (!). Sein Wirken endete im November 1893. Am 1. Dezember 1893 trat der Lehrer Kirsten aus Reinsdorf Kreis Nebra die Schul- und Küsterstelle an.

Die Nachfolgeschule wurde 1837 erbaut, nunmehr auf der linken Hofseite des „Gemeindeamtes“ in der Hauptstraße (seit 2007 „An der Kirche“). Dieser Lehmbau mit dem Giebel zur Straßenseite kostete damals 177 Taler, 25 Silbergroschen und 4 Pfennige. Weil der Lehrer zu dieser Zeit nebenbei noch Landwirtschaft betrieb, wurde auf der rechten Hofseite 1845 eine Schulscheune aus Lehm errichtete. Dafür musste vorher ein Streifen Land vom Nachbarn Hennicke für 9 Taler gekauft werden. Der Lehrer hieß damals Kantor, weil er in Personalunion auch Organist in der Kirche war. Ihm stand das sogenannte Kantorfeld in der Gartenstraße zur Bewirtschaftung zur Verfügung. (Die spätere Nutzung wird weiter unten geschildert.) Ab 1886 verpachtete der Kantor das Feld und zog dafür die anfallende Pacht als zusätzliches Einkommen ein. Neben den bereits geschilderten Einnahmen standen ihm auch Naturalien zu, z. B. Osterkorn, Osterkuchen, Michaeliskuchen. Auch waren Singeumgänge des Kantors mit den Schülern zu Neujahr und Ostern üblich, diese wurden 1879 von der Gemeindeversammlung ohne Entschädigung abgeschafft.

1872 wurde die 3. Schule im Garten der bestehenden Schule gebaut. Standort war das bis in die Neuzeit vorhandene Gemeindeamts-Gebäude. Es wurde als Klinkerbau ausgeführt und bestand aus einem Klassenraum und einer Lehrerwohnung. Das alte Schulgebäude wurde abgerissen, an dieser Stelle wurde 1887 ein Turn- und Spielplatz eingerichtet, Barren und Reck wurden aufgestellt.

Die Gemeinde Ramsin lehnte 1887 eine Auflage der Provinzial-Regierung zum Neubau einer Schule „wegen Armut“ ab und bat um zeitlichen Aufschub. 1887 mussten die Ramsiner und Renneritzer Kinder viermal im Monat zum Konfirmanden-Unterricht nach Roitzsch laufen. (Ramsin gehörte damals zur Kirchengemeinde Roitzsch) Die Industrialisierung der Region Bitterfeld hatte auch für Ramsin und Renneritz eine steigende Einwohnerzahl und damit verbunden auch größere Schülerzahlen zur Folge. Zehn und mehr Kinder pro Familie waren damals keineswegs eine Seltenheit.

Der inzwischen gegründete Kirchen- und Schulverband (Ramsin, Renneritz, Rittergut) beschloss 1896 den Bau einer größeren Schule. Die 4. Schule wurde in der Renneritzer Straße errichtet. Das erforderliche Gelände in der Größe von 1¼ Morgen (3125 m²) wurde vom Gutsbesitzer Gustav Hirsch für 2000 Mark gekauft. Der Schulneubau mit. Wirtschaftsgebäuden und einem Brunnen wurde mit 20500 Mark veranschlagt. Nach der Grundsteinlegung am 17. Juli 1896 fand die Einweihung bereits am 10. Oktober 1897 statt! Mit der Einweihung kam nun ein zweiter Lehrer, Herr Benno Kretzschmann. Zu unterrichten waren 176 Kinder. Leider wurde auch dieser Lehrer straffällig, so dass er am 11. April 1900 wegen Notzucht in vier Fällen vom Landgericht Halle/S. zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Weil die Schülerzahl immer mehr anstieg, mussten mehr Räume für den Unterricht geschaffen werden. Als Zwischenlösung wurden neue Schulbänke durch Tischlermeister Grube, Ramsin, Gräfe und Renneritz angefertigt und in die bestehende Schule gebracht. Die alten Bänke dienten im Tanzsaal der Gaststätte Greif in Renneritz für den Unterricht. Ein Teil der Ramsiner Schüler ging nun in Renneritz zur Schule. Die Lehrerstelle erhielt der Lehrer R. Koch.

Im Frühjahr 1899 brach eine Scharlachepidemie und Diphtherie aus. In kurzer Zeit starben 23 Kinder, in den Häusern Jaenicke und Spletter jeweils drei Kinder.

Am 27. Oktober 1911 begannen die Arbeiten zur Erweiterung der 1-klassigen Schule auf vier Klassen und zum Anbau von drei Lehrerwohnungen mit Warmwasserheizung und Duschbad. Für die Schule wurden Außenaborte, Wirtschaftsgebäude und ein neuer Brunnen vorgesehen. Während der Bauarbeiten wurde der Unterricht weiterhin abgehalten:

  • im Saal Gaststätte Reif (Renneritz) durch Lehrer Koch,
  • im Saal Gaststätte Laskosky (Ramsin) durch Lehrer Gießemann,
  • in der bisherigen Schulklasse durch Hauptlehrer Kirsten.

Es wurden gebaut bzw. umgebaut:

  • Vier Klassenräume mit je 57 m²
  • 1 Lehrerzimmer mit 47 m² im 1. Stock
  • 2 Flure à 47 m².

Dazu kam die Ausstattung mit Zentralheizung und fünf Duschen im Schulkeller. Am Rande des Schulhofs wurden Kastanien gepflanzt.

Trotzdem vom 9. Januar 1912 bis 12. Februar 1912 die Bauarbeiten wegen starken Frost ruhten, konnten die ersten drei Klassen am 1. Juli 1912 bezogen werden. Die Abnahme des Gesamtbaus erfolgte am 8. Oktober 1912. Eine schöne Leistung, wenn man bedenkt, dass diese kurze Bauzeit mit „Stein auf Stein“ ohne die heutige Technik erfolgte. Es sollten aber nur rund 20 Jahre vergehen, da stand man wieder vor der Tatsache: „Eine zweite Schule muss her.

Für den 5. Schulbau bot sich an das Gelände in der Gartenstraße „das Kantorfeld“ und das Feld von Gutsbesitzer Hauenstein zwischen Ramsin und Renneritz (heute Grundstück der Arztpraxis Dr. Fischer). Weil aber das Bauland 20000 Mark kosten sollte, war man entschlossen, möglichst das Kantorfeld zu bebauen. Hier ergab sich aber, dass die Besitzverhältnisse zwischen Gemeinde und Kirchengemeinde seit langem ungeklärt waren, so zog sich die Entscheidung ein Jahr lang hin. Endlich gelang es, zum 12. Januar 1931 ein Gremium zusammenzurufen, das eine bindende Entscheidung treffen sollte. Für die Kirchengemeinde nahmen 13 Persönlichkeiten teil, u. a. Pfarrer Ehle, Roitzsch und Konsistorial-Assessor Zöbe, Magdeburg, für die Kommune 23 Personen, u. a. Landrat Stammer, Bitterfeld und Amtsvorsteher Lützner, Ramsin, Schulrat Zinke, Bitterfeld, Rektor Pöschel, Ramsin, 3 (!) Regierungs-Bauräte, Merseburg.

Dieses Gremium legte fest: 1. Der Schulverband Ramsin-Renneritz erhält vom „Kantorfeld“ 8 Morgen (20.000 m²), begrenzt durch die Heideloher Straße und die Gartenstraße. Der hintere größere Teil verbleibt bei der Kirchengemeinde. 2. Ein Lehrer erhält für seine (nebenberufliche) Kirchentätigkeit eine Wohnung in der Schule Renneritzer Straße 3. Vorhandene Wertpapiere erhält die Kirchengemeinde 4. Mit Wirkung vom 1. April 1931 erfolgt eine Trennung zwischen Schulamt und Kirchenamt. Damit sind ab 1. April 1931 Schulverband und Kirchengemeinde getrennte Institutionen. Der Vergleich bedurfte der Genehmigung des Konsistoriums und der Provinzial-Regierung.

Die Schulsituation 1930–1931 sah so aus: 1930: 256 Schüler. Lehrer: Rektor Pöschel, Lehrer Müller, Lehrer Fritz Zimmer, Lehrer Georg Schmidt, Lehrer und Kirchenbeamter. Der seit Dez. 1919 tätige Lehrer Karl Zimmermann schied am 31. März 1930 aus und übernahm eine Stelle in Zscherndorf. Zur Verfügung standen vier Klassenräume. 1931: 288 Schüler, davon 74 aus Renneritz.

Von September bis Dezember litten die Schüler unter einer Krankheitsepidemie. Zeitweise waren 60 bis 70 Schüler an Diphtherie, Scharlach und Keuchhusten erkrankt, so dass nach den Herbstferien die gesamte Schule drei Wochen geschlossen werden musste.

Es wurde nun mit dem Schulbau in der Gartenstraße begonnen. Geplant war eine vierklassige Schule mit Lehrerzimmer; wegen fehlender Mittel wurde vorerst ein Zwei-Klassen-Bau im Erdgeschoss begonnen, der am 2. August 1933 übergeben wurde. Zwischen dem Baubeginn und der Schuleinweihung war inzwischen ein neuer Staat entstanden. Das wirkte sich auch auf die Feierlichkeiten zur Einweihung aus. Die Schulchronik berichtet dazu:

„Am 2. August fand die feierliche Einweihung unter Teilnahme von Schulrat Zinke, Landrat Habild, Regierungsbauleiter Köhler, Gau-Schulamtsleiter Prager, Amtsvorsteher Schmeil, Pfarrer Ehle und Baumeister Voigt statt. Unter Vorantritt der SA-Gruppe Sandersdorf und dem Ramsiner Kriegerverein zogen die Versammelten vom Schulhof zum Festplatz, wo die Schlüsselübergabe an den (Ramsiner) Rektor Pöschel erfolgte. Nach Gesängen und Gedichten hielt Rektor Pöschel die Einweihungsansprache für die neue Schule. Er dankte allen am Bau Beteiligten, vor allem der neuen Regierung für die finanzielle Unterstützung, ohne die der Bau nicht hätte ausgeführt werden können. Zur Namensgebung übergehend, verlas er ein Schreiben der Reichskanzlei, wonach der Reichskanzler persönlich damit einverstanden ist, dass die neu erbaute Schule in Ramsin den Namen „Adolf-Hitler-Schule“ erhält.“ Für die Verbesserung der Zuwegung wird am 6. September 1933 der Firma Philipp Holzmann, Bitterfeld, der Auftrag erteilt, für 9777 Reichsmark die Gartenstraße mit einer Betonfahrbahn zu versehen. Heute, nach 78 Jahren, kann diese immer noch genutzt werden.

Ab Herbst 1933 wurde für die Schulen der „Deutsche Gruß“ verordnet. Der Zeitungsartikel aus der „Fränkischen Zeitung“ von Nürnberg belegt, dass das mit „Deutscher Gründlichkeit“ erfolgte:

1934 wird erstmals verordnet, dass ein Teil der Schulentlassenen ein Landjahr absolvieren muss.

Die Schulkinder führen am 9., 11. und 13. März „Wilhelm Tell“ im Saal der Gaststätte Brautzsch auf. Die Bühneneinrichtung hatte Lehrer Zimmer geschaffen, die Einübung des Stücks lag in den Händen von Lehrer Schmidt. Vom Reinertrag wurden 30 RM für die „Winterhilfe“ gespendet, für 78,50 RM wurde ein Lichtbildapparat gekauft.

Zum Tode des Reichspräsidenten von Hindenburg am 2. August 1934 nahm auch die Ramsiner Schule regen Anteil. Vom 2. bis 7. August läuteten die Glocken von 20.00 bis 21.00 Uhr. Die Beisetzungsfeierlichkeiten am 7. August in Tannenberg hörten die oberen Klassen im Radio gemeinsam mit an. Lehrer und Beamte hatten 14 Tage lang Trauer angelegt.

Nach den Herbstferien 1934 wurde der „Reichsjugendtag“ eingeführt. Die 33 Knaben und 43 Mädchen der oberen Klassen erhielten nun am Samstag je zwei Stunden „nationalpolitischen Unterricht“ und je zwei Stunden „Leibesübungen“ und Basteln.

Am 1. November 1934 besuchen 244 Ramsiner Kinder und 84 Kinder aus Renneritz die Ramsiner Schule. Bis auf sechs Kinder, die dem katholischen Glauben angehören, sind alle evangelisch. Nachdem im März 1935 die allgemeine Wehrpflicht eingeführt war, wurde wenige Monate später für alle Deutschen beiderlei Geschlechts im Alter von 18 bis 25 Jahren die Arbeitsdienstpflicht verkündet. Für 6 Monate hatten sie Tätigkeiten für die Allgemeinheit zu verrichten. Am 24. September 1935 werden beim Elternabend die „Jugendwalter“ berufen, die den bisherigen Elternbeirat ablösen. Dann wurde die Elternschaft „über die Ausbildung und die Ziele der Hitlerjugend“ aufgeklärt. Am 15. April 1936 werden 20 Knaben und 24 Mädchen eingeschult. Insgesamt sind nun 323 Kinder in der Schule von Ramsin.

Am 5. September 1936 verstarb auf einem Schulausflug (mit Fahrrädern!) mit den oberen zwei Klassen infolge eines Herzversagens der seit 1. November 1928 tätige Rektor Pöschel. Er fiel vor dem Gertraudenfriedhof in Halle (S.) vom Rad. Nachfolger war Max Klapproth als Hauptlehrer, ab 1. April 1940 als Rektor.

Der erste Einschnitt in die Versorgung, von dem leider auch die Kinder nicht unerheblich betroffen waren, erfolgte im Herbst 1936. Die Butter wurde rationiert und „Buttermarken“ ausgegeben.

Auf Anordnung des Kreisarztes musste die Schule vom 8. bis 15. Dezember 1936 geschlossen werden, weil ein Drittel der Kinder an Grippe erkrankt waren.

Am 7. April 1937 werden 44 Kinder eingeschult . Es unterrichten jetzt sechs Lehrkräfte 330 Kinder. In der achten Klasse gipfelte der Mathe-Unterricht im Wurzelziehen nach der rechnerischen Methoden , im Fach Deutsch musste bis zur Schulentlassung Schillers „Lied von der Glocke“ auswendig gelernt werden. Als Ostern 1938 34 Schüler die Schule beenden, ist eine Entscheidung über die Berufswahl nicht mehr möglich. Die Lehrstellenvermittlung erfolgt jetzt ausschließlich über das Arbeitsamt.

Im September 1938 erfolgte eine teilweise Beschlagnahme der Schule in der Renneritzer Straße. Sie wurde mit einer Einheit der Flak-Truppen belegt, die in Alarmbereitschaft waren, für den Fall, dass es zum Kriegsausbruch käme, weil das Sudetenland besetzt wurde.

Der Überfall auf Polen am 1. September 1939 war so gut organisiert, dass bereits am 27. August 1939 die Bezugscheinpflicht für Lebensmittel, Textilien und Kohle angeordnet wird. Die Bezieher dieser Bezugsscheine wurden in 50 (!) Kategorien eingeteilt. Am 30. August 1939 werden weit über 50 männliche Einwohner einberufen, darunter auch der Rektor Klapproth und Lehrer Schmidt. Am 2. September wird die Pflicht zur Verdunklung – auch für Fahrräder – eingeführt, das Abhören von „Feindsendern“ unter Strafe gestellt. Ab 4. September werden alle Tanzlustbarkeiten verboten, Privat-Pkw dürfen nicht mehr fahren. Einige Einwohner erhalten die Auflage, ihren Pkw in Leipzig für die Wehrmacht abzuliefern.

Auf Anordnung der Reichsregierung wurde der Unterrichtsbetrieb im gesamten Reich unterbrochen und setzte erst Wochen später wieder ein, als feststand, dass Angriffe feindlicher Flugzeuge nicht zu befürchten waren. So durchorganisiert die Kriegsvorbereitungen anfangs erschienen, so setzte der folgende Winter der Kriegswirtschaft erste Grenzen. Der überaus strenge Winter 1939/1940 brachte eine längere Unterrichtsunterbrechung mit sich. Das Schulgebäude Renneritzer Straße konnte nicht mehr beheizt werden, weil Kokslieferungen nicht erfolgten und der vorhandene Koks für „lebenswichtige Betriebe“ konfisziert wurde. Der Unterricht erfolgte nun für 309 Schüler stundenweise in zwei Klassen der Gartenschule. Als auch dort die Brikett zu Ende waren, ruhte der Unterricht bis Ostern vollständig.

In beiden Schulen wurden behelfsmäßige Luftschutzkeller geschaffen. Das war auch dringend nötig, denn nach der Kapitulation Frankreichs am 22. Juni 1940 und dem Eintritt Englands in den Krieg überfliegen englische Kampfflugzeuge auch unser Gebiet. Die nächtlichen Fliegeralarme machen es erforderlich, für die Schule eine Regelung nach Fliegeralarm-Nächten zu schaffen.

Die Schulkinder sammeln Kastanien im Schulhof und liefern sie an den Sammelstellen ab. Im Frühjahr 1941 wird die Ausgabe von „Cebionzucker-Tabletten“ an Schüler ab 10. Lebensjahr fortgesetzt, um Krankheiten durch Obst- und Gemüsemangel zu vermeiden.

Als am 4. März 1941 der Lehrer Burghardt zur Wehrmacht eingezogen wird, sind für 311 Schüler nur noch vier Lehrer an der Schule. Im Juni kommt Lehrer Schmidt zurück. Im Sommerhalbjahr 1941 wird durch die Schüler eine Heilkräutersammlung durchgeführt und eine Seidenraupenzucht (!) betrieben. Diese soll einen Beitrag für die Herstellung von Fallschirmseide leisten.

Nach dem Ausscheiden von Lehrer Lehrmann wegen Krankheit und der Lehrerin Arens werden 1942 288 Schüler nur noch von vier Lehrkräften unterrichtet. Anfang 1943 verordnet die Reichsregierung, dass sich alle Männer von 16 bis 65 Jahren und alle Frauen von 17 bis 43 Jahren zum Arbeitseinsatz „Aufgaben der Reichsverteidigung“ zu melden haben. Das hatte zur Folge, dass in aller Eile in der Schule in der Gartenstraße eine Kindertagesstätte eingerichtet werden musste, um die Kinder der nun dienstverpflichteten Mütter unterzubringen. Diese musste im Dezember 1943 in das halbfertige Jugendheim verlegt werden, weil eine Flakeinheit in der Gartenschule untergebracht werden musste.

Am 26. Juni 1943 wird eine Polizei-Verordnung erlassen: "Jugendlichen unter 16 Jahren ist der Aufenthalt im Freien während der Dunkelheit verboten. 16- bis 18-Jährige dürfen sich ohne Begleitung Erwachsener nach 21 Uhr nicht in Gaststätten oder im Kino aufhalten".

Ende 1943 erfolgen gezielte Stromsperren, um die Produktion in der Kriegsindustrie nicht stören zu müssen. Am 28. Februar 1944 wird der Verkauf von zwei Zitronen an Kinder bis sechs Jahre verordnet. Trotz der eingeschränkten Schulräume kam eine weitere Erschwerung des Unterrichts hinzu. Durch das Vorrücken der Sowjet-Armee in Richtung Ostpreußen, kamen von dort Mitte 1944 über 300 Personen in Ramsin-Renneritz an. Diese waren ausschließlich Berliner, die wegen der intensiven Luftangriffe auf Berlin dorthin evakuiert waren. Die Folge war, dass weitere 130 Kinder zusätzlich aufgenommen werden mussten. Im Oktober 1944 kamen vorwiegend aus Köln weitere 300 Personen mit 63 Schulkindern. Am 1. November 1944 hatte die Ramsiner Schule 454 Schüler! Das sollte aber noch nicht alles sein. Durch das Näherrücken der Front erreichten uns Trecks aus den Ostgebieten, 91 Kinder kamen hinzu, wobei allerdings 45 Kölner Kinder mit den Eltern abreisten.

Am 17. April erreichen amerikanische Truppen Ramsin. Der Unterricht war vorher eingestellt worden. Erst am 1. Oktober 1945 begann der Unterricht erneut, nunmehr unter völlig anderen Gesichtspunkten. Nach Abzug der Amerikaner am 2. Juli 1945 übernahm die sowjetische Besatzungsmacht unser Gebiet.

Der bisherige Rektor Klapproth wird am 2. August 1945 entlassen, sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt. Am 6. August 1945 setzt der kommissarische Schulrat Selle in Bitterfeld den Lehrer Zimmer als vertretenden Schulleiter ein. Seine erste Aufgabe war, die gründliche Reinigung und Ausbesserung der Räume zu veranlassen, entstanden durch Belegung mit amerikanischen Truppen, Flüchtlingen und Vertriebenen. Die bisherigen vier Lehrer wurden bis Ende 1945 durch neue Lehrer ersetzt. Die Zeit der Neulehrer begann.

Ab 1. April 1946 ist durch Verfügung der sowjetischen Besatzungsmacht für die Schüler der fünften bis achten Klassen der Russisch-Unterricht durchzuführen. Da kein Russisch-Lehrer vorhanden ist, nehmen die Lehrer Zimmer, Schmidt und Burghardt an Schnellkursen teil. Später wird durch Herrn Birkholz diese Aufgabe übernommen. In der Nacht vom 8. zum 9. April 1946 mussten ohne vorherige Ankündigung 1000 (!) zwangsverpflichtete Arbeiter zur Demontage des Kraftwerks Thalheim untergebracht werden. Der Schulbetrieb ruhte dadurch sofort. Vor der Wiederaufnahme des Unterrichts am 13. April 1946-musste wieder eine Generalreinigung erfolgen. Neuzugänge aus der Tschechoslowakei erhöhen erneut die Schülerzahlen. Ab 1946 beginnt ein neues Schuljahr Anfang September. Die Schule ist jetzt eine siebenklassige Grundschule, ab 1948 achtklassig. Im Jugendheim wird der Schulkindergarten für die fünfjährigen Kinder eingerichtet.

1950 wird die „Ferienbetreuung“ der Schüler in den Sommerferien eingeführt. Unter anderem wurden dabei auch Fahrten nach Thüringen und Wanderungen durch die Dübener Heide, das Saaletal bei Naumburg, Suhl und Eisenach organisiert. Ab Mitte der 1950er Jahre begann der Aufbau der zehnklassigen polytechnischen Oberschulen. In den Jahren 1957 bis 1961 besuchte ein Großteil der Schüler die neunten und zehnten Klasse die Mittelschule in Sandersdorf und Zscherndorf. Mit Beginn des Schuljahres 1959/60 wurde die Ramsiner Schule „10-klassige polytechnische Oberschule“. Ab Schuljahr 1957/58 wurden neben den Kindern aus Ramsin-Renneritz auch Kinder aus Glebitzsch, Köckern, Beyersdorf und Juliushof ab der siebten Klasse unterrichtet. Die Übergangszeit bis zur vollständigen Unterrichtung von zehn Klassen dauerte einige Jahre. Ende des Schuljahres 1962/63 legte die erste zehnte Klasse die Prüfung zur mittleren Reife ab. Die Schule wurde 1950 bis 1958 über die Kreisgrenzen hinaus durch seinen Schulchor und die Instrumentalgruppe bekannt.

Die Schachgruppe stellte Kreis- und Bezirksmeister. Im Laufe der Zeit werden weitere Arbeitsgemeinschaften gebildet. 1958 wird der „Unterrichtstag in der sozialistischen Produktion“ eingeführt. Für die Schüler fand dieser in den Rohrwerken Bitterfeld statt. In den 50er Jahren begann auch die „Zeit der Jugendweihen“.

1964 erhält die Schule den Namen „Polytechnische Oberschule Franz Weise“. Der Renneritzer Franz Weise war unter dem Regime des Dritten Reiches im KZ und starb später an den Folgen der Internierung. 1964 gab es in beiden Schulgebäuden nur insgesamt sechs Klassenräume, Außentoiletten, sehr eingeschränkte räumliche Voraussetzungen für einen Unterricht nach den neuen Anforderungen, der Turnunterricht erfolgte im Saal der Gaststätte Brautzsch. Der damalige Direktor Helmut Jänicke hat mit großem persönlichen Einsatz den Erweiterungsbau der Gartenschule von 1964 bis 1966 begleitet. Das Schulgebäude wurde grundlegend modernisiert. Es gab jetzt sechs Unterrichtsräume, einen großen Turnraum mit Geräteraum, ein Werkraum mit 16 Plätzen, Innentoiletten für Jungen und Mädchen, Zimmer für Schulleitung und Lehrer. Mit dem Beginn des Schuljahres 1966 wurde in der Gartenschule durchgesetzt, dass die Schüler der Klassen fünf bis zehn im Gebäude Hausschuhe zu tragen haben, im Kreis Bitterfeld war das einmalig. Der Werkraum wurde auch für vierte Klasse genutzt, ebenso der Turnraum.

Seit Einführung der Schulspeisung wurde das Essen immer in der Schulküche im Jugendheim zubereitet. Gegessen wurde in der Gaststätte Laskosky. Der in den 1970er Jahren in der Renneritzer Straße eingerichtete Speiseraum hatte zur Folge, dass immer mehr Schüler sich am Schulessen beteiligten. Deshalb wurde die Küche mit Großküchengeräten modernisiert. Ab 1974 wurden umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten auch in der Renneritzer Straße. durchgeführt.

Mit der politischen Wende im Jahre 1989 wurde für das Gebiet der DDR das Schulsystem der BRD eingeführt und mit Ende des Schuljahres 1990/91 die 10-klassige Schule aufgelöst. Die Schüler der fünften bis zehnten Klassen wurden nun in Zscherndorf unterrichtet. Ramsin war jetzt nur Grundschule (Klasse 1 bis 4). Zuerst wurde die Schule in der Renneritzer Straße geschlossen, 1998 privatisiert und zu Wohnungen umgebaut.

Der Unterricht endete in der Gartenschule 1999. Zwischenzeitlich wurde sie während der Neugestaltung des Kindergartens im jetzigen Gemeindezentrum als Provisorium genutzt. Mit Stand Januar 2012 wird die Schule und das Gelände zum Kauf angeboten. Die Ramsiner und Renneritzer Schüler besuchen jetzt die Grundschule Zscherndorf (Klasse 1 bis 4), ab der fünften Klasse entweder bis zur zehnten Klasse die Realschule in Roitzsch oder das Gymnasium in Bitterfeld.

Damit endet eine fast 500-jährige Schulgeschichte von Ramsin (jetzt Ortsteil der Stadt Sandersdorf-Brehna).

Weblinks

Commons: Ramsin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise