World-Café

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Bürgerbeteiligung (→ Übersichten)
World-Café
Ziel / Funktion Einflussnahme auf Öffentlichkeit und Gesellschaft
typische Themen vielseitig einsetzbar
Kontext Fragen auf lokaler bis transnationaler Ebene, organisations- bzw. betriebsinterne Fragen
typische Auftraggeber Verwaltungen, Behörden, Vereine, Kirchen, Bildungseinrichtungen, Unternehmen etc.
Dauer mehrere Gesprächsrunden à 20–30 Minuten
Teilnehmer (Anzahl und Auswahl) 12–1.200 Personen; Selbstselektion
wichtige Akteure, Entwickler, Rechteinhaber Conversation Café
geographische Verbreitung v. a. USA, Großbritannien, auch andere europäische Staaten

Quelle: Nanz/Fritsche, 2012, S. 86–87[1]

World-Café zum Thema „Wie gelingt Integration? Wie hält eine Gesellschaft zusammen?“, u. a. mit Minister Thomas de Maizière, 2016, Köln

Das World-Café – entwickelt von den US-amerikanischen Unternehmensberatern Juanita Brown und David Isaacs seit 1995 – ist eine Workshop-Methode[2]. Sie eignet sich für Gruppengrößen ab zwölf und für bis zu 2000 Teilnehmern (Großgruppenmoderation).

Sinn der Methode

Mit einem World-Café eröffnen die Einladenden den Gästen mit relativ wenig Aufwand und professioneller Anleitung einen sicheren Raum, um die verschiedenen Sichtweisen auf – und verschiedene Herangehensweisen an ein Thema voneinander kennenzulernen, Muster zu entdecken und Ziele und Zusammenhänge zu erkennen, neue Umgangsformen kennenzulernen, kooperativ zu werden, genau hinzuhören, zu hinterfragen, konstruktiv zu diskutieren und so gemeinsam Probleme aufzulösen. Auch sind die Einladenden bemüht, den Gästen zu ermöglichen, über das Treffen hinaus kooperativ zu bleiben.

Mit den passenden Fragen wird versucht, Menschen in ein konstruktives Gespräch miteinander zu bringen – zu Themen, die für die Teilnehmer relevant sind.

Es geht darum, möglichst alle Beteiligten zu Wort kommen zu lassen, gemeinsame Ziele und Strategien zu finden und dadurch ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an den Veränderungsprozessen in ihrem Sinne zu wecken.

World-Café unterstützt ebenfalls bei gemeinsamer Planung und fördert so Selbstentwicklung, Selbststeuerung und Selbstorganisation der Gäste und macht den Leistungsvorteil der Gruppe sichtbar und die Stärke der Gruppe erlebbar.

Ablauf

Ein World-Café dauert etwa 45 Minuten bis drei Stunden. Die Teilnehmer stehen oder sitzen im Raum verteilt an kleinen quadratischen Tischen mit idealerweise vier, maximal fünf Personen[3]. Die Tische sind mit bunten Tischdecken, Blumen, beschreibbaren Papier-Platzmatten und Stiften bzw. Markern ausgestattet. Durch die bunten Tischdecken (z. B. mit rot-weißem Schachbrettmuster) und die Blumen soll ein Café-Gefühl hervorgerufen werden, daher sollte auch Verpflegung, zumindest Kaffee, Tee und Wasser frei verfügbar sein. Ein Moderator führt in die Arbeitsweise ein, erläutert den Ablauf und weist auf die Verhaltensregeln, die World-Café-Etikette, hin.[4] Sofern mit Gastgebern an den Tischen gearbeitet wird, sorgen diese für die inhaltliche Verknüpfung der Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Diskussionsrunden.

Im Verlauf werden die gleichen oder verschiedene Fragen in aufeinander folgenden Gesprächsrunden von 15 bis 30 Minuten an allen Tischen gleichzeitig bearbeitet. Zwischen den Gesprächsrunden mischen sich die Gruppen neu, ggf. bleibt je ein Gastgeber an jedem Tisch zurück. Die Gastgeber bleiben nur für jeweils eine Runde am Tisch und sollten am Ende jeder Runde gewechselt werden. Sie begrüßen neue Gäste, resümieren kurz das vorhergehende Gespräch und bringen den Diskurs erneut in Gang. Das World-Café schließt mit einer gemeinsamen Reflexionsphase ab[5].

Entwicklung der Fragestellungen

Die richtigen Fragen sind wesentlicher Erfolgsfaktor für ein World-Café. Deshalb wird der Entwicklung dieser Fragen in der Planungsgruppe – gebildet aus einem repräsentativen Querschnitt der zu erwartenden Teilnehmer – besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Fragen sollen Interesse wecken. Sie sind einfach formuliert, offen gestellt, haben einladenden Charakter und sollen auf den Dialog neugierig machen.

In der Praxis bauen die Fragen inhaltlich und dramaturgisch oftmals aufeinander auf. Bei der Entwicklung von Handlungsplänen und Strategien hat sich beispielsweise folgende Fragedramaturgie bewährt:

  • Die erste Frage hat öffnenden/sammelnden bzw. analytischen Charakter, um alle Informationen und Ideen zu einem Themenfeld zusammentragen,
  • die zweite Frage ist dann eher engführend und handlungsorientiert gestellt, z. B. „Was müssten wir heute beschließen, um xy zu erreichen?“

Auswertung der Ergebnisse

Pinnwände mit Stichworten nach einem World-Café
„Papiertischdecke“ nach Abschluss des World-Café

In den Tischdiskussionen entstehen eine Vielzahl von Ideen, Erkenntnissen und Vorschlägen. Um diese Vielfalt wieder zusammenzuführen, gibt es mehrere bewährte Vorgehensweisen, beispielsweise:

  • „Reporter“ der Diskussionstische fassen die wichtigsten Ergebnisse ihres Tisches zum Schluss stichwortartig zusammen
  • Aushängen aller Tischdecken in einer „Ergebnisgalerie“ und Priorisierung der wichtigsten Aussagen mit Klebepunkten
  • Honoratioren bzw. Vertreter der Einladenden sichten und kommentieren die Ergebnisse
  • Tische schreiben in der letzten Diskussionsrunde ihre „Top 3 Handlungsempfehlungen“ (in Bezug auf die zentrale Fragestellung) auf Moderationskarten; anschließendes Gruppieren der Ergebnisse auf einer Pinnwand

Rolle der Gastgeber an den Tischen

Die Gastgeber, die sich freiwillig melden sollen, haben im World-Café eine besondere Bedeutung. Sie achten darauf, dass eine offene, klare und freundliche Atmosphäre entsteht. Die Gastgeber bleiben in der Standardvariante nur für eine Dialog-Runde an ihrem Tisch und verabschieden in den Übergängen die Gäste, begrüßen die Neuankömmlinge und fassen die Kerngedanken und wichtigsten Erkenntnisse der vorherigen Runde kurz zusammen[6]. Im Verlauf des Gesprächs sorgen sie dafür, dass sich alle Beteiligten kennen und dass wichtige Gedanken, Ideen und Verbindungen von allen auf die Tischdecken geschrieben und gezeichnet werden. Der Gastgeber für die nächste Runde sollte am Ende der aktuellen Runde festgelegt werden[7].

Die Gastgeber sollten die Tischgespräche nicht moderieren. Eine Moderation ist vor allem dann nicht notwendig, wenn die Fragestellung klar und interessant genug für alle Teilnehmer ist und die Gruppengröße an den Tischen 5–6 Personen nicht übersteigt.

Einsatzmöglichkeiten

World-Cafés finden in internationalen Konzernen, politischen Organisationen, Gemeinden, Städten, Verbänden etc. statt. Die Methode ist besonders wirkungsvoll bei heterogenen, durchmischten Teilnehmergruppen, die gemeinsam von einem Thema betroffen sind. Sie eignet sich gut, um

  • unterschiedliche Sichtweisen zu einem Thema zusammenzuführen,
  • innerhalb kurzer Zeit einen Handlungsplan zu entwerfen,
  • gemeinsam Strategien zu entwickeln
  • Feedback und Resonanz zu bereits erarbeiteten Vorschlägen zu geben und ggf. Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten
  • im Rahmen von Projektauswertungen oder Erhebung von Zwischenständen

Ein regelmäßiger Nebeneffekt ist die Vernetzung der Teilnehmenden, die durch die interaktiven Diskussionsrunden quasi „nebenbei“ passiert.

Abgrenzung zum Knowledge-Café

Das hier beschriebene World-Café unterscheidet sich vom „benachbarten“ Knowledge-Café: Das Knowledge-Café ist ein Instrument des Wissensmanagements. Es ist stark strukturiert durch festgelegte Themen und eine gesetzte Moderation. Die Teilnehmer arbeiten in der Regel alle Themen ab, so dass hier das Lernen und Lehren im Vordergrund steht.

Literatur

  • Juanita Brown, David Isaacs: The World Café. Shaping Our Futures Through Conversations That Matter, McGraw-Hill Professional, 2005, ISBN 978-1-57675-258-6.
    Deutsch: Juanita Brown und David Isaacs: Das World Café. Kreative Zukunftsgestaltung in Organisationen und Gesellschaft, Carl-Auer Verlag, ISBN 978-3-89670-588-4.
  • Holger Scholz, Roswitha Vesper, Martin Haussmann: Lernlandkarte Nr. 2 – World Café. Neuland, ISBN 978-3-940315-02-1.

Weblinks

Einzelbelege