Blutige makedonische Hochzeit

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Wojdan Popgeorgiew Tschernodrinski
Szene aus dem bekanntesten Werk von Tschernodrinski Makedonska kărvava svadba (deutsch: Die blutige makedonische Hochzeit), vor 1906

Die blutige makedonische Hochzeit (Originaltitel: Македонска кървава свадба, transkribiert als Makedonska karvava svadba) ist ein Theaterstück, Tragödie des bulgarischen Dramatikers und Schriftstellers Wojdan Tschernodrinski[1][2], welche am 7. November 1900 erstmals veröffentlicht und in den Theatern in der bulgarischen Hauptstadt Sofia gezeigt wurde.

Geschichte

Das Drama wurde im makedonischen Dialekt von Debar und in Standardbulgarisch geschrieben, was es zu einem der ersten Bücher macht, das hauptsächlich in einem makedonischen Dialekt geschrieben wurden, welcher jedoch zu der Zeit als bulgarischer Dialekt aufgefasst wurde. Laut Tschernodrinskis Neffen Arseni Jovkov, einem Revolutionär und Publizisten der Balgarski makedono-odrinski rewoljuzionni komiteti (IMRO), spielte das Drama eine entscheidende Rolle, um der lokalen Öffentlichkeit in Jugoslawien zu beweisen, dass makedonische Dialekte nicht Teil der serbischen Sprache sind, wie es dort behauptet wurde. Laut Jovkov waren diese Dialekte Teil des bulgarischen Dialektkontinuums,[3] während die Werke seines Onkels die bulgarische Befreiungsbewegung in Makedonien widerspiegelten.[4]

Das Stück erzählt die Geschichte einer jungen Frau namens Zweta, die von dem Bey entführt wird, der das fiktive Dorf Stradalovo regiert. Es folgt ihrem Widerstand, zum Islam zu konvertieren und ihrer Identität zu entsagen, zusammen mit der parallelen Revolte der Einheimischen gegen die Osmanen und deren Misshandlung der lokalen Bevölkerung. Tschernodrinski wurde inspiriert, das Stück zu schreiben, nachdem er die wahre Geschichte eines Mädchens aus Valandovo gelesen hatte, das von einem osmanischen Ağa von den Feldern entführt wurde.

Nach den Balkankriegen und dem Ersten Weltkrieg veröffentlichte Tschernodrinski die 3. Auflage (1928) des Stücks. Im Vorwort der Edition kommentiert er die historischen Veränderungen und vergaß nicht, die Relevanz des Materials zu erwähnen:

„Obwohl das Regime der alten Türkei in Makedonien durch zwei neue christliche ersetzt wurde – das serbische und das griechische –, hörten die Leiden der makedonischen Bulgaren nicht auf, sondern wurden im Gegenteil noch unerträglicher.“

Wojdan Tschernodrinski (1875–1951)[5]

Mitte der 30er Jahre veröffentlichte Aleksandar Shoumenoff, Inhaber des Ersten Bulgarischen Buchladens in Granite City, Illinois, USA, einen Teil der Werke von Tschernodrinski. Der Text wurde nicht ins Englische übersetzt, jedoch wurden seine Werke und Theaterstücke bei der makedonisch-bulgarischen Emigration populär. Während des Zweiten Weltkriegs und der anschließenden Annexion der Vardar banovina durch Bulgarien (1941–1944) organisierte Wojdans Schauspieltruppe dortige Auftritte.

Heute gilt die blutige makedonische Hochzeit in Nordmazedonien als eines der wichtigsten Werke der mazedonischen Literatur. Es erhielt zahlreiche Bühnenadaptionen und wurde 1924 in Bulgarien als Oper, 1967 in SFR Jugoslawien als Film und 2012 in Nordmazedonien als Musical adaptiert. Das Stück gilt auch als Teil der bulgarischen Theatergeschichte. Nach dem Tod von Popgeorgiew wurde seine Nationalität in der damaligen SR Mazedonien umgedeutet (siehe Gründungszeit der SJR Mazedonien) und er wurde durch die kommunistische Machthaber zu einem ethnisch mazedonischen Schriftsteller erklärt, der den Grundstein des mazedonischen Theaters gelegt hatte. Das Drama Die blutige makedonische Hochzeit wurde 1953 in die neu kodifizierte mazedonische Sprache transkribiert.[6] Überall im Text, wo das Wort „bulgarisch“ verwendet wurde, wurde es durch „christlich“ oder „mazedonisch“ ersetzt.[7] Alle anderen Texte, außer den Gesprächen zwischen den Charakteren, die ursprünglich auf Bulgarisch verfasst wurden, wurden ins Mazedonische und ohne Bulgarienbezug übersetzt.[7] Noch heute sind in Nordmazedonien seine Werke, wie von weiteren makedonischen Bulgaren, ausschließlich in der von den Kommunisten zensurierten Nicht-Originalfassung zugelassen und er selbst wird ausschließlich als Mazedonier geehrt.

Beispiele der Verfälschung des Werks

Vergleich zwischen dem Originaltext und der Adaption in Nordmazedonien
Act/Scene/Appearance Original[8] mit deutsche Übersetzung Mazedonisch[9][10] mit deutsche Übersetzung
Charaktere Кърста, Петкана — Потурчени българки.
Krsta, Petkana: islamisierte Bulgarinnen
КРСТА, ПЕТКАНА – потурчени рисјанки:
Krsta, Petkana: islamisierte Christinnen
1/1/IX Всички българи.
Alle Bulgaren.
Сите:
Alle
1/1/IX Българитѣ впущатъ се къмъ турцитѣ.
Die Bulgaren attackieren die Türken
Македонците се нафрлуваат на Турците.
Die Mazedonier attackieren die Türken
2/IV Консулата Сърбски, за да кажуваатъ, оту са Сърби, а не Бугари.
Das serbische Konsulat sagt, sie seien Serben und keine Bulgaren
Консулата српски, за да кажуваат оту са Срби.
Das serbische Konsulat sagt, sie seien Serben
3/III (Влизатъ: Кърста и Петкана, потурчени българки).
Eintreten: Krsta und Petkana, islamisierte Bulgarinnen
(Излегуваат. По малку влегуваат Цвета, Крста и Петкана)
Verlassen. Nach einer Weile kommen Zweta, Krsta und Petkana
3/IV Еле той бугаринотъ, комита...
Vor allem der Bulgare, der Rebell
Еле, тој ѓаур комита
Vor allem der Ungläubige, der Rebell
3/V Не, ние бугарки сме се родиле, мори сестро.
Nein, wir sind Bulgarinnen seit der Geburt, Schwester
Не, ние рисјанки сме се родиле, мори сестро.
Nein, wir sind Christinnen seit der Geburt, Schwester
3/V Бугарки сте се родиле?!
Ihr seid seit der Geburt Bulgarinnen?!
Рисјанки сте се родиле?!
Ihr seid seit der Geburt Christinnen?!
3/V Бугарки, бугарки бевне, мори сестро.
Bulgarinnen, Bulgarinnen waren wir, Schwester
Рисјанки бевме, мори сестро.
Wir waren Christinnen, Schwester
3/V Бугарки бефме, ама не потурчиле!
Wir waren Bulgarinnen, wurden aber islamisiert!
Ама не потурчија!
Wir wurden islamisiert!
3/V Бугарки бефме, а сега туркини, пусти робони.
Wir waren Bulgarinnen, und nun Türkinnen, arme Sklavinnen.
Рисјанки бевме, а сега Туркини, пусти робинки.
Wir waren Christinnen, und nun Türkinnen, arme Sklavinnen.
3/V Бугарки бефме, мори сестро, бугарки верувайне.
Wir waren Bulgarinnen, Schwester, Bulgarinnen, glaube uns.
Не мори сестро, верувај, не.
Nein Schwester, glaube uns, nein.
3/V Ако вие бефте бугарки...
Wenn ihr Bulgarinnen wärt
Ако вие не бевте Туркини...
Wenn ihr nicht Türkinnen wärt

Einzelnachweise

  1. Georgi Saew: Geschichte des bulgarischen Theaters. Von der Befreiung bis 1904 (aus dem Bulg. История на българския театър: От освобождението до 1904 г.), In. Geschichte des bulgarischen Theaters (aus dem Bulg. История на българския театър), Band 2, Wassil Stefanow (Hrsg.); Verlag Marin Drinow, 1997, ISBN 954430441X, S. 111–112; 179.
  2. Dotscho Lekow: Geschichte der Literatur und Literatur und der Empfänger während der bulgarischen Wiedergeburt (aus dem Bulg. История на литературата и на възприемателя през Българското възраждане), Band 2, Universitätsverlag St.-Kliment-Ohridski, 2004; ISBN 954071978X, S. 375.
  3. Arseni Jovkov: Bulgarische Phonetik und Schreibweise (aus dem bulg. Българският правопис), In. Zeitschrift Мироглед, Ausgabe I., Buch V, Sofia, Mai 1922, PDF Ausgabe in der Onlinebibliothek Strumski
  4. Arseni Jovkov: Makedonische Theater (aus dem Bulg. Македонски театър (По случай бенефиса на Войдан Чернодрински)), Zeitung Ilinden, Jahr II, Ausgabe 10, Sofia, 11. März 1922, PDF Ausgabe in der Onlinebibliothek Strumski
  5. Nikolaj Jordanow: Случаят Войдан Чернодрински – "Македонска кървава сватба" и историите на тяхната "История", Homo Ludens, S. 154
  6. Kamelija Nikolowa: Познатата/непозната българска драма, Сдружение Антракт, 2001, S. 13.
  7. a b Nikolai Jordanov: Случаят Войдан Чернодрински – "Македонска кървава сватба" и историите на тяхната "История" (Bulgarisch) In: Homo Ludens. 25. Februar 2005. Archiviert vom Original am 25. Februar 2005. Abgerufen am 27. Januar 2021.
  8. Macedonian blood wedding, 3rd edition, Sofia, 1928
  9. Македонски јазик и литература – Македонска крвава свадба
  10. Македонила – Македонска крвава свадба (login required)