Eric Gujer

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Eric Gujer (eigentlich Erik Gujer; * 24. Juli 1962 in Zürich; heimatberechtigt in Volketswil) ist ein Schweizer Journalist und Autor. Er ist seit März 2015 Chefredaktor der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ).[1]

Leben

Eric Gujer wurde als Sohn des Schweizer Juristen und Unternehmers Hans-Georg Gujer und seiner deutschstämmigen Frau Johanna in Zürich geboren, wuchs aber in Königstein im Taunus und Baden-Baden auf.[2][3] Sein Vater, der aus Volketswil bei Zürich stammte, war Geschäftsführer einer Accumulatorenfabrik in Rastatt.[4] Nach dem Abitur absolvierte Gujer zwischen 1982 und 1984 ein Praktikum beim Südwestfunk (SWF) in Baden-Baden sowie ein Volontariat beim Mannheimer Morgen. Anschließend studierte er Geschichte, Slawistik und Politikwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Universität zu Köln. 1990 schloss er sein Studium in Köln bei Harm Klueting mit einer Magisterarbeit über die deutschen Akademien der Wissenschaften im 18. Jahrhundert ab.[5][6]

Seine Tätigkeit bei der Neuen Zürcher Zeitung begann Gujer 1986 als Praktikant und freier Mitarbeiter.[1] Seit 1989 arbeitete er als Korrespondent für die NZZ: Von 1989 bis 1992 in (Ost-)Berlin (für die Deutsche Demokratische Republik und seit 1990 für die neuen Bundesländer), von 1992 bis 1995 als Israel-Korrespondent in Jerusalem, von 1995 bis 1998 in Moskau für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und von 1998 bis 2008 als Deutschland-Korrespondent in Berlin.[7][8] Anschließend war Gujer Mitglied der NZZ-Auslandsredaktion in Zürich mit den Schwerpunkten Deutschland, Europäische Union, internationale Strategiefragen und Terrorismus, bevor er im Juli 2013 Auslandschef der NZZ wurde.[9] Seit dem 11. März 2015 ist Gujer Chefredaktor der NZZ und verantwortet darüber hinaus zusammen mit dem CEO Felix Graf die Geschäftsführung der NZZ AG.[1][10]

Er ist mit der Journalistin, Autorin und NZZ-Redaktorin Claudia Schwartz verheiratet.[11]

Politische Leitlinien

Gujer betrachtet die NZZ als das Leitmedium in der Schweiz, wie er in einem Interview mit der Weltwoche betonte. Sie präge die politischen und gesellschaftlichen Debatten im Land.[12] Die NZZ solle einen bürgerlich-liberalen Standpunkt vertreten,[13] der für die Rechte des Individuums einsteht. „Zeitungen, die in ihrer Haltung beliebig sind, haben keine Zukunft“, so Gujer bei seinem Amtsantritt.[14] Zugleich hält er es für die Aufgabe der NZZ, Stimmen aus unterschiedlichen politischen Lagern eine Plattform zu bieten: „Ohne den Meinungsstreit, in dem man dem Gegenüber mit Respekt begegnet, verkümmert die öffentliche Sache.“[15]

Er betrachtet einen zunehmend konfrontativen Ton in der öffentlichen Auseinandersetzung mit Sorge und fordert, über Gräben hinweg zur Verständigung fähig zu bleiben und die „polarisierenden Kräfte mit ihren Feindbildern in die Schranken zu weisen“.[15] Angesichts des aufgeheizten Meinungsklimas hätten die Medien eine besondere Aufgabe. Sie seien die Instanz, die Fakten prüfen und einordnen könne. Deshalb sei Glaubwürdigkeit so wichtig im Journalismus und für die NZZ das oberste Gut.[16] Dazu gehöre auch die Bereitschaft zur Selbstkritik. Dem Magazin Der Spiegel sagte er, die Medienbranche müsse ehrlicher mit sich werden: „Sind wir wirklich willens, Pro und Kontra zu berücksichtigen? Sind wir bereit, unsere eigene Haltung infrage zu stellen?“[17]

Unter seiner Ägide wird ihm von Medienbeobachtern eine Verschiebung des politischen NZZ-Profils nach Rechts attestiert,[18] wobei Gujer vor allem Deutschland und dort Anhänger der AfD anpeile. Gujer selbst bestreitet dies und spricht von „Profilschärfung“[19] sowie davon, dass der Zuwachs an Digitalabonnements in Deutschland vor allem "bürgerlichen Lesern" verdankt sei.[20]

Projekte der NZZ

Im Juni 2016 führte Gujer den Premium-Newsletter NZZ Global Risk ein. Er soll Schweizer KMU mittels wöchentlichen Risikoanalysen von Auslandkorrespondenten dabei helfen, den Einfluss politischer Entwicklungen auf ihr Unternehmen einzuschätzen. Ergänzt wird das Angebot durch eine jährlich stattfindende Konferenz zu den Chancen und Risiken einer bestimmten Länderregion.[21]

Des Weiteren hat Gujer die Etablierung der NZZ in Deutschland vorangetrieben. Seit April 2017 schreibt er den wöchentlichen Deutschland-Newsletter Der andere Blick, der Teil des im Juli 2017 lancierten NZZ-Angebots für Deutschland, NZZ Perspektive, ist.[22]

Buchautor

Gujer ist Buchautor zu nachrichtendienstlichen Themen[23] und zur deutschen Aussenpolitik.[24][25][26] Er ist Mitglied des Gesprächskreises Nachrichtendienste in Deutschland[27] und wurde als Strategieexperte vom Schweizerischen Nachrichtendienst des Bundes konsultiert.[28]

Schriften

  • Die deutschen Akademien der Wissenschaften in der nationalen und internationalen Gelehrtenwelt. Zur Bedeutung wissenschaftlicher Verbindungen für die Akademien in Berlin, Mannheim, München, Göttingen und Erfurt im 18. Jahrhundert. (Köln, Univ., Mag.-Arb., 1990).
  • Kampf an neuen Fronten. Wie sich der BND dem Terrorismus stellt. Campus, Frankfurt am Main 2006.
  • Schluss mit der Heuchelei. Deutschland ist eine Großmacht. Hrsg. von Roger de Weck. Ed. Körber-Stiftung, Hamburg 2007.
  • Der andere Blick. Persönlicher wöchentlicher Newsletter mit Fokus Deutschland. NZZ, Zürich 2017.[25]

Auszeichnungen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Neue NZZ-Leitung: Eric Gujer wird Chefredaktor. In: Neue Zürcher Zeitung. 11. März 2015, abgerufen am 11. März 2015.
  2. Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Eric Gujer, Chefredakteur NZZ Neue Zürcher Zeitung – Thema: «Mit dem Ukraine Krieg beginnt das 21. Jahrhundert – Was bedeutet das für Deutschland und Europa». In: CEU. Abgerufen am 23. Juni 2022 (deutsch).
  3. Republik: Wie war ich? Abgerufen am 23. Juni 2022.
  4. Vgl. Leitenden Männer der Wirtschaft 1970, Darmstadt 1970, S. 402.
  5. Neue NZZ-Leitung: Eric Gujer wird Chefredaktor. In: Neue Zürcher Zeitung. 11. März 2015, abgerufen am 11. März 2015.
  6. Betreute Dissertationen, Magisterarbeiten etc. - Harm Klueting. Abgerufen am 23. Juni 2022.
  7. Vgl. Swiss Who's Who: A Biographical Reference Publication featuring the Profiles of contemporary leading figures of Switzerland, Ausg. 2017–2018, Geneve 2017, S. 270.
  8. Wolbert K. Smidt et al. (Hrsg.): Geheimhaltung und Transparenz. Demokratische Kontrolle der Geheimdienste im internationalen Vergleich. Lit, Berlin 2007, S. 340 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. ADM: Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Eric Gujer, Chefredakteur NZZ Neue Zürcher Zeitung – Thema: «Mit dem Ukraine Krieg beginnt das 21. Jahrhundert – Was bedeutet das für Deutschland und Europa». In: CEU. Abgerufen am 7. Juli 2022 (deutsch).
  10. NZZ-Mediengruppe: «Der publizistische Aufwand hat zugenommen». Abgerufen am 23. Juli 2019.
  11. http://www.kleinreport.ch/news/nepotismus-bei-nzz-und-ringier-86057/, abgerufen am 21. November 2020.
  12. Kurt W. Zimmermann: «Wir sind das Leitmedium». In: Die Weltwoche. 31. Juli 2018, abgerufen am 15. August 2018.
  13. Nordgelüste. In: SZ.de. 26. Juni 2017
  14. Interview von Marc Felix Serrao, Charlotte Theile: «Es gibt in Deutschland eine Lücke». 11. Dezember 2015 (sueddeutsche.de [abgerufen am 11. Juli 2019]).
  15. a b Eric Gujer: Der eine schreit «Lügenpresse», der andere «Nazi». In: Neue Zürcher Zeitung. 19. April 2018, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 15. August 2018]).
  16. Eric Gujer: Wahrheit und andere Lügen. In: Neue Zürcher Zeitung. 12. Dezember 2017, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 15. August 2018]).
  17. Isabell Hülsen: Misstrauen gegen Medien: «… dass ich ständig belehrt werde, was ich zu denken habe». In: Der Spiegel. 25. Februar 2018 (spiegel.de [abgerufen am 15. August 2018]).
  18. Eric Gujer | Medienwoche. Abgerufen am 23. Juli 2019.
  19. „Neue Zürcher Zeitung“ – Profil geschärft – mit rechten Thesen? Deutschlandfunk, 17. Juli 2019, abgerufen am 23. Juli 2019.
  20. Daniel Ryser: Wie war ich? Republik.ch, 15. April 2020, abgerufen am 16. April 2020.
  21. Das Weltgeschehen in Szenarien. In: organisator.ch. 1. Juni 2017.
  22. Vom festen Glauben an eine «Perspektive» auf dem deutschen Markt. In: horizont.net. 25. Juli 2017.
  23. Eric Gujer: Kampf an neuen Fronten. Wie sich der BND dem Terrorismus stellt. (perlentaucher.de [abgerufen am 3. März 2018]).
  24. Deutschland, eine Großmacht? Abgerufen am 3. März 2018.
  25. a b Eric Gujer auf der Website der Neuen Zürcher Zeitung. 31. März 2017
  26. Eric Gujer: «Der andere Blick»: Die deutsche Migrationspolitik ist Augenwischerei | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. 23. Februar 2018, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 3. März 2018]).
  27. blick.ch 7. Mai 2015
  28. Charlotte Theile: NZZ-Chef half Geheimdienst, in: Süddeutsche Zeitung, 9. Mai 2015, S. 46