Roberta – Lernen mit Robotern

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Roberta – Lernen mit Robotern
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Rechtsform Bildungsinitiative
Gründung 20. Oktober 2002
Gründer Fraunhofer IAIS
Sitz Sankt Augustin
Motto Lernen mit Robotern!
Schwerpunkt Kinder, insbesondere Mädchen, in Technik und Informatik fördern
Methode Zertifizierung von Lehrpersonal, Erstellung didaktischer Materialien, gendergerechte Kurskonzeption, Aufbau eine Netzwerks
Aktionsraum Deutschland, Schweiz, Österreich, England, Italien, Schweden, Frankreich, Japan, Brasilien u.v.m.
Freiwillige Mehr als 3200 zertifizierte Roberta-Teacher
Website www.roberta-home.de

Roberta ist eine Initiative des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS. Im Jahr 2002 ins Leben gerufen, basiert sie auf einem Ausbildungskonzept, dessen Ziel es ist, bei Kindern und Jugendlichen – insbesondere bei Mädchen – Interesse für Technik, Naturwissenschaften und Informatik zu wecken. Um dieses Interesse bei möglichst vielen Kindern und Jugendlichen aufzubauen und Einstiegshürden zu minimieren, hat die Roberta-Initiative im Jahr 2014 das Open Roberta Lab entwickelt, eine Open-Source-Programmierplattform, um das Programmieren mit Hilfe der visuellen Programmiersprache NEPO leichter zugänglich zu machen.

Geschichte

Im Jahr 2001 legte das ehem. Fraunhofer AIS (heute: Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse und Informationssysteme IAIS) mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt „AROBIKS-V“ (Abiturientinnen mit ROBotern und InformatiK ins Studium – Vorphase)[1]  den Grundstein für die spätere Roberta-Initiative. Dabei handelte es sich zunächst um die Vorphase eines Vorhabens, welches einen Kurs erarbeiten und verfügbar machen sollte, der auf interessante Weise in Technik und Informatik einführt und speziell Mädchen und Frauen ansprach.

2002 startete das BMBF-geförderte Modellvorhaben „Roberta – Mädchen erobern Roboter“,[2] in dessen Zuge entwickelten Fraunhofer-Wissenschaftler ein Kurskonzept auf Basis von Lego-Robotern und erste Lehrkräfte wurden ausgebildet.

2005 wurde Roberta als Markenname für die Fraunhofer-Gesellschaft beim Deutschen Patent- und Markenamt registriert. Seit dem Auslaufen der vom BMBF (2002 bis 2006) und der von der Europäischen Union (Science and Society – 2005 bis 2008) geförderten Projektphasen wurden die Projekte „Roberta – Mädchen erobern Roboter“ und „Roberta – goes EU“ in der Fraunhofer IAIS-Initiative „Roberta – Lernen mit Robotern“ zusammengeführt.

In 2014 erreichte das Fraunhofer IAIS mit der Entwicklung von „Open Roberta“ einen weiteren wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Initiative. Die Open-Source-Plattform wurde mit Unterstützung von Google als browserbasierte Anwendung gelauncht, auf der Lehrkräfte und Schüler weltweit ohne Installationsaufwand per „drag and drop“ Roboter und Mikrocontroller programmieren können.

Motivation

In Deutschland fehlen im Jahr 2021 rund 145.100 MINT-Fachkräfte – das geht aus dem MINT-Frühjahrsreport 2021 des Instituts der deutschen Wirtschaft hervor. Gleichwohl im EU-Vergleich Deutschland mit den meisten MINT-Studienanfängern am besten abschneidet, ist der Frauenanteil weiterhin gering: 2018 entfielen 35 Prozent aller Masterabschlüsse auf ein MINT-Fach,[3] jedoch sind lediglich ein Drittel (338.132) der Studierenden weiblich.

Zudem ist der Frauenanteil in technischen Studienfächern weiterhin gering. Im WS 2018/2019 waren etwa17 Prozent der Studierenden in Informatik und Maschinenbau weiblich. In Studiengängen rund um Elektro- und Informationstechnik waren 12,4 Prozent Studentinnen.[4] Auch die genderspezifische Fächerwahl in der Schule hat sich seit Jahren kaum verändert: In den naturwissenschaftlichen Angeboten dominieren Jungen. Laut einer Studie der deutschen Akademie der Technikwissenschaften und der Körber-Stiftung wird der Physik-Leistungskurs nur zu 25 Prozent von Mädchen gewählt. Darüber hinaus beginnen nur zu elf Prozent der jungen Frauen eine MINT-Ausbildung.

Ansatz

Robotik bietet einen spielerischen Zugang zur Technik und zur Programmierung, weil sich Roboter – anders als z. B. Algorithmen – anfassen und in unsere physische Umwelt einbinden lassen. Zudem geht, z. B. aufgrund von Science-Fiction-Filmen, eine besondere Faszination von den Maschinen aus.

Auf dieser Grundlage baut das Roberta-Konzept auf: Indem Roboter die Programme von Schülerinnen und Schülern ausführen, wird die unmittelbare Wirkung der eigenen Arbeit am Computer für Kinder auf ihre „reale“ Welt sichtbar. Beim Entwerfen, Konstruieren, Programmieren und Testen mobiler autonomer Roboter erfahren sie, dass Technik Spaß macht; sie lernen, wie technische Systeme entwickelt werden, und erwerben Kenntnisse in Informatik, Elektrotechnik, Mechanik und Robotik. Der Bau und die Verwendung von Robotern vereint viele Elemente technischen Wissens, von der Informatik bis zur Mechatronik, die für ein Verständnis technologischer Probleme bis hin zu philosophischen Fragen – wie nach der Intelligenz und Autonomie von Maschinen – hilfreich sind.

Die Attraktivität von Robotern hilft, Hemmschwellen zu überwinden, der spielerische Umgang mit ihnen fördert den Abbau von Skepsis gegenüber Technik und die Faszination ihrer Entwicklung weckt Interesse und Lernbereitschaft. Darüber hinaus fördert der aktive Umgang mit ihnen Technik- und Medienkompetenz.

Konzept

Das Roberta-Konzept besteht aus den fünf Bausteinen:

  1. Open Roberta ist eine frei verfügbare, grafische Programmierumgebung, die das Programmieren lernen leicht macht – von den ersten Schritten bis hin zur Programmierung intelligenter Roboter mit vielerlei Sensoren und Fähigkeiten. Die Roberta-Initiative hat die Plattform im Jahr 2014 mit Unterstützung von Google gelauncht. Da sich Open Roberta über die meisten gängigen Internetbrowser nutzen lässt, werden weder bestimmte Rechnerkonfigurationen noch Software- oder Sicherheits-Updates benötigt. Mittlerweile greifen jährlich mehrere Millionen Nutzer aus 120 Ländern weltweit auf die Plattform zu.
  2. Roberta-Kurse richteten sich ursprünglich primär an Kinder/Jugendliche im Alter von zehn bis 16 Jahren und wurden wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Inzwischen arbeitet die Roberta-Initiative fortwährend an Formaten, die jüngere sowie ältere Schüler adressieren, etwa Grundschüler oder Berufsauszubildende. Roberta-Kurse können nur von geschulten und zertifizierten Roberta-Teachern gegeben werden.
  3. Roberta-Lern- und Lehrmaterialien sind Referenz- und Nachschlagewerke für Roberta-Teacher, welche das Fraunhofer IAIS als Unterstützung für Roberta-Kurse bereitstellt. Auf der Website der Roberta-Initiative gibt es Download-Materialien, die ständig ergänzt werden. Zudem erweitern neben den Grundlagenbänden Aufbaubände das Konzept um vertiefende Experimente, neue Modelle und weitere Programmiersprachen.
  4. Roberta-Teacher-Trainings dienen der Schulung von designierten Roberta-Teachern, die Teacher-Trainings sind in der Regel auf eineinhalb Tage angelegt und auf maximal zwölf Personen pro Schulung begrenzt. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein pädagogisch-didaktischer und/oder ein technischer Hintergrund der Teilnehmenden. Roberta-Teacher-Trainings werden ausschließlich von akkreditierten Roberta-Coaches gehalten. Neben den Basis-Schulungen gibt es vertiefende Aufbauschulungen sowie Schulungen mit Fokus auf weitere Hardware-Systeme oder Programmiersprachen.
  5. Roberta-Netzwerk: Ein zentraler Bestandteil des Roberta-Netzwerks sind die RobertaRegioZentren (RRZ) und die Open Roberta Coding Hubs (ORCH). Einem RobertaRegioZentrum sind Roberta-Teacher zugeordnet, die im Zuge der Gründung eines RRZ geschult und zertifiziert werden. Darüber hinaus halten RRZ einen Pool sogenannter Roberta-Boxen mit LEGO-EV3-Robotern bereit, die den angeschlossenen Roberta-Teachern zum Halten von Kursen zur Verfügung gestellt werden. Neben RobertaRegioZentren werden seit 2017 bundesweit auch sogenannte Open Roberta Coding Hubs an Orten wie zum Beispiel Bibliotheken, Hochschulen oder Vereinen installiert. Mit außerschulischen Angeboten bieten die ORCHs Kindern und Jugendlichen eine zusätzliche Möglichkeit, den Umgang mit und die Programmierung von Robotern und Mikrocontrollern zu erlernen.

Seit 2010 werden viele Roberta-Aktivitäten auf dem Roberta-Portal abgebildet. Auf der Seite finden sich Kontaktmöglichkeiten und weitere Informationen zu den RobertaRegioZentren und Open Roberta Coding Hubs.

Ergebnisse

Eine erste Begleitforschung[5] durch die Universität Bremen erfasste Rückmeldungen von über 500 Teilnehmenden (davon 86 Prozent Mädchen): Diese bestätigten, dass die Roberta-Kurse Interesse wecken, Lernbereitschaft fördern und Selbstvertrauen stärken. Die Kurse vermitteln Schüler Spaß am Lernen: 95 Prozent der Teilnehmenden haben die Kurse Spaß gemacht, 92 Prozent würden den Kurs Freunden weiterempfehlen, und 77 Prozent wünschten sich weitere Kurse. Bei nach Geschlechtern getrennten Kursen kommen sogar noch bessere Ergebnisse zustande (98, 94 und 85 Prozent). Die Kurse stärken das Selbstvertrauen der Schülerinnen: Schon nach einem Zwei-Stunden-Schnupperkurs glauben sie eher als vorher, dass sie Computer-Expertinnen werden können, wenn sie das wollen.

Bestätigt wurden diese Ergebnisse durch die im Jahr 2010 von der Akademie der Technikwissenschaften (acatech) durchgeführte Studie MoMoTech: „Roberta ist ein Projekt, das […] jüngere Jugendliche und Kinder anspricht. Es bewirkt einen hohen affektuellen Effekt und fördert somit über einen erfolgreichen Umgang mit einer komplexen Technik (Robotik) das technische Selbstbild. Aufgrund des Fehlens negativer Effekte erscheint Roberta als ein Modellprojekt mit hohem Ausstrahlungswert, bedingt durch die hohe Professionalität in der Vorbereitung.“

Eine wissenschaftliche Evaluierung des Bildungsförderungsprogramms „eEducation Berlin Masterplan“ durch die Technische Universität Berlin aus dem Jahr 2014 kam zu dem Ergebnis, dass Roberta den Schulunterricht durch den Einsatz digitaler Medien bereichert, bei Schüler sehr beliebt ist und dabei die Gestaltung des individuellen Unterrichtsschwerpunkts nicht einschränkt. Die Befragten wünschten sich eine Fortsetzung des Projekts wegen seines medienpädagogischen Nutzens. In Anbetracht der positiven Ergebnisse hob der Autor der Studie die Rolle der Roberta-Initiative als „Masterplan-Leitprojekt“ und „Masterplan-Medienprojekt“ hervor.

Im Jahr 2020 erzielte Roberta bei der jährlich unter Roberta-Teachern durchgeführten Roberta-Evaluation ebenfalls positive Ergebnisse. 88 Prozent der teilnehmenden Roberta-Teacher bewerteten die Initiative gut bis sehr gut. 79 Prozent bewerteten darüber hinaus das Open Roberta Lab gut bis sehr gut, welches sie primär für den Einstieg in die Programmierung einsetzen (49 Prozent) aber auch für weiterführende bis hin zu komplexen Programmen (41 Prozent).[6]

Roboter und Mikrocontroller

Im Open Roberta Lab erwachen Roboter zum Leben. Mit Hilfe der bunten Programmiersprache NEPO kann man die Programme für die Bots leicht selbst zusammenbauen und ihre Aktoren wie Sensoren integrieren. Wer keinen Roboter oder Mikrocontroller besitzt, kann zudem mit der Open Roberta SIM die NEPO-Programme direkt im Internetbrowser anhand virtueller Roboter testen.

Literatur

  • Beate Jost, Thorsten Leimbach: Roberta - Grundlagen. 1. Auflage. Fraunhofer Verlag, 2014, ISBN 978-3-8396-0763-3.
  • A. Tempelhoff, T. Leimbach, B. Jost: Welcher Roboter ist der klügste? - Interdisziplinäres Programmieren im Unterricht mit „Open Roberta“. In: Pädagogik. Ausgabe 02, Jahr 2016, S. 36–41. ISSN 0933-422X

Weblinks

Einzelnachweise