Langzeitbelichtung

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Langzeitbelichtung eines Zuges (25 Sekunden)
Wegen der Erdrotation scheint sich der Himmel um den Polarstern zu drehen (30 Minuten).

Als Langzeitbelichtung wird in der Fotografie eine Belichtungszeit von mehreren Sekunden bezeichnet. Langzeitbelichtungen werden bei schwachen natürlichen Lichtquellen eingesetzt oder im technischen und künstlerischen Bereich, um Bewegungsabläufe aufzuzeigen.[1]

Thematisch besteht ein Zusammenhang zur Available-Light-Fotografie, die jedoch nicht auf Langzeitbelichtungen beschränkt ist. Die Ausnutzung des verfügbaren Lichts im Zusammenhang mit kürzeren Belichtungszeiten ist ebenso durch hochempfindliche Filme oder Bildsensoren und lichtstarke Objektive möglich, da die Verwendung des Stativs nicht gewollt oder nicht möglich ist. In der Nachtfotografie werden Langzeitbelichtungen eingesetzt, das Anwendungsgebiet ist jedoch universeller.

Bildwirkung

Blende 22/30 Sek.

Langzeitbelichtungen zeigen einen Ausschnitt der Zeit, wie wir ihn bei bewegten Motiven nicht wahrnehmen können. Im Gegensatz zu Fotografien mit kurzer Belichtungszeit halten sie nicht einen kurzen Augenblick fest, sie bilden das Motiv in einem längeren Prozess ab. Bewegungen werden dabei verwischt, sie zerfließen in der Zeit. Dieser Effekt tritt je nach Bewegungsgeschwindigkeit bereits bei vergleichsweise kurzen Belichtungszeiten von weniger als einer Sekunde auf.

Die ca. zweijährigen Belichtungszeiten vom Potsdamer Platz durch Michael Wesely zeigen einen Horizont durch die neuen Gebäude hindurch, der schon vor der Bebauung des Platzes zu sehen war. Auch die Sonnenbahnen treten als helle Streifen sehr stark in den Vordergrund.

Durch die lange Belichtungszeit ergibt sich bei bewegten Objekten eine große Bewegungsunschärfe, die als gestalterisches Mittel genutzt werden kann (siehe Light Painting). Bewegte Objekte oder Personen verschwimmen und können sogar völlig „verschwinden“, was bei z. B. Architekturaufnahmen genutzt werden kann. Im Dunkeln hinterlassen helle Objekte (z. B. Scheinwerfer von Fahrzeugen) Lichtstreifen. Langzeitaufnahmen eines Nachthimmels (ohne Beeinflussung störender Lichtquellen wie beispielsweise Straßenbeleuchtungen) lassen die Sterne durch die Erddrehung wie Striche bzw. Kreissegmente aussehen.

Ausgenutzt wird der Bewegungseffekt beispielsweise auch bei Motiven mit fließendem Wasser oder Wolkenbewegung, um diese weich und verschwommen darzustellen. Bei derartigen Situationen wird typischerweise ein Neutraldichtefilter eingesetzt, um ausreichend lange Belichtungszeiten zu ermöglichen.

Neben den Bewegungseffekten fallen auch Belichtungen zum Beispiel innerhalb der Architekturfotografie darunter, da die Priorität bei immobilen Objekten auf niedrigem Rauschen (geringe ISO-Zahl) und ausreichender Schärfe (geeignete Blende) liegen, aber nicht auf der Belichtungszeit.

Durchführung

Blende 22/15 Sek.
Insektenflugspuren: 30 Sek.

Die Langzeitbelichtungen liegen vielfach im Bereich von fünf Sekunden bis hin zu mehreren Minuten. Der Belichtungszeit ist nach oben kaum eine Grenze gesetzt, so hat Michael Wesely extreme Langzeitbelichtungen von bis zu 26 Monaten durchgeführt. Lange Belichtungszeiten von mehreren Tagen bis mehreren Jahren treten auch bei der Solargraphie auf. Dabei wird mit Lochkameras die Lichtspur der Sonne auf Film oder Fotopapier aufgenommen.[2]

Eine korrekte Belichtung bei langen Verschlusszeiten kann durch verschiedene Mittel erreicht werden

  • kleinere Blende, z. B. auf Blende 16 oder kleiner
  • Verwendung eines Films mit geringer Lichtempfindlichkeit, z. B. ISO 50/18°
  • Neutraldichtefilter
  • Verringerung des Umgebungslichts, Dämmerung, blaue Stunde oder Nacht.

Bei einigen Motiven und Motiveffekten, etwa bei Lichtpendelaufnahmen oder Experimenten im Rahmen einer Lomographie, kann auf verschiedene Mittel verzichtet werden. Entscheidend für die Wahl der Mittel ist jeweils die korrekte Belichtung.

Soll nur ein sich bewegendes Objekt, nicht aber der Hintergrund verwackelt und verschwommen wiedergegeben werden, so muss die Kamera gegen Verwackeln z. B. durch ein Stativ gesichert werden. Bei Verwendung eines Stativs wird oft empfohlen, Bildstabilisierungs-Systeme abzuschalten. Sie können sonst durch „Überreaktionen“ wieder zu verwackelten Bildern führen.

Bei Kameras mit manueller Belichtungseinstellung oder Zeitvorwahl lassen sich lange Belichtungszeiten direkt einstellen. Für längere als die direkt einstellbaren Belichtungszeiten kann diese manuell gesteuert werden. Auf den meisten Kameras ist die Funktion für die individuelle Langzeitbelichtung mit einem B gekennzeichnet, das in Deutschland gelegentlich für Beliebig[3], in den USA für Bulb[4] (engl. Blasebalg/-Ball) steht. Dies rührt daher, dass ältere Kameras mit einer Art Blasebalg fernausgelöst wurden. Bei den meisten elektronisch gesteuerten Kameras wird die Belichtungszeit jedoch durch andere Faktoren begrenzt, da das Offenhalten des Verschlusses Strom benötigt. Kameras mit mechanischem Verschluss erlauben (nahezu) unbegrenzte Belichtungszeiten. Für Kameras ohne Verschluss, etwa Lochkameras, gilt dies ebenso. Für die erschütterungsfreie Betätigung des Verschlusses ist ein Drahtauslöser, bei moderneren Kameras ein Auslösekabel oder Funkfernauslöser und – so vorhanden – Spiegelvorauslösung hilfreich, alternativ kann der Selbstauslöser benutzt werden.

In den Anfängen der Fotografie war die Langzeitbelichtung kein reines Gestaltungsmittel, sondern eine Notwendigkeit. Gründe dafür waren die geringe Empfindlichkeit des Fotomaterials und die geringe Lichtstärke der verwendeten Objektive. Tagesaufnahmen belebter Straßen zeigen daher oft keine oder nur schemenartig verwischte Personen, für Porträtaufnahmen waren Hilfsmittel wie Nackenstützen notwendig.

Besonderheiten

Zu beachten ist, dass bei chemischem Filmmaterial durch den Schwarzschildeffekt längere Belichtungszeiten notwendig sind, als der Belichtungsmesser angibt. Diese Abweichung ist abhängig vom Filmmaterial.

Bei digitalen Kameras entfällt diese Korrektur. Allerdings können vermehrt dauerleuchtende Hotpixel auftreten. Manche Digitalkameras ermöglichen im Anschluss an die Langzeitbelichtung ein Bild bei geschlossenem Verschluss als „Rauschmuster“ auf und nutzen dieses durch Subtraktion vom eigentlichen Bild, um dessen Fehler wie Rauschen oder Störpixel zu reduzieren. Nachteilig an diesem Verfahren ist, dass die Dunkelbelichtung genauso lange aufgenommen wird wie das eigentliche Bild und die Kamera in dieser Zeit nicht einsatzbereit ist.

Beispielbilder

Nachtaufnahmen

Wasser und Wolken

Statische Motive

Siehe auch

Weblinks

Commons: Langzeitbelichtung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise