Zusammenrückung

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Die Zusammenrückung ist ein Begriff der Grammatik und bezeichnet eine Art der Bildung neuer Wörter, allerdings keine regelhafte Wortbildung im Sinne der linguistischen Morphologie. Die Bildung eines neuen Wortes erfolgt vielmehr so, dass eine ganze Wortgruppe (Syntagma) zunächst nach den Regeln der Syntax gebildet wurde, dann aber als ein einziges neues Wort aufgefasst wird. Die Wörter werden also in einem Einzelfall, so wie sie sind, „zusammengerückt“. Als Folge davon können Zusammenrückungen in ihrem Inneren auch (Spuren von) Flexionsformen der beteiligten Wörter enthalten, wogegen sonst Flexion im Inneren von Wortbildung als ausgeschlossen gilt.

Beispiele: trotzdem, dabei, immerzu, zuguterletzt, Hohepriester.

Als Zusammenrückungen werden auch sog. Satzwörter wie „Tunichtgut“ und Substantivierungen anderer Syntagmen wie „Nichtsnutz“ verstanden.

Das Verhältnis zwischen Zusammenrückung und Komposition wird uneinheitlich gesehen. Teilweise wird für eine Notwendigkeit argumentiert, Fälle wie Vaterunser, Gernegroß, Vergißmeinnicht oder Taugenichts gegen Komposita abzugrenzen, denn bei diesen Zusammenrückungen bestimmt die zweite Komponente nicht die Wortart des ganzen Ausdrucks.[1][2] Außerdem kommen in Komposita sonst keine Flexionselemente vor, anders als in Zusammenrückungen wie Langeweile[3]. In einigen Quellen werden jedoch Zusammenrückungen in den Begriff der Komposition mit einbezogen.[4]

Der alternative Begriff Univerbation wird oft als Synonym, manchmal aber auch allgemeiner verstanden, d. h. manchmal bezieht er auch die Bildung (Grammatikalisierung) von grammatischen Affixen aus vormals selbständigen Wörtern mit ein, etwa die Entstehung der romanischen Adverb-Endung „-ment(e)“ aus dem lateinischen Wort „mens“ (Geist, Verstand).[5]

Abgrenzungen

Die Zusammenrückung ist nicht zu verwechseln mit der Zusammenbildung, bei der gleichzeitig Komposition/Zusammensetzung und Derivation vorliegen wie bei Um-den-heißen-Brei-Schleicherei. Hier wurde um den heißen Brei herumschleichen bei der Bildung des Wortes nicht nur „zusammengerückt“, sondern zusätzlich durch das Morphem {-ei} abgeleitet, während bei den Zusammenrückungen keine Derivation beteiligt ist. Anders verhält es sich mit Breifresserei, da hier Fresserei als Wort vorhanden ist. Daher gehört es zu den Determinativkomposita. Ein weiterer Kandidat für Komposition ist Sauregurkenzeit: Hier bestimmt die erste Komponente, saure Gurken, die zweite, Zeit, näher. Ein Determinativverhältnis liegt bei einer Zusammenrückung nicht vor.[6][7]

Literatur

  • Duden. Die Grammatik. 8. Auflage. Dudenverlag, Mannheim u. a. 2009.
  • Wolfgang Fleischer, Irmhild Barz: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2012.
  • Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. 4. aktualisierte u. überarbeitete Auflage. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart u. Weimar 2010, ISBN 978-3-476-02335-3. Lemma „Zusammenrückung“ S. 788.
  • Eva-Maria Heinle: Die Zusammenrückung. In: Hans Wellmann: Synchrone und diachrone Aspekte der Wortbildung im Deutschen. Winter, Heidelberg 1993, ISBN 3-8253-0014-5, S. 65–78.
  • Christian Lehmann: Univerbation. In: Folia Linguistica Historica 41, 2020, S. 205–252. (https://www.researchgate.net/publication/347444414_Univerbation)

Weblinks

Wiktionary: Zusammenrückung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

(Kurzverweise beziehen sich auf obige Literaturliste)

  1. Franz Simmler: Flexions- und Wortbildungsmorphologie. Weidler, Berlin 1998, ISBN 3-89693-304-3.
  2. Ähnlich auch: Glück (ed.)(2010), S. 788.
  3. Belege für flektierte Formen von Langeweile und Sauregurkenzeit in Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch. Bedeutungsgeschichte und Aufbau unseres Wortschatzes. 10., überarbeitete und erweiterte Auflage von Helmut Henne, Heidrun Kämper und Georg Objartel. Niemeyer, Tübingen 2002, ISBN 3-484-73057-9, S. 587, 824 f.
  4. Für eine kurze Übersicht siehe: Fleischer & Barz (2012), S. 88. Siehe auch Heinle (1993).
  5. Vgl. Lehmann 2020, Abschnitt 2
  6. Walter Henzen: Deutsche Wortbildung. Niemeyer, Tübingen 1957.
  7. Sascha Michel: Morphologie. Narr, Tübingen 2020, ISBN 978-3-8233-8145-7.