Agathe von Schwabenau

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Selbstporträt (1905)
Freiluftmalerin
Eigentum

Agathe von Schwabenau (* 23. September 1857 in Ödenburg, Kaisertum Österreich; † 26. September 1950 in Garmisch-Partenkirchen) war eine österreichische Malerin. Sie war Mitbegründerin der ersten Malschule in Linz und engagierte sich im Oberösterreichischen Kunstverein. Seit dem Adelsaufhebungsgesetz 1919 hieß sie Schwabenau.

Leben

Agathe von Schwabenau war die jüngste von vier Töchtern des Ehepaares Antonie von Schwabenau, geb. Szerelem (1821–1882) und Anton Ferdinand Ritter von Schwabenau (1800–1881). Sie hatte das künstlerische Talent ihrer Mutter geerbt, die in jungen Jahren selbst Malerin war und sich gemäß der damaligen allgemeinen Überzeugung auf das Kopieren von historischen Gemälde beschränkte – eigene Kreativität wurden Frauen damals noch abgesprochen.[1] Sie wuchs gemeinsam mit den Schwestern (die älteste Schwester Helene starb bereits im Alter von 39 Tagen) Valerie (spätere Freifrau von Kräutner von Thatenberg) und Marianne (spätere Freifrau von Henriquez) in Ungarn auf dem Familiengut und in Linz, Promenade 25, auf. Der Vater nahm in der Verwaltung des Landes als k.k. Vizepräsident der oberösterreichischen Statthalterei eine hohe Position ein. Bereits als 15-Jährige nahm Schwabenau in Linz gemeinsam mit Franziska Baernreither an einer Ausstellung über Handarbeiten und Zeichnungen teil.[2] Weil jungen Frauen aus dem Adel und dem gebildeten Bürgertum die Beschäftigung mit Kunst erlaubt war, solange keine professionellen Absichten damit verbunden waren, wurde ihr Talent von Beginn an gefördert und sie erhielt als Kind den ersten Zeichenunterricht bei Karl Blumauer (1826–1903).[3] Ab 1876/77 erhielt sie über sechs Jahre Unterricht von dem Wiener Landschaftsmaler Melchior Fritsch, der sie sowohl in Wien als auch in der Sommerfrische in Bad Ischl in der Villa des Kunstfreundes August Fölsch (1824–1893) in Kaltenbach unterrichtete. Die Ausbildung beschränkte sich weitgehend auf das Kopieren alter Meister (z. B. radierte Tierdarstellungen in Bleistiftzeichnungen von Johann Adam Klein), was Schwabenau nicht genügte, sodass sie sich auch eigene Motive in der Natur suchte.

Dieser Privatunterricht wurde nach der Heirat mit Richard Hofmann 1882 beendet. Die nächsten Jahre verbrachte Schwabenau in Kleinmünchen bei Linz auf dem Firmensitz der Industriellenfamilien Löwenfeld & Hofmann. Hier wurden ihre drei Kinder Egon (1884–1972), Agathe (1885–1919) und Adolf (1891–1934) geboren, das Leben drehte sich primär um die Familie und um gelegentliche Besuche von befreundeten Persönlichkeiten. Auch Melchior Fritsch zählte zu den Gästen in Kleinmünchen. Landschaft und Stillleben bestimmten weiterhin ihr Werk. Eine Reise nach Zandvoort in Holland 1889 mit ihren Kindern brachte neue künstlicherische Eindrücke durch die Begegnung mit einer holländischen Familie, in welcher Mutter und Tochter an einer Akademie studierten. Eine Entscheidung für die Familie oder für ein Leben als Künstlerin war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.[4] 1894 erfolgte die Übersiedlung nach Linz, wo man ab 1897, nach dem Tod des Firmengründers Adolf Hofmann, das Palais in der Herrenstraße 18 bewohnte. In diesem Umfeld entfaltete Schwabenau einen Salon mit stark künstlerischer Note, der zu einem zentralen Treffpunkt für die Linzer Gesellschaft wurde. Nach dem Vorbild eines Fotostudios wurde für sie im Gartentrakt des Hauses ein Atelier eingerichtet.

Schwabenau ist überwiegend unter dem Namen Agathe Schwabenau gekannt; sie führte in Folge ihrer Ehen drei Namen: Agathe von Schwabenau, Agathe Hofmann-Schwabenau und Agathe Doposcheg-Schwabenau.

Künstlerisches Wirken

Im Atelier

Oberösterreichischer Kunstverein

Der 1851 gegründete oberösterreichische Kunstverein zeigte einmal im Jahr eine kleine Ausstellung in Räumen des oberösterreichischen Landhauses. Die Mitglieder finanzierten den Verein und die Produktion von Prämienblättern. Auf Bitte des amtierenden Präsidenten Graf Weissenwolff übernahm Schwabenau seine Agenden im Vorstand des Kunstvereins. In Zusammenarbeit mit dem Sekretär des Kunstvereins, Dr. Nicoladoni, nahm der Verein einen Aufschwung und mit der Übersiedlung in drei Räume des 1903 errichteten Volksgartenpavillons wurde auch die Ausstellungssituation wesentlich verbessert. Das Ausstellungsprogramm widmete sich in der Folge auch der aktuellen Wiener Kunst, wodurch die Linzer Bevölkerung u. a. Werke von Gustav Klimt kennen lernte.

Erste Malschule in Linz

Auch die Gründung der ersten Malschule weist Agathe Schwabenau als Pionierin der Linzer Kulturarbeit aus. Die leerstehende Wohnung des Kunstvereins, der seit 1895 in sieben Räumen im ersten Stock des Hauses Graben 2 untergebracht war, wurde zum Lokal der Schule umfunktioniert. Mit dieser Initiative sollte das künstlerische Potential der Stadt gefördert werden. Auf Empfehlung von Adolf Hölzel wurde als Lehrerin die Malerin Michaela Pfaffinger gewonnen, an deren Unterricht Schwabenau teilnahm.[5] Nach dem frühen Tod von Pfaffinger 1898 wandte sich Schwabenau erneut an die Künstlerkolonie in Dachau und konnte Bertha von Tarnóczy, die sie seit ihrer Jugend kannte, davon überzeugen, nach Linz zu kommen, um die Malschule zu leiten. Als Pädagogin war diese bedeutende Künstlerin allerdings weniger talentiert und so vertrat Schwabenau ihre Freundin, wenn diese auf Reisen war, und übernahm weitgehend den organisatorischen Teil der Malschule. Um 1899 unternahmen die beiden mit dem Zug eine Reise nach Dachau, dem damaligen Zentrum für Freilichtmalerei, wo es zur prägenden Begegnung mit Adolf Hölzel und Ludwig Dill kam. Es folgte eine Einladung für Hölzel nach Linz zu einem Vortrag über moderne Malerei in der Literatur- und Kunstgesellschaft „Pan“.[6]

Schwabenaus Werke waren ab 1896 in Ausstellungen des Kunstvereins und im Jänner 1900 in der großen Ausstellung von Tarnóczy und ihren Schülerinnen im Museum zu sehen. Auch 1903 wurden ihre Gemälde und Aquarelle in der Kunstvereinsausstellung in der Presse besprochen[7] und neben Werken von Marie Hold und Rosa Scherer hervorgehoben. Stillleben und Landschaft dominierten das Œuvre in der ersten Schaffenshälfte. Bis 1905 war Schwabenau Mitglied des oberösterreichischen Kunstvereins. Ihre Tätigkeit im Vorstand wird in den Aufzeichnungen des Vereins nicht erwähnt, in ihren Erinnerungen berichtete sie allerdings „… an Stellungen nahm ich nur Rotkreuz und die Präsidentschaft des Kunstvereines an.“

1902 lernte sie bei einem ihrer Salons den damaligen Oberstleutnant Josef Doposcheg-Uhlár kennen, einen Kenner der Literatur und Kunst, in dem sie einen verständnisvollen Gesprächspartner fand. Schwabenau war auch eine ausgezeichnete Pianistin und mit der Musikszene der Stadt bestens vernetzt (August Göllerich, Anton Bruckner). Die Freundschaft zu Doposcheg blieb auch brieflich über Jahre bestehen und war 1905 für Richard Hofmann wohl ein Anlass für die Scheidung von seiner Frau. Nach der unvorbereiteten Trennung von ihrem Mann und ihrer Familie wohnte Schwabenau vorerst in Wien, um ihre „Angelegenheiten durch einen Wiener Advokaten zu schlichten“. Die zufällige Begegnung mit dem Hagenbund-Künstler Ludwig Ferdinand Graf gab ihr wieder Selbstvertrauen und bestärkte sie in ihrem Vorhaben, nun doch „den Weg der Kunst“ einzuschlagen.[8] Im Oktober 1905 entstanden gezeichnete Ansichten, die den Blick aus dem Hotel Werndl auf die Peterskirche und auf andere Plätze der Stadt zeigen.[9] Im Jänner 1906 übersiedelte sie nach München und heiratete im Dezember 1908 Josef Doposcheg-Uhlár, der in München Botanik studierte. Vor Beginn des Ersten Weltkrieges erfolgte die Übersiedelung nach Partenkirchen in ihr neu gebautes Haus „Villa Silberacker“, Dreitorspitzstr. 31.

Künstlerische Entwicklung

Schwabenaus künstlerisches Wirken entwickelte sich von der Landschaftsmalerei der Mitte des 19. Jahrhunderts („Ungarische Landschaft“, 1880)[10] über Werke, die an Gemälde des Stimmungsimpressionismus erinnern, bis hin zu einer aufgelockerten Malweise des beginnenden 20. Jahrhunderts. Auch Stillleben zählten zu ihrem Repertoire.

Wichtige Einflüsse auf ihre malerische Entwicklung gewann sie in der Münchener Damenakademie von Ende 1906 bis 1907/08 und in der Künstlerkolonie Dachau. Es begann ihr intensives Studium bei Künstlern wie Adolf Hölzel, Hans Müller-Dachau, Theodor Hummel und in der Malschule Graumann-Kertz,[11] bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges. Neben Gemälden und Grafiken entstanden in dieser Zeit auch zahlreiche Exlibris, meist für den Familien- und Freundeskreis.[12]

In den wenigen bekannten Werken aus der zweiten Schaffenshälfte ist der stilistische Wandel deutlich abzulesen. Der einzeln gesetzte Pinselstrich und eine farblich intensivere Übertragung kennzeichnen die ausgewogen komponierten Szenerien ihrer Gemälde. Auf Fotografien, die die Künstlerin im Atelier in München an der Staffelei zeigen, erkennt man relativ großformatige Gemälde, die die thematische Auseinandersetzung mit der Bergwelt sowie dem Stillleben aufweisen. Parallelen zu ihrem Sohn, dem Maler Egon Hofmann, mit dem sie malend in den Bergen unterwegs war, sind vor allem motivisch zu finden. Beide verbindet die Begeisterung für die Bergwelt, die sie gemeinsam erkunden und in Werken festhalten. Besonders in der Gegend rund um Garmisch-Partenkirchen fand Schwabenau in den späteren Jahren künstlerische Anregungen. Als Malerin des Hochgebirges nimmt sie eine Sonderstellung unter den Künstlerinnen ihrer Generation ein. Eine stilistische Nähe zu Giovanni Segantini, zu seiner weiten hellen Bergwelt, wird ihr von Richard de Crignis anlässlich der Gedenkausstellung nach ihrem Tod attestiert.[13]

Agathe Schwabenaus Werk war lange fast gänzlich in Vergessenheit geraten. Die Kenntnis ihres Oeuvres und Wirkens konnte zumindest teilweise durch verschiedene Forschungsansätze wiedergewonnen werden.

Literatur

  • Andrea Bina, Michaela Nagl: Egon Hofmann-Linz (1884–1972). Künstler, Industrieller, Kosmopolit. Zur Ausstellung im Nordico Stadtmuseum Linz, Verlag Anton Pustet, Salzburg 2020, ISBN 978-3-7025-0971-2.
  • Wolfgang Hönle: Agathe Doposcheg-Schwabenau – Eine Künstlerin des 19. und 20. Jahrhunderts, ihre Entwürfe und Exlibris. In: DEG Jahrbuch 2014, Exlibriskunst und Grafik, Frankfurt a.Main 2014.

Weblinks

Commons: Agathe von Schwabenau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Andrea Bina, Sabine Fellner (Hrsg.), 2022. Auftritt der Frauen - Künstlerinnen in Linz 1851–1950, Nordico Stadtmuseum Linz, Publikation Nr. 121, S. 101
  2. Linzer Tagespost vom 4. August 1872, S. 3.
  3. Andrea Bina, Sabine Fellner (Hrsg.), 2022. Auftritt der Frauen - Künstlerinnen in Linz 1851–1950, Nordico Stadtmuseum Linz, Publikation Nr. 121, S. 101
  4. Andrea Bina, Sabine Fellner (Hrsg.), 2022. Auftritt der Frauen - Künstlerinnen in Linz 1851–1950, Nordico Stadtmuseum Linz, Publikation Nr. 121, S. 102
  5. Agathe Doposcheg-Schwabenau schrieb in den 1930er Jahren Erinnerungen an ihr Leben nieder. Eine Kopie ist im Nachlass Hofmann erhalten und wurde im Zuge der Egon Hofmann-Linz Ausstellung im Nordico Stadtmuseum Linz 2019–2020 von Elisabeth Pfann transkribiert.
  6. Linzer Tagespost vom 30. April 1899, S. 5.
  7. Linzer Volksblatt vom 22. Mai 1900, S. 1.
  8. Andrea Bina, Sabine Fellner (Hrsg.), 2022. Auftritt der Frauen - Künstlerinnen in Linz 1851–1950, Nordico Stadtmuseum Linz, Publikation Nr. 121, S. 105
  9. Wolfgang Hönle, Agathe Doposcheg-Schwabenau: Fünf Zeichnungen aus der Jugendzeit, unveröffentlichtes Manuskript, Ettlingen 2013. Interessant sind bei diesen rein topografischen Ansichten die verschiedenen Signaturen. Die Künstlerin verwendet AHS, Doposcheg-Schwabenau und Schwabenau.
  10. Dorotheum, Auktion 13. Juni 2016
  11. Siehe Wolfgang Hönle: Agathe Doposcheg-Schwabenau – Eine Künstlerin des 19. und 20. Jahrhunderts, ihre Entwürfe und Exlibris. In: DEG Jahrbuch 2014, Exlibriskunst und Grafik, Frankfurt a.Main, 2014 (Fußnote 26).
  12. Wolfgang Hönle, 2014. E.W.Hofmann, Agathe Doposcheg-Schwabenau, in: Österreichische Exlibris Gesellschaft, XVI. Jahrbuch 1918, S. 1–2
  13. Richard de Crignis: Erinnerungen an Agathe Doposcheg. In: Tagblatt vom 17. November 1950 Garmisch-Partenkirchen. Im Nachlass befindet sich ein Foto auf dem Agathe Schwabenau mit Staffelei, Palette und Schirm in einer kargen Berglandschaft malend zu sehen ist. Die Rückseite ist mit Maloja betitelt, jener Ort in dem Segantini mehrere Jahre lebte.