Alte Musik
Alte Musik bezeichnet europäische Musikstile aus verschiedenen Epochen der klassischen Musik. Alte Musik reicht vom frühen Mittelalter über die Musik der Renaissance bis zum Spätbarock, also etwa zum Jahr 1750. Gelegentlich wird auch der lateinische Ausdruck Musica antiqua und international der englische Begriff Early Music verwendet.
Aufführung und Aufnahmen Alter Musik sind im Wesentlichen eine Domäne spezialisierter Musiker und Ensembles, da besondere historische Musikinstrumente und viel Fach- und Praxiswissen über Musikgeschichte, Instrumentenkunde, Spielweisen, Stimmungssysteme etc. vorliegen müssen, um herauszufinden, wie die Musik früherer Epochen geklungen haben könnte.
Die Versuche der Rekonstruktion stützen sich auf Bilddokumente und Notentexte (siehe Notationen). Alte Musik wurde in England fast lückenlos von Generation zu Generation weiter überliefert. Dennoch veränderte sich die Musik durch den Vorgang des Weitergebens (Tradierens).
Durch die sorgfältige und aufwändige Editionsarbeit von Musikhistorikern, Musikwissenschaftlern und Musikverlagen im 19. und 20. Jahrhundert ist im 21. Jahrhundert ein großer Teil von Kompositionen der Alten Musik der Forschung, dem Konzertleben sowie der allgemeinen Musizierpraxis wieder zugänglich geworden und für die Zukunft gesichert.
Zeitlicher Ablauf und Überblick
Alte Musik spannt sich vom frühen Mittelalter zum späten Barockzeitalter. Sie setzt sich aus einer Kette sehr verschiedener Musikepochen und unterschiedlicher, auch häufig regional zu differenzierenden musikalischen Schulen zusammen. Dabei lässt sie sich folgendermaßen grob untergliedern:
- Musik des Barock
- Frühbarock (etwa 1600 bis 1650), unter italienischer Dominanz;
- Englische Virginalisten
- Hochbarock (etwa 1650 bis 1710), mit bedeutenden französischen Einflüssen;
- Spätbarock (etwa 1710 bis 1750), mit Tendenz zur Vereinigung regionaler Stile und Übergang zu Frühklassik;
Hugo Riemann lehnte den Renaissancebegriff als musikgeschichtlichen Epochenbegriff ab und nutzte stattdessen einen Stilbegriff, nämlich „Musik des durchimitierenden a cappella-Stils“. Dementsprechend nannte Riemann die barocke Musik die „Musik des Generalbasszeitalters“.[1]
Auch Ludwig Finscher verwendet in seinem Handbuch der Musikgeschichte von 1989 den Begriff der Renaissancemusik nicht. Er spricht stattdessen von der „Musik des 15. und 16. Jahrhunderts“. Arnold Feil vermeidet gleichfalls in seiner Musikchronik von 2005 bewusst den Begriff Renaissance, weil „die Musikgeschichte ... keine Renaissance wie die anderen Künste“ kennt.[2]
Selbst die herkömmliche Abfolge und Aneinanderreihung wie Mittelalter – Renaissance – Barock – Klassik – Romantik bleibt nach Arnold Feil „für die Musik ja doch (eine) geborgte Reihe“, dazu „von merkwürdiger Inkonsequenz. Jede Bezeichnung ist woanders hergeholt, keine passt ihrer Herkunft nach zur andern, keine läßt sich mit der andern vergleichen“.[3] „Die Vorstellung vom Gänsemarsch der Stile ist unausrottbar“.[4] Sie müssten, „so glaubt man allgemein, aufeinander folgen wie die Epochen der Erdgeschichte aufeinander folgen, die die Naturwissenschaften und die Evolutionstheorie uns vorstellen. Aber die Kunst als ein Phänomen des Geistes entwickelt sich nicht in vergleichbar natürlichen Prozessen“. Manche Musikwerke entstehen im selben Jahrhundert und bleiben dennoch durch eine Welt von den andern getrennt.
Entwicklung des Begriffes der Alten Musik
Der Begriff Alte Musik im Mittelalter
Bereits im Mittelalter gab es eine Unterscheidung zwischen „Alter“ und „Neuer Musik“. Ab 1320 wurde der nun überwundene Musikstil als Ars antiqua (‚alte Kunst‘ bzw. ‚Musik‘) bezeichnet und die fortan komponierte neue Musik, die Ars nova als Überwindung dieses alten Stils gefeiert.
Alte Musik und die bürgerliche Musikkultur des 19. Jahrhunderts
Mit dem Entstehen des bürgerlichen Konzertlebens um 1800 begann sich ein Repertoire herauszubilden, das die vorklassische Musik weitgehend außer Acht ließ und sich auf die gerade neu entstehenden Kompositionen konzentrierte. Die Haltung der breiten bürgerlichen Musikkultur dieser Zeit fasste Eduard Hanslick in den Worten zusammen: „Für unser Herz beginnt sie [die Musik] mit Mozart, gipfelt in Beethoven, Schumann und Brahms.“[5]
Die Werke Johann Sebastian Bachs wurden nach seinem Tod 1750 zwar von anderen Komponisten studiert, aber nicht mehr für ein breites Publikum aufgeführt. Die Aufführung der Matthäuspassion durch Felix Mendelssohn Bartholdy 1829 gilt als Beginn einer breit angelegten Bach-Renaissance. Seither werden Bachs Werke auch wieder von einer musikalischen Öffentlichkeit geschätzt.
Die Romantik und der Historismus spielten eine wesentliche Rolle dabei, dass sich die Faszination für Musik vergangener Epochen auch in der Musikpraxis niederschlug. Immer wieder haben sich Komponisten an bedeutenden Vorgängern abgearbeitet. Im Musikleben aber hatten die Aufführungen der Musik vergangener Epochen ansonsten keine Rolle gespielt, da man sie jeweils als überholt ansah.
Alte Musik im Kontext des 20. Jahrhunderts
Alte Musik möglichst mit historisch korrektem Klangbild aufführen zu können, ist – mit Ausnahme von England – in Europa erst wieder ein Anliegen des 20. Jahrhunderts.
Der Begriff „Alte Musik“ gewann allgemein seit den Reformbewegungen der 1920er Jahre an Bedeutung, als im Zuge der Belebung der historischen Aufführungspraxis verstärkt Nachbauten von originalen Instrumenten angefertigt und verwendet wurden. Die Altmusik-Bewegung verstand sich als Kontrast und Korrektiv zum herkömmlichen Konzertrepertoire. Die Klanglichkeit der Alten Musik, egal wie sie aufgefasst wurde, stand auf jeden Fall im scharfen Kontrast zur spätromantischen Tonalität und Fülle der Klangfarben.
Zum Begriff der Alten Musik entwickelte sich der Gegenbegriff Neue Musik, der 1919 von Paul Bekker geprägt wurde.[6] Brekker setzte sich fortan für deren erste Wegbereiter ein: Gustav Mahler, Franz Schreker, Arnold Schönberg und Ernst Krenek.[7]
Alte Musik im Kontext des 21. Jahrhunderts
In der Neuausgabe der Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG 1999–2007; 27 Bände) sucht man vergeblich einen Artikel „Alte Musik“. Freilich wurden in Artikeln wie „Historismus“ und „Aufführungspraxis“ Aspekte der Alten Musik abgehandelt – aber dennoch: „Es hätte geradezu ein Definitionszwang bestanden“,[8] stellte Bernhard Morbach für die Situation im 21. Jahrhundert fest. Morbach vermutet weiter: „Dass sich die Musikwissenschaft in Deutschland nach wie vor einer Diskussion über das Phänomen Alte Musik verweigert, kann ein Hinweis darauf sein, dass man nicht wahrhaben will, dass sie in der Musikkultur seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer erfolgreichen Konkurrenz der Neuen Musik geworden ist, deren Entwicklung man eine größtmögliche Bedeutung beimisst.“
Wiedergewinnung historischer Instrumente für die Musikpraxis
Einige Musikinstrumente waren bis zum 19. Jahrhundert und auch schon früher außer Gebrauch geraten und konnten im 20. Jahrhundert im Zuge der Neubewertung und Neuentdeckung Alter Musik für die Musikpraxis wiedergewonnen werden. Die Originalklang-Bewegung nahm ihren Anfang 1905 in München. Damals entstand das erste deutsche Ensemble, das sich um eine möglichst stilgetreue Interpretation Alter Musik auf historischen Instrumenten bemühte: die Deutsche Vereinigung für Alte Musik.[9]
Wieder neu gewonnene Instrumente in der Alten Musik
Der Zink war beispielsweise fast unbekannt geworden. Seit den späten 1970er Jahren erfuhr dieses Instrument eine intensive Wiederbelebung im Zuge der Neuentdeckung der Alten Musik. Heute gibt es wieder Zinkenisten und zugleich Instrumentenbauer, die Instrumente herstellen, die denen aus der Blütezeit des Zinken ebenbürtig sind.
Ähnlich liegen die Dinge bei Blasinstrumenten wie Bassetthorn und Serpent. Otto Steinkopf baute als erster im 20. Jahrhundert eine Anzahl von Renaissance- und Barockinstrumenten. Er kopierte Krummhörner, Kortholte, Rankette, Dulziane, Schalmeien und Pommern, und Zinken[10], darüber hinaus auch Barockfagotte und Barockoboen. Er gilt als ein „Nestor der Wiederbelebung historischer Holzblasinstrumente“.[11]
Mit der Wiederentdeckung der Alten Musik erfuhr auch die Laute in ihren verschiedenen Formen während des 20. Jahrhunderts eine Wiederbelebung.
Die Wiederentdeckung des Cembalos im frühen 20. Jahrhundert ist mit der Wiederentdeckung der Barockmusik verbunden. Hierbei ist das Wirken der Pianistinnen und Cembalistinnen Wanda Landowska und Eta Harich-Schneider hervorzuheben, welche durch ihre rege Konzert- und Lehrtätigkeit das Instrument und die dazugehörende Musizierweise einem breiten Publikum bekannt gemacht haben.[12][13]
Der Cellist Nikolaus Harnoncourt und die Geigerin Alice Harnoncourt studierten nach der Zeit des Zweiten Weltkrieges sowohl die musikalische Aufführungspraxis der Renaissance als auch des Barocks und erkundeten die Klangmöglichkeiten alter Instrumente.[14]
Sogenannte Bachinstrumente
Auf dem langen Weg der Wiedergewinnung von Instrumenten für die Wiedergabe der Alten Musik gab es aber auch Schritte und Entwicklungen, die sich nicht weiter durchgesetzt haben.
Bachklavier
Karl Maendler trat zu Beginn der 1920er Jahre mit einem Instrument an die Öffentlichkeit, das als „Bachklavier“ bezeichnet wurde. Dieses Cembalo verfügte über eine sehr umfangreiche, sogenannte „dynamische“ Registrierung. Ein Instrument der Serie aus dem Jahr 1925, das im Deutschen Museum in München aufbewahrt wird, besitzt acht Pedale, um die diversen Register zu aktivieren und zu kombinieren.[15] Es hat wenig mit einem Cembalo der Bachzeit zu tun und noch weniger mit einem Klavier.
Bach-Bogen
Albert Schweitzer hing mit anderen Forschern seiner Zeit der falschen Vorstellung an, das gleichzeitige Streichen von bis zu vier Saiten sei in der Barockzeit mit einem Rundbogen üblich gewesen, insbesondere im Hinblick auf Bachs Solowerke für Violine. In seinem Buch über Johann Sebastian Bach (1905) machte er diesen Irrtum populär. Schweitzers Forderung nach einem Bach-Bogen, der ein wahrhaft polyphones Violinspiel ermöglicht, hängt möglicherweise damit zusammen, dass er selbst Organist war und der polyphone Orgelklang ohnehin als typischer Bach-Klang galt.
Bachtrompete
Julius Kosleck war einer der ersten Trompeter, der eine gerade, zweiventilige Trompete in hoch A spielte. Er begründete die Idee zur Verkürzung der Trompeten bis zu unserer heutig bekannten Piccolotrompete, welche dann im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde, um die hoch liegenden Trompetenpartien der Barockmusik darzustellen. Kosleck gilt zudem als „Erfinder“ des falschen Begriffes Bachtrompete.[16] Johann Sebastian Bach hat aber nie ein derartiges Instrument gesehen oder gehört, da die Ventile erst Anfang des 19. Jahrhunderts erfunden wurden. Ähnlich liegen die Dinge beim Corno da caccia.
Die Wiederbelebung der Barocktrompete im 20. Jahrhundert geschah allerdings vergleichsweise zögerlich, da ihr Spiel die Ausführenden vor größere Probleme stellte als bei anderen Instrumenten. So galten noch bis in die 1950er-Jahre die Trompetenpartien bei Bach als unspielbar.
Zur Geschichte der Wiedergewinnung und neuerlichen Verwendung der Instrumente in der Alten Musik
→ Siehe auch: Historische Aufführungspraxis
Museen mit dem Instrumentarium der Alten Musik (Auswahl)
Einige Musikmuseen in Europa geben die Entwicklung der Alten Musik – zum Teil museumspädagogisch aufbereitet – meist ab dem 15. Jahrhundert im Blick auf das dazugehörende Instrumentarium wieder.
Zu diesen Häusern gehören unter anderem:
Seit dem 19. Jahrhundert
- 1853: Die Musikinstrumenten-Sammlung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg enthält Instrumente aller Gattungen aus dem Bereich der Alten Musik ab dem 16. Jahrhundert. Die seit dem Tag der Gründung des Museums bestehende Musikinstrumentensammlung zählt zu den umfangreichsten in Europa und dokumentiert die Geschichte der Musikinstrumente im deutschsprachigen Raum.
- 1870: Sammlung alter Musikinstrumente in Wien; diese Sammlung alter Musikinstrumente verfügt über einen der weltweit bedeutendsten Bestände an Renaissance- und Barockinstrumenten.
- 1877: Musikinstrumentenmuseum in Brüssel mit europäischen Instrumenten in ihrer Entwicklung seit dem Mittelalter
- 1888: Musikinstrumenten-Museum Berlin mit italienischen Meistergeigen von Amati, Guarneri und Antonio Stradivari sowie flämischen Kielinstrumenten
Seit dem 20. Jahrhundert
- 1901: Haus der Musik in Stuttgart als Teil des Landesmuseums Württembergs
- 1970: Instrumentenmuseum am Royal College of Music in London mit 800 Instrumenten
- 1995: Musikmuseum in der Cité de la musique von Paris, hauptsächlich Instrumente der Musik des 17. Jahrhunderts bis heute: Lauten, Violinen aus Italien von Antonio Stradivari, Guarneri und Nicolò Amati; diverse französische und flämische Cembali. Die Instrumente sind nach Epochen und Typen gegliedert aufgestellt. Über Kopfhörer können Besucher Erklärungen zu den Instrumenten und zur darauf gespielte Musik hören.
Seit dem 21. Jahrhundert
- 2000: Musikmuseum Basel mit 650 Instrumente ab dem 16. Jahrhundert
- 2008: die Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom bekommt ein Instrumentenmuseum, in dessen Ausstellung sich 130 Instrumente befinden.[17]
Bilder historischer Instrumente in europäischen Musikmuseen
- Virginal (Musée de la musique, Bâle) (30213198013).jpg
Ein bemaltes flämisches Virginal von Andreas Ryff (1550–1603) aus dem Jahre 1572 im Musikmuseum Basel
- Contrebasse 1666 Musikmuseum Basel 24102013.jpg
Ein barocker Kontrabass aus dem Jahr 1666, der am Wirbelkasten zum oberen Halsende hin statt der Schnecke von einem geschnitzten hölzernen Löwenkopf geziert wird. Dieser Bass hat vier seitenständige, ebenfalls verzierte, schwarze Wirbel zum Stimmen der vier Darmsaiten; Exponat im Musikmuseum Basel
- Archlute (or Theorbo) (c.1650) by Michael Seelos, Venice - back - MIM Brussels (2015-05-30 2015-05-30 07.28.01 by chibicode).jpg
Venezianische Erzlaute aus der Mitte des 17. Jahrhunderts im Musikinstrumentenmuseum in Brüssel
- Giovanni d'andrea veronese, lira da braccio con mascherone, 1511 (vienna, khm) 03.jpg
Eine Lira da braccio mit Maskaron von Giovanni d'Andrea veronese aus dem Jahr 1511, heute in der Sammlung alter Musikinstrumente in Wien
- Cornets à bouquin2.jpg
Sammlung von zehn verschiedenen historischen Zinken in gekrümmten und geraden Formen, in hellen und dunklen Materialien, mit metallischen und nichtmetallischen Mundstücken, unverziert und mit Schnitzmuster ausgerüstet; Vitrine im Musikmuseum in der Cité de la musique von Paris
Archive für Autographe und historische Notendrucke der Alten Musik (Auswahl)
Mit der wachsenden Kenntnis und Wertschätzung Alter Musik kam es nach und nach auch zu einer gezielten Archivierung und Zugänglichmachung des historischen Notenmaterials dieser Musik, seien es Autographe, Handschriften oder frühe Notendrucke. Als Beispiele seien genannt:
Archive
- seit 1950 das Bach-Archiv Leipzig
- seit 1988 das Heinrich-Schütz-Archiv; inzwischen nennt sich die Einrichtung in Dresden mit einem deutlich erweiterten Auftrag Forschungsinstitut für mitteldeutsche Musikgeschichte. Die Bezeichnung Archiv leitet sie von ihrer umfangreichen Mikrofilmsammlung von Text- und Notenquellen her.
- seit 2014 wieder neu zugänglich die Musiksammlung Benediktinerkloster Mariastein
Bibliotheken
Die spätestens 719 gegründete Stiftsbibliothek St. Gallen gehört zu den bedeutendsten historischen Bibliotheken der Welt. Die Neumenhandschriften, insbesondere diejenigen aus dem Codex Sangallensis 359, haben für die Restitution des Gregorianischen Chorals große Bedeutung.
In der Staatsbibliothek zu Berlin befinden sich 80 Prozent aller Autographe Johann Sebastian Bachs,[18] aber auch andere Werke aus dem Bereich der Alten Musik.
In der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel werden Musikhandschriften der gesamten europäischen Musikgeschichte von der Einstimmigkeit bis zur Vorklassik aufbewahrt, wobei die Schwerpunkte im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit liegen. Darunter Handschriften mit dem Repertoire der frühen Polyphonie der Kathedrale Notre Dame zu Paris, die Lautentabulaturen Philipp Hainhofers und die Erstfassung der Johannes-Passion von Heinrich Schütz.[19]
Die British Library in London ist im Besitz von Notenblättern aus der Hand von Georg Friedrich Händel.[20]
Die Bayerische Staatsbibliothek in München unterhält eine international bedeutende Musikbibliothek ersten Ranges mit reichen Beständen im Bereich Alte Musik, die bis in das 16. Jahrhundert zurückgehen und die über mehr als 1.400 Notendrucken aus dieser Zeit verfügt.
Auch in Landesbibliotheken finden sich oft große Bestände an Alter Musik; so bewahrt die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart viele mittelalterliche Musikhandschriften säkularisierter Klöster, etwa die Lorcher Chorbücher. Ebenso befinden sich großformatige Chorbücher der ehemaligen Hofkapelle Stuttgart und eine der größten Gesangbuchsammlungen Deutschlands mit historischen Chorälen.
Die Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt verwahrt in ihrer Musiksammlung 4.774 Autographe vor allem aus barocker und frühklassischer Zeit, in deren Zentrum das Gesamtwerk des Darmstädter Hofkapellmeisters Christoph Graupner steht.
Historische Sammelbände und Sammlungen
Zuweilen haben sich Zusammenstellungen der Mittelalter-, Renaissance- und Barockmusik in alten Ausgaben erhalten, die verschiedene Komponisten oder Werke aus diversen Quellen bündeln:
- Das Buxheimer Orgelbuch ist eine historische Sammlung von alter Orgelmusik ab 1460
- Die Linzer Orgeltabulatur ist eine historische Sammlung von Orgelmusik ab 1611
- Das Fitzwilliam Virginal Book, zwischenzeitlich auch „Queen Elizabeth's Virginal Book“ genannt, sammelte Cembalomusik ab 1662
- Das Partiturbuch Ludwig, eine Sammlung von 114 Instrumentalstücken des 17. Jahrhunderts
- Die Dübensammlung, eine zwischen 1640 und 1720 durch Gustav Düben zusammengetragene Sammlung von etwa 2300 musikalischen Werken von über 300 benannten Komponisten, die sich in der Universitätsbibliothek Uppsala befindet
- Der Codex Rost, benannt nach dem Kopist und Sammler Franz Rost mit 156 Werken, heute in der Bibliothèque nationale de France
- Das Rostocker Liederbuch ist eine alte Sammlung deutscher, niederdeutscher und lateinischer Lieder aus dem Spätmittelalter, heute in der Universitätsbibliothek Rostock
- Das Lochamer-Liederbuch ist eine umfangreiche Sammlung deutschsprachiger Lieder am Übergang vom Spätmittelalter zur Renaissance und stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.
Noch ältere Musik aus der Frühzeit der Motette enthalten die Handschriftensammlungen
Internetquellen
Music Encoding Initiative
Die Music Encoding Initiative hat seit dem 21. Jahrhundert Bedeutung für die Zugänglichkeit und Bearbeitung Alter Musik. Die Initiative dient zur Kodierung, zum Austausch und zur Archivierung von Musik. Das Projekt wird auf GitHub[21] gehostet und von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur[22] betreut.
International Music Score Library Project
Das International Music Score Library Project (IMSLP, deutsch Internationales Notenbibliothek-Projekt), seit Juli 2008 auch mit dem Untertitel Petrucci Music Library, Ottaviano Petrucci gewidmet, ist ein Projekt zur Schaffung einer Online-Bibliothek für gemeinfreie (public domain) Musiknoten (Free Sheet Music). Das IMSLP wurde von Edward W. Guo, einem Musikstudenten des New England Conservatory of Music, gegründet. Es arbeitet nach dem Wiki-Prinzip und mit der Software MediaWiki. IMSLP präsentiert viele Werke aus dem Bereich der Alten Musik.
Verluste und Makulatur
Der Nachfolger von Samuel Franck, Caspar Ruetz berichtet, dass die meisten Manuskripte seiner Vorgänger zu Makulatur gemacht oder zum Feueranzünden gebraucht wurden.[23] Dies zeigt exemplarisch, dass weite Bereiche Alter Musik von nachfolgenden Generationen nicht immer als erhaltenswert und archivwürdig eingeschätzt wurden; ganz zu schweigen vom Willen, solche Werke einzuüben und wieder öffentlich hörbar zu machen.
Gerade bei Heinrich Schütz, Dietrich Buxtehude und Johann Sebastian Bach gelten Teile des Gesamtwerkes ebenfalls als verschollen.
Unsicherheiten bei der Zuschreibung von Werken
Weil Alte Musik teilweise von der nachfolgenden Generation wenig oder gar keine Wertschätzung erfahren hat, kam es infolgedessen auch zu ungenügender Dokumentation. Das „Gesamtwerk“ eines Komponisten wurde nach dessen Tod nicht sichtbar, weil wichtige Werke von ihm zu Lebzeiten nicht vollständig und eindeutig erfasst worden sind. Musikwerke und die dazugehörenden klaren Zuschreibungen zu einem Komponisten gerieten auf diese Weise in Vergessenheit. Werke wurde zwar noch weiter überliefert, konnten ihrem Schöpfer aber nicht mehr oder nicht korrekt zugeordnet werden.
In modernen Werkausgaben werden auch Werke mit einem Fragezeichen erfasst, bei denen eine Zuschreibung zum Werkkorpus eines Komponisten nur vermutet werden kann, also auch da, wo für Historiker die belastbaren Quellen für Zuweisungen und Einordnungen fehlen. Solche Werke erscheinen oft bei genügend Evidenz trotzdem im Rahmen von Gesamtausgaben in einem Anhang mit kritischem Bericht. Beim Bach-Werke-Verzeichnis (BWV) oder beispielsweise bei der Gesamtausgabe von Johann Hermann Schein wurde mit fraglichen Werken so verfahren. In der Neuen Schütz-Ausgabe heißt der 44 Band: „Werke zweifelhafter Echtheit“. In manchen Fällen muss man möglicherweise von einer mehr oder weniger bewussten Fälschung ausgehen. Bei Johann Sebastian Bach stellt sich die Lage in der Gesamtausgabe folgendermaßen dar:
- BWV Anh. 190–200 – Verschollene Werke und Fragmente
- BWV Anh. 201–207 – Zweifelhafte Werke
- BWV Anh. 208 – Fälschlicherweise zugeschriebene Werke
Die Einschätzung im Blick auf Echtheit und fälschlicher Zuschreibung schwankt gelegentlich, je nach Forschungsperspektive. Bekanntes Beispiel dafür ist die Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 von Bach. In den letzten Jahrzehnten wurden vermehrt Zweifel an Bachs Urheberschaft geäußert. Vor allem Peter Williams und später Rolf Dietrich Claus versuchten zu zeigen, dass die stilistischen Eigenarten stark den zweifelsfrei unter Bachs Namen überlieferten Werken widersprechen. So wurde auch vermutet, dass Bach hier ein fremdes Werk abgeschrieben oder bearbeitet hat. Als dessen möglicher Autor wurde Johann Peter Kellner vorgeschlagen.[24] Andere Theorien gehen davon aus, dass es sich um eine niedergeschriebene Improvisation Bachs handle oder dass dieses Werk eine Orgelbearbeitung einer Violinkomposition Bachs darstellen könnte.[25]
Bei Bachs Sechzehn Konzerten für Cembalo solo (BWV 972–987) handelt es sich um Werke fremder Komponisten – sechs dieser Konzerte stammen von Antonio Vivaldi, andere von Benedetto Marcello und Georg Philipp Telemann.
Ein weiteres wichtiges Beispiel ist das Adagio g-Moll, das lange als ein Werk von Tomaso Albinoni gegolten hat, inzwischen aber nicht mehr Bestandteil der Albinoni-Gesamtausgabe ist, sondern dem italienischen Musikwissenschaftler und Komponisten Remo Giazotto zugeschrieben wird. Obwohl sich dieses Adagio stilistisch stark von Albinonis echten Werken unterscheidet, trug es in hohem Maße zur Wiederentdeckung dieses zwei Jahrhunderte lang weitgehend vergessenen Barockkomponisten bei. Zahlreiche Kammerorchester und Ensembles nahmen es in ihr Repertoire auf und spielten es auf Schallplatte bzw. CD ein, oft in Kombination mit anderen Werken Albinonis.
Wiederentdeckung und Herausforderungen (Chronologie)
Anfänge der Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert
Bach-Renaissance
Die Wiederaufführung von Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion durch Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahre 1829, rund 100 Jahre nach der Uraufführung in Leipzig, erweckt Interesse an Alter Musik. Eine erste Gesamtausgabe der Werke J. S. Bachs, wird 1851 begonnen, der noch im 19. Jahrhundert etliche weitere sogenannte Denkmalausgaben folgen. 1850 wurde die Bach-Gesellschaft Leipzig gegründet. Carl Friedrich Rungenhagen führte die Wiederbelebung der Musik Johann Sebastian Bachs fort und widmete sich zugleich der Pflege der Oratorien von Georg Friedrich Händel.
Gustav Nottebohm schuf 1865 die Variationen über ein Thema von Johann Sebastian Bach in d-Moll für Klavier zu vier Händen, op. 17 und nahm damit bewusst den Faden zur Barockzeit wieder auf. Max Reger bearbeite zahlreiche Werke von Bach für Klavier zu vier Händen.
→ Siehe: Bach-Renaissance im 19. Jahrhundert und Bach-Renaissance
Erwachendes Interesse an Alter Musik in Europa
Raphael Georg Kiesewetter in Wien erwarb ebenfalls bleibende Verdienste um die Wiederentdeckung Alter Musik. Er gründete einen kleinen Chor, mit dem er von 1816 bis 1842 seine Historischen Hauskonzerte durchführte und dabei Kompositionen der Alten Musik aus dem Bereich der Vokalmusik des 16. bis 18. Jahrhunderts bekannt machte. Um diese Hauskonzerte mit aufführbaren Musikwerken zu ermöglichen, hatte Kiesewetter begonnen, eine Notensammlung anzulegen, die aus Abschriften von nur in Handschriften vorliegenden kirchenmusikalischen Werken gebildet wurde. Durch die Mithilfe von Freunden wuchs seine Partiturensammlung im Lauf der Jahre zu einer stattlichen Bibliothek an.[26]
Kiesewetter hat darüber hinaus auch das Problem der Stimmtonhöhe und der historischen Temperaturen frühzeitig erkannt und erste Gedanken dazu veröffentlicht. Beim Studium der altklassischen Polyphonie eines Giovanni Pierluigi da Palestrina und Gregorio Allegri sind ihm die extrem hoch oder tief geführten Stimmen aufgefallen, die bei der Ausführung seinen Chormitgliedern zuweilen extreme Schwierigkeiten bereiteten.
Alexandre-Étienne Choron (1772–1834) betrieb am »Conservatoire de musique classique et réligieuse« auch in Frankreich eine Abkehr von der zeitgenössischen instrumentalen Musik hin zur Vokalmusik eines Bachs oder Palestrinas. Choron veranstaltete zwischen 1827 und 1830 jeweils zweimal wöchentlich Aufführungen Alter Musik, bei denen Werke von Clément Janequin, Nicolas Gombert, Gregorio Allegri, Giacomo Carissimi, aber auch Palestrina und Händel zu hören waren.
Historismus und erwachendes Interesse an Musikhistorie
Das wissenschaftliche Interesse am Notenbestand und Instrumentarium der Alten Musik erwachte im 19. Jahrhundert und fand 1888 seinen Niederschlag in der Gründung eines Staatlichen Institutes für Musikforschung und im Musikinstrumenten-Museum Berlin.
Neben dem Sammeln, Herausgeben und schließlich Musizieren alter Vokalmusik ist parallel dazu ein historisch-wissenschaftliches Bemühen zu beobachten, das durch Martin Gerbert (1720–1793), Johann Nikolaus Forkel (1749–1818), Padre Martini (1706–1784), in England durch Charles Burney (1726–1814) und John Hawkins (1719–1789), in Frankreich und Belgien durch François-Joseph Fétis (1784–1871), vor allem aber durch Carl von Winterfeld (1784–1852) in Berlin eine Intensivierung erfuhr.
Restitution des Gregorianischen Chorals
Der Gregorianische Choral fand Ende des 19. Jahrhunderts seine Restitution. Es gelang die Wiederherstellung der mittelalterlichen Melodien und Rhythmen in der Neuzeit.
→ Siehe: Restitution des Gregorianischen Chorals
Cäcilianismus
Der Cäcilianismus – benannt nach der frühchristlichen Märtyrin Cäcilia von Rom – war eine katholische kirchenmusikalische Restaurationsbewegung des 19. Jahrhunderts und verlangte die Rückbesinnung auf einen an Palestrina angelehnten A-cappella-Stil, für den die Vertreter des Cäcilianismus den Begriff der altklassischen Vokalpolyphonie prägten. Hermann Bäuerle besorgte eine Neuausgabe von Werken der Vokalpolyphonie in der „Bibliothek altklassischer Kirchenmusik in moderner Notation“ mit Werken von Giovanni Pierluigi da Palestrina, Orlando di Lasso, Tomás Luis de Victoria, Johann Joseph Fux, Hans Leo Hassler, Giovanni Battista Casali, Antonio Lotti, Giovanni Gabrieli, Lodovico Grossi da Viadana u. a. und gleichzeitig die Übertragung des gregorianischen Chorals in einer Reformnotenschrift. Er eröffnete damit vielen Chören den leichteren Zugang zur Alten Musik.
Im evangelischen Bereich gilt Eduard Grell neben Siegfried Dehn und Heinrich Bellermann als Mitbegründer einer Palestrina-Renaissance.
Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
Musikwissenschaft und Musikphilologie
Auch Vertreter der Musikwissenschaft waren im Auffinden Alter Musik in Europa engagiert. Gian Francesco Malipiero beschäftigte sich seit 1902 mit der älteren italienischen Musik. So entdeckte er in der Biblioteca Marciana die Werke von Claudio Monteverdi, Girolamo Frescobaldi, Claudio Merulo und anderen. Von 1926 bis 1942 gab Malipiero eine Edition sämtlicher Werke Monteverdis heraus und ließ diese auf eigene Kosten drucken.[27]
Auch Antonio Vivaldis Musik war nach seinem Tod im 18. Jahrhundert in Vergessenheit geraten. Erst ab Beginn des 20. Jahrhunderts begann man sich vermehrt für Vivaldi zu interessieren.[28] Ab 1947 beteiligte sich Malipiero auch an der Veröffentlichung der Instrumentalwerke Antonio Vivaldis. Die Wiederentdeckung von Vivaldis Musik im 20. Jahrhundert geschah zum großen Teil dank Alfredo Casellas Einsatz. 1939 veranstaltete er zusammen mit dem Dichter Ezra Pound in Siena eine Vivaldi-Festwoche. Seitdem ist Vivaldi wieder zu einer festen Größe im Repertoire der Barockmusik geworden.
Friedrich Ludwig leitete maßgeblich die Erforschung und Neubewertung der Alten Musik ein, indem er die Musik des Mittelalters theoretisch wie praktisch wieder zugänglich gemacht hat. Sein Forschungsgebiet war die Musik vor dem Palestrinastil, das heißt Ars antiqua, Ars nova und die Niederländische Polyphonie. Zu Ludwigs musikphilologischen Leistungen zählen die Erforschung des Organums, die Entzifferung der frühen Quadratnotation, die Entdeckung der Modalrhythmik in einstimmigen Liedern des 13. Jahrhunderts, die systematische Darstellung der Notre-Dame-Epoche und der Motettenkompositionen der Ars nova. Er übertrug eine Vielzahl mehrstimmiger Werke bis ins 15. Jahrhundert hinein und publizierte sie in kritischen Editionen. Dabei entdeckte Ludwig das Kompositionsprinzip der Isorhythmie, deren Bezeichnung er auch prägte.
Jugendmusik-, Wandervogel- und Gambenbewegung
Eine Rückbesinnung auf Musik und Instrumente des 16. und 17. Jahrhunderts im Rahmen der Jugendmusikbewegung erfolgte in den 1920er-Jahren, die ähnlich der Wandervogel-Bewegung eine Form des Protestes gegen das – in diesem Fall künstlerische – Establishment war (sog. Gambenbewegung, auch Fideln, Zinken, Blockflöten u. a. Instrumente). Vor allem durch die historische Aufführungspraxis erlebte die Viola da gamba seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine Renaissance.[29]
Lieder aus dem spätmittelalterlichen Lochamer Liederbuch werden ab 1904 in Der Zupfgeigenhansl (was sinngemäß „Spieler der Gitarrenlaute“ bedeutet) aufgenommen, der Name eines Liederbuchs des Wandervogels und der Jugendbewegung. Die dortigen Lieder prägten den Liedschatz der Jugendbewegung stärker als jedes andere Buch, hatten aber auch wesentlichen Einfluss auf die Jugendmusikbewegung.
Das Alte-Musik-Repertoire betrachtete die Jugendmusikbewegung als leicht ausführbar. Auch wurde sie unter dem Aspekt der Eignung für das Laienmusizierens ausgewählt. Die Alte Musik war für die Jugendmusikbewegung somit das Repertoire schlechthin, um Musiziervorstellungen zu verwirklichen, die sie in der zeitgenössischen Musik noch nicht und in der romantisch-spätromantischen Musik nicht mehr verwirklicht sah.
Dieter Gutknecht bemerkt: „Wenn manchmal noch heute das Für und Wider von Alter Musik und Aufführungspraxis nicht vorurteilslos diskutiert wird, hat das seine Ursache in Mißverständnissen, die auf die Zeit der Jugendmusikbewegung zurückgehen. Alte Musik = Laienmusik oder Musik minderen künstlerischen Ranges, Aufführungspraxis = sektiererische ›Anti-Haltung‹ – Vorurteile wie diese standen der Integration der Alten Musik in unser Konzertleben und leider auch ihrer Berücksichtigung in den Lehrplänen der Musikhochschulen lange Zeit im Wege.“[30]
Moderne Rückgriffe auf Alte Musik
Eine historisierende Kompositionspraxis lässt sich bei Ottorino Respighi beobachten. Er wandte sich vor allem der italienischen Musik des Barock und der Renaissance zu, deren Musik er z. T. in ein neues Klanggewand goss (Orchestersuite Gli Uccelli [Die Vögel], 1927) oder benutzte, um Werke in stile antico wie z. B. Antiche danze ed arie per liuto[31] zu schreiben.
Um 1920 entstanden weitere Bearbeitungen nach „alten Meistern“ im Sinne eines Rückgriffes auf die Komponisten und Stilmittel der Alten Musik, worunter Igor Strawinskis Pulcinella hervorsticht.
Carl Orff griff nach der Tonsprache mittelalterlicher Musik. Zur Entstehungszeit von Carmina Burana 1935, in welchem das Mittelalter auch musikalisch zum Ausdruck kommt, war noch kaum eine der originalen mittelalterlichen, in Neumen notierten Melodien rekonstruiert. So gestaltete er die Musik nach bereits bekannten Stilmerkmalen des Mittelalters wie etwa Bordunbegleitung und Kirchentonarten.
Der Stile antico wurde von Jean Langlais in seiner Messe en style ancien von 1952 gepflegt, der auf Vorbildern der Alten Musik fußt.
→ Siehe auch: Neobarock#Musik und Neoklassizismus (Musik)
Gesellschaften und frühe Ensembles für Alte Musik
In Frankreich gründeten 1901 Henri Casadesus (Viola d’amore) und Édouard Nanny (Kontrabass) die „Société de concerts des instruments anciens“ (Konzertgesellschaft für historische Instrumente), die unter der Präsidentschaft des Komponisten Camille Saint-Saëns stand. Ziel war die Wiederbelebung der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts auf Originalinstrumenten. Mit ähnlichen Zielen kam es in München vier Jahre später zur Gründung der Deutschen Vereinigung für Alte Musik.
Die Nederlandse Bachvereniging wurde am 13. September 1921 offiziell ins Leben gerufen und ist das weltweit älteste Barockorchester, das sich auf die historische Aufführungspraxis von Barockmusik spezialisiert hat[32]
Ars Musicae de Barcelona war ab 1935 ein katalanisches Vokal- und Instrumentalensemble aus Barcelona, das auf mittelalterliche und frühneuzeitliche Musik Kataloniens und Spaniens spezialisiert war.[33] Das Ensemble war bis 1979 aktiv. Es wurde von Josep María Lamaña gegründet und widmete sich der Interpretation der Musik des Mittelalters, der Renaissance und des Frühbarock auf alten Originalinstrumenten oder auf Kopien solcher Instrumente. Das Ensemble war weltweit eine der Pioniergruppen, die sich dem Thema Alte Musik und historische Aufführungspraxis stellte.
August Wenzinger trat mit Gustav Scheck und Fritz Neumeyer im Kammertrio für Alte Musik auf, einer Formation, die von 1935 bis 1965 bestand.
Das Deller Consort wurde 1948 als ein englisches Vokal- und Instrumentalensemble von dem Countertenor Alfred Deller gegründet, das sich der frühen englischen Musik widmete. Alfred Deller war der erste wieder solistisch auftretende Counter-Tenor des 20. Jahrhunderts.[34]
Auch wenn Karl Münchinger nicht zu den Verfechtern der historischen Aufführungspraxis gehörte, vertrat er schon ab 1945 ein von romantischen Vorstellungen befreites und entschlacktes Klangbild bei seinem Stuttgarter Kammerorchester. Geringstimmige Besetzungen, rigorose Einhaltung von Tempovorgaben sowie stilistische und interpretatorische Maßgaben der Komponisten galten ihm als Leitfaden seiner Interpretationen, die damit sehr früh durchweg von einem transparenten und homogen schlanken Klangbild geprägt waren.
Zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kam es in vielen europäischen Ländern zu einer Welle von wichtigen Neugründungen von Ensembles und Orchestern, die einerseits durch Einspielungen, andererseits durch Auftritte das neue Klangbild der Alten Musik einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machten:
1950 bis 1969
- Mit der Gründung der Cappella Coloniensis im Jahre 1954 begann der Durchbruch der heutigen sogenannten historischen Aufführungspraxis als Grundstein für eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit der Alten Musik. Die gleichzeitig im Kölner WDR gesendeten Beiträge zur Geschichte der Alten Musik verhalfen parallel den praktischen Versuchen im Orchesterbereich zu ungeahnter Popularität.
- Das Alarius Ensemble war eine belgische Kammermusikformierung, die ab 1954 bestand. Die Formation widmete sich ab den 1960er Jahren – parallel zur zeitgenössischen Musik – der Alten Musik auf historischen Instrumenten. Das Ensemble wurde innerhalb kurzer Zeit für die damals noch als „Bewegung“ bezeichnete Pionierzeit der historischen Aufführungspraxis prägend, nicht zuletzt durch die Ermunterungen des Musikhistorikers Charles Van den Borren. Das Ensemble ging 1972 in der La Petite Bande auf. Den Kern dieses Ensembles bildete Sigiswald Kuijken mit seinen Brüdern Wieland und Barthold.[35] Das Ensemble machte Ersteinspielungen von Werken damals dem großen Publikum gänzlich unbekannter alter Meister, wie des flämischen Komponisten Carolus Hacquart; aber auch deutsche und italienische Barockmeister wie Johann Rosenmüller, Dario Castello, Carlo Farina und Giovanni Paolo Cima waren im Repertoire vertreten.
- Mit dem Leonhardt-Consort gründeten 1955 Gustav und Marie Leonhardt ein Ensemble, mit dem sie zahlreiche Einspielungen für die Serie DAS ALTE WERK des Labels Telefunken (später Teldec) vornahmen.
- Ebenfalls im Jahre 1955 liegen die Wurzeln des Ulsamer-Collegiums. Die Mitglieder musizierten auf historischen Instrumenten, meist Kopien nach Originalen aus diversen Museen und Sammlungen.
- Bereits in den 1950er-Jahren begannen auch die Arbeiten des Dirigenten Nikolaus Harnoncourt zusammen mit seiner Ehepartnerin Alice Harnoncourt auf dem Gebiet der Bach-Interpretation; allerdings fanden unter Harnoncourt erst 1957 mit dem Concentus Musicus Wien erste Konzerte auf historischen Instrumenten statt. Parallel dazu beschäftigte sich in diesen Jahren Eduard Melkus ebenfalls in Wien mit den Vorläufern und Varianten der Violine, dem Rebec, der Lira da Braccio und der Viola d’amore.
- René Clemencic gründete 1957 das Ensemble Musica Antiqua, das sich in einer variablen Besetzung von 2 bis 50 Musikern der Historischen Aufführungspraxis verschrieb. 1968 gründete er ein neues Ensemble, das sich Clemencic Consort nannte.
- Vor allem für Einspielungen und hochwertige Tonaufnahmen im Bereich der Alten Musik kam ab 1960 das Collegium Aureum zusammen. Wichtig waren vor allem Aufnahmen für die Deutsche Harmonia Mundi.
1970 bis Ende des 20. Jahrhunderts
- Philippe Herreweghe beschäftigte sich mit dem 1970 von ihm gegründeten Collegium Vocale Gent sowohl mit vorbarocker Musik als auch mit wegweisenden Einspielungen der Kantaten von Johann Sebastian Bach.
- Mit Gründung der Musicalischen Compagney 1972 in Berlin gab es ein erstes Ensemble, das sich der vokal-instrumentalen Musik des 17. Jahrhunderts widmete. Die Berliner Lautten Compagney kam 1984 dazu, zuletzt 1986 noch die Berliner Barock-Compagney.
- In Estland gründete Andres Mustonen 1973 das Ensemble Hortus Musicus, mit dem er ein breites Repertoire sich erarbeitete, beim Label Melodija zahlreiche Werke der Alten Musik einspielte und viele internationale Konzertauftritte absolvierte.
- 1973 gründete Reinhard Goebel das Ensemble Musica Antiqua Köln, das sich vor allem auf die Orchester- und Ensemblewerke von Georg Philipp Telemann sowie der gesamten Bachfamilie konzentrierte.[36]
- Christopher Hogwood gründete an der University of Cambridge 1973 die Academy of Ancient Music; die Musiker leitete er vom Cembalo aus.
- Jordi Savall gründete 1974 zusammen mit seiner Ehepartnerin Montserrat Figueras Hespèrion XX, ein Ensemble, das sich speziell dem Repertoire der frühen Musik der iberischen Halbinsel verpflichtete.
- Das Hilliard Ensemble wurde 1974 als ein britisches Vokalensemble gegründet. Es konzentrierte sich auf Musik, die vor 1600 geschrieben wurde.
- 1975 kam es zur Gründung von Bärengässlin, einem Ensemble, das seinen Schwerpunkt bei der Erarbeitung authentischer Interpretationen von Liedern des Mittelalters und der frühen Neuzeit von Autoren wie Walther von der Vogelweide, dem Mönch von Salzburg, Oswald von Wolkenstein, Martin Luther sowie aus den Carmina Burana sah.
- Das Ensemble für frühe Musik Augsburg ist ein Ensemble aus dem Bereich der Musik der Mittelalterszene, das 1977 gegründet wurde[37].
- Sequentia. Ensemble für Musik des Mittelalters wurde 1977 in Köln gegründet und nach der mittelalterlichen Musikform Sequenz benannt.
- John Eliot Gardiner setzte 1978 mit seinen English Baroque Soloists erstmals bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik durch die Aufführung von Händels Acis and Galatea mit historischen Instrumenten einen wichtigen Akzent.
- 1979 gründete Ton Koopman sein Amsterdam Baroque Orchestra. Später erst kam der Chor dazu, mit dem vor allem die Werke von Johann Sebastian Bach aufgeführt wurden.
- Im gleichen Jahr gründet William Christie in Frankreich das Ensemble Les Arts Florissants, das nach einer Oper des französischen Komponisten Marc-Antoine Charpentier benannt ist.
- In der DDR wurde 1982 mit der Gründung der Akademie für Alte Musik Berlin ein wichtiger Ort der Pflege für Alte Musik etabliert.
- Das Concerto Köln wurde 1985 von Studenten der Kölner Musikhochschule gegründet. Bis zum Jahr 2005 war Werner Ehrhardt (Violine) künstlerischer Leiter des Ensembles.
- Ein Barockorchester der Europäischen Union wurde 1985, im Rahmen des europäischen Jahres der Musik, zur Feier des 300. Geburtstages der Komponisten Johann Sebastian Bach, Domenico Scarlatti und Georg Friedrich Händel, gegründet.
- Das Jerusalem Baroque Orchestra wurde 1989 von David Shemer, seinem Dirigenten und Cembalisten, in Israel gegründet.
21. Jahrhundert
Inzwischen hat sich Alte Musik im Konzertleben und an den Hochschulen etabliert sowie im Wissen um ihre adäquate Aufführungspraxis fast weltweit ausgebreitet. Das Nachdenken über Alte Musik führte zu weiteren Konsequenzen, unter anderem beim Ensemble Neobarock. Der Anspruch dieses Ensembles, der sich auch im Namen ausdrückt, ist die Verbindung historischer Authentizität mit einer ästhetischen Bezugnahme zum Hören im 21. Jahrhundert.
Grenzverschiebungen bei der Alten Musik
Musiker wagten sich mit ihrem sogenannten Original-Instrumentarium immer weiter in die Vorklassik und Klassik vor. Wolfgang Amadeus Mozart, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven wurden für die Alte-Musik-Bewegung ebenfalls aufgearbeitet.
Noch einen Schritt weiter ging das Orchestra of the Age of Enlightenment mit seiner Öffnung des Repertoires hin zur Romantik und Spätromantik, indem sie auch historisch informierte Einspielungen mit Werken von Franz Schubert (2010), Felix Mendelssohn Bartholdy (2001), Frédéric Chopin (1999), Giuseppe Verdi (2001) und Gustav Mahler vorlegten. Auch Philippe Herreweghe ging diesen Weg der Aufweitung. Roger Norrington ließ Werke des 19. Jahrhunderts auf altem Instrumentarium, mit alter Besetzung und Aufstellung spielen, ohne das damals ungebräuchliche, erst in den 1920er-Jahren übernommene, sogenannte Caféhaus-Vibrato.[38] Die historisch informierte Aufführungspraxis ist für ihn eine Magerkur. Norrington selbst vergleicht sie mit der Nouvelle Cuisine: „keine fetten Soßen mehr!“.
Regionale Alte Musik und Erneuerung von Hofkapellen
Ein weiteres Motiv bei der Neugründung von Ensembles der Alten Musik ist das Bedürfnis, die Alte Musik von bestimmten regional eingegrenzten Spielstätten der Geschichte zu reaktivieren, um die dort jeweils vorhandene Musiküberlieferung für die Gegenwart neu zu aktivieren. Dazu gehören die Batzdorfer Hofkapelle mit dem Schwerpunkt der Dresdner Musiküberlieferung seit 1993, die Hofkapelle Stuttgart von Frieder Bernius seit 2002 und die Hofkapelle München von Rüdiger Lotter seit 2009.
Bewertung
Alte Musik wird heute oft als wertvolle Bereicherung (oder sogar Korrektiv) des gängigen Repertoires der bürgerlichen Musikkultur, wie sie in den großen Konzertsälen der Welt stattfindet, verstanden. Musiker aus der Altmusik-Szene bringen Impulse mit in das klassisch-romantische Repertoire, soweit sie bereit sind, die Sparten zu wechseln. Durch den Erfahrungshintergrund der Alten Musik werden neue Höreindrücke von längst bekannten Werken möglich.
Weitere Interpreten und Ensembles aus dem Bereich Alte Musik
- Kategorie:Ensemble (Historische Aufführungspraxis)
- Kategorie:Interpret Alter Musik
- Liste von Barockinterpreten und Ensembles
Organisationen im Dienst der Alten Musik
- Répertoire International des Sources Musicales; die RISM Serie A/I (Einzeldrucke vor 1800) katalogisiert gedruckte Noten aus der Zeit von ca. 1500 bis 1800, also Alte Musik. In den neun Bänden der Reihe (1971 bis 1981) werden über 78.000 Musikdrucke von 7.616 Komponisten aus 2.178 Bibliotheken nachgewiesen.
- 1957 gründete der Musikwissenschaftler Safford Cape in Brügge das Séminaire Européen de Musique Anciènne und 1961, dank der Förderung der Calouste-Gulbenkian-Stiftung, eine ähnliche Einrichtung in Lissabon.
Studium und Fortbildung
Schweiz
Ein grundständiger musikpraktischer Vollzeitstudiengang für die Musik des Mittelalters bis zur Romantik wird in der Schweiz an der Schola Cantorum Basiliensis – der Hochschule für Alte Musik in Basel – angeboten.
Deutschland
Diplomstudien für Alte Musik werden in Deutschland an folgenden Universitäten angeboten: Hochschule für Künste Bremen, Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden, Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ Leipzig, Staatliche Hochschule für Musik Trossingen, Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar, Hochschule für Musik Würzburg. Eine zweijährige berufs- oder studienbegleitende Fortbildung zur überlieferten Frühen Musik wird an der Akademie Burg Fürsteneck angeboten.
Österreich
In Österreich gibt es Studiengänge für Alte Musik an folgenden universitären Einrichtungen: Anton Bruckner Privatuniversität Linz, Johann-Joseph-Fux-Konservatorium Graz, Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, Universität Mozarteum Salzburg (Standort Innsbruck), Konservatorium Wien Privatuniversität.
Werkverzeichnisse
Zur Wiedergewinnung Alter Musik im 20. Jahrhundert trugen maßgeblich Werkverzeichnisse bei, die einen Überblick über das Schaffen der alten Meister erlaubten und zugleich einen Zugang dazu ermöglichten.
- 1950 erschien eine erste Version des Bach-Werke-Verzeichnisses des Musikwissenschaftlers Wolfgang Schmieder im Blick auf das Gesamtwerk Johann Sebastian Bachs
- 1960 gab Werner Bittinger im Auftrag der Heinrich-Schütz-Gesellschaft das Schütz-Werke-Verzeichnis mit den Werken von Heinrich Schütz heraus
- 1973 publizierte Peter Ryom das Ryom-Verzeichnis mit den Werken Antonio Vivaldis
- 1974 wurde von Georg Karstädt das Buxtehude-Werke-Verzeichnis zusammengestellt und veröffentlicht
- 1978 wurde das Händel-Werke-Verzeichnis als systematisches Verzeichnis der Werke Georg Friedrich Händels von Bernd Baselt erarbeitet
- 1985 erschien das Stattkus-Verzeichnis mit den Werken Claudio Monteverdis
- seit 2006 wird das Pachelbel-Werke-Verzeichnis (PWV) mit den Kompositionen von Johann Pachelbel von der Musikwissenschaftlerin Katharina Larissa Paech erstellt.[39]
Aufgrund von Neufunden und neuen Bewertungen sind manche Werkverzeichnisse auf dem Gebiet der Alten Musik weiterhin im Fluss und müssen modifiziert werden. Ein weiterer Teil wird von Musikwissenschaftlern erst noch erstellt oder komplettiert und gibt erst Zwischenstände der musikhistorischen Forschung wieder.
Zu den ersten Komponisten, deren Kammermusikwerke bis heute mit ihrer originalen Opusnummer benannt werden, gehört Arcangelo Corelli.
Werke Alter Musik als Edition
Die Rückgewinnung des Instrumentariums der Alten Musik wurde gleichzeitig durch Musikwissenschaftler, Institute und Verlage unterstützt, die eine Vielzahl alter Werke in Form von Notenausgaben für die Spielpraxis der Moderne gesammelt, systematisch aufbereitet oder wenigstens faksimiliert haben.
Sammelausgaben
Beispiele für Sammelausgaben, die sich auf regionale, instrumentale oder zeitliche Aspekte fokussieren, sind:
- Publications of the Musical Antiquarian Society ab 1840
- Denkmäler der Tonkunst ab 1869
- Biblioteca di rarità musicali ab 1883
- Denkmäler deutscher Tonkunst ab 1892
- Les Maîtres Musiciens de la Renaissance Française ab 1894
- L’Arte Musicale in Italia ab 1897
- The Old English Edition ab 1889
- Denkmäler der Tonkunst in Bayern ab 1900
- Denkmäler der Tonkunst in Österreich ab 1893
- The English Madrigalists ab 1913
- Tudor Church Music ab 1917
- Monuments de la musique francaise au temps de la Renaissance ab 1924
- Monuments de la musique ancienne ab 1925
- Publikationen älterer Musik ab 1926
- Nagels Musik-Archiv ab 1927
- Das Chorwerk ab 1929
- Istituzioni e Monumenti dell’ Arte Musicale Italiana ab 1931
- Das Erbe deutscher Musik ab 1935
- I Classici musicali italiani ab 1941
- Corpus Mensurabilis Musicae ab 1947
- Musica Britannica ab 1951
- Musikalische Denkmäler ab 1955
- Monumenta monodica medii aevi (MMMAe), Denkmälerreihe mit einstimmigen Gesängen des Mittelalters ab 1956
- Monumenta musica Neerlandica ab 1959
- Corpus of Early Keyboard Music ab 1963
- Corpus des Luthistes Français ab 1963
- Early English Church Music ab 1963
- Monuments of Renaissance Music ab 1964
- Meisterwerke der Musik im Faksimile ab 1977
- Denkmäler der Musik in Salzburg ab 1977
- Wiener Edition Alter Musik ab 1998
Komponisten-Gesamtausgaben
Werkausgaben in Deutschland
Karl Vötterle publizierte im Rahmen des Bärenreiter-Verlages wissenschaftlich-kritische Gesamtausgaben auf dem Gebiet der Alten Musik unter anderem mit den Werken von
- Christoph Willibald Gluck ab 1951
- Georg Philipp Telemann ab 1953
- Johann Sebastian Bach in der Neuen Bach-Ausgabe ab 1954
- Leonhard Lechner ab 1954 im Auftrag der Neuen Schütz-Gesellschaft herausgegeben in 14 Bände
- Wolfgang Amadeus Mozart ab 1955
- Georg Friedrich Händel in der Hallischen Händel-Ausgabe ab 1955
- Heinrich Schütz in der Neuen Schütz-Ausgabe ab 1955
- Johann Hermann Schein in der „Neuen Schein-Ausgabe“ durch Adam Adrio und Arno Forchert ab 1964[40]
Weitere Beispiele für Werkausgaben auf dem Gebiet der Alten Musik sind in chronologischer Ordnung:
- Giovanni Pierluigi da Palestrina Werke, 33 Bände, Leipzig ohne Jahreszahl, 1862 bis 1907
- Orlando di Lasso, Sämmtliche Werke, 21 Bände, herausgegeben von Franz Xaver Haberl und Adolf Sandberger, Leipzig 1894 bis 1926
- Die Herausgabe der Werke von Samuel Scheidt begann 1923, zog sich aber bis 1982 über verschiedene Verlage hin, zuletzt Breitkopf & Härtel
- Die Werke von Michael Praetorius wurden zwischen 1928 und 1960 in 21 Bänden als Gesamtausgabe vorgelegt.
- Die originalen Notenhandschriften des Altbachischen Archivs wurden aus dem Nachlass Carl Philipp Emanuel Bachs durch Georg Poelchau erworben und zu Zeiten des Sing-Akademie-Direktorats Carl Friedrich Zelters, der Sing-Akademie zu Berlin übereignet. Diese Sammlung wurde 1935 als Notendruck herausgegeben.
- Die Gesamtausgabe der Werke von Hans Leo Hassler erscheint seit 1961 durch die Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte beim Verlag Breitkopf & Härtel
- Heinrich Schütz in der Stuttgarter Schütz-Ausgabe ab 1969 im Carus-Verlag
- Heinrich Isaac, Gesamtausgabe: Henrici Isaac Opera omnia, herausgegeben von E. L. Lerner, Neuhausen-Stuttgart 1974 bis 1998 (= Corpus mensurabilis musicae LXV/1–8)
- Valentin Rathgebers Werke werden seit Gründung der Internationalen Valentin-Rathgeber-Gesellschaft 1983 in inzwischen 22 Bänden ediert.
- Andreas Hammerschmidt erscheint seit 2015 beim Verlag Kamprad unter der Leitung von Michael Heinemann. Es ist eine auf 15 Bände angelegte Gesamtausgabe der Werke von Andreas Hammerschmidt.[41][42]
Werkausgaben in Europa
Auch in weiteren europäischen Ländern und Instituten wurden im 20. und 21. Jahrhundert große Gesamtausgaben im Bereich der Alten Musik erstellt. Beispiele sind:
- Jacob Obrecht: Gesamtausgabe, Amsterdam 1908 bis 1921
- Josquin des Prés: Gesamtausgabe von Albert Smijers u. a., Amsterdam / Leipzig 1921 bis 1927
- Jacobus Clemens non Papa, Opera omnia, herausgegeben von K. Ph. Bernet-Kempers, 21 Bände, Rom 1951 bis 1976
- Jan Pieterszoon Sweelinck: Opera Omnia. Gesamtausgabe. Koninklijke Vereniging voor Nederlandse Muziekgeschiedenis, 1957 bis 2021
- Eine Werkausgabe im Blick auf Ludwig Senfl wird derzeit am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien und am Institut für Musikwissenschaft und Interpretationsforschung der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien von Stefan Gasch, Scott Edwards und Sonja Tröster erarbeitet, der erste Band der New Senfl Edition erschien 2021.
Urtextausgaben und Historisch-kritische Ausgaben
Bereits 1902 kritisierte Heinrich Schenker in Wien, dass viele Notendrucke gravierende Fehler enthalten würden. Er regte daraufhin Urtext-Ausgaben an, was zu den Klassiker-Ausgaben der Universal Edition führte. Weitere führende Musikverlage im Bemühen um einen Urtext und zugleich im Blick auf die Alte Musik sind unter anderen der G. Henle Verlag, der Carus-Verlag, der Musikverlag Breitkopf & Härtel oder die Edition Peters. Diese Verlage geben bei ihren Urtext-Ausgaben detailliert Rechenschaft über die editorischen Entscheidungen und die verwendeten historischen Quellen (Autographe, Handschriften, Ausgaben letzter Hand und Erstdrucke) bei ihrem Bemühen um einen Notentext, der sich maximal an den ursprünglichen Willen des Komponisten annähert. In der Regel sind die wissenschaftlichen Bearbeiter von Urtext-Ausgaben erfahrene Musikwissenschaftler, die methodensicher gleichzeitig im Kontext einer musikalischen Fachgesellschaft (Beispiele: Neue Bachgesellschaft, Bach-Gesellschaft Leipzig, Purcell Society) und im Gegenüber zu einem Verlagslektor agieren.
Weitere Initiativen auf dem Gebiet der historisch-kritischen Musikausgaben und Urtextausgaben sind:
- die Edition Musica Poetica, ein Musikverlag von Cosimo Stawiarski,
- die Edition Musica Rinata im Sonat-Verlag,
- die Ausgaben der Schweizer Stiftung Amadeus mit dem Amadeusverlag,
- Brass Collection Edward H. Tarr – für historische Blechblasinstrumente.
Meister Alter Musik als Namensgeber für Ensembles und Chöre (Auswahl)
Manche Ensembles, Orchester und Chöre drücken durch entsprechende Namensgebung einen stilistischen Schwerpunkt ihres Repertoires im Bereich der Alten Musik aus. Andere ehren durch die Namengebung einen Meister der Tonkunst aus dem Bereich Alter Musik. Als Beispiele seien (chronologisch) genannt:
Bachchor, auch Bach-Chor, oder Bachverein ist die Bezeichnung eines Chores, der sich schwerpunktmäßig dem Musikwerk Johann Sebastian Bachs verpflichtet fühlt und mit der Aufführung seiner großen geistlichen Chorwerke an die Öffentlichkeit tritt.
Das Telemann-Kammerorchester Michaelstein ist ein 1952 gegründetes Kammerorchester mit Sitz in Blankenburg (Harz) und erinnert an Georg Philipp Telemann.
Der Monteverdi-Chor Hamburg wurde im Jahre 1955 von Jürgen Jürgens als „Chor am Italienischen Kulturinstitut“ gegründet. Im gleichen Jahr wurde er auf Anregung des Institutsleiters in „Monteverdi-Chor“ umbenannt, zu einem Zeitpunkt, als Claudio Monteverdi noch ein weitgehend unbekannter Komponist war.
Der Mešani Pevski Zbor Jakob Petelin Gallus – Gemischter Chor Jakob Petelin Gallus ist ein slowenisch- und deutschsprachiger Chor aus Klagenfurt in Kärnten, der 1960 gegründet wurde. Benannt wurde der Chor nach dem Renaissance-Komponisten Jacobus Gallus.
Das Telemann-Kammerorchester Osaka wurde in Japan 1963 gegründet und widmet sich der Historischen Aufführungspraxis Alter Musik.
Das Hassler-Consort wurde 1992 vom Organisten und Cembalisten Franz Raml gegründet. Seinen Namen leitet das Ensemble von dem süddeutschen Musiker und Organisten Hans Leo Hassler ab.
Die Chorgemeinschaft des 1993 gegründeten Heinrich-Schütz-Ensemble in Vornbach erinnert an Heinrich Schütz und besteht aus ausgebildeten Musikern und Amateursängern, die sich auch mit den Höhepunkten der A-cappella-Literatur auseinandersetzen.
Les Muffatti ist ein 1996 von jungen Musikern in Brüssel gegründetes Barockorchester, nach dem Komponisten und Organisten Georg Muffat benannt ist.
2018 wurde in Husum der Nicolaus-Bruhns-Chor gegründet, der sich besonders den Werken Nikolaus Bruhns’ und seiner Zeitgenossen widmet.[43]
Festivals, Musiktage und Aufführungsreihen für Alte Musik (Auswahl)
Gegenwärtige Festivals
An einigen Orten haben sich bereits im 20. Jahrhundert regelmäßig wiederkehrende Tage für Alte Musik oder auch Festivals etabliert, bei denen in Konzertserien Werke der Alten Musik von spezialisierten Instrumentalisten und Ensembles dem Publikum präsentiert werden:
- Internationale Händel-Festspiele Göttingen, das weltweit älteste Festival für Alte Musik
- Heinrich-Schütz-Musikfest
- Magdeburger Telemann-Festtage
- Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, die sich seit 1976 der Pflege von Renaissance- und Barockmusik widmen und somit das älteste noch bestehende Festival dieser Art auf dem Gebiet der Alten Musik darstellen
- Das Festival-Mediaval ist ein Musikfestival in Selb (Oberfranken/Bayern), welches das größte europäische Festival im Bereich der mittelalterlichen Musik darstellt.[44]
- Stockstädter Blockflötenfesttage
- Tage Alter Musik in Herne
- Tage Alter Musik Regensburg
- Donaufestwochen im Strudengau
- Musikwoche Siena mit alten italienischen Meistern wie Antonio Vivaldi, Alessandro Scarlatti, Giovanni Battista Pergolesi, Baldassare Galuppi, Antonio Caldara und Antonio Salieri
- Musica Franconia
- MAfestival Brügge
- Festival della Valle d’Itria mit einem Schwerpunkt bei Barockopern
- In einem früher für Gottesdienste genutztes Kirchengebäude befindet sich in York das National Centre for Early Music, in dem Konzerte, Wettbewerbe und sonstige Events veranstaltet werden, insbesondere während des York Early Music Festivals.[45][46]
Speziell im Blick auf das Schaffen von Johann Sebastian Bach:
- Bachfest Leipzig
- Bachwoche Ansbach
- Internationale Bachakademie Stuttgart
- Thüringer Bachwochen
- J. S. Bach-Stiftung
- In Israel veranstaltet das Jerusalem Baroque Orchestra das Bach in Jerusalem Festival
Frühere Festivals
- Bach-Tage Berlin von 1970 bis 2000
- pro musica antiqua war ein von 1960 bis 2001 durchgeführten „Alte-Musik-Festival“ der ARD-Sendeanstalt Radio Bremen.
- Rencontres internationales de Luthiers et Maîtres Sonneurs von 1976 bis 2013 (Konkurs des Trägervereines Anfang 2014)
- zeitfenster – Biennale Alter Musik bis 2014
Offene Fragen und Weiterentwicklungen bei der Alte-Musik-Bewegung
Auf manchen dieser Festivals geht es inzwischen um die Grenzen der Alten Musik, um Grenzüberschreitungen hin zu anderen Epochen und Stilen bis hin zu Folk, Pop und Jazz.
Thorsten Preuß stellt im Blick auf die zahlreichen Festivals für Alte Musik fest: „War das zentrale Motiv der Historischen Aufführungspraxis über Jahrzehnte hinweg die möglichst genaue Rekonstruktion der ursprünglichen Aufführungsbedingungen eines Werks, von der Wahl der originalen Partituren und der zeittypischen Instrumente über Besetzungs- und Tempofragen bis hin zur Wiederbelebung der epochenspezifischen Phrasierungen und Verzierungen, so pflegen mehr und mehr Interpreten heute einen kreativen Umgang mit diesen Erkenntnissen – im Wissen um die Unmöglichkeit einer hundertprozentigen Rekonstruktion historischer Spiel- und Rezeptionsweisen und mit Verweis auf den relativ hohen Anteil nicht schriftlich fixierter, improvisatorischer Elemente in der Musik zwischen Mittelalter und Mozart.
Damit einher geht eine Bedeutungsverschiebung beim Begriff der ‚Authentizität‘: ging es früher darum, möglichst „authentisch“ im Sinne der Intentionen des Komponisten zu spielen, steht nun die „Authentizität“ des Interpreten im Vordergrund.
Tatsache ist, dass sich mittlerweile kaum noch ein Alte-Musik-Festival auf Originalklang-Purismus festlegen lässt.“[47]
Produktionsfirmen und Labels mit dem Schwerpunkt Alte Musik
1958 wurde mit dem Schwerpunkt Alte Musik die Produktionsfirma Deutsche Harmonia Mundi in Freiburg im Breisgau gegründet; auch die Harmonia Mundi entstand 1958 und hat ein ähnliches Profil.
Bei der Teldec bildete der Bereich der Alten Musik in historischer Aufführungspraxis einen Schwerpunkt. Ebenfalls ab 1958 kam es zum eigenen Sub-Label Das Alte Werk. Ab 1964 entstanden die ersten Aufnahmen mit Nikolaus Harnoncourt, der mit dem von ihm gegründeten Concentus Musicus Wien und später mit anderen Orchestern zu einem der Schwerpunktkünstler des Labels wurde.
Eines der größten Projekte dieses Bereichs war die mehrfach mit Schallplattenpreisen ausgezeichnete erste Gesamtaufnahme der Bachkantaten, die von 1970 bis 1989 gemeinsam vom Concentus Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt sowie vom Leonhardt-Consort unter Gustav Leonhardt zusammen mit verschiedenen Solisten und Chören eingespielt wurden. In der Reihe Das Alte Werk erschienen zusätzlich verschiedene Barockopern, darunter die Ersteinspielungen der rekonstruierten Fassungen von Monteverdis Opern L’Orfeo, Il ritorno d’Ulisse in patria und L’incoronazione di Poppea mit dem Concentus Musicus unter Harnoncourt.
Das schwedische Label BIS Records hat seit 1973 immer wieder wichtige Einspielungen Alter Musik produziert. Gleiches gilt ab 1986 für das deutsche Label classic production osnabrück. 2015 gewann letztere Firma auf dem Gebiet der Alten Musik bei der 57. Grammy-Verleihung einen Grammy für die beste Opernaufnahme, La descente d’Orphée aux enfers des französischen Komponisten Marc-Antoine Charpentier.[48] Im gleichen Jahr wurde die cpo-Einspielung zweier Barockopern von Marc-Antoine Charpentier auch mit dem deutschen Musikpreis Echo Klassik ausgezeichnet.
1980 gründete Jérôme Lejeune das Musiklabel „RICERCAR“, welches inzwischen mehr als 400 CD-Einspielungen, fast alle aus dem Bereich Alte Musik nach den Erkenntnissen der historischen Aufführungspraxis aufweisen kann, zu denen er alle Booklets verfasste.
Seit der Gründung von Carpe Diem Records 1995 liegt dort auch ein deutlicher Schwerpunkt bei der Alten Musik.
Das 1998 durch Jordi Savall gegründete Label „Alia Vox“ konnte bis 2010 mehr als 2.000.000 CDs vermarkten, nicht zuletzt durch Savalls starke Präsenz in den Konzertsälen und in den Medien, sowie durch Label-Niederlassungen in 45 Ländern[49].
Grenzen bei der Wiedergabe und Interpretation Alter Musik
Nikolaus Harnoncourt gab im Blick auf die Hermeneutik zu bedenken:
„Wenn einer meint, er kann Monteverdi im Sinne Monteverdis verstehen und aufarbeiten,
ohne in dieser Zeit zu leben,
ohne eine Mutter zu haben, die 1550 geboren ist,
und ohne die Kleidung dieser Zeit zu tragen,
und das Essen dieser Zeit
und das ganze Lebensgefühl,
das ist eine totale Illusion.
Wenn wir das spielen, machen wir dennoch eine reine Aufführung des 20. Jahrhunderts.
Wenn Monteverdi rein käme und das hören würde,
würde er im besten Fall lachen.“[50]
August Wenzinger, einer der ersten Lehrer an der Schola Cantorum Basiliensis, schrieb:
„Es wird uns nie gelingen, so zu singen, zu spielen und zu hören,
wie es ein Zeitgenosse eines vergangenen Jahrhunderts tat.
Jede Aufführung war und ist ein einmaliges Ereignis,
das geprägt ist von so vielen zeitlichen, musikalischen, sozialen, nationalen und persönlichen Einflüssen,
dass es eben keinen allgemeinen ›Kanon der Alten Musik‹ gibt.Es bleibt der Sensibilität, dem Wissen und Können des Ausführenden vorbehalten,
dem inneren Wesen eines Werkes so nahe als möglich zu kommen und es dem Hörer lebendig darzubieten.“[51]
Neuinterpretationen Alter Musik und Crossover (Auswahl)
Jacques Loussier (* 1934) wurde mit seinen verjazzten Interpretationen von Werken Johann Sebastian Bachs bekannt. Auf diese anfangs ungewöhnliche Kombination war Loussier 1959 während seines Studiums gestoßen und gründete dazu mit dem Bassisten Pierre Michelot und dem Schlagzeuger Christian Garros das Play Bach Trio.
Auf dem Album Officium begleitet Jan Garbarek (* 1947) mit seinem Saxophon als „fünfte Stimme“ das Hilliard Ensemble bei Werken aus der Entstehungszeit des Gregorianischen Gesangs bis zur Renaissance.
Angelo Branduardi (* 1950) verbindet als Cantautore die Alte Musik mit traditioneller Volksmusik.
Musiker und Ensembles, die im historisch informierten Bereich der Alten Musik beheimatet sind, laden sich Interpreten mit anderen Backgrounds zu gemeinsamen Projekten ein. Christina Pluhar (* 1965) und ihr Ensemble „L'Arpeggiata“ zählen zu denen, die sich in diesem Feld des Crossovers bewegen.[52]
Zitate
„Alte Musik ist Musik mit unterbrochener Aufführungstradition.“
„Alte Musik ist nicht ausschließlich historisch, sondern zu einem großen Teil auch Neue Musik,
indem ein Musiker unserer Zeit notwendigerweise seine Kreativität einbringen muss.
Darin liegt die große Vitalitätschance der Alten Musik.“
„Die Alte Musik, anders als das Repertoire der Romantik,
in dem man vor allem das Aufgesetzte, Schwülstige, Subjektive sah,
schien [in der Jugendmusikbewegung des 20. Jahrhunderts] Werte wie Einfachheit, Wahrhaftigkeit und Tiefe zu verbürgen.
Darum wurde sie zur verbindenden Klammer von Protesthaltungen, die
gegen den zeitgenössischen Musikbetrieb,
gegen das ›Konzertmäßige‹,
gegen das Virtuosentum und schließlich auch
gegen das gebräuchliche Instrumentarium gerichtet waren.“
„Das Wahre, Echte, Gemeinschaftsbildende glaubte man [in der Jugendmusikbewegung des 20. Jahrhunderts] im Repertoire der vermeintlich schlichteren ›Alten Musik‹ und des Volksliedes zu finden.“
Siehe auch
Literatur
- Dieter Gutknecht: Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Ein Überblick vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. 2. Auflage. Schott, Mainz 1997 (Volltext)
- Thomas Forrest Kelly: Alte Musik (= Reclams Universal-Bibliothek. Nr. 19173, Reclam-Sachbuch). Reclam, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-15-019173-6 (Einführung in das Thema, die auch die Aufführungspraxis mit einbezieht).
Weblinks
- Literatur von und über Alte Musik im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Early Music Network (englisch)
- Early Music FAQ (englisch)
- Ensembles für Alte Musik in Deutschland (Liste des Deutschen Musikinformationszentrums)
Einzelnachweise
- ↑ Werner Keil: Musikgeschichte im Überblick. UTB 2012, S. 17.
- ↑ Arnold Feil, Metzler Musik Chronik vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, Stuttgart und Weimar 1993, 2., erweiterte Auflage 2005, Seite 89, ISBN 3-476-02109-2
- ↑ Arnold Feil, Musik als Geschichte, in: Metzler Musik Chronik vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, Stuttgart und Weimar, 2., erweiterte Auflage 2005, Seite 850, ISBN 3-476-02109-2
- ↑ Arnold Feil, Überlegungen zur Epochenbezeichnung, in: Metzler Musik Chronik vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, Stuttgart und Weimar, 2., erweiterte Auflage 2005, Seite 305, ISBN 3-476-02109-2
- ↑ zitiert im Artikel „Historismus“ im Onlinelexikon https://www.musiklexikon.ac.at/, abgerufen am 19. August 2022
- ↑ Paul Bekker: Neue Musik In: Gesammelte Schriften. 3. Band. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart / Berlin 1923, S. 85–118 (Wikisource)
- ↑ Brockhaus Riemann Musiklexikon. Band 1. (1998), ISBN 3-254-08396-2, S. 123
- ↑ Bernhard Morbach: EINE VITALE ALTERNATIVE – EIN BLICK AUF 40 JAHRE ALTE MUSIK IN DEUTSCHLAND, Goethe-Institut e. V., Internet-Redaktion, August 2011, abgerufen am 23. September 2022
- ↑ Über die Originalklangbewegung https://www.br-klassik.de/, abgerufen am 22. August 2022
- ↑ Lorenz Welker: Zink. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Sachteil, Band 9 (Sydney – Zypern). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1998, ISBN 3-7618-1128-4, Sp. 2383–2390, hier Sp. 2388 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
- ↑ Hermann Moeck: Otto Steinkopf †. In: Tibia, 2/1980, S. 117 f.
- ↑ Martin Elste (Hrsg.): Die Dame mit dem Cembalo. Wanda Landowska und die Alte Musik. Schott, Mainz 2010, ISBN 978-3-7957-0710-1.
- ↑ Edward L. Kottick: A History of the Harpsichord. Indiana University Press, Bloomington (Indiana) 2003, S. 425–429.
- ↑ Das Original des Originalklangs: Nikolaus Harnoncourt, Homepage der Deutschen Welle vom 6. März 2016, abgerufen am 1. August 2022
- ↑ Der Instrumentenbauer Karl Maendler und die Weiterentwicklung des "Bachklaviers" auf der Homepage heiJOURNALS – Heidelberger OJS-Journals, abgerufen am 22. August 2022
- ↑ Freidel Keim: Das Trompeter-Taschenbuch. Schott, Mainz 1999, ISBN 3-254-08377-6, S. 73.
- ↑ Homepage Museo degli strumenti musicali dell'Accademia nazionale di Santa Cecilia, abgerufen am 22. August 2022
- ↑ J. S. Bach. In: Musikabteilung. Staatsbibliothek zu Berlin, abgerufen am 18. August 2020.
- ↑ Musikbestände der Herzog August Bibliothek, beschrieben auf der Homepage der Bibliothek, abgerufen am 1. September 2022
- ↑ Royal Music Library – Handel’s manuscripts – über die Manuskripte von Händel auf der Internetseite der British Library
- ↑ The Music Encoding Initiative. In: github.com. Abgerufen am 10. Februar 2017 (englisch).
- ↑ MEI | The Music Encoding Initiative. In: music-encoding.org. 2017, abgerufen am 10. Februar 2017 (englisch).
- ↑ Caspar Ruetz: Widerlegte Vorurteile von der Wirkung der heutigen Kirchenmusic. Rostock und Wismar 1753, S. 112
- ↑ Stephan Emele: BWV 565 – ein Werk von Kellner? (Staatsexamensarbeit). – Auszugsweise auch im Web.
- ↑ Peter Williams: BWV565: A toccata in D minor for organ by J.S.Bach? In: Early Music. 1981.
- ↑ Herfried Kier: »Kiesewetters Historische Hauskonzerte. Zur Geschichte der kirchenmusikalischen Restauration in Wien«, in: Kirchenmusikalisches Jahrbuch, 52. Jahrgang, Köln 1968, S. 95
- ↑ Reinhard Brembeck: Jubel und Duft der Töne. Zwei neue Bücher über Claudio Monteverdi, der vor 450 Jahren getauft wurde. In: Süddeutsche Zeitung vom 15. Mai 2017, S. 12.
- ↑ Arnold Schering befasste sich in seiner Geschichte des Instrumentalkonzerts 1905 mit Vivaldis Musik.
- ↑ Artikel Viola da gamba. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 2., neubearbeitete Ausgabe. Bärenreiter, Kassel, und J. B. Metzler, Stuttgart 1998, Sachteil, Band 9, Sp. 1572–1597, hier: Sp. 1573 (im Folgenden zitiert als „MGG-S“).
- ↑ Dieter Gutknecht: Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Ein Überblick vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. 2. bearb. und erweit. Auflage, Köln 1997 (1993) im Verlag Schott Campus, ISBN 3-9803578-9-9 (Vorwort PDF), Seite 273, abgerufen am 2. August 2022
- ↑ In diesem Werk greift Respighi auf von dem italienischen Musikwissenschaftler Oscar Chilesotti editierte Übertragungen von Lauten- und Gitarrentabulaturen des 16. und 17. Jahrhunderts von u. a. Simone Molinaro, Vincenzo Galilei, Ludovico Roncalli, Giovanni Batista Besardo und anonymen Komponisten der damaligen Zeit zurück. Im Untertitel nennt Respighi das Werk dann auch Trascrizione libera per orchestra (freie Transkription für Orchester).
- ↑ Playing the Numbers When Putting Voice to Bach In: The New York Times. 15. April 2007.
- ↑ Enciclopèdia Catalana: Ars Musicae.
- ↑ Ann-Christine Mecke: Mutantenstadl. Der Stimmwechsel und die deutsche Chorpraxis im 18. und 19. Jahrhundert. Wissenschaftlicher Verlag Berlin, 2007, ISBN 3-86573-289-5, S. 246.
- ↑ Peter Watchorn: Isolde Ahlgrimm, Vienna and the Early Music Revival. Ashgate Publishing, 2007, ISBN 0-7546-5787-6, S. 18, books.google.co.uk abgerufen am 6. Dezember 2010.
- ↑ Musica Antiqua Köln. (Nicht mehr online verfügbar.) In: KlassikAkzente. Juni 2005, archiviert vom Original am 30. September 2007 .
- ↑ Das Ensemble für frühe Musik Augsburg auf der Seite von discogs.com (englisch), abgerufen am 11. April 2013
- ↑ Volker Tarnow: Er verbot den Geigern das Vibrato. In: Berliner Morgenpost, 16. März 2009
- ↑ Pachelbel-Werke-Verzeichnis.
- ↑ Homepage des MIZ, abgerufen am 13. September 2022
- ↑ Andreas Hammerschmidt: Werkausgabe, Verlagsgruppe Kamprad, abgerufen am 18. August 2017
- ↑ Bandgliederung der Gesamtausgabe der Werke von Andreas Hammerschmidt (PDF; 64 kB), Stand Januar 2016, abgerufen am 18. August 2017
- ↑ Nicolaus-Bruhns-Chor Husum – Kammerchor zu Ehren des ehemaligen Husumer Kantors. Abgerufen am 6. September 2021.
- ↑ Frankenpost (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- ↑ The National Centre for Early Music, York. The National Centre for Early Music, abgerufen am 17. Juni 2009 (englisch).
- ↑ York Early Music Festival: Overview. The National Centre for Early Music, abgerufen am 17. Juni 2009 (englisch).
- ↑ Thorsten Preuss auf den Seiten des Goethe-Institutes www.goethe.de zum Thema Alte Musik 2016. GRENZGÄNGER IN EINER SICH WANDELNDEN WELT, abgerufen am 11. August 2022
- ↑ Klassiklabel aus GMHütte gewinnt Grammy in Los Angeles bei der noz
- ↑ Beschreibung des Labels Alia Vox
- ↑ Das Original des Originalklangs: Nikolaus Harnoncourt, Homepage der Deutschen Welle vom 6. März 2016, abgerufen am 2. August 2022.
- ↑ Dieter Gutknecht: Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Ein Überblick vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. 2. bearb. und erweit. Auflage, Köln 1997 (1993) im Verlag Schott Campus, ISBN 3-9803578-9-9 (Vorwort PDF), Seite 7, abgerufen am 2. August 2022
- ↑ Homepage zum Crossover, abgerufen am 17. August 2022
- ↑ Zitat bei Bernhard Schrammek auf der Homepage, abgerufen am 23. September 2022
- ↑ Zitat bei Bernhard Schrammek auf der Homepage, abgerufen am 23. September 2022
- ↑ Dieter Gutknecht: Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Ein Überblick vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. 2. bearb. und erweit. Auflage, Köln 1997 (1993) im Verlag Schott Campus, ISBN 3-9803578-9-9 (Vorwort PDF), abgerufen am 2. August 2022, Seite 285.286
- ↑ Dieter Gutknecht: Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Ein Überblick vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. 2. bearb. und erweit. Auflage, Köln 1997 (1993) im Verlag Schott Campus, ISBN 3-9803578-9-9 (Vorwort PDF), abgerufen am 2. August 2022, Seite 28