Annette Widmann-Mauz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Annette Widmann-Mauz (2020)

Annette Widmann-Mauz (geb. Widmann; * 13. Juni 1966 in Tübingen) ist eine deutsche Politikerin (CDU). Von 2018 bis 2021 war sie Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin sowie Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration im Kabinett Merkel IV. Zuvor war sie seit 2009 Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit im Kabinett Merkel II und Kabinett Merkel III. Sie gehört seit 1998 dem Deutschen Bundestag an und wurde seit 2002 ununterbrochen im Bundestagswahlkreis Tübingen direkt gewählt. Seit 2015 ist sie Vorsitzende der Frauen-Union.[1]

Herkunft und Jugend

Nach dem Abitur am Gymnasium Balingen studierte Annette Widmann-Mauz acht Jahre Politik- und Rechtswissenschaften an der Eberhard Karls Universität Tübingen, erlangte aber keinen Abschluss.[2] Von 1993 bis 1998 war sie studentische Mitarbeiterin am Projekt European Studies Program (ESP) der Universität Tübingen.

Widmann-Mauz ist katholischer Konfession und verheiratet.[3]

Partei

Widmann-Mauz auf dem CDU-Parteitag 2014

1984 wurde Annette Widmann Mitglied der Jungen Union (JU) und der CDU. Von 1985 bis 1989 gehörte sie dem JU-Landesvorstand in Baden-Württemberg an, ab 1986 als stellvertretende Landesvorsitzende.

Von 1985 bis 2005 war sie Mitglied und von 1993 bis 2005 stellvertretende Vorsitzende im Vorstand des CDU-Kreisverbandes Zollernalb. Widmann-Mauz gehört seit 1991 dem Landesvorstand der CDU Baden-Württemberg an und ist seit 2003 stellvertretende CDU-Landesvorsitzende. Zuletzt wurde sie 2019 mit nur 65,9 % wiedergewählt,[4] was als Abstrafung durch die innerparteilichen Konservativen interpretiert wurde.[5]

Seit 1995 ist sie Landesvorsitzende der Frauen Union in Baden-Württemberg und seit 1999 auch stellvertretende Vorsitzende des CDU-Bundesfachausschusses Frauenpolitik.

Auf dem 25. Bundesparteitag der CDU Deutschlands am 3. Dezember 2012 wurde sie mit 80,84 % als Mitglied des CDU-Bundesvorstandes gewählt. Beim Bundesparteitag am 22. Januar 2022 scheiterte ihre Kandidatur für das Parteipräsidium.

Abgeordnete und öffentliche Ämter

Widmann-Mauz gehörte von 1999 bis 2009 dem Kreistag des Zollernalbkreises an.

Seit 1998 ist sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier gehörte sie von 2000 bis 2009 dem Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an. Von 2000 bis 2005 war sie Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Fraktion und daneben von 2001 bis 2002 Fraktionsbeauftragte für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Von 2002 bis 2009 war Annette Widmann-Mauz gesundheitspolitische Sprecherin und seit dem 29. November 2005 auch Vorsitzende der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Annette Widmann-Mauz ist 1998 über die Landesliste Baden-Württemberg und seit 2002 stets als direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises Tübingen in den Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2013 erhielt sie hier 46,9 %[6] der Erststimmen nach 38,9 % bei der Bundestagswahl 2009. Auch 2013, 2017 und 2021 zog sie mit einem Ergebnissen von 46,9 % (70.310 Stimmen), 35,7 % (56.448 Stimmen) bzw. 27,0 %[7] jeweils mit Direktmandat in den Bundestag ein.

Widmann-Mauz ist Mitglied der Europa-Union Parlamentariergruppe Deutscher Bundestag.

Seit 29. Oktober 2009 war Widmann-Mauz Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit (Kabinett Merkel II, Kabinett Merkel III). 2018 wurde Widmann-Mauz zur Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration im Kanzleramt im Kabinett Merkel IV ernannt.[8] In dieser Position folgt sie auf die SPD-Politikerin Aydan Özoğuz. Zuvor war Widmann-Mauz als mögliche Gesundheitsministerin gehandelt worden; diesen Ministerposten erhielt jedoch Jens Spahn (CDU). Nach dem Amtsantritt der Bundesregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz schied Widman-Mauz am 8. November 2021 aus dem Amt der Staatsministerin und Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration.

Am 22. Dezember 2020 übernahm sie die Patenschaft für Jana Arabejka, Studentin und politische Gefangene aus Belarus.[9][10]

Ehrenämter

Widmann-Mauz ist Schirmherrin der Initiative Kinder brauchen Frieden e. V., Hechingen, des Arche Noah – Förderverein Betreutes Wohnen dauerbeatmeter Kinder e. V., Tübingen, des Bundesverbandes Niere e. V., Berlin, sowie von ZERVITA e. V., Tübingen. Sie ist Mitglied der Irma-West-Gemeinschaft e. V., Hechingen, des Fördervereins Schwäbischer Dialekt e. V., Tübingen, der Eugen-Bolz-Stiftung e. V., Rottenburg, von donum vitae e. V., Bonn, sowie von Ein Hospiz für Tübingen e. V. (Stand 2017)[11]

Die Politikerin war Schirmherrin des Weltärztekongresses Homöopathie 2017 und beantwortete eine kritische Anfrage des Informationsnetzwerks Homöopathie zu ihrer Schirmherrschaft für diese Veranstaltung mit dem Verweis auf den Stellenwert des „wissenschaftlichen Diskurs[es] in der Gesundheitsversorgung“.[12]

Kritik

Im August 2008 berichtete das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, dass Annette Widmann-Mauz zusammen mit weiteren Bundestagsabgeordneten, namentlich Martina Bunge (Die Linke) als Delegationsleiterin, Hubert Hüppe (CDU), Carola Reimann (SPD), Margrit Spielmann (SPD), Konrad Schily (FDP) und Birgitt Bender (Bündnis 90/Die Grünen), aus dem Gesundheitsausschuss im Mai 2008 auf einer Dienstreise nach Kanada und Kalifornien hauptsächlich Freizeitbeschäftigungen nachgegangen seien.[13] Grundlage des Artikels, den weitere namhaften Zeitungen aufgriffen,[14][15][16][17] sei ein „Brandbrief“ des deutschen Generalkonsuls von San Francisco Rolf Schütte an das Auswärtige Amt, in dem dieser sich über das Verhalten der Abgeordneten beschwert. Weiterhin hätten die Parlamentarier zwei US-amerikanischen Ausschussvorsitzenden kurzfristig eine Absage erteilt und stattdessen San Francisco besichtigt. Zur Begründung hierfür gab Annette Widmann-Mauz an, dass der Delegation nur Gespräche mit den Mitarbeitern von Abgeordneten zugesichert worden seien. Die Delegation habe aber Wert auf „gleiche Augenhöhe“ gelegt.

In einer gemeinsamen Erklärung wiesen die Reiseteilnehmer die Darstellung des Spiegel zwar zurück. Die Mitglieder hätten sich korrekt und angemessen verhalten, der Artikel stelle Tatsachen verzerrend und tendenziös dar.[18] Juristisch ging man jedoch erfolglos gegen die Darstellung des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vor.

Im Dezember 2018 verwendete Widmann-Mauz in ihrer Funktion als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung offizielle Weihnachtskarten, in denen das Wort „Weihnachten“ weggelassen wurde.[19] Dafür erntete sie heftige Kritik von vielen Seiten, unter anderem auch von Sevim Dagdelen, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken und dem Autor Ahmad Mansour, der das fehlende religiöse Selbstbewusstsein kritisierte.[20][21] Die CDU-Abgeordnete Sylvia Pantel kritisierte, wer eine solche Weihnachtskarte versende, müsse sich „fragen lassen, für welche Werte er steht“.[5] Besonders sorgte für Irritationen, dass Widmann-Mauz mit expliziten Glückwünschen etwa zum jüdischen Lichterfest Chanukka oder zum islamischen Ramadan in der Vergangenheit kein Problem hatte.[22] Später stellte sich heraus, dass die kritisierte Karte speziell für Journalisten bestimmt war und Widmann-Mauz auch eine zweite Karte, die Weihnachtswünsche enthielt, unter anderem an Kollegen im Bundestag, Freunde in der CDU, Kirchen und Religionsgemeinschaften verschickte.[23]

Die Kurdische Gemeinde Deutschland (KGD) hatte sich über das Fehlen der kurdischen Sprache in der Corona-Warn-App beschwert und stellte eine Diskriminierung gegenüber der zweitgrößten Migrantengruppe in Deutschland fest.[24][25] Dafür wurde die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Widmann-Mauz verantwortlich gemacht, ihre Begründung, dass Kurdinnen und Kurden auch der arabischen, türkischen und persischen Sprache mächtig seien, empfindet die KGD als diskriminierend und herabwürdigend. Zudem wurde von der KGD Folgendes ergänzt: „Eine Vielzahl von Kurdinnen und Kurden kann sich mit den genannten Sprachen weder identifizieren, noch ist sie ihrer mächtig“.

Weblinks

Commons: Annette Widmann-Mauz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.frauenunion.de/-aktuelle/1945-annette-widmann-mauz-ist-neue-vorsitzende-der-frauen-union-der-cdu.html
  2. Markus Wehner: Deutsche Spitzenpolitiker verschleiern ihre Studienabbrüche. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 26. Mai 2013, abgerufen am 26. Mai 2013.
  3. Archivlink (Memento vom 29. Dezember 2015 im Internet Archive) www.widmann-mauz.de
  4. Nico Pointner: Wiederwahl Strobls mit Schönheitsfehler. In: RNZ.de (Rhein-Neckar-Zeitung). 4. Mai 2019, abgerufen am 14. September 2019.
  5. a b Dinah Riese: In Merkels Fußstapfen. In: taz.de. 16. Juli 2019, abgerufen am 14. September 2019.
  6. Archivlink (Memento vom 17. September 2013 im Internet Archive)
  7. Gewählte 'W' - Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 27. September 2021.
  8. Die Tübinger Bundestagsabgeordnete soll künftig für Integration zuständig sein. In: Schwäbisches Tagblatt. 25. Februar 2018 (tagblatt.de).
  9. Members of German Bundestag take over godparenthood for Yana Arabeika, Artur Khalimonchyk and Siarhei Kapanets (Englisch) Libereco – Partnership for Human Rights. 21. Dezember 2020. Archiviert vom Original am 21. Juli 2021. Abgerufen am 20. Oktober 2021.
  10. STAND WITH BELARUS: PRIGIONIERI POLITICI DELLA SETTIMANA (Italienisch) Italian Federation for Human Rights. 8. Juli 2021. Archiviert vom Original am 20. Oktober 2021. Abgerufen am 20. Oktober 2021.
  11. Funktionen, Webpräsenz Widmann-Mauz; abgerufen 4. November 2017.
  12. Parl. Staatssekräterin Widmann-Mauz antwortet auf unseren offenen Brief, Informationsnetzwerk Homöopathie, 15. Februar 2017; abgerufen 4. November 2017.
  13. Abgeordnete: Neger gesucht (Spiegel Online), 18. August 2008.
  14. Arbeit oder Freizeit? USA-Dienstreise wird für Politiker zur Blamage, Welt Online, 19. August 2008.
  15. German MP's accused of racial slur on US 'junket', Telegraph, 20. August 2008.
  16. German MPs in racism row on US trip, The Independent, 20. August 2008.
  17. German envoy attacks MPs for bad behaviour on US junket, The Guardian, 20. August 2008.
  18. Antwort von Annette Widmann-Mauz, abgeordnetenwatch.de, 20. August 2008.
  19. Post aus dem Kanzleramt: CDU-Politikerin lässt "Weihnachten" in Grußkarte weg. In: Nordkurier.de. 19. Dezember 2018, abgerufen am 31. Dezember 2018.
  20. Integrationsbeauftragte grüßt ohne das Wort "Weihnachten". Abgerufen am 31. Dezember 2018.
  21. Matthias Korfmann: Weihnachtskarten ohne "Weihnachten"? Laschet redet Klartext. 19. Dezember 2018, abgerufen am 31. Dezember 2018.
  22. Eine Weihnachtskarte ohne "Weihnachten" - Integrationsbeauftragte im Kreuzfeuer der Kritik. 19. Dezember 2018, abgerufen am 31. Dezember 2018.
  23. Wort zur Weihnacht: Bischof Abromeit warnt vor falsch verstandener Rücksichtnahme. In: Nordkurier.de. 24. Dezember 2018, abgerufen am 31. Dezember 2018.
  24. Polla Garmiany: Kurds in Germany stress on own identity in meeting with integration minister. In: Rudaw.net. 25. November 2015, abgerufen am 16. März 2021 (englisch).
  25. Juristisches Gutachten bestätigt Diskriminierung der kurdischen Sprache durch den Bund. Pressemitteilung. Kurdische Gemeinde Deutschland e. V., 15. Juli 2020, abgerufen am 16. März 2021.