Anton Gentil
Anton Kilian Gentil (* 29. September 1867 in Aschaffenburg; † 20. Mai 1951 ebenda) war ein deutscher Fabrikant und Kunstsammler.
Werdegang
Gentil wurde als Sohn des Konditors August Gentil (1838–1895) und seiner zweiten Ehefrau Elisabeth Breunig (1842–1872) in Aschaffenburg geboren. Der Großvater, der Glasermeister Kilian Gentil (1805–1878), war seine Bezugsperson mit Vorbildcharakter, er vermittelte ihm den Sinn für künstlerische Gestaltung.
Nach dem Besuch der Volks- und Realschule begann er eine Lehre im Glaserhandwerk, danach eine zweite als Maschinenschlosser. Nach dem Militärdienst erlernte er das Metallgießen.
1890 heiratete er Elisabeth Maria (Elise) Knecht. Das erste Kind starb bei der Geburt. 1892 wurde Otto Gentil geboren. Tochter Marie, * 1894, verheiratete Helfrich, starb nach der Geburt ihres dritten Kindes 1928 im Kindbett. Elisabeth Rosina, Lies genannt, * 1897, Kunstgewerblerin, heiratete nach dem Ersten Weltkrieg den Maler Erich Hake (1882–1944). Das jüngste Kind Richard, * 1905, wurde Maschinenbauingenieur und übernahm 1951 das väterliche Unternehmen; er starb 1972.
Unternehmer
Bevor sich Anton Gentil selbständig machte, arbeitete er fast zwei Jahre als Dreher in der Aschaffenburger Herdfabrik Koloseus. 1892 eröffnete er in der Steingasse eine Reparaturwerkstatt, in der ihm drei Lehrlinge zur Hand gingen. 1894 vergrößerte er sein Unternehmen und beschäftigte in der neuen Werkstatt in der Betgasse einen Schmied, einen Drehermeister und den Werkmeister.
Im Jahre 1900 verlegte er den Betrieb nach Damm an die Lange Straße zwischen der Behlenstraße und dem Schneidmühlweg. Dort begann Gentil mit der industriellen Fertigung und Weiterentwicklung von Kreiselpumpen. Um das Jahr 1925 produzierte er Hoch- und Niederdruck Zentrifugal-Kesselspeisepumpen, Pumpen für Salzwasser, Maische und Bier. Ende der 1920er Jahre kamen Spezialpumpen für die Papier-, Chemische- und Nahrungsmittelindustrie im In- und Ausland hinzu. Seine Hauptkunden in Aschaffenburg waren die Bayerische Aktien-Bierbrauerei Aschaffenburg BABA und die Aschaffenburger Zellstoffwerke. 1944 wurde der Betrieb vom Englischen Foreign Office and Ministry of Economic Warfare im Economic Survey of Germany erfasst und besonders beim Luftgangriff vom 21. November schwer beschädigt.
Nach dem Wiederaufbau spezialisierte sich der Betrieb weiter auf die Produktion von Dickstoffzentrifugal- und -kolbenpumpen sowie Umwälzpropellern. Nach dem Tod von Anton Gentil 1951 (Autounfall) führte Sohn Richard den Betrieb bis zu seinem Tod 1972 weiter. Noch im selben Jahr stellten dessen beiden Söhne Veit und Peter die Gießerei ein und verkauften die Maschinenfabrik A. Gentil Aschaffenburg 1976 an die Allweiler AG in Radolfzell am Bodensee, die heute zur Colfax Corporation gehört. Das Grundstück der Maschinenfabrik wird nach einer Nutzung u. a. für einen Lebensmittelmarkt derzeit mit Geschoßwohnungen bebaut.
Architekt
Zu allen meinen Bauten machte ich mir meine Entwürfe und fertigte mir vor Beginn des Baues ein maßstäbliches Modell, um die Wirkung und die Propotionen feststellen zu können. So baute er im Sommer 1893 sein erstes Wohnhaus am Güterberg 21, das sich von seinen späteren Bauten durch seine sachliche Bauweise unterscheidet und noch nicht dem aufkeimenden „Jugendstil“ zuzuordnen ist. 1906 plante er sein Haus in der Lindenallee. Zwei Jahre später war das Haus fertig: Ein englisches Landhaus mit Jugendstileinflüssen, im Innern eine große über zwei Stockwerke gehende Halle als Diele. Darum angeordnet eine „Wohnstube mit rundem Erker“, ein „Bilder-Raum“, ein „Herrenzimmer“, dessen Erker als Frühstücksplatz vorgesehen war. Im Obergeschoss befanden sich die Privaträume. 1912 wurde das „Wohnhaus Gentil“ in der Zeitschrift „Blätter für Architektur und Kunsthandwerk“, Berlin vorgestellt. Die Innenausstattung (Lampen, Verkleidungen, Beschläge und Fenstergitter) wurde in der Gießerei und Schreinerei seines Unternehmens, von Anton Gentil selbst, angefertigt.
1922 begann er dann mit dem Bau des Hauses für seine Kunstsammlung, das Gentil-Haus in der Grünewaldstraße 20, seinem Wohnhaus gegenüber gelegen. Das Erdgeschoss massives Bruchsteinmauerwerk, die Ostfassade in Fachwerk errichtet, die Westfassade gemauert. Der Rohbau war 1923 fertiggestellt, an der Außenmauer wurde eine Bronzetafel „Haus Gentil“ angebracht. 1924 ließ er Nebengebäude (Waschküche und Autohalle) sowie die Einfriedigung errichten. Der zweite Anbau, das Atelier für Sohn Otto, wurde 1929/30 errichtet.
Der stilistische Einfluss Anton Gentils ist auch an dem 1923 – 1925 errichteten Wohngebäude mit gewerblichem Anbau auf dem Anwesen Taunusstraße 1 zu erkennen.
1933 bis 1935 entstand sein drittes Objekt, die Gentilburg an der Würzburger-Straße[1]. Wie eine Burg auf der Anhöhe über dem Land thronend..., im Anwesen Gartenskulpturen, mehrere Nebengebäuden und vorgelagerter, wehrhaft wirkender Turm unter einem Walmdach. Angrenzend der mehrgliedrige Baukörper mit steilem, verschiefertem Satteldach (ähnlich Haus 2). Mittelalterliche Anklänge auch durch bruchsteinbewehrte Umfassungsmauer mit „Burgtor“ im Südosten der Anlage. Das große Grundstück mit dem Haus und Nebengebäuden wurde im Herbst 2015 aus dem Familienbesitz an einen Bauträger verkauft[2] und 2019 entlang der Würzburger Straße mit einem Aparthotel bebaut.
Um 1939 erwarb Anton Gentil die Buchenmühle in Sulzbach a. Main und baute sie in ein Wohnhaus um, das für Gentil typische Architekturdetails erkennen lässt.
Kunstsammler
Bereits seine ersten Geschäftsreisen benutzte Anton Gentil, um Kontakte mit Kunsthändlern und jungen Künstlern zu knüpfen, er besuchte jährlich Kunstausstellungen. Sie entwickelten sich später zunehmend zu Bildungsfahrten in die Kunststädte der Welt. Er sammelte wenig bekannte Bilder und Skizzen der „Münchner Schule“, romanische und gotische Skulpturen, mittelalterliche Altäre, altdeutsche und niederländische Tafelmalerei, Gemälde des 16. bis 20. Jahrhunderts, Graphik, Volkskunst, auch bäuerliche Kunst aus dem Spessart (Keramik), Abgüsse und Nachbildungen, die er in seiner Werkstatt selbst herstellte. Er besaß auch eine Krippensammlung, Glanzstück ist die „Lienzer Krippe“ aus Osttirol mit fast 500 Figuren, 12 cm hoch, aus Zirbel- und Lindenholz geschnitzt und farbig gefasst. Mit den dazugehörigen Gebäuden und Kulissen konnten die Szenen, Christi Geburt, Beschneidung, Heilige drei Könige, Hochzeit zu Kana, Jesus im Tempel und die Tempelreinigung nachgestellt werden.
Einmalig ist auch die Welte-Mignon-Philharmonie-Orgel, eine selbstspielende Salon-Orgel, die er 1929 einbauen ließ.
Die Freundschaft mit dem Bildhauer Ludwig Eberle (1883–1956) und dem Münchener Künstlerkreis sowie die Begegnungen mit Adolf von Hildebrand und Franz von Stuck prägten Anton Gentil nachhaltig.
1949 vermachte er sein „Haus Gentil“ und seine ganzen Sammlungen seiner Heimatstadt Aschaffenburg.[3]
Sein örtlicher Spitzname war Pumpen-Anton, er selbst nannte sich gerne „Schandel“ (französische Vorfahren)[4]. Am 19. Mai 1951 hatte der Sportwagenfahrer mit seinem Zweisitzer einen Autounfall: Auf der Chausseehauskreuzung, wo die Großostheimer Straße das sog. Lange Handtuch überquert, kollidierte er mit einem LKW. Er erlitt schwere innere Verletzungen, denen er am Tage darauf im Aschaffenburger Krankenhaus erlag. Seine Urne wurde in der Wand des Gentilhauses versenkt und mit einer Bronzeplatte verschlossen[5].
Sonstiges
Anton Gentil hat sich in den 1920er Jahren im rechtsradikalen Bund Oberland engagiert.[6] Im Verein Schlaraffia, der sich der Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor widmet, soll er unter dem Namen „Ritter Öhm der Kurzgewichste“ geführt worden sein.
Literatur
- Ernst Schneider: Die Sammlung Anton Gentil. Ausstellungskatalog des Museums der Stadt Aschaffenburg, 1950.
- Ernst Schneider: Anton Gentil [Nachruf]. In: Aschaffenburger Jahrbuch 1 (1952), S. 284–287
- Günter Christ: Gentil, Anton Kilian. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie. Pustet, Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0792-2, S. 248 (Digitalisat). (Geburtsdatum falsch)
- Kati Wolf: Das Gentilhaus. Museen der Stadt Aschaffenburg 1989, ISBN 3-924436-01-0
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ früher Würzburger Straße 168, heute Gentilstraße 2
- ↑ https://www.main-echo.de/regional/stadt-kreis-aschaffenburg/gentilburg-verkauft-park-verschwindet-art-3889758
- ↑ Gentil-Haus
- ↑ Ägidius (Julius), * Normandie, † 1651 Stockstadt, erscheint erstmals in der Oberkellereirechnung von 1635 als „Julius der Welsche“ unter den kurfürstlichen Jägern (StA Wü, R 27294; Friederichs, Nr. 561). Er wird am 14. Juli 1636 als „Julius Schandill auß Normandj“ zum Bürger Aschaffenburgs angenommen (StaAB, Ratsprot. v. 14. Juli 1636, S. 51), oo um 1636 Maria geb. Rodenbücher († 23. November 1691 Stockstadt).
- ↑ Kati Wolf: Das Gentilhaus. Museen der Stadt Aschaffenburg 1989 (Biografie S. 11)
- ↑ Carsten Pollnick: Die Entwicklung des Nationalsozialismus und Antisemitismus in Aschaffenburg 1919-1933 (= Schriftenreihe Band 23). Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1984, S. 67 und 242.
Personendaten | |
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NAME | Gentil, Anton |
ALTERNATIVNAMEN | Gentil, Anton Kilian (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Fabrikant und Kunstsammler |
GEBURTSDATUM | 29. September 1867 |
GEBURTSORT | Aschaffenburg |
STERBEDATUM | 20. Mai 1951 |
STERBEORT | Aschaffenburg |