Business Process Model and Notation

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Business Process Model and Notation
Paradigmen: Modellierungssprache
Erscheinungsjahr: 2004
Designer: Stephen A. White
Entwickler: Object Management Group
Aktuelle Version: 2.0.2  (Januar 2014[1])
www.omg.org/spec/BPMN/

Die Business Process Model and Notation (BPMN, deutsch Geschäftsprozessmodell und -notation) ist eine grafische Spezifikationssprache in der Wirtschaftsinformatik und im Prozessmanagement. Sie stellt Symbole zur Verfügung, mit denen Fach-, Methoden- und Informatikspezialisten Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe modellieren und dokumentieren können.

Entwicklung

Die BPMN wurde ab 2001 durch den IBM-Mitarbeiter Stephen A. White erarbeitet und 2004 von der Business Process Management Initiative (BPMI) veröffentlicht, einer Organisation, die Standards im Bereich der Geschäftsprozessmodellierung definiert hatte. Die von Stephen A. White verwendeten Swimlanes zur Prozessvisualisierung wurden 1985 von Hartmut F. Binner für sein Prozessmodellierungs-Tool „Sycat“ entwickelt. BPMN wurde im Juni 2005 durch die Object Management Group (OMG) zur weiteren Pflege übernommen. Die BPMI fusionierte gleichzeitig mit der OMG, so dass die BPMN ähnlich wie die Unified Modeling Language (UML) ab diesem Zeitpunkt als Standard der OMG galt. Seit 2006 ist BPMN in der Version 1.0 somit offiziell ein OMG-Standard. 2008 erschien Version 1.1, 2009 Version 1.2.

Die aktuelle Version des BPMN-Standards, BPMN 2.0, wurde im Januar 2011 von der OMG verabschiedet.[2]

Gegenstand

Beispiel eines Geschäftsprozessdiagramms, erstellt mit der BPMN

Der Schwerpunkt der BPMN liegt auf der Notation, d. h. auf der grafischen Darstellung von Geschäftsprozessen. Das Standarddokument zur BPMN definiert auch die Semantik, d. h. die Bedeutung der Symbole, wobei es diesem Aspekt weniger Gewicht beimisst und keinen Wert auf formale Definitionen legt. Diagramme in der BPMN heißen Business Process Diagram (BPD) und sollen die Abbildung oder Entwicklung von Prozessen unter menschlichen Experten unterstützen. Ein standardisiertes Format für die Speicherung und damit zum Austausch von BPMN-Diagrammen war bis zur Version 1.2 nicht Gegenstand der Spezifikation.

Version 2.0

Die seit März 2011 freigegebene Version 2.0 standardisiert ein XML-basiertes Format, in dem BPMN-Diagramme gespeichert werden können. Es dient dem Austausch zwischen unterschiedlichen Werkzeugen, zum Beispiel zwischen Werkzeugen für die Modellierung, die Simulation oder die Ausführung von Prozessmodellen.

BPMN 2.0 bietet folgende Erweiterungen gegenüber den 1.x Versionen:

  • Formale Beschreibung, was es bedeutet, ein Element der BPMN auszuführen (englisch execution semantics).
  • Möglichkeit, BPMN selbst zu erweitern.
  • Verfeinerte Möglichkeiten, Ereignisse zu komponieren und korrelieren.
  • Bessere Unterstützung für die Beschreibung der Beteiligung von Menschen an den Prozessen (englisch human interaction).
  • Zusätzliches Modell für die Choreografie von Prozessen.

Am 15. Juli 2013 wurde die BPMN 2.0.1 in der ISO/IEC 19510:2013 zum internationalen Standard erhoben.[3]

Ein weiterer Aspekt im Prozessmanagement ist die Fähigkeit zur Darstellung der gesamten Prozesslandschaft einer Organisation in einer Prozesslandkarte und die Verknüpfung von Geschäftsobjekten mit den Aktivitäten und Message Flows. Ersteres steht auch mit der Version 2.0 noch nicht zur Verfügung. Die Zuordnung zu Organisation und Rollen ist nur rudimentär mit Hilfe der Pools und Lanes möglich, aber nicht mit einem Organisationsmodell verknüpft.

BPMN 2.0 ermöglicht eine Entwicklung hin zum BPM-Round-Trip-Engineering. Fachmedien schreiben ihr das Potential zu, die Lücke zwischen Organisation und IT zu schließen.[4] Erste Erfahrungen mit dem XML-basierten Format der BPMN 2.0 zeigen wiederum noch eine Reihe von Lücken, etwa im Bereich Benutzer-Interaktion.[5]

Verbindung zu Ausführungssprachen

Maschinell lesbare Prozessbeschreibungen wurden bisher in Ausführungssprachen für Geschäftsprozesse formuliert, zum Beispiel in der WS-Business Process Execution Language (WS-BPEL) oder in der XML Process Definition Language (XPDL), beides XML-basierte Sprachen für die Beschreibung von Prozessen. BPMN, BPEL und XPDL ergänzen sich wechselseitig, indem BPEL und XPDL dort eingesetzt werden, wo BPMN Lücken aufweist, nämlich in der Ausführungssemantik und im Speicherformat. Mit der BPMN 2.0 ist zu erwarten, dass die Bedeutung von BPEL und XPDL abnehmen wird, auch wenn es einige Zeit dauern wird, da sie in den bisher entwickelten Produkten voraussichtlich weiter genutzt werden. Neue Produkte setzen dagegen auf BPMN 2.0.

Der BPMN-Standard definiert, wie ein BPMN-Diagramm in BPEL übersetzt werden sollte, damit die beschriebenen Prozesse durch eine Software ausgeführt werden können. Dabei ist die Ausdrucksmächtigkeit von BPMN und BPEL nicht deckungsgleich. Zu beachten ist, dass BPMN-Modelle in der Regel unterspezifiziert sind und ausführungsrelevante Details abstrahieren. Zudem wird die Übersetzung eines BPMN-Modells in ein BPEL-Schema in einigen Fällen zu semantischen Abweichungen führen. Beispielsweise beruht BPEL auf dem Blockkonzept, das eine paarige Symmetrie aufspaltender und zusammenführender Gateways vorsieht, während BPMN diese Einschränkung nicht kennt.

Eine analoge Übersetzung definiert die Workflow Management Coalition (WfMC) für BPMN und XPDL. Abbildungen auf weitere Sprachen, wie zum Beispiel auf ebXML, das Business Process Specification Schema, sind geplant, aber noch nicht ausformuliert.

Beziehung zu anderen Modellierungssprachen

Geschichte der BPMN und verwandter Modellierungssprachen

BPMN ist verwandt mit anderen Sprachen/Notationen, die in der Informatik für die Modellierung und Visualisierung von Geschäftsprozessen eingesetzt werden.

  • Die Informatik kennt seit langem diverse Formen von Ablaufdiagrammen, mit denen Programmabläufe veranschaulicht werden. Die BPMN reiht sich in die Tradition dieser Notationen ein.
  • BPMN ist verwandt mit den Ereignisgesteuerten Prozessketten (EPK).

Die Object Management Group (OMG) hat eine Reihe von Modellierungsstandards veröffentlicht, die in der Branche mittlerweile als Triple Crown of Business Process Management bezeichnet wird. Zu diesen Sprachen gehört neben der BPMN auch die CMMN (Case Management Model and Notation), sowie die DMN (Decision Management Model and Notation).[6]

Übergreifende Betrachtung von Prozessen

Die abstrakte Symboldefinition der BPMN erlaubt eine übergreifende Betrachtung von sowohl menschlich ausgeführten, als auch maschinell (bzw. durch IT) ausgeführte Prozesse. Auf diese Weise schafft sie eine übergreifende Transparenz.[7] Dies bildet die Grundlage für das Business IT-Alignment, welches die übergreifende Ausrichtung technischer und fachlicher Prozesse auf ein gemeinsames Ziel anstrebt, wie es auch im Prozessmanagement angestrebt wird.[8]

Notation

Die grafischen Elemente der BPMN werden eingeteilt in

  • Flow Objects – die Knoten (Activity, Gateway und Event) in den Geschäftsprozessdiagrammen
  • Connecting Objects – die verbindenden Kanten in den Geschäftsprozessdiagrammen
  • Pools und Swimlanes – die Bereiche, mit denen Aktoren und Systeme dargestellt werden
  • Artifacts – weitere Elemente wie Data Objects, Groups und Annotations zur weiteren Dokumentation

Wir verwenden hier die englischen Bezeichnungen für die Notationselemente der BPMN. Bis 2006 gab es keine allgemein akzeptierten deutschen Übersetzungen.

Der Ablauf erfolgt in der Regel horizontal und von links nach rechts, analog zu der Zeitachse bei physikalischen Diagrammen. Bei Schleifen, Wiederholungen, Revisionen o. ä. wird die Rückkehr an einen früheren Punkt der Prozesskette ggf. durch eine Sequenzflussverbindung deutlich gemacht.

Flow Objects

Beispiele für Activities

Eine Activity (Aktivität) beschreibt eine Aufgabe, die in einem Geschäftsprozess zu erledigen ist. Sie wird als Rechteck mit abgerundeten Ecken dargestellt. Eine elementare Activity heißt Task, komplexere Activities werden als Subprocess bezeichnet. Sie unterscheiden sich in der Notation durch ein +-Symbol. Subprocesses können in kollabiertem oder expandiertem Zustand dargestellt werden.

Beispiele für Gateways

Ein Gateway (Zugang) stellt einen Entscheidungspunkt dar (Split/Fork), oder einen Punkt, an dem verschiedene Kontrollflüsse zusammenlaufen (Join/Merge). Es wird als auf der Spitze stehendes Quadrat gezeichnet. (Anm.: Die englischsprachigen Vorgaben sprechen hier von Diamond Shape, was zwar als Raute übersetzt wird, doch als Symbol wird das Quadrat vorgegeben.) Je nach Symbol im Inneren des Quadrats steht es für einen AND-, einen OR- oder einen XOR-Gateway. Darüber hinaus werden weitere Symbole innerhalb des Quadrats für ereignisbasierte und komplexe Gateways verwendet.

Beispiele für Events

Ein Event (Ereignis) ist etwas, das sich in einem Geschäftsprozess ereignen kann, zum Beispiel das Eintreffen einer Nachricht, das Erreichen eines bestimmten Datums oder das Auftreten einer Ausnahmesituation. Events werden in drei Klassen eingeteilt:

  • nach ihrer Position im Geschäftsprozess in Start-, Intermediate- und End-Event.
  • nach ihrer Wirkung im Geschäftsprozess in Catching-Event (reagiert auf Auslöser) und Throwing-Event (liefert Ergebnis).
  • nach ihrer Art in Timer-, Message-, Exception-Event etc. Pro Event-Typ kennt die Notation ein eigenes Symbol, das im Innern des Kreissymbols für den Event angezeigt wird.

Connecting Objects

Beispiele für Sequence Flows

Sequence Flows verbinden Activities, Gateways und Events. Sie stellen dar, in welcher Reihenfolge Activities ausgeführt werden. Ein Conditional Flow wird nur dann durchlaufen, wenn eine bestimmte Bedingung wahr ist, ein Default Flow nur, wenn kein anderer Sequence Flow durchlaufen werden kann.

Beispiele für Message Flows

Ein Message Flow zeigt an, dass zwei Lanes oder Pools in einem Business Process Diagramm oder zwei Elemente daraus Meldungen austauschen. Message Flows verbinden Lanes, Pools oder Flow Objects nur temporär miteinander.

Pools und Swimlanes (Schwimmbahnen)

Beispiele für Swimlanes

Ein Pool beschreibt die Grenze eines Sequenzflusses. Sequenzflüsse dürfen einen Pool nicht verlassen. Diese Eigenschaft von Pools eignet sich dazu darzustellen, in welchen Grenzen Hoheit über den Prozess ausgeübt werden kann. So gibt es grundlegend immer eine Grenze zwischen Kunde und Unternehmen. Denn Kunden gehören nicht in den Hoheitsbereichs eines Unternehmens, in dem diese Prozesse vorgeben können. Da Unternehmen und Kunde im Sinne von BPMN unterschiedliche Prozessteilnehmer darstellen, heißen die XML-Elemente der Pools "participants".

Da Kunden nicht orchestriert werden können, müssen diese als "black-box"-Pools dargestellt werden.[9] Diese Pools enthalten keine Notationssymbole.

Eine Lane ist eine Unterteilung eines Pools, die sich über die komplette Länge des Pools erstreckt. Lanes besitzen keine Ausführungssemantik und sind wie Groups ausschließlich grafische Elemente.

Es ist sinnvoll, vor der Modellierung eine Konvention für die Verwendung von Pools und Lanes festzulegen. Häufig werden Pools und Lanes für die Abbildung von organisatorischen Einheiten verwendet.

Artifacts

Beispiele für Artifacts

Eine Annotation ist ein Kommentar, der einem Element eines Geschäftsprozesses zugeordnet werden kann.

Ein Data Object repräsentiert ein Artefakt, das der Geschäftsprozess bearbeitet. Mit Data Objects können sowohl elektronische Objekte wie Dokumente oder Datensätze, als auch physische Objekte wie Brötchen oder Bücher dargestellt werden.

Eine Group ist ein Hilfsmittel, um Elemente eines Geschäftsprozess visuell zusammenzufassen. Sie ist nicht zu verwechseln mit einem Subprocess.

Siehe auch

Literatur

  • Alexander Großkopf, Gero Decker, Mathias Weske: The Process: Business Process Modeling using BPMN. Meghan-Kiffer Press, Tampa 2009, ISBN 0-929652-26-6.
  • Bruce Silver: BPMN Methode & Stil. Mit dem BPMN Handbuch für die Prozessautomatisierung. 2. Auflage. Cody-Cassidy Press, 2012, ISBN 978-0-9823681-2-1 (englisch: BPMN Method and Style. With BPMN Implementer's Guide.).
  • Volker Stiehl: Prozessgesteuerte Anwendungen entwickeln und ausführen mit BPMN. Wie flexible Anwendungsarchitekturen wirklich erreicht werden können. dpunkt.verlag, Heidelberg 2013, ISBN 978-3-86490-007-5.
  • Jochen Göpfert, Heidi Lindenbach: Geschäftsprozessmodellierung mit BPMN 2.0. Business Process Model and Notation. Oldenbourg, München 2013, ISBN 978-3-486-71805-8.
  • Tim Weilkiens, Christian Weiss, Andrea Grass, Kim Nena Duggen: Basiswissen Geschäftsprozessmanagement. Aus- und Weiterbildung zum OMG Certified Expert in Business Process Management 2 (OCEB2) - Fundamental Level. 2. Auflage. dpunkt.verlag, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-86490-193-5.
  • Jakob Freund, Bernd Rücker: Praxishandbuch BPMN. Mit Einführung in DMN. 6. Auflage. Hanser, München 2019, ISBN 978-3-446-46111-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. omg.org: Business Process Model and Notation
  2. BPMN 2.0 für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Fachabteilung und IT bei Heise Online, 22. Januar 2011
  3. ISO/IEC 19510:2013 Englisch. Online auf iso.org.
  4. Prozessmodellierer als “Programmierer”
  5. Wünsche an BPMN 2.1 mit Bezug auf die Ausführbarkeit (Memento des Originals vom 24. November 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.saperionblog.com auf dem SAPERIONblog in Englisch
  6. MINAUTICS GmbH: Triple Crown of BPM. In: Glossar. MINAUTICS GmbH, 7. Mai 2021, abgerufen am 7. Mai 2021.
  7. MINAUTICS GmbH: Operative Flüsse, Engines und Fremdsysteme in BPMN-Kollaborations-Diagrammen. In: mi-nautics.com. Abgerufen am 7. Mai 2021.
  8. ABPMP: Definition BPM. In: Guide to the Business Process Management Body of Knowledge. ABPMP, abgerufen am 7. Mai 2021 (englisch).
  9. https://www.omg.org/spec/BPMN/ Seite 27