Benutzer:Feuerrabe/Huria Matenga

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Huria Matenga, Gemälde von Gottfried Lindauer, 1874, nach einer Fotografie entstanden

Huria Matenga, auch Ngarongoa Katene, Ngā Hota oder Julia Martin genannt (* ca 1840 bis 1842 in Whakapuaka; † 24. April 1909 in Whakapuaka) war eine Rangatira (Stammesführerin) der Maori und einflussreiche Landbesitzerin. Nach ihrem todesmutigen Einsatz bei der Rettung der schiffbrüchigen Mannschaft des Zweimasters Delaware nahe Pepin Island im Jahr 1863, wurde sie landesweit als "Grace Darling von Neuseeland" bekannt, in Anlehnung an die junge Britin, die einige Jahrzehnte zuvor für eine Seenotrettung berühmt geworden war.[1]

Leben

Herkunft

Hūria Mātenga wurde wahrscheinlich zwischen 1840 und 1842 in Whakapuaka, nahe dem Ort Nelson im Norden der Südinsel von Neuseeland geboren und Ngārongoā Kātene genannt. Später war sie auch als Ngā Hota und nach ihrer Heirat als Hūria Mātenga bekannt.[1] Die englischesprachige Bevölkerung nannte sie zudem Julia Martin. Sie gehörte der Oberschicht der Maori an. Über ihren Vater Wiremu Katene Te Puoho und ihre Mutter Wikitoria Te Amohau, die die Anführer der Siedlung in Whakapua waren, hatte sie Blutsbande zu den Iwi (Stämmen) der Te Āti Awa, Ngāti Tama und Ngāti Toa. Außerdem konnte sie ihre Abstammung auf einen Ahnen im Tokomaru-Kanu zurückführen, einem der sagenumwobenen Kanus mit denen Neuseeland durch die Maori besiedelt wurde. Ihr Großvater väterlicherseits, Te Pūoho-o-te-rangi war ein Tohunga (Priester) und berühmter Kriegshäuptling der Ngāti Tama gewesen und ihr Großvater mütterlicherseits, Henare Te Keha, war ein Cousin von Te Puni und Te Wharepouri.[1]

Wie unter den Maori dieser Zeit üblich, ging Hūria eine arrangierte Ehe ein. Im Jahr 1858 heiratete sie Hēmi Mātenga Waipunāhau, den Sohn einer Maori-Frau mit Namen Metapere Waipunāhau und eines weißen Walfängers und Händlers namens George Stubbs. Die Ehe blieb zwar lebenslang kinderlos, doch adoptierten die beiden ein Mädchen namens Mamae. Sowohl Hēmis als auch Hūrias Familie waren ranghohe Mitglieder der Maori-Gesellschaft und genossen hohes Ansehen, da ihnen viel Land gehörte. Bei ihrer Hochzeit in Christ Church, Nelson, am 7. oder 8 September 1858 waren daher viele Würdenträger sowohl der Maori als auch der Pākehā (Weißen) anwesend.[1]

Rettung der Delaware-Crew

Hūria Mātenga wurde 1863 landesweit für ihre Beteiligung bei der Rettung der Delaware bekannt. Das Schiff war in der Nacht vom dritten auf den vierten September diesen Jahres auf dem Weg von Nelson nach Napier in Seenot geraten. Ein schwerer Sturm warf es gegen die Felsen am Fuß der Klippen von Whakapuaka. Hūria Mātenga, ihr Ehemann und drei weitere Maori eilten der Besatzung zuhilfe. [1]

Der erste Bericht über die Seenotrettung stammt aus der Zeitung Nelson Examiner:

„Die Maori eilten zu der Stelle und, indem sie sich in die Brandung stürzten und in der schrecklichen See eine beträchtliche Entfernung schwammen, gelang es ihnen ein Seil von dem Schiffswrack zum Ufer zu bringen, durch welches der Kapitän und die Mannschaft, bis auf eine Ausnahme, sicher an Land gelangten, obgleich jeder einzelne wie er das Seil entlang kam, minutenlang in der Brandung unter Wasser getaucht wurde und so in erhebliche Gefahr geriet. ... [Die Überlebenden] wurden zum pah (Wehrdorf) der Maori gebracht und mit trockener Kleidung versorgt. Großes Lob für ihre schnelle Hilfe gebührt den Eingeborenen, die in die Brandung schwammen um jede Person, die sich dem Ufer näherte an Land zu ziehen.“[2]

Drei Tage später erwähnte dieselbe Zeitung erstmals die Namen der Retter als "zwei Männer und eine Frau, namens Martin, Robert und Julia". In der Zeitung Nelson Colonist, die einige Zeit später anlässlich der Untersuchung zum Tod des einzigen Opfers, Maat Henry Squirrel, berichtete, wird erstmals Hurias Anteil an der Rettung besonders hervorgehoben.

„Das Tau, das sie an Land brachten, wurde am Fockmast, und in etwa hundert Yard Entfernung am Ufer an einem großen Felsbrocken befestigt. Die Wellen waren sehr hoch und schlugen ständig über dem Schiff zusammen, welches mit jedem Brecher hin- und herrollte, was die Straffheit des Taus gefährdete, welches wegen der tosenden Wellen immer wieder durchhing, während die Männer sich herabließen. Mehrere von ihnen wurden während des gefährlichen Abseilens auf die Felsen geworfen, doch die Maori, allen voran Julia, stürzten sich bis zum Hals in die Brandung, oft von den Wellen umschlagen, und ergriffen jeden Mann wie er sich dem Ufer näherte. So retteten sie viele, die es vor Erschöpfung sonst nicht selbst zum Ufer geschafft hätten.“[2]

Leben nach der Rettung

Die Schiffsrettung brachte Huria zwar landesweite Aufmerksamkeit unter den Pākehā, das Ereignis war jedoch keineswegs ein Wendepunkt in ihrem persönlichen Leben und beeinflusste es auch anschließend nur wenig. Sie war und blieb in ihrer eigenen Gemeinschaft eine respektierte Persönlichkeit, nicht nur aufgrund ihrer hohen Geburt. In einer Zeit, in der die britische Kolonialpolitik diese durch Assimilation zu zerstören suchte, stand sie für die traditionellen kulturrellen Werten der Maori ein.[2] So reiste sie in Taranaki, Porirua und Nelson, wo sie Land besaß, umher, nahm an Familienentscheidungen teil, arrangierte Ehen für Familienmitglieder oder wählte Namen für deren neugeborene Kinder aus wie es von einer hochrangigen Maori-Frau erwartet wurde.[1]

Nach dem Tod ihres Vaters im April 1880 erbte sie in Whakapuaka über 17.000 Morgen Land. Er hatte 1853 die Abtretung dieses Landes an die Briten verweigert und die Zahlung von 5000 Pfund dafür abgelehnt. Huria, die "eifersüchtig ihre Rechte verteidigt, vor allem wenn es um Land geht" und ihrem geschäftstüchtigen Ehemann gelang es so ihre späteren Jahre in beträchtlichem, für ihre Stammesgenossen ungewöhnlichem Wohlstand zu verbringen. In einer Zeit, in der die Wirtschaft der Maori am Boden lag und größtenteils zesrtört war, konnten die Matengas durch die Beweidung ihrer Ländereien mit Schafen und die Verpachtung an Pākehā Einnahmen generieren, die es ihnen erlaubten in einem großzügigen Gehöft mit ausgedehnten Rasenflächen und einem Tennisplatz zu leben. Dort veranstalteten sie rauschende Feste, mal im Stil der Maori, mal in dem der Pakeha. Zu ihren Gästen gehörten u.a. die Propheten Te Whiti und Tohu, sowie der Bischof A.B. Suter. Huria wurde im Gegenzug oft zu Feierlichkeiten in der Region eingeladen.[1]

In den letzten 20 Jahren ihres Lebens war Hūria Mātenga in einen rechtlich komplizierten Familienstreit um die Ländereien in Whakapuaka verwickelt, der sie sehr unglücklich machte. Sie hatte zwar das sogenannte mana (Autorität) über die Ländereien geerbt, andere Familienmitglieder besaßen jedoch Wohn- und Nutzrecht und hatten Anspruch darauf an Entscheidungen über die Weiternutzung teilzuhaben. Nachdem der Native Land Court 1883 Hūria Mātenga allein das Land zugesprochen hatte, legten zwischen 1896 und 1934 Familienmitglieder Beschwerde beim Parlament ein. Sie behaupteten Hurias Ehemann habe sie überredet ihr Versprechen zu brechen deren Namen auf der Besitzurkunde mit eintragen zu lassen und sie von ihrem Land vertrieben. Der Rechtsstreit dauert bis lange nach Hurias Tod an und wurde erst 1936 beendet, als ein Viertel der verbliebenen 11.000 Morgen den Familienmitgliedern zugesprochen wurden. Whakapuaka blieb noch bis 1954 im Besitz der Māori.[1]

Hūria Mātenga starb am 24. April 1909 in Whakapuaka und wurde am 2. Mai beigesetzt. An ihrem Tangihanga nahmen mehr als 2000 Menschen teil. Dank ihres Status zu Lebenszeiten und ihrer noch heute anhaltenden Bekanntheit als lokale Heldin in der Rettung der Delaware, gehört sie zu den geehrten Ahnen ihres whānau.[1]

Historische Bewertung als Grace Darling Neuseelands

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Mary Louise Ormsby: Huria Matenga. In: Dictionary of New Zealand Biography. Ministry for Culture & Heritage.
  2. a b c Pickles, Katie; Wanhalla, Angela: Embodying the Colonial Encounter: Explaining New Zealand's ‘Grace Darling’ Huria Matenga. In: Gender & History August 2010, Band 22, Ausgabe 2, S. 361-381


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