Benutzer:Gueziv/Spielwiese

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Berechnung der Pendeldrehung

Die Pendelbewegung ist von der Erddrehung unabhängig. Die Erde dreht sich unter dem schwingenden Pendel durch. Ein erdgebundener Beobachter hat somit den Eindruck, die Schwingungsrichtung des Pendels würde sich drehen. An den Polen entspricht die beobachtete Pendeldrehung der Erddrehung, allerdings im umgekehrten Drehsinn. Das Pendel dreht sich somit am Nordpol im Uhrzeigersinn. Am Äquator dreht es sich nicht, im Bereich dazwischen dreht es sich mit verminderter Geschwindigkeit. Dies kann man sich auf folgende Weise veranschaulichen: Man setzt der Erdkugel einen Kegel auf (siehe Bild). Wenn man nun die Erdkugel auf einem Breitenkreis umrundet und dabei den Blick stets auf die Kegelspitze richtet, hat man sich nach einer vollständigen Erdumrundung (360°) um weniger als 360° gedreht, wie sich aus der Abwicklung des Kegelmantels sinnfällig ergibt.[1]

Herleitung der Drehgeschwindigkeit der Erdoberfläche

Bezeichnet man die Winkelgeschwindigkeit der Erde mit ΩE, ergibt sich die wirksame Winkelgeschwindigkeit, mit der sich auch das Pendel dreht, zu:
Ω = -ΩE * sin Φ
Darin ist Φ die geographische Breite des Standorts. Das Minuszeichen soll andeuten, dass sich das Pendel entgegengesetzt zur Erdrotation dreht.
Die Erde dreht sich an einem Sterntag (23h:56min) um ihre Achse. Für einen Standort auf dem 50. Breitengrad ergibt sich damit eine Drehrate von Ω = -11,5°/h = -5,6 * 10-5 s-1

Das Fadenpendel wird auch Sphärisches Pendel genannt. Es schwingt in der Regel elliptisch. Ein reales Pendel unterliegt zusätzlichen Störeinflüssen. [2]
Bei kleinen Pendelausschlägen kann man die Bewegung der Pendelmasse näherungsweise als Bewegung eines Massepunktes in einer Ebene darstellen.
Im folgenden soll dies in der komplexen Zahlenebene (komplexe Zahlen) erfolgen, da mit der Eulerschen Zahlendarstellung Drehungen besonders elegant formuliert werden können.
Die einfachste mögliche Schwingungsform ist eine geradlinige, harmonische Schwingung z. B. auf der reellen Achse:
s(t) = A * sin ωt (1)
Darin ist A die Amplitude und ω die Kreisfrequenz der Pendelschwingung.
Unterlegt man dieser Bewegung (Absolutbewegung) die Erdrotation, erhält man die Bahnkurve, die ein erdgebundener Beobachter sieht (Relativbewegung):
u(t) = s(t) * ejΩt (2) (Ω wird negativ gezählt)
Man kann diese Bahnkurve zeichnerisch erhalten, indem man mit einem Bleistift entsprechend der Pendelbewegung an einem rotierenden Lineal entlang fährt (siehe oberes Teilbild).

Konstruktion der Bahnkurve des Foucault-Pendels unter der Annahme, dass das Pendel im absolut ruhenden System geradlinig schwingt.

In der Simulation wird von einer elliptischen Pendelschwingung ausgegangen, deshalb sieht hier das Ergebnis anders aus.
Durch Ableiten nach der Zeit unter Beachtung der Produktregel erhält man die Bahngeschwindigkeit:
u' = (s' + jΩs) * ejΩt (3)
Der erste Term in der Klammer ist die Geschwindigkeit der eigentlichen Pendelschwingung, der zweite Term ist eine quer dazu liegende zusätzliche Komponente, die sich aus der Rotation ergibt (siehe mittleres Teilbild).
Durch nochmaliges Ableiten erhält man die Bahnbeschleunigung:
u" = (s" -Ω2s + j2Ωs') * ejΩt (4)
Diese Beschleunigung setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Die erste Komponente ist die eigentliche Pendelbeschleunigung, die zweite ist eine Zentripedalbeschleunigung, die sich aus der Rotation ergibt und die dritte ist die Coriolisbeschleunigung (siehe unteres Teilbild). Die beiden letztgenannten sind subjektiv und ergeben sich nur aus dem Blickwinkel des erdgebundenen Beobachters (er sieht ein rotierendes Pendel auf einer gekrümmten Bahn, obwohl das Pendel entsprechend der Annahme geradlinig schwingt).
In der Kinematik kann man prinzipiell nicht zwischen Absolut- und Relativbewegungen unterscheiden. Das Grundgesetz der Mechanik
F = m * a
gilt aber nur für Absolutbeschleunigungen. Nur aus der Kraftwirkung kann zwischen Absolut- und Relativbeschleunigungen unterschieden werden. Die einzige Kraft, die auf die Pendelmasse einwirkt, ist die rückstellende Kraft, die die Pendelschwingung aufrecht erhält. Sie ist stets in radialer Richtung zum Mittelpunkt hin gerichtet. In der Richtung der Coriolisbeschleunigung gibt es keine Kraft. Aus dem Fehlen dieser Kraft kann geschlossen werden, dass sich das Pendel im absolut ruhenden Raum nicht dreht. Folglich muss sich die Erde drehen.
Setzt man für Ω die oben errechnete Drehrate der Erdoberfläche ein, kann man mit den Pendeldaten (Masse, Amplitude, Frequenz) die Corioliskraft ermitteln:
Fc = m * ac = m * j2Ωs' (5)
Fc = 0 →Ωabs = 0
Im Fall des Foucault-Pendels (Relativdrehung Ω, Absolutdrehung Ωabs = 0) handelt es sich um eine nicht existierende "Scheinkraft". Hält man dagegen das Pendel in einer Schwingungsrichtung fest, wird aus der gesehenen Relativdrehung eine für den erdgebundenen Beobachter nicht sichtbare Absolutdrehung. Die Corioliskraft ist dann eine reale Kraft. Diese sehr kleine Kraft quer zur Flugrichtung ist nötig, um das Pendel festzuhalten, damit es sich gegenüber der Erde nicht dreht.

Zahlenbeispiel: Pendellänge l = 2m → Kreisfrequenz ω = (g/l)½ = (10/2)½ = 2,2 s-1 (= 0,35 Hz), Amplitude A = 0,1m, s' = Aω cos ωt → s'(t=0) = 0,1m * 2,2s-1 = 0,22 ms-1, m = 1kg, Ω = -5,6*10-5 s-1
Fc = 1kg * j * 2 * 5,6*10-5s-1 * 0,22ms-1 = j 2,5*10-5 N (max) (= 2,5 mp).
Zum Vergleich: Nimmt man als Gewicht eine Stahlkugel (Durchmesser 62 mm) an, so erzeugt eine Luftströmung von 0,6 km/h dieselbe Kraft. Eine Briefmarke wiegt etwa 20 mp.
Die erfolgreiche Realisation eines Foucault-Pendels ist deshalb ausgesprochen schwierig[3].
Insbesondere bei kurzen Pendeln wird zur Stabilisierung der Schwingung der Charron-Ring verwendet.