Benutzer:TobiasVetter/Lehre
Im Mittelpunkt der Lehre des Bahá’ítums steht die Lehre der Einheit Gottes, der Religionen und der Menschheit. Sie erstreckt sich jedoch bei weitem nicht nur in diese Punkte, sondern auch auf eine komplexe und handlungsbezogende Ethik und einer ausgeprägten Mystik.
Einheit Gottes
Die Bahá’í glauben an „die Existenz und die Einheit eines persönlichen Gottes, der unerkennbar, unerreichbar, Quell aller Offenbarung, ewig, allwissend, allgegenwärtig und allmächtig ist“ (Shoghi Effendi: Gott geht vorrüber 8:26). Ihr Gottesbild ist monotheistisch und transzendent.
Gott gilt als „aller Dinge Ursprung, und in Ihm haben alle Dinge ihr Ende“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Aqdas 144) und die Menschen haben die Pflicht ihn zu „erkennen und … anzubeten“ (Bahá’u’lláh: Gebete und Meditationen 181:1). Die Schöpfung sehen Bahá’í als Emanation an, also geht jede Existenz auf Gott zurück und ist von ihm abhängig, auf der anderen Seite verändert sich Gott durch die Emanationen nicht und inkarniert auch nie in seine Schöpfung.
Einheit der Religionen
Der Widerspruch zwischen der Unerkennbarkeit Gottes und der Pflicht ihn zu erkennen löst sich durch die Offenbarungen der Manifestationen Gottes, denn jede „von ihnen ist der Pfad Gottes, der diese Welt mit den Reichen der Höhe verbindet, und das Banner Seiner Wahrheit für alle in den Reichen der Erde und des Himmels“ (Bahá’u’lláh: Ährenlese 21). Als solche Manifestationen Gottes gelten, neben anderen, namentlich nicht bekannten, Adam, Abraham, Mose, Zarathustra, Krishna, Siddhartha Gautama (Buddha), Jesus Christus, Mohammed, der Báb und Bahá’u’lláh. Dies führt zu einer inklusivistischen Haltung der Bahá’í.
Gott gilt den Bahá’í als „Herr aller Religionen“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Aqdas 31 & 36) deren Zweck es ist „das Wohl des Menschengeschlechts zu sichern, seine Einheit zu fördern und den Geist der Liebe und Verbundenheit unter den Menschen zu pflegen“ (Bahá’u’lláh: Ährenlese 110).
Gott offenbart sich also nicht nur einmalig, sondern progressiv und zyklisch wiederkehrend, dieses heilsgeschichtliche Paradigma wird als Fortschreitende Offenbarung bezeichnet. Die unterschiedlichen Inhalte der Offenbarungen sind den „wechselnden Erfordernissen der Zeitalter zuzuschreiben, in denen sie verkündet wurden“ (Bahá’u’lláh: Brief an den Sohn des Wolfes 18). Auch Bahá’u’lláh selbst gilt als Teil dieser Kette von Offenbarungen und als Manifestation Gottes für dieses Zeitalter. Eine Sonderstellung hat er jedoch insofern, als dass durch seine Offenbarung „die Menschheit, zur Stufe der Reife gelangt“ (‘Abdu’l-Bahá: Briefe und Botschaften 16:5).
Nach Überzeugung der Bahá’í widerspricht Fanatismus dem Wesen der Religion, wie sich zum Beispiel im folgendem Gebot zeigt: „Verkehret mit allen Religionen in Herzlichkeit und Eintracht, auf daß sie Gottes süße Düfte von euch einatmen. Hütet euch, daß euch im Umgang mit den Menschen nicht die Hitze törichter Unwissenheit übermanne.“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Aqdas 144)
Einheit der Menschheit
Die Lehre der Einheit umfasst auch die Menschheit selbst. Im Bahá’ítum gelten alle Menschen als Wesen vom gleichen Range und als „die Früchte eines Baumes und die Blätter eines Zweiges“ (Bahá’u’lláh: Brief an den Sohn des Wolfes 20), welche „miteinander in größter Liebe und Eintracht, in Freundschaft und Brüderlichkeit“ (Bahá’u’lláh: Brief an den Sohn des Wolfes 20) verkehren sollen, denn für Bahá’í ist „die Erde ist nur ein Land, und alle Menschen sind seine Bürger“ (Bahá’u’lláh: Ährenlese 117).
Die Offenbarung Bahá’u’lláhs gilt dabei als „Signal für den Eintritt des gesamten Menschengeschlechts in den Zustand der Mündigkeit“ (Shoghi Effendi: Die Weltordnung Bahá’u’lláhs 7:2). Diese Mündigkeit meint zuerst das Erreichen des „geringeren Friedens“, dem politisch-zwischenstaatlichem Weltfrieden, und schließlich das Erreichen des eschatologischen „größten Friedens“, dem spirituell-gesamtgesellschaftlichen Frieden der gesamten Menschheit, des „Goldenen Zeitalters“.
Menschenbild und spirituelle Entwicklung
Nach der Lehre des Bahá’ítums wurde der Mensch aufgrund der göttliche Liebe geschaffen, weshalb auch der Mensch Gott lieben soll. Im Gegensatz zur restlichen bekannten Schöpfung ist der Mensch in der Lage ein Spiegel für alle Attribute Gottes zu sein und verfügt über einen freien Willen. Generell ist das Menschenbild der Bahá’í positiv geprägt, so gilt jeder Mensch grundsätzlich als „Bergwerk, reich an Edelsteinen von unschätzbarem Wert“ (Bahá’u’lláh: Ährenlese 122). Diese Edelsteine können, je nach Art, durch spirituelle Erziehung und materielle Bildung an den Tag gebracht werden. Der Mangel an Fähigkeiten insgesamt wird mit dem Mangel an Erziehung oder Bildung oder Auflehnung gegen Gott erklärt. Aufgrund seines freien Willens steht es dem Menschen also frei sich spirituell entweder zum Positiven oder zum Negativen zu entwickeln, dabei ist rein materielle Bildung keine Garantie eine positive spirituelle Entwicklung. Deshalb wird im Bahá’ítum die spirituelle Erziehung noch mehr betont, als die sowieso schon starkt betonte Bildung.
Das Leben im Diesseits, wie im Jenseits wird als eine kontinuierliche mystische Reise zu Gott betrachtet. Himmel und Hölle sind für die Bahá’í Symbole für die Nähe oder Ferne zu Gott, welche man, zu einem gewissen Grad, auch bereits im Diesseits hat. Das Leben im Diesseits ist dazu bestimmt geistige Fähigkeiten zu entwickeln, welche man im Jenseits benötigt. Die mystische Reise in die Nähe Gottes gilt es endloser Prozess, welcher im Diesseits beginnt und im Jenseits bis in die Ewigkeit fortgesetzt wird.
Die Fähigkeiten, welche der Mensch im Diesseits entwickeln soll, sind untrennbar mit der Ethik des Bahá’ítums verbunden.
Ethik
Die Ethik der Bahá’í ist handlungsorientiert und rät zum „rechten Maß“. Als stiftendes Element gilt dabei die Offenbarung Bahá’u’lláhs, welche als „unfehlbare Waage“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Aqdas 99 & 148) gilt und an der alle anderen ethischen Vorstellungen gemessen werden.
Als Kardinaltugend gilt die Gerechtigkeit, welche für Gott „von allem das Meistgeliebte ist“ (Bahá’u’lláh: arabische Verborgene Worte 2) und „von zwei Säulen getragen [wird]: Lohn und Strafe“ (Bahá’u’lláh: Botschaften aus ‘Akká 3:25). Als erster Rat Gottes für den Menschen gilt, dass er „ein reines, gütiges und strahlendes Herz“ (Bahá’u’lláh: arabische Verborgene Worte 1) besitzen soll.
Schließlich soll die religiöse Ethik des Bahá’ítums, unter Anderem, „zu aufrichtigen Absichten, edlen Zielen, Reinheit und makelloser Ehrbarkeit, umfassender Herzensgüte, Mitempfinden, Vertragstreue, Rücksichtnahme auf die Rechte anderer, Großzügigkeit, Gerechtigkeit in allen Lebenslagen, Menschlichkeit und Nächstenliebe, Tapferkeit und unermüdlichem Eifer im Dienst an der Menschheit“ (‘Abdu’l-Bahá: Das Geheimnis Göttlicher Kultur 27:2) führen. Im Schrifttum der Bahá’í finden sich umfangreiche ethische Hinweise, Mahnungen und Gebote. Ein bekanntes Beispiel ist:
„Sei freigebig im Glück und dankbar im Unglück. Sei des Vertrauens deines Nächsten wert und schaue hellen und freundlichen Auges auf ihn. Sei ein Schatz dem Armen, ein Mahner dem Reichen, eine Antwort auf den Schrei des Bedürftigen, und halte dein Versprechen heilig. Sei gerecht in deinem Urteil und behutsam in deiner Rede. Sei zu keinem Menschen ungerecht und erweise allen Sanftmut. Sei wie eine Lampe für die, so im Dunkeln gehen, eine Freude den Betrübten, ein Meer für die Dürstenden, ein schützender Port für die Bedrängten, Stütze und Verteidiger für das Opfer der Unterdrückung. Laß Lauterkeit und Redlichkeit all dein Handeln auszeichnen. Sei ein Heim dem Fremdling, ein Balsam dem Leidenden, dem Flüchtling ein starker Turm. Sei dem Blinden Auge und ein Licht der Führung für den Fuß des Irrenden. Sei ein Schmuck für das Antlitz der Wahrheit, eine Krone für die Stirn der Treue, ein Pfeiler im Tempel der Rechtschaffenheit, Lebenshauch dem Körper der Menschheit, ein Banner für die Heerscharen der Gerechtigkeit, ein Himmelslicht am Horizont der Tugend, Tau für den Urgrund des Menschenherzens, eine Arche auf dem Meer der Erkenntnis, eine Sonne am Himmel der Großmut, ein Stein im Diadem der Weisheit, ein strahlendes Licht am Firmament deiner Zeitgenossen, eine Frucht am Baume der Demut.“
Die Idee des „rechten Maßes“ zeigt sich in den Geboten der Bahá’í zum Beispiel im Verbot der Selbstkasteiung, der Einsiedelei und der harten Askese, während die andere Extreme, ein hedonistisches Leben im Überfluss, ebenfalls abgelehnt wird. Die Handungsorientiertheit drückt sich darin aus, dass jene als „selig und glücklich“ (Bahá’u’lláh: Ährenlese 117) gelten, welche „sich erheb[en], dem Wohle aller Völker und Geschlechter der Erde zu dienen“ (Bahá’u’lláh: Ährenlese 117). Die Folge daraus ist, dass das gemeinnützige Engagement der Bahá’í weit größer ist, als ihre Mitgliederzahl vermuten lässt. Gesellschaftliches Engagement und soziale Verantwortung, die aktive Gestaltung der Welt, wird als natürliche Folge individueller Spiritualität betrachtet und ist von dieser nicht zu trennen.
Verbote
Zentrale Verbote der Bahá’í-Ethik sind Tierquälerei, Diebstahl, Hausfriedensbruch, Brandstiftung, Körperverletzung, Streit und Kampf, Sklaverei, „Mord und Totschlag, der uneheliche Beischlaf, üble Nachrede und Verleumdung“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Aqdas 19). Die Bettelei, die Beichte und der religiöse Handkuss sind den Bahá’í verboten, da sie als Demütigung des Menschen vor anderen Menschen gelten und Gott „wünscht nicht die Demütigung Seiner Diener“ (Bahá’u’lláh: Botschaften aus ‘Akká 3:14).
Auch wenn das Bahá’ítum die spirituelle Entwicklung höher als die materielle Entwicklung bewertet, so finden sich einige Verbote, welche Wertschätzung gegenüber dem menschlichen Körper und Verstand aufzeigen: So wird „vor allen Stoffen, die den Tempel des Menschen stumpf und träge machen und dem Leib schaden“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Aqdas 155) gewarnt und erklärt, dass dem Mensch Verstand gegeben ist und er deshalb nichts zu sich nehmen solle, was ihn dessen beraubt. Darunter fallen Alkohol, Opium und alle anderen Arten von Rauschmitteln. Wenn sie jedoch als Inhaltsstoffe von Medikamenten dringend benötigt werden ist ihr Konsum gestattet. Tabak ist nicht verboten, es wird jedoch von seinem Konsum abgeraten.
Zwölf sozialethische Grundsätze
→ Zwölf ethische Grundsätze der Bahai
Im Jahr 1912 hob ‘Abdu’l-Bahá in seinen Ansprachen in Paris zwölf sozialethische Grundsätze aus den Lehren Bahá’u’lláhs besonders hervor. Diese zentralen Lehrsätze der Bahá’í dominierten bis in die achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts die Rezeption der Religion im Westen, die vor allem als humanitäre Friedensbewegung wahrgenommen wurde. Die spirituellen und philosophischen Lehren Bahá’u’lláhs erfuhren erst später ein größeres Interesse.
- Einheit der Menschheit
- Selbstständige Suche nach Wahrheit
- Anerkennung der grundsätzlichen Einheit der Weltreligionen
- Religion sollte Liebe und Zuneigung hervorrufen
- Harmonie zwischen Wissenschaft und Religion
- Gleichwertigkeit von Mann und Frau
- Beseitigung aller Formen von Vorurteilen
- Weltfrieden
- Universale Erziehung und Bildung
- Beseitigung der Extreme von Armut und Reichtum
- Welthilfssprache
- Errichtung eines Weltgemeinwesens
KOMMENTAR: Es gibt offensichtlich verschiedene abweichende Listen. In den Ansprachen von Paris selbst ist, in II:0, nur die Rede von 11 Punkten, und diese klingen auch etwas anders. Vielleicht sollte man darauf hinweisen. Ich habe hier meine Darstellung an den schon vorhandenen, von Mipago erstellten, Artikel angelehnt.
Mystik
Die Mystik des Bahá’ítums ist von den Motiven der unabhängigen Suche nach religiöser Wahrheit und der mystischen Reise zu Gott, durch mehrere Stufen, geprägt.
Als Grundlage der unabhängigen Suche beschreibt Bahá’u’lláh, im Kitáb-i-Íqán, die Reinigung des Herzens vom „trübenden Staub allen erworbenen Wissens“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Íqán 213), die Läuterung des Herzens, so dass „kein Rest von Liebe oder Haß darin verbleibt, damit weder Liebe ihn blind zum Irrtum leite noch Haß ihn von der Wahrheit scheuche“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Íqán 213). Weitere Bedingungen sind Gottvertrauen, Demut, Geduld, Zurückhaltung von eitler Rede und übler Nachrede, die Gesellschaft der Losgelösten suchen und prahlerische, flevlerische Materialsten meiden und, ohne Verachtung, für die Vergebung ihrer Sünden beten, sich jeden Morgen Gott zuwenden und ganz bei der Suche nach ihm verweilen, Hilfsbereitschaft, Tierliebe und Befolgung der Goldenen Regel. Wer diese Bedingungen erfüllt, kann „ein wahrer Sucher genannt werden“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Íqán 215) und für ihn „wird das Dunkel des Irrtums vertrieben, werden die Nebel des Zweifels und der Ängste zerstreut, bis die Lichter der Erkenntnis und Gewißheit sein Wesen einhüllen“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Íqán 216). Die Urteilskraft eines solchen „wahren Suchers“ ist so scharf, dass „er Wahres von Falschem zu unterscheiden vermag wie die Sonne vom Schatten“ (Bahá’u’lláh: Kitáb-i-Íqán 217).
Quellen der Lehre
Die Quellen der Lehre sind die Schriften Bahá’u’lláhs, in einigen Fällen auch jene des Bábs, die einigen verbindlichen Interpretationen durch ‘Abdu’l-Bahá und Shoghi Effendi und die Rechtssetzungen des Universalen Hauses der Gerechtigkeit. Das Verbot der verbindlichen Interpretation stellt ein Hemmnis für eine spekulative Theologie dar, so das die Theologie sich meist auf Einführungen in das Bahá’ítum, Zusammenstellungen der Schriften und der Verteidigung der Religion beschäftigt.
KOMMENTAR: Muss noch überarbeitet und erweitert werden.