Benutzer:W.S.Herrmann/Spielwiese/Schlaraffische Transpersonalität
Schlaraffias transpersonale Bewusstheit
Von Jk. Wolfgang (76)
Einleitung
Die Transpersonale Psychologie ist ein Forschungszweig der akademischen Psychologie, der auf US-Amerikanische Ansätze in den 80er Jahren zurückgeht (Walsh/Vaughan 1985) und in Deutschland ganz besonders durch das Lebenswerk unseres Oldenburgen Rt. Augen-Freud der Transzendente (alias Prof. Dr. Wilfried Belschner) entwickelt worden ist (Belschner 2007, Belschner/Gottwald 2000). Nachdem die Psychologie in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend epiphänomenal orientiert war (also war das Seelische Einbildung des Menschen, die mit dem Tod zerfällt; vgl. Popper/Eccles 1989), ist ein Bewusstsein von jenseitiger Existenz zurückgekehrt und in zahllosen Selbsterfahrungsprogrammen, standardisierten Tests und experimentellen Studien thematisiert worden. Schlaraffia ist von der nihilistischen Tendenz des 20. Jahrhunderts kaum berührt worden. Spiegel und Ceremoniale setzen die Präsenz des verstorbenen Schlaraffen in Ahalla und in den Sippungen der Hinterbliebenen fraglos voraus. Belschner ist selbst Schlaraffe geworden (Ritterschlag in der Winterung a.U 151/152 im Hohen Reych Oldenburgia). Darum erscheint es angebracht, einmal die transpersonalen Gesichtspunkte des Schlaraffischen Bewusstseins eingehender zu studieren.
Humor
Zunächst ist festzustellen, dass Schlaraffia für alle Inhalte irgendwelcher Äußerungen den humorvollen Abstand gegenüber fanatischer Religiosität vorsieht. In diesem Sinne dürfen auch die folgenden Analysen nur als lächelnde Randnotizen eines engagierten Schlaraffen verstanden werden.
Die Begrüßung des Uhu
Es beginnt mit der Begrüßung des Uhu (Sp§2 und 3, Cer §1,2). Das Totem ist ein Symbol des Göttlichen in den Religionen des Hinduismus, Buddhismus, des alten Ägypten und des Islam, der Religionen Schwarz-Afrikas und der indianischen Kulturen, der australischen Aboriginees und der christlichen Kulturen bis hin zu den Eskimo-Religionen (Freud 1991).
Styx
In der altgriechischen Mythologie ist Styx das Wasser des Grauens. Als Fluss der Unterwelt muss er vom Verstorbenen durchquert werden, so dass seine Erinnerung verloren geht. Der Styx der Schlaraffen ist also mit dem transpersonalen Ereignis des Überganges ins Jenseits assoziiert. Wenn der Schlaraffe mit dem Burgwirt in Verbindung tritt, muss er die Profanei vergessen und kann in die Welt des schönen Scheins, also die Welt der Künste, der Freundschaft und des Humors überwechseln. Das humorvolle Spiel mit der Transpersonalität kann beginnen.
Der Aha-Orden
Die Überreichung des Aha-Ordens erinnert an die Insignien, wie sie in vielen Kulturen dem Priester bzw. dem Meister göttlicher Zeremonien umgehängt werden. Das Pectorale (Brustkreuz) ist in den christlichen Kirchen ein Würdezeichen für Pabst, Kardinäle, Bischöfe usw.. Schon im alten Ägypten diente es magischen Zwecken und hat seine symbolische Kraft über die Jahrtausende weitgehend erhalten.
Erleuchtung
In den Paragraphen Sp 3 und 46,4 wird erklärt, die fungierende Herrlichkeit sei "erleuchtet". Die großen Erleuchteten der Weltreligionen sind von Krishna bis Maharishi seit 5000 Jahren biografisch dargestellt worden. "Buddha" heißt gar "erleuchtet". Denn im Mittelpunkt solchen Biografien steht meist ein Erlebnis unsagbar hellen Lichtes und einer Botschaft, die den Helden zur Umkehr zwingt (vgl. Schmidt).
Die Schlaraffische Sippung enthält in der Regel eine ganze Reihe humorvoller Anspielungen auf die scheinbare Erleuchtetheit der fungierenden Herrlichkeit. Auf diese Weise wird die transpersonale Orientierung - selbstverständlich in spielerischer Indirektheit - verdeutlicht. Man spottet über Erleuchtung und verbeugt sich vor dem großen Konzept der Schlaraffischen Luzidität (vgl. luzides Träumen).
Das Abendlied
Der Gesang eines Liedes zur Eröffnung und im weiteren Veraluf einer Zeremonie ist in den feierlichen Veranstaltungen vieler Religionen üblich. Besonders die Luthersche Theologie des Kirchenliedes mag für den Schlaraffischen Brauch Pate gestanden haben (Oelmann 2008). Das Kirchenlied wird im Rahmen eines Gottesdienstes als Antwort der Gemeinde auf Predigt und Lesung verstanden. Es dient der Verinnerlichung der mitgeteilten Glaubensinhalte. Das Schlaraffische Zeremoniell gemeinsamen Singens darf - cum granu salis - als eine Anlehnung an diese Luthersche Lieddidaktik verstanden werden.
Die blaue Kerze
In den meisten Reychen wird am Anfang einer Sippung die Blaue Kerze der Freundschaft entzündet. Es soll die Verbundenheit mit all denen (besonders auch den Verstorbenen) symbolisiert werden, die an der gegenwärtigen Sippung nicht leibhaftig teilnehmen können. Besonders wird auch der verloschenen Allmutter Praga gedacht. Auf welche Weise dieser Brauch entstanden ist, lässt sich schwer nachprüfen, da weder Spiegel noch Ceremoniale die Blaue Kerze nennen. Es wird gelegentlich darauf hingewiesen, viele Diaspora-Schlaraffen in uhufinsteren Ländern hätten im 1. Weltkrieg mit diesem Brauch begonnen (Maas 2009). Sicher ist die Verwendung der Kerzen in der Uhufinsternis des 3. Reiches und der DDR belegt (http://www.schlaraffia-berolina.de/3963_sippung.html).
Jedenfalls wird durch die Symbolik der Blauen Kerze auf die spirituelle Präsenz körperlich nicht anwesender Schlaraffen hingewiesen (Telepathie).
Die Gemäße
Cer §15 regelt die Verwendung der besonders geweihten Gemäße. Die zeremonielle Benutzung geweihter Kelche ist nicht nur dem christlichen Abendmahl eigen. Sie findet sich in den Religionen aller Welt als Ausdruck der Vereinigung mit dem Göttlichen im Trunk (vgl. Matth.26,17-29; Markus 14,12-25 etc.).
Religionstabu
Das Verbot, während der Sippung über religiöse Themen zu reden (Sp §40), ist nicht nur als diplomatische Regelung im Land eines von Religionskriegen heimgesuchten Volkes (Tschechien) zu verstehen. Gleich den Tabu-Regeln vieler alter Kulturen ist mit dem Sanktionieren gewisser Redeverbote eine strenge Gläubigkeit in die vom Jenseits geregelte Einhaltung der Weltordnung verbunden. Das Tabu macht den Referenten des verbotenen Wortes um so präsenter (Danis 1998).
Ehrenschlaraffen
Die Pflege des Lebenswerkes der sog. Heroen in Wissenschaft und Kunst (Cer § 14g u.ö) zeigt den Glauben an das Fortleben der Seelen Verstorbener an und zugleich die Überzeugung, dass die großen Autoren der Menschheitsgeschichte am heutigen Leben der Menschen Anteil nehmen – sei es dass sie nur erfreut und selig beobachten, wenn die Lebenden sich ihrer erinnern – sei es dass sie gar eingreifend das Leben der Gedenkenden beeinflussen.
Die Transpersonalia der Schlaraffenlieder
Schon das “Abendlied” (Nr. 3) preist Uhu und Aha als jenseitige Phänomene, die das “Gemüt erhöhen”. Das “Lied vom Ideal”(Nr. 11) erläutert im Sinne der Schillerschen “Hymne an die Freude” das Schlaraffische Ideal von Kunst, Freundschaft und Humor als höchste Stufe des menschlichen Bewusstseins. “Des Schlaraffen Glaube, Liebe, Hoffnung” (Nr. 16) ist im Sinne der klassischen Kunsttheorie vollkommen explizit; und das Lied Nr. 25 “Wie könnt ich dein vergessen” preist die Unvergänglichkeit der Allmutter Praga. Ganz besonders wird im Lied Nr. 70 “Ahalla-Klänge” die Unvergänglichkeit der Seele verstorbener Schlaraffen gefeiert.
Schlaraffenlatein
Cer§22 nennt eine Auswahl von Lexemen der Varietät deutscher Sprachen, die als Schlaraffenlatein bezeichnet wird. Hier wird Sterben als “ In Ahalla einreiten” bezeichnet. Diese Lexik zeigt an, dass Schlaraffia mit den großen Religionen der Welt den Glauben an die Unsterblichkeit der Seelen teilt.
Allgemein bezeichnet "Varietät" im Rahmen der Linguistik Teilmengen einer Nationalsprache, die eine Nationalsprache modifizieren und in gewisser Weise ergänzen. Der Schlaraffische "Wortschatz" ist in dieser Weise ergänzend und enthält mit seinen Ahalla-Lexemen (Ahallarit, Ahallafeier, Trauerlulu, gen Ahalla reiten, "das walte Uhu" etc.) eine deutlich transpersonale Komponente.
Jedoch ist diese Transpersonalität nicht direkt dem christlichen Vorbild angeschlossen. Man hat sich vielmehr an altgermanische Lexik gehalten, um dem Verdacht einer einseitig christlichen Fixiertheit aus dem Wege zu gehen.
Trauerlulu
Nach dem Gedenken Verstorbener wird häufig eine kleine Menge des im Gemäß enthaltenen Getränkes verschüttet – verbunden mit dem gleichzeitigen Ausruf der Schlaraffischen Begrüßung “Lulu”. Dieser Brauch zeigt an, dass man an die Möglichkeit glaubt, der Hinterbliebene sei befähigt, mit dem Verstorbenen in Sprachkontakt zu treten (Abaelard 2008).
Abkündigung
Nach dem Ableben eines Schlaraffen ist seine Abkündigung im Verlauf einer Sippung vorgeschrieben (Cer § 14, 17). Die Anwesenden erheben sich und lauschen einer kurzen Laudatio, die in der Regel vom Fungierenden oder einem zu diesem Zweck aufgerufenen Schlaraffen ausgesprochen wird. Den Schluss solcher Ansprachen bildet in der Regel das Versprechen, man werde des verstorbenen Bruders niemals vergessen. Solche Versprechen werden in der Du-Form abgegeben, so dass deutlich wird, der Dahingeschiedene sei noch mitten unter den sippenden Schlaraffen zugegen.
Oho
Die Benennung des Teuflischen ist im Sinne des Redetabus bezüglich religiöser und politischer Inhalte untersagt. Um so deutlicher wirkt die Präsenz des Bösen als Prinzip. Der Oho-Begriff stellt eine humorvolle Distanzierung vom Teuflischen dar.
Oho wird in den Burgen der Schlaraffen nicht bildlich dargestellt. Er wird nur redensartlich erwähnt, wenn man vermutet, Oho könne bei dieser oder jener Angelegenheit seine Hand im Spiel gehabt haben. Auch beschwört man humorvoll den Oho, sich fernzuhalten etc.
Das Ahalla-Fest
Cer§24e regelt die Sinngebung und den Ablauf einer alljährlich wiederkehrenden Sippung, in der die dahingeschiedenen Schlaraffen eines Reyches geehrt werden. Ihre Portraits werden im Ahalla-Schrein aufgenommen und während der Feier den vorbeischreitenden Sassen dargeboten. Die Präsentation von Verstorbenen-Bildnissen gilt seit Jahrtausenden als Mittel der Vergegenwärtigung dahingeschiedener Seelen. So war es z.B. im Gebiet der heutigen Wachau (Österreich) vor ca. 25 000 Jahren üblich, mit Hilfe sog. Venus-Statuen verstorbener Frauen zu gedenken. Der zeremonielle Gebrauch solcher Abbildungen (auch Wandgemälde, Vasenmalereien etc.) kennzeichnet die gläubige Gewissheit alter Völker, die Seelen der Verstorbenen seien den Hinterbliebenen jederzeit präsentierbar. Sie müssten nur mit dem inneren – oft auch Dritten – Auge ihrer gedenken (Boie 1968). Während des Vorbeischreitens aller Sassen am Ahalla-Schrein ist in vielen Reychen Chopins Trauermarsch als Klavierbegleitung vorgesehen. Er entstammt Chopins Klaviersonate Nr. 2 b-Moll, Op. 35 und wurde 1839 fertiggestellt. Dieser 3-teilige Satz enthält zunächst einen Marsch in b-Moll. Danach wird in der Paralleltonart (also Des-Dur) eine musikalische Vision des Jenseits erlebt, die dem Trauernden Trost und Zuversicht spendet. Auch das Schlaraffische Trauerlied “Alhalla-Klänge” (Nr. 70 im neuen Klangbuch des Rt. Tonio) imitiert diesen Wechsel von Moll nach Dur – wie viele Komponisten der Romantik in vergleichbaren Märschen.
Die Spiegelung der Transpersonalität
Literarische Spiegel sind im Gegensatz zu normativen Gesetzes-Werken Abbildung der Konventionen einer ethnischen Gemeinschaft; und diese Abbildungen sollen sekundär normieren: man soll nach dem Brauch für Recht und Wahr empfinden. In diesen Sinne ist auch die Spiegelung des Transpersonalen in der Schlaraffischen Gemeinschaft zu verstehen: Uhu ist das Summum Bonum, Aha ist das Zeichen des erleuchteten Priesters; Oho ist das Böse, das sich von selbst vernichtet. Lulu ruft man ins Jenseits, weil man den Verstorbenen bei sich weiß. Und Freundschaft, Kunst und Humor bilden eine essentielle Einheit,
- weil ohne Agape keine humorvolle Kunst möglich ist,
- weil ohne das Lächeln der Seele die Freundschaft misslingt,
- und weil im Reich des Schönen alle Macht, Eifersucht und Gier außer Kraft gesetzt sind.
Religion ist tabu, aber man fühlt, denkt und handelt transpersonal.
Literatur
- Abaelard, Wolfgang: Eurydike. Norderstedt BoD-Verlag 2008.
- Belschner, Wilfried: Der Sprung in die Transzendenz. Die Kultur des Bewusstseins und die Entmystifizierung des Spirituellen. Münster: LIT 2007
- Belschner, W./ Gottwald, P.: Gesundheit und Spiritualität. Oldenburg 2000
- Boie, Dietrich: Das erste Auge. Ein Bild des Zirbelorgans aus Naturwissenschaft, Anthroposophie, Geschichte und Medizin. Stuttgart 1968.
- Danis, Johanna J.: Wortgestalt. Das Unbewusste und die Angst, Leib und Leid, Tabu. München: Edition Psychosymbolik 1998.
- Freud, Sigmund: Totem und Tabu. 10. Aufl. Frankfurt 1991.
- Maas, Michael: Der Weg in die Uhufinsternis. Bad Mergentheim 2009.
- Oelmann, Doreen: Kirchenlieder als Spiegel der Geschichte. München etc. Grin-Verlag 2008
- Popper, Karl R./ Eccles, John C.: Das Ich und sein Gehirn. München: Piper 1989
- Schmidt, Karl O.: In dir ist das Licht. Vom Ich-Bewusstsein zum Kosmischen Beweusstsein. Ulm: Drei Eichen 1959.
- Steiner, Rudolf: Kosmogonie. GA 94 (1979) München 1979, 1906.
- Walsh, R.N./Vaughan, F: Psychologie in der Wende. Grundlagen, Methoden und Ziele der transpersonalen Psychologie. Bern 1985