Benutzer Diskussion:GlücklichesLeben/Durchkopplung
Überarbeitsfassung
Als Durchkoppeln, seltener als Durchkopplung oder Durchkoppelung, bezeichnet man das Zusammensetzen der Bestandteile einer Wortgruppe durch Bindestriche, um ein Kompositum zu bilden, also ein neues Wort. Es wird meist unterschieden vom einfachen "Koppeln" mit nur einem Bindestrich. Die Begrifflichkeit ist aber nicht gefestigt, das Wort auch nicht allgemein geläufig, es war im Umfeld der Rechtsschreibreform und ihrer Wirren teilweise zum Schlag- und Kampfwort geworden. Bei Boulevardmedien versteht man darunter den Verzicht auf Nebensätze zugunsten von komponierten Substantivierungen und deren Komposition, wobei dann das daraus entstehende Bandwurmwort zur leichteren Lesbarkeit mit Bindestrichen gegliedert wird.
In der amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung aus dem Jahr 2006 wird die Bezeichnung Durchkopplung nicht verwendet, Zusammensetzungen durch Bindestriche werden in den §§ 43 und 44 behandelt. Im Duden von 1991 lautet die Rechtschreibregel 41 (R 41): „In einer Aneinanderreihung aus einem Grundwort und mehreren Bestimmungswörtern werden alle Wörter durch Bindestriche verbunden (durchgekoppelt)“.[1] Auch der für die Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996 aktualisierte Duden enthält das Verb "durchkoppeln" in der 21. Auflage von 1996 in Regel 28: „In einer Aneinanderreihung werden alle Wörter durch Bindestriche verbunden (durchgekoppelt). Als Aneinanderreihungen gelten Zusammensetzungen aus Wortgruppen wie in den folgenden Beispielen.“[2] Jedoch verwendet die Dudenredaktion den Ausdruck Durchkopplung auch nach 2006, nämlich in der 7. Auflage von richtiges und gutes Deutsch von 2011[3] Dort wird Durchkopplung als eigenes Lemma geführt, beinhaltend lediglich den Verweis auf "Bindestrich zur Aneinanderreihung".
Ein mittlerweile emeritierter Lehramts-Professor für Deutsch führte im Metzler Lexikon Sprache[4] (noch vor der Re-reform von 2006) eine sehr spezielle Definition an. <<ich bin noch dabei, das im kontext dessen vieler weiteren beiträge im metzler lexikon sprache zu beurteilen.>> Demnach werde als Durchkopplung "ein Determinativkompositum bezeichnet, dessen Erstglied eine Koordination von zwei Nominalen bildet, beispielsweise Input-Output-Funktion, Süß-sauer-Gericht oder Ost-West-Gespräche." Diese Definition hat kaum einen Bezug zur hiesigen Wortverwendung.
Die Problematik im Deutschen
Mit den Hin-und-her-Reformen von 1986 bis 2006 entstand mancherlei Unsicherheit und Festentschiedenheit, die grundlegenden Fragen wurden aber kaum angegangen, geschweige denn gelöst, so dass viele Internationalismen und Privatlösungen aufkamen, andererseits aber auch die Gegenkräfte dazu. Problematisch wurden die Gliederungen kleiner und kleinster Texteinheiten, oft um damit nähere oder weitere Zusammengehörigkeiten auszudrücken ("Ist das Frauen-Kunst-Forum ein Frauenkunst-Forum oder ein Frauen-Kunstforum?"), oder um eigenständige Bestandteile schnell lesbar hervorzuheben ("Schlag-Wort-Presse").
Das Durchkoppeln als weitgehend durchgängiges Setzen von Bindestrichen ist dabei eine Lösungsmöglichkeit neben anderen. Varianten der Wort-Untergliederung bzw Wortfolgen-Gliederung sind insbesondere In-Wort-Großschreibungen ("InWortGroßschreibungen"), Nebeneinanderschreibung ("die Nebeneinander Schreibung"), sowie eher typographische Techniken wie Spacing und Apostrophsetzen sowie allerlei Quotierungen ("Ich bin"-Worte) und Klammerungen.
Koppelung im Deutschen nach der Regelung von 2006
Die amtlichen Rechtschreiberegeln von 2006 halten in großer Liberalität fest:
„Der Bindestrich bietet dem Schreibenden die Möglichkeit, anstelle der sonst bei Zusammensetzungen und Ableitungen üblichen Zusammenschreibung die einzelnen Bestandteile als solche zu kennzeichnen, sie gegeneinander abzusetzen und sie dadurch für den Lesenden her- vorzuheben.[5]“
Das Regelwerk diskutiert ausführlich, wo Bindestriche gesetzt werden können oder sollen (§§ 40-52). Die Regeln sind auch in der wikipedia unter Bindestrich ausführlich dargestellt. Für die Durchkopplung interessant sind die Fälle mit langen, insbesondere substantivierenden Determinationskompositionen. Dabei treten auch Streitfälle und Anstößigkeiten auf.
Die Regel ist einfach: Besteht die Bestimmung (also der Determinationsteil des Kompositums) aus einer mehrteiligen Wortgruppe, so werden zur Bildung eines Kompositums die einzelnen Bestandteile durch Bindestriche verbunden (durchgekoppelt). Das erste Wort des Kompositums sowie substantivische Bestandteile werden dabei großgeschrieben.[6] Die nicht durchgekoppelte Schreibung – meist mit nur einem Bindestrich vor dem Grundwort – ist im Deutschen einer der häufigsten Rechtschreibfehler.
Beispiele (korrekt): Harry-Potter-Roman, Condicio-sine-qua-non-Formel, Johann-Sebastian-Bach-Straße, Peer-to-Peer-Client, "Do-ut-des"-Regel, Rindfleischetikettierungsverordnung, Rind-Fleischetikettierungsverordnung , Rindfleischetikettierungs-Verordnung.
Ohne korrekter Alternative, aber vielleicht befemdlich: K.-o.-Schlag.Man kann hier nicht zeigen, dass k.o. doch sehr viel enger zusammengehört als o. und Schlag. So liegt die irreguläre Schreibung k.o.-Schlag (ohne Zwischenraum) nahe.
Manche Zusammenschreibungen ohne Bindestrich sind allerdings so etabliert, dass auch Rechtschreiberedaktionen wie Wahrig und Duden sie gebrauchen, während die korrekt durchgekoppelte Form befremdlich wirkt (Zuspätkommen statt Zu-spät-Kommen, Inkrafttreten statt In-Kraft-Treten).
Fremdsprachliche Begriffe
Auch Komposita, deren Bestimmung ein mehrgliedriges Fremdwort ist (beispielsweise aus dem Englischen), werden gemäß den deutschen Rechtschreibregeln durchgekoppelt. Es heißt also z. B. Macrohard-Softdot-Installationsprogramm oder Open-Source-Enzyklopädie.[7] Dies gilt sogar dann, wenn sämtliche Zusammensetzungsbestandteile aus dem Englischen stammen, einer der Wortbestandteile aber im Deutschen häufig verwendet wird: Heavy-Metal-Band (nach neuer Rechtschreibung auch: Heavymetal-Band), Come-as-you-are-Party, Key-account-Manager (nach neuer Rechtschreibung: Key-Account-Manager).
Anführungszeichen
Steht die Bestimmung in Anführungszeichen, verzichtet man häufig auf die Durchkopplung (Beispiele: „Auferstanden aus Ruinen“-Hymne, „Harry Potter“-Roman). Diese Schreibweise wird bei Zitaten oder Werktiteln angewendet, ist jedoch nicht durch die Rechtschreibregeln legitimiert, denn die Durchkopplung bildet ein einziges Wort, das daher auch keine Leerzeichen enthalten kann. Orthographisch korrekt ist also „Auferstanden-aus-Ruinen“-Hymne, „Harry-Potter“-Roman usw.
Eigennamen
Im Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung wird darauf hingewiesen, dass Eigennamen nicht an die orthographischen Regeln gebunden sind und daher deren Schreibung davon abweichen kann. In den Vorbemerkungen des Abschnitts C. Schreibung mit Bindestrich heißt es:
„Die Schreibung mit Bindestrich bei Eigennamen entspricht nicht immer den folgenden Regeln, so dass nur allgemeine Hinweise gegeben werden können. Zusammensetzungen aus Eigennamen und Substantiv zur Benennung von Schulen, Universitäten, Betrieben, Firmen und ähnlichen Institutionen werden so geschrieben, wie sie amtlich festgelegt sind.“[8]
Demnach kommen orthographische Typen wie Robert Bosch Stiftung, Einstein Forum oder Max Frisch-Archiv, Gottfried Keller-Stiftung vor. Dennoch wird von manchen auch die Durchkopplung solcher Eigennamen gefordert. Viele Redaktionsstandards verlangen, dass auch Eigennamen entsprechend den Rechtschreibregeln geschrieben werden, sodass in Zeitungen und Zeitschriften häufig die durchgekoppelte Variante zu lesen ist, also Einstein-Forum usw.
Beispiele aus anderen Sprachen
holländisch
dänisch
Siehe auch
- Leerzeichen in Komposita („Deppenleerzeichen“)
- Fugenlaut
Literatur
- Werner Scholze-Stubenrecht et al.: Duden. Richtiges und gutes Deutsch. Dudenverlag, Mannheim u. a. 1997, ISBN 3411040947, S. 140–141
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ http://www.ids-mannheim.de/service/reform/
- ↑ „Duden.“ Dudenverlag, Mannheim 1996, ISBN 3-411-04011-4, S. 28.
- ↑ „Duden. Band 9. Richtiges und gutes Deutsch“ Herausgegeben und überarbeitet von der Dudenredaktion unter Mitwirklung von Peter Eisenberg und Jan Georg Schneider. Dudenverlag, Mannheim Zürich 2011, S. 175-176 und 254
- ↑ 3. Auflage, 2005, Lemma Durchkopplung, ebenso in 2. Auflage, S. 173, worauf die Digitalfassung fußt
- ↑ Einletung zum Abschnitt C Schreibung mit Bindestrich
- ↑ Deutsche Rechtschreibung, Regelwerk von 2006. Abschnitt C, insbesondere §§44–51
- ↑ Deutsche Rechtschreibung, Regelwerk von 2006. Abschnitt C.0.(2)
- ↑ Deutsche Rechtschreibung, Regeln und Wörterverzeichnis entsprechend den Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung, Überarbeitete Fassung des amtlichen Regelwerks 2004, München und Mannheim, Februar 2006. PDF.
[[Kategorie:Typografie]]