Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH
Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH
| |
---|---|
Rechtsform | Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
Gründung | 29. August 1990[1] (als CVU Systemhaus GmbH) |
Sitz | Frankfurt am Main |
Leitung | Tammo Diemer und Jutta Dönges[2] |
Mitarbeiterzahl | ca. 300 (2020) |
Branche | Finanzen |
Website | www.deutsche-finanzagentur.de |
Die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH (kurz: Deutsche Finanzagentur) ist ein Finanzdienstleistungsunternehmen im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Rechtsgrundlagen sind § 1 der Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem Bundesschuldenwesengesetz (BSchuWV) und § 1 des Gesetzes zur Regelung des Schuldenwesens des Bundes (BSchuWG).
Geschichte
Das Unternehmen wurde am 19. September 2000 durch Änderung des Gesellschaftsvertrags vom 29. August 1990[1] aus dem Firmenmantel der Berliner CVU Systemhaus Abwicklungsgesellschaft mbH[3][4] (ehemals CVU Systemhaus GmbH mit Sitz in Berlin, die im Jahr 1991 aus der „CVU Applikationssysteme GmbH i. G.“ hervorgegangen war und die im Dezember 1992 nach einigen Geschäftsführerwechseln schließlich in CVU Systemhaus Abwicklungsgesellschaft mbH umbenannt wurde) vom Bund gegründet und hat seinen Sitz in Frankfurt am Main.
Seit 2001 führt die Finanzagentur als zentraler Dienstleister die Kreditaufnahme des deutschen Staates und dessen Schuldenmanagement durch. Zuvor wurden diese Aufgaben dezentral von dem Bundesministerium der Finanzen, der Deutschen Bundesbank und der Bundeswertpapierverwaltung wahrgenommen.
Am 1. August 2006 wurde die Finanzagentur mit der damaligen Bundeswertpapierverwaltung (zuvor Bundesschuldenverwaltung) zusammengelegt. Seither bot die Finanzagentur im Rahmen des Privatkundengeschäfts auch für Privatanleger die kostenlose Schuldbuchverwaltung für Bundeswertpapiere in Form eines Schuldbuchkontos und den gebührenfreien Erwerb von Bundesschatzbriefen, Finanzierungsschätzen sowie seit 1. Juli 2008 der Tagesanleihe an. Die bereits seit Mitte der neunziger Jahre rückläufige Nachfrage nach Bundeswertpapieren seitens der Privatanleger führte jedoch zu einem spürbaren Bedeutungsverlust des Privatkundengeschäfts für die Finanzierung des Bundes und seiner Sondervermögen.[5] 2012 wurde daraufhin entschieden, das Privatkundengeschäft einzustellen.[6][7]
Neben den klassischen Bundeswertpapieren, wie Bundesanleihen, Bundesobligationen, Bundesschatzanweisungen und Unverzinslichen Schatzanweisungen organisierte die Finanzagentur auch Emissionen neuer Finanzierungsinstrumente. So wurde im Mai 2005 die erste US-Dollar-Anleihe des Bundes begeben. Im März 2006 folgte die erste inflationsindexierte Anleihe des Bundes.[8] Im Juni 2013 übernahm die Finanzagentur die Emission der Bund-Länder-Anleihe, einer gemeinsamen Anleihe des Bundes mit zehn Ländern.[9]
In den Jahren 2010 bis 2013 erbrachte die Finanzagentur Dienstleistungen für die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF).
Seit Jahresbeginn 2018 ist die Finanzagentur mit der Trägerschaft der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) beliehen. Zugleich übernahm die Finanzagentur von der FMSA die Verwaltung/Abwicklung des Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS bzw. auch Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, SoFFin) inklusive der dazugehörigen Beteiligungen.[10][9]
Unter anderem mit Verweis auf die Finanzagentur wird von Verschwörungstheoretikern behauptet, die Bundesrepublik Deutschland sei eine privatrechtliche Organisation.[11]
Aufgaben, Ziele, Geschäftsführer, Gesellschafter
Die bundeseigene Gesellschaft erfüllt Aufgaben bei der Haushalts- und Kassenfinanzierung des Bundes und seiner Sondervermögen. Sie stellt damit sicher, dass ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind, um die im Bundeshaushaltsplan festgeschriebenen Ausgaben, die die Steuereinnahmen übersteigen, bestritten und fällig werdende Kredite pünktlich getilgt werden können. Die gesetzliche Grundlage für den Kreditrahmen bildet das jeweilige Haushaltsgesetz.
Zum Aufgabenspektrum zählen im Einzelnen Dienstleistungen bei der Emission von Bundeswertpapieren, die Kreditaufnahme mittels Schuldscheindarlehen, der Einsatz derivativer Finanzinstrumente zur (Schulden-)Portfoliooptimierung sowie Geldmarktgeschäfte zum täglichen Ausgleich des Kontos der Bundesrepublik Deutschland bei der Bundesbank. Ergänzend erstellt sie Marktanalysen und erarbeitet Kreditaufnahmestrategien, überwacht die Risiko- sowie die Liquiditätssituation. Seit 2018 verwaltet die Finanzagentur zudem den Finanzmarktstabilisierungsfonds[12] und seit 2020 auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF).[13] Bei ihren Finanzierungstätigkeiten wird sie ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Bundes tätig.[14]
Die Zahlungsfähigkeit des Bundes permanent sicherzustellen, ist die wichtigste Aufgabe der Finanzagentur. Dabei ist es ihr Unternehmensziel, sowohl die Zinskostenbelastung für den Bund als Schuldner (und damit den Steuerzahler) so gering wie möglich zu halten, als auch die Risiken, bspw. die Auswirkungen von Zinsänderungen am Rentenmarkt auf das Schuldenportfolio, zu begrenzen. Aufgrund der hohen Bedeutung der Kreditaufnahme und des Schuldenmanagements unterrichtet die Finanzagentur regelmäßig das Bundesministerium der Finanzen sowie das Bundesfinanzierungsgremium über ihre Aktivitäten.[15]
Geschäftsführer der Finanzagentur sind Jutta Dönges und Tammo Diemer.[16]
Alleiniger Gesellschafter der Finanzagentur ist der Bund, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen.
Siehe auch
Weblinks
- Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH. (Offizielle Website).
- Die Bundesbank als Hausbank des Bundes. Deutsche Bundesbank (Informationen zu Bundeswertpapieren).
- Schuldenmanagement des Bundes. In: Öffentliche Finanzen. Bundesministerium der Finanzen (Informationen zum Schuldenmanagement sowie Kreditaufnahmeberichte der letzten Jahre).
- Wem gehört Deutschland? Die Profiteure der Staatsverschuldung. In: Fernsehmagazin Panorama. Das Erste, 18. April 2002 (Filmbeitrag).
- Zahlungsfähig auch in Zukunft. (Mediathek-Video der Bundesregierung vom 21. März 2017).
Einzelnachweise
- ↑ a b Handelsregister B des Amtsgerichts Frankfurt am Main: HRB 51411, 25. Mai 2009, S. 1 und 2 (Abruf vom 22. März 2010)
- ↑ Geschäftsführer der Finanzagentur. Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, abgerufen am 21. Januar 2019.
- ↑ Handelsregister Frankfurt am Main: Neueintragung HRB 51411, 18. Januar 2001
- ↑ Handelsregister Berlin: HRB 40774, 21. Februar 2001.
- ↑ Der Schatzbrief geht, die Sicherheit bleibt. (PDF; 801 kB) e-FORUM: Bundeswertpapiere 2012, abgerufen am 2. März 2015.
- ↑ Bundeswertpapiere: Aus für Bundesschatzbriefe. In: FAZ. 3. Juli 2012, abgerufen am 2. März 2015.
- ↑ Anpassungen im Vertrieb und in der Verwahrung von Bundeswertpapieren. (PDF; 36,3 kB) Pressemitteilung Nr. 22 der Finanzagentur des Bundes vom 22. November 2012, abgerufen am 18. März 2015.
- ↑ Inflationsindexierte Bundeswertpapiere. Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, abgerufen am 31. März 2015.
- ↑ a b Historie der Finanzagentur. Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, abgerufen am 2. März 2015.
- ↑ Fortentwicklung der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA). Pressemitteilung Nr. 45 des BMF vom 14. Dezember 2015, abgerufen am 16. Dezember 2015.
- ↑ MDR Aktuell: Für „Reichsbürger“ existiert das Deutsche Reich noch immer, Hintergrundbericht, 6. August 2016.
- ↑ Finanzmarktstabilisierung. Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, abgerufen am 5. Januar 2018.
- ↑ https://www.deutsche-finanzagentur.de/de/wirtschafts-stabilisierung/
- ↑ Schuldenmanager des Bundes – Die Finanzagentur und ihre Aufgaben. (PDF; 1,21 MB) e-FORUM: Bundeswertpapiere – Oktober 2011, abgerufen am 18. März 2015.
- ↑ Finanzagentur über „uns“. Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, abgerufen am 2. März 2015.
- ↑ Siehe dazu weiterführend: Finanzagentur: Tammo Diemer wird oberster Schuldenmanager. In: Frankfurter Rundschau. Abgerufen am 6. Februar 2013.