Consolidated Intelligence Center

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Das Consolidated Intelligence Center (CIC, deutsch: Vereinigtes Nachrichtendienstliches Zentrum) in Wiesbaden ist eine nachrichtendienstliche Einrichtung der US Army Europe[1], auf dem Gelände der Lucius D. Clay-Kaserne in Wiesbaden-Erbenheim, ehemals Wiesbaden Army Airfield, etwa acht Kilometer südöstlich der Wiesbadener Innenstadt. Der Zweck der Einrichtung ist nach Angaben der US-Army die Unterstützung der US-Streitkräfte mit taktischer Kriegsschauplatzunterstützung und strategischen nachrichtendienstlichen Funktionen.[2] Damit wird auch angedeutet, dass an diesem Ort Datenfusion erfolgen wird.

Bau

Die Armee kündigte 2012 den Bau eines Geheimdienstzentrums (Consolidated Intelligence Center) für 91 Millionen US-Dollar[3] und eines Informationsverarbeitungszentrums (Information Processing Center bzw. Grey Center)[4] für 30,4 Millionen US-Dollar an.[3]

Die beteiligten Bauunternehmen müssen sicherheitsüberprüft sein, die Baumaterialien werden aus den USA importiert und auf dem Weg nach Deutschland überwacht.[5]

Das Center soll eine Sensitive Compartmented Information Facility (SCIF) für Informationen mit unterschiedlichen Geheimhaltungsgraden enthalten. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 33,8 Millionen US-Dollar.[6]

Bob Close, Sprecher Public Affairs des Hauptquartiers, bestätigte, dass der Bau Ende 2015 fertiggestellt sein soll.[7]

Auch das Personal des Dagger-Komplexes in Griesheim soll hierhin verlegt werden.[8] Dazu gehören etwa 1100 „Intelligence Professionals“ (nachrichtendienstliche Mitarbeiter) und „Special Security Officers“ (Sicherheitsbeamte).[9]

Im Zusammenhang mit der von Edward Snowden angestoßenen Überwachungs- und Spionageaffäre 2013 berichtete der Spiegel am 7. Juli 2013, die Einrichtung werde auch von der NSA genutzt werden.[5] Die Nutzung durch die NSA wurde im Juli 2013 von der US Army bestritten.[10][11] Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, bestätigte gegenüber dem Bundestags-Innenausschuss, dass es sich um ein Abhörzentrum des US-Geheimdienstes NSA handele.[12]

Das Unternehmen OBG Engineering erhielt Anfang 2013 den Zuschlag für die Planung und den Bau eines mehrstöckigen Parkhauses für das Consolidated Intelligence Center mit 600 Stellplätzen sowie eines Multifunktions-Sportplatzes.[13]

Rezeption

Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linkspartei, erklärte, mit dem Akzeptieren eines NSA-Überwachungszentrums in Wiesbaden mache sich die Bundesregierung „zur Mittäterin einer der größten Ausspähskandale in der Geschichte der Bundesrepublik“.[14]

SPD und Grüne im hessischen Landtag fordern von Innenminister Boris Rhein (CDU) Aufklärung über das Kontrollzentrum.[15]

Felix Kisseler, stellvertretender Vorsitzender der grünen Fraktion im Rat von Wiesbaden, bezeichnete es als „Skandal“, wenn in unmittelbarer Nähe zum weltweit verkehrsintensivsten Internetknotenpunkt DE-CIX, in Frankfurt, ein Abhörzentrum entstehe.[16]

Nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen ist auch die Landesregierung von Hessen nicht über den Zweck der Einrichtung informiert.[17] Nach Angaben der Zeitung vom Juni 2014 wurde eine Anfrage an die Bundesregierung gesandt.[17]

Siehe auch

Literatur

  • John Pendleton, Defense Planning: DoD Needs to Review the Costs and Benefits of Basing Alternatives for Army Forces in Europe. DIANE Publishing, 2011, ISBN 978-1-4379-3950-7 (Online in Google Books)

Einzelnachweise

  1. Y--Consruction of a Consolidated Intelligence Center (CIC) at Wiesbaden Army Airfield (WAAF), Germany - Federal Business Opportunities: Opportunities. In: www.fbo.gov .
  2. US Army Public Affairs Office; Statement regarding U.S. Army Europe Consolidated Intelligence Center (Memento vom 3. Juni 2016 im Internet Archive); Stellungnahme der US-Army vom 18. Juli 2013.
  3. a b Mark Patton: Wiesbaden military community spotlights completed projects. Published: June 14, 2012 (online)
  4. Jacob Corbin: Transformation managed: Directorate closes after 8 years of hard work. U.S. Army, 12. August 2015, abgerufen am 10. Juli 2016 (englisch).
  5. a b Interview mit Edward Snowden: NSA liefert BND Werkzeuge für Lauschangriff Spiegel Online vom 7. Juli 2013
  6. Military Construction Army. (PDF; 1,6 MB) Reprogramming Request. 20. Januar 2013, archiviert vom Original; abgerufen am 10. Juni 2021 (siehe auch auf Wikipedia Commons).
  7. Wiesbaden US-Army: NSA-Aktivitäten in Erbenheim Frankfurter Rundschau Online, 10. Juli 2013
  8. Homepage der US Army vom 26. September 2008: Wiesbaden: Upgrades, new facilities transforming garrison (Archiv)
  9. Lauschende Freunde. In: Sueddeutsche.de . 10. Juli 2013.
  10. US-Army dementiert Spiegel-Bericht: Kein NSA-Stützpunkt in Wiesbaden - "Neuer Bau kein geheimes Projekt" (Memento vom 12. Oktober 2013 im Internet Archive) Wiesbadener Kurier vom 7. Juli 2013
  11. Neues NSA-Abhörzentrum: US-Geheimdienst will künftig auch aus Wiesbaden spähen Spiegel Online vom 18. Juli 2013
  12. n24.de: NSA baut Kontrollzentrum in Wiesbaden, vom 18. Juli 2013
  13. OBG Gruppe: OBG Engineering - OBG. In: www.obg-engineering.com .
  14. NSA baut auf, nicht ab Arnold Schölzel, junge Welt, 19. Juli 2013
  15. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH: NSA bald in Wiesbaden?: Opposition beklagt amerikanischen „Ausspähwahn“. In: FAZ.NET . 19. Juli 2013.
  16. Manfred Knispel: Wiesbaden: Weiter Unklarheit über NSA-Abhörzentrum - BND dementiert Bestätigung (Memento vom 20. Juli 2013 im Webarchiv archive.today), Wiesbadener Kurier, 18. Juli 2013
  17. a b Peter Badenhop (2014) Ahnungslos in Wiesbaden; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Juni 2014.
  18. Defense Privacy and Civil Liberties Office: DoD Component Notices: Defense Threat Reduction Agency (Memento vom 19. Februar 2013 im Internet Archive) ()
  19. US Embassy Cables: Delivery of ground transportation cargo inventory lists to Russia (Memento vom 26. August 2017 im Internet Archive) ()

Koordinaten: 50° 2′ 34″ N, 8° 19′ 40″ O