Deutscher Lehrerverband
Der Deutsche Lehrerverband (DL) bezeichnet sich als die größte Lehrerorganisation außerhalb der Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und hat seinen Sitz in der Dominicusstraße im Berliner Ortsteil Schöneberg. Er vertritt nach eigenen Angaben mittelbar über die Mitgliedschaften in seinen Mitgliedsverbänden 165.000 Lehrer,[1] was auch die jeweiligen Verbände bestätigen. Alle Mitgliedsverbände gehören dem Deutschen Beamtenbund an, während der Verband Bildung und Erziehung (VBE), ebenfalls Mitglied im Deutschen Beamtenbund und nach der GEW größter Verband von Lehrern in Deutschland, dem DL nicht angehört.
Geschichte
Ein Vorläufer war die Gemeinschaft Deutscher Lehrerverbände, die am 30. April 1952 in Bonn vom Deutschen Philologenverband unter Robert Monjé, vom Verband Deutscher Realschullehrer und von konfessionellen Lehrerverbänden gegründet worden war.[2]
Der Deutsche Lehrerverband wurde 1969 in Opposition zur damals als „links“ bezeichneten Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auf Betreiben des Deutschen Philologenverbandes[3] gegründet und hat selbst heute nur vier Mitglieder, nämlich die ihm angehörenden Verbände. Anstoß war 1969 das Abrücken des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) von der GEW. Dessen Dachverband VBE unter Wilhelm Ebert trat daher 1976 mit ein, doch bereits 1978 wieder aus, weil er für die Gesamtschule und vor allem für die Einheitsbezahlung aller Lehrkräfte dort keine Symphathien fand.[4] Heute definiert der DL sich als „weltanschaulich neutraler, überkonfessioneller und parteipolitisch unabhängiger Dachverband“.[5]
Zum 1. April 2017 wurde die Katholische Erziehergemeinschaft Deutschlands (KEG) der fünfte Mitgliedsverband mit nach Selbstauskunft 10.000 Mitgliedern, wodurch der DL nach eigenen Angaben sämtliche Bildungsbereiche von den vorschulischen Einrichtungen bis zur Sekundarstufe II repräsentiert. Lehrer an Förderschulen und an Gesamtschulen sind allerdings nicht repräsentiert; die Repräsentanz von Lehrern an Grundschulen sowie an Hauptschulen wird allein durch die KEG dargestellt, die nur eine sehr kleine Minderheit der Lehrer dieser Schulen organisiert.
Am 11. April 2018 verschmolzen der Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen e. V. (BLBS) und der Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e. V. (VLW) für kaufmännisch ausgerichtete Lehrer zum Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung e. V. (BvLB) für Lehrer an beruflichen Schulen; dadurch sank die Mitgliederzahl wieder auf vier Verbände.[6]
Organisation
Das Präsidium des DL setzt sich aus dem Präsidenten, dem Schatzmeister sowie den Vorsitzenden der vier Mitgliedsverbände zusammen.
Partner bzw. Mitglieder des Deutschen Lehrerverbands sind:
- Deutscher Philologenverband e. V. (DPhV) für Lehrer aller Fächer an Gymnasien[7]
- Verband Deutscher Realschullehrer (VDR)[8] für Lehrer der Real- und Gemeinschaftsschulen
- Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung e. V. (BvLB) für Lehrer an beruflichen Schulen
- Katholische Erziehergemeinschaft Deutschlands (KEG) für Erzieher und Lehrer an Grundschulen
Präsidenten
Seit 1. Juli 2017 ist Heinz-Peter Meidinger, ehemaliger[9] Oberstudiendirektor am Robert-Koch-Gymnasium in Deggendorf, Präsident des DL und Nachfolger von Josef Kraus, der seit 1987 dieses Amt innehatte. Von 1969 bis 1984 war Clemens Christians langjähriger Präsident des Lehrerverbandes,[10] von 1984 bis 1987 Ernst Kiel.[11] Schatzmeister ist seit 2011 der Diplom-Handelslehrer Dominik Berdin. Josef Kraus bezeichnet Clemens Christians als ersten Präsidenten des DL.[12]
Positionen
Im Dezember 2016 kritisierte der Deutsche Lehrerverband, dass im deutschen Bildungssystem die Leistungs- und Qualitätsansprüche immer weiter heruntergefahren würden, um u. a. bessere Notenbilanzen präsentieren zu können. Das schließe die Zahl der Abiturienten ein und betreffe auch die Notendurchschnitte. So sei die Zahl der „Einser-Abiture“ in einigen Bundesländern unverhältnismäßig stark angestiegen. Die Schulpolitik sei oft lediglich darauf fokussiert, die Abiturientenquoten zu erhöhen.[13]
Präsident Meidinger kritisierte unter anderem das G8 und die „Inflation der guten Noten“. Er befürwortete 2018 das Verbot des Streikrechts für verbeamtete Lehrer und ein Handyverbot an Schulen, zumindest für Schüler unter vierzehn Jahren; außerdem sprach er sich 2019 gegen eine dauerhafte Umstellung auf die Sommerzeit aus. Er plädierte außerdem für ein bundesweites Zentralabitur sowie Sprachtests bei Drei- und Vierjährigen. In einem Interview 2020 berichtete er von Einschüchterungen der Lehrer durch muslimische Eltern oder die Meldeportale der AfD. Ebenfalls 2020 äußerte er sich kritisch zu die Schulen betreffenden COVID-19-Problemen (siehe Heinz-Peter Meidinger#Bildungspolitische Aussagen).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Deutscher Lehrerverband (Memento vom 7. März 2019 im Internet Archive)
- ↑ Sie war eine Gegengründung zur linken Arbeitsgemeinschaft Deutscher Lehrerverbände (AGDL), hinter der seit 1949 die GEW und der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverein standen. Im Sommer 1969 löste sich die AGDL auf.
- ↑ Deutscher Lehrerverband (Memento vom 4. Mai 2017 im Internet Archive)
- ↑ Albin Dannhäuser: Bildung für eine humane Welt: Zur Ideen- und Wirkungsgeschichte des BLLV. Julius Klinkhardt, 2020, ISBN 978-3-7815-2388-3 (google.de [abgerufen am 11. Oktober 2020]).
- ↑ Über uns. In: lehrerverband.de. Abgerufen am 5. August 2019.
- ↑ Ernst G. John: VLW & BLBS = BvLB. bvlb.de, abgerufen am 17. März 2019.
- ↑ Website des Deutschen Philologenverbandes
- ↑ Website des Verbandes Deutscher Realschullehrer
- ↑ Stefan Gabriel: Deutschlands bekanntester Lehrer: Heinz-Peter Meidinger als Chef des Robert-Koch-Gymnasiums verabschiedet. In: pnp.de. 22. Juli 2020, abgerufen am 24. Juli 2020.
- ↑ Presseerklärung des DL zum Tode von Clemens Christian (Memento vom 6. März 2016 im Internet Archive)
- ↑ Nachruf des DL zum Tode von Ernst KIel (Memento vom 16. September 2016 im Internet Archive)
- ↑ Kraus, 50 Jahre Umerziehung, 2018, S. 113.
- ↑ Schulpolitik: Was ist das Abitur noch wert?, FAZ.net, abgerufen am 13. Dezember 2016