Dicker (Anrede)

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Dicker (auch Digger, Digga, Diggah oder Diggi, seltener Diggha, Diggär, Dikka oder Dikkah) ist ein Begriff, der ursprünglich der Hamburger Jugend- und Umgangssprache entstammt[1] und mittlerweile große Verbreitung im deutschsprachigen Raum findet. Dicker ist eine Anrede für einen Freund oder Kumpel und keinesfalls abwertend gemeint – bezieht sich also nicht auf das Körpergewicht des Angesprochenen. Die Abwandlung des Wortes von Dicker zu Digger erklärt sich sehr wahrscheinlich durch die Lautumschrift des Hamburger Dialektes, der ein ck wie ein doppeltes g klingen lässt.

Verwendungsbeispiele

„Was is’ los, Dicker!?“, „Kein Plan, Dicker“ oder „Chill mal, Dicker!“ Dicker ist in diesem Zusammenhang in etwa gleichzusetzen mit der Bezeichnung „Alter“ und lässt sich in Form von ad libs – einzelnen zusätzlichen Ausrufen während eines Liedes – vor allem in deutscher Hip-Hop-Musik verwenden. Auch die Verniedlichungsform Diggi ist gebräuchlich.

Begriffsherkunft

Die Wortherkunft ist umstritten. Der Begriff fällt als Anrede bereits in dem Film Nasser Asphalt von Frank Wisbar aus dem Jahr 1958. In der Küchenszene mit Inge Meysel, Gert Fröbe und Martin Held als „Boyd“ kommentiert dieser eine Geschichte von Fröbe mit „Allerdings, mein Dicker.“ Später wird die Anrede auch verwendet in Rocker von Klaus Lemke aus dem Jahr 1972, der in der Hamburger Rockerszene spielt. Diese Verwendung spricht gegen die Erklärung, wonach Dicker, bzw. Digger, etwas mit „digging in the crates“, die Bezeichnung für das Durchsuchen von Plattenkisten, zu tun hat. Auch die Erklärung, wonach sich der Begriff auf das Digging, das Graben der Goldgräber, bezieht, ist in diesem Zusammenhang eher unwahrscheinlich.[2] Plausibler ist, dass Digger/Dicker ursprünglich als Kosename verwendet wurde und bereits Anfang des 20. Jahrhunderts im Hamburger Arbeitermilieu gebräuchlich war.[3]

Populär wurde „Dicker“ durch die Hamburger Hip-Hop-Bewegung der 1990er Jahre. Künstler wie Absolute Beginner, Ferris MC, Eins Zwo, Dendemann, Fünf Sterne Deluxe, Das Bo, Dynamite Deluxe, Samy Deluxe sorgten durch häufige Verwendung für seine Verbreitung.[4]

Ein Beispiel für die Verwendung des Begriffs in diesem Zusammenhang ist das Lied von Das Bo Türlich, türlich (sicher, Dicker). Das Hamburger Hip-Hop-Projekt Digger Dance veröffentlichte zur Jahrtausendwende Digger is a Dancer.

In Anspielung darauf, dass sich der Begriff mittlerweile deutschlandweit etabliert hat und mit Betonung auf seinen Hamburger Ursprung heißt es im Refrain der Beginner-Single Ahnma: „Jeder sagt Dicker heutzutage / Wir packen Hamburg wieder auf die Karte“.

Verbreitung

Seit einigen Jahren hat sich die Verwendung des Begriffs auf ganz Deutschland ausgeweitet. So ist er mittlerweile auch in Berlin zu hören, wo jedoch eher die Schreibweise „Dicka“ gebräuchlich ist. Dies ist umso erstaunlicher, da die Berliner Hip-Hop-Szene ihrem Hamburger Pendant zu Anfang eher feindlich gesinnt war[5] und auf ihren eigenen Slang setzte, darunter auch das sehr ähnlich genutzte „Atze“.

Der Begriff „Dicker“ fällt auch in der 2014 ausgestrahlten Wiener Tatort-Folge Abgründe.

Kritik

Dominic Otiang’a verglich in einer Kolumne der Website des Goethe-Instituts den Begriff „Dicker“ mit Nigger. Dicker werde in Rap-Musik häufig in einer Weise verwendet, die der Verwendung des Begriffs Nigger durch die US-amerikanische Rapper-Kultur ähnelt.[6]

Einzelnachweise

  1. Warum sagt die Hamburger Jugend ständig „Digga“? ahoihamburg.net, abgerufen am 16. Juli 2014
  2. Digger, Eintrag auf duden.de, abgerufen am 16. Juli 2014
  3. Digger oder Digga: Ein Ehrentitel für alle, Nutzerkommentare auf zeit.de, abgerufen am 19. Juli 2016
  4. Dropping
  5. Deutschrap 2003–2007, juice.de, abgerufen am 16. Juli 2014
  6. Das N-Wort vor Gericht. Abgerufen am 10. August 2020.