Gerhard Zucker
Gerhard Zucker (* 22. November 1908 in Hasselfelde; † 4. Februar 1985 in Düren) war ein deutscher Geschäftsmann und Raketentechniker.
Leben
Er befasste sich ab 1931 mit dem Problem der Postbeförderung mit Raketen und führte hierzu im Harz und 1933 in Cuxhaven entsprechende Versuche durch. Sie waren jedoch erfolglos und grenzten zumindest teilweise an Betrug, da lediglich Feuerwerksraketen mit einer beeindruckend wirkenden Hülle versehen wurden. Die wissenschaftlich interessierte Presse fiel darauf herein. Sie zeigte ein Bild, wo Zucker neben einer nach Pappe aussehenden, etwa vier Meter langen auf einem Karren montierten Rakete steht:
- „Der Hamburger Konstrukteur Zucker hat eine gänzlich neuartige Weltraum-Rakete erfunden, die selbsttätig in gewünschter Höhe photographische Aufnahmen machen und zu ihrem Abschußplatz zurückkehren kann.“
1934 emigrierte Zucker nach England. Eine Raketenvorführung vor hohen Vertretern der britischen Post, bei der Post von Harris zur Insel Scarp zugestellt werden sollte, schlug am 31. Juli 1934 fehl. Er wurde wegen Postbetrugs ausgewiesen und nach Deutschland zurückgeschickt, wo er einige Jahre in Haft saß. Im Zweiten Weltkrieg diente Zucker bis zu seiner Verletzung 1944 in der Luftwaffe.
Das Ende des Krieges erlebte Zucker in seiner Heimatstadt Hasselfelde. Er floh in den niedersächsischen Teil des Harzes, wo er sich als Möbelhändler betätigte. "Zucker Gerhard, Lebensmittel" wohnte 1954 in Schlich (heute zur Gemeinde Langerwehe).[1] Später zog er nach Düren.[2]
Nach wie vor führte er Raketenversuche durch. Bei einer Raketenvorführung am 7. Mai 1964 auf dem Hasselkopf in Braunlage gab es einen Unfall, der zwei Personen das Leben kostete. Dieser führte zu einem Verbot von privaten Raketenstarts in Westdeutschland, das zum Ende der in Cuxhaven stattfindenden Raketenversuche der Hermann-Oberth-Gesellschaft und der Berthold Seliger Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH führte.
In den 1970er Jahren führte Gerhard Zucker erneut einige Starts mit Postraketen durch. 2018 zündete eine Gruppe von Privatpersonen eine Postrakete, wodurch man Zuckers, im 1934 durchgeführten, misslungenen Raketenflug zur Insel Scarp nachzuahmen versuchte. Ziel war es, die technische Möglichkeit seiner Vision durch einen praktischen Versuch zu beweisen. Am Ende des aufgezeichneten Raketenfluges hört man eine Person sagen, „We go half way“, woraufhin eine andere Person sagt, „Zucker wasn't that wrong, was he?“[3]
Raketenstarts (Auswahl)
- April 1933: Im Wattenmeer nahe Cuxhaven. Januar 1935: Start vor der englischen Küste zur Insel Wright.[4]
- 6. Juni 1934: Über der südenglischen Grafschaft Sussex.[5]
- 28. und 31. Juli 1934: Raketenflüge zwischen den Äußeren Hebrideninseln Harris und Scarp.[6][7]
- 30.10.1934: Triest, Italien. Zeitungsartikel New York Times 31.10.1934.[8]
- 14.07.1960: Heistern, (Kreis Düren) Rheinland. Zeitungsartikel in der Dürener Zeitung vom 16.07.1960, worin der Start der "ZR52" als "Jubiläumsflug der 25 Jahre alten Zucker-Postrakete" bezeichnet wird.
- 31.07.1960: Heistern, (Kreis Düren) Rheinland. Zeitungsartikel in der Dürener Zeitung vom 2. August 1960
- Einen unmittelbar bevorstehenden, zeitlich nicht datierten Raketenstart kündigte Zucker mit folgenden Worten an:
- „Was Sie hier sehen, ist eine meiner Postraketen; sie hat eine neue Form, nämlich die Stromlinienform. An der Spitze der Rakete ist ein Gummipuffer, der den Aufprall abfedern soll, wenn sie herunterkommt. Ich lege jetzt die Briefe hinein - insgesamt 600 - und der Start wird in ein paar Minuten erfolgen ... Eins, zwei, drei!“[9]
Adaption in Film und Theater
Zuckers Raketenstart im Juli 1934 von der äußeren Hebrideninsel Scarp bildet die Kernhandlung des im Jahre 2004 erschienenen, britischen Filmdramas „The Rocket Post“, bei dem Ulrich Thomsen die Hauptrolle des Gerhard Zucker spielt.[10] Ebenfalls wurde dieser Raketenstart vom Nationaltheater Schottland inszeniert und als Theaterstück unter dem Namen „Rocket Post“ von September bis Oktober 2017 aufgeführt.[11][12]
Literatur
- Deutscher Hausschatz, Verlag Friedrich Pustet, April 1933, S. IV
Siehe auch
Weblinks
- Gerhard Zucker und sein Raktentraum. Podcast auf „Geschichten aus der Geschichte“
- Originaltonaufnahme von G. Zucker kurz vor einem seiner Raketenstarts online auf Cabinet Magazine (deutsche Stimme, englischer Text)
- Letter Bombs – Christopher Turner. Cabinet Magazine (englisch)
- The Zucker Rocket in der Encyclopedia Astronautica (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Historische Adressbücher / Eintrag Gerhard Zucker. (Aufgerufen am 14.02.2022)
- ↑ Artikel über G. Zucker in der Dürener Zeitung vom 16.04.1985 (im Archiv der Aachener Zeitung)
- ↑ Youtube-Video des nachgeahmten Raketenstarts Isle of Scarp Rocket Post 2018 Aufgerufen am 6. Februar 2022
- ↑ Stummfilm der Raketenstarts auf der Homepage „Critical Past“. Abgerufen am 6. Februar 2022
- ↑ Ein auf Instagram veröffentlichter Kurzbericht der Royal Mail mit der Skizze der Zucker Rakete. Abgerufen am 6. Februar 2022
- ↑ Erwähnung der Raketenstarts auf der Handwiki-Homepage engl. Abgerufen am 6. Februar 2022
- ↑ Podcast Gerhard Zucker und sein Raketentraum. Aufgerufen am 6. Februar 2022
- ↑ Gerhard Zucker.... Rocket mail...., THE NEW YORK TIMES, October 31, 1934 auf rarenewspapers.com, abgerufen am 14. Februar 2022.
- ↑ Originaltonaufnahme von G. Zucker auf der Homepage des Cabinet-Magazins. Aufgerufen am 6. Februar 2022
- ↑ Stephen Whittaker: The Rocket Post. Ultimate Pictures, 24. November 2006, abgerufen am 16. März 2022.
- ↑ “Rocket Post” Youtube-Trailer der Theateraufführung des Nationaltheaters Schottland (engl.) Abgerufen am 6. Februar 2022
- ↑ Ankündigung der Theateraufführung in „The Sunday Post“ (engl.) Abgerufen am 6. Februar 2022
Personendaten | |
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NAME | Zucker, Gerhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Geschäftsmann und Raketentechniker |
GEBURTSDATUM | 22. November 1908 |
GEBURTSORT | Hasselfelde, Deutschland |
STERBEDATUM | 4. Februar 1985 |
STERBEORT | Düren |