Gieselwerder
Gieselwerder Gemeinde Wesertal
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Koordinaten: 51° 35′ 57″ N, 9° 33′ 2″ O | |
Höhe: | 108 m ü. NHN |
Fläche: | 4,6 km²[1] |
Einwohner: | 1300 ca.[1] |
Bevölkerungsdichte: | 283 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Februar 1971 |
Eingemeindet nach: | Oberweser |
Postleitzahl: | 34399 |
Gieselwerder ist – neben Lippoldsberg – ein Verwaltungssitz der Gemeinde Wesertal im nordhessischen Landkreis Kassel.
Geografische Lage
Gieselwerder befindet sich im Oberen Wesertal direkt am linken bzw. westlichen Ufer der Weser. Der Ort liegt an der bewaldeten Nordabdachung des Reinhardswaldes, in dem sich unweit von Gieselwerder die Berge Langenberg und Hahneberg erheben. Jenseits der Weser erstreckt sich der Höhenzug Kiffing, an den sich südlich der Bramwald und nördlich der Solling anschließen.
Gieselwerder befindet sich 8 km südöstlich von Bad Karlshafen, 9 km südwestlich der Kleinstadt Uslar, 27 km westlich von Göttingen und 31 km nördlich von Kassel (alle Angaben Luftlinie).
Geschichte
Überblick
Die älteste bekannte Erwähnung des Ortes datiert zwischen 1093 und 1225 als Werde.[2] Damals gehörte es zum Sprengel des Petersstifts Nörten. Der Bestandteil des Wortes Werder im Ortsnamen lässt darauf schließen, dass Gieselwerder ursprünglich auf einer Insel lag.
Direkt an der Weser gelegen befinden sich die Reste – Teile der Umfassungsmauer und das Fundament des Bergfrieds – einer ehemaligen Wasserburg, der Burg Gieselwerder. Auf dem historischen Grund der alten Wasserburg stand seit dem 11. Jahrhundert ein Herrenhaus mit Nebengebäuden und Bergfried.
Nachdem die Landgrafen von Hessen durch den Ausbau der Zapfenburg und die zeitweilige Besetzung der Burg Plesse Stärke gezeigt hatten, fiel Gieselwerder 1583 endgültig an Hessen, während den Welfen Hemeln blieb. Bereits 1462 wurde der Ort an Hessen verpfändet. Daher wurde nicht Gieselwerder, sondern die ausgebaute Zapfenburg zum Sitz des Amtes Gieselwerder, für das sich dann die Benennung nach der Burg durchsetzte. 1722 ließ Landgraf Karl von Hessen-Kassel am linken Weserufer die beiden Dörfer Gewissenruh und Gottstreu für piemontesische Waldenser gründen.[3]
im Jahr 1813 wurde die Christuskirche geweiht. 1899 begann man mit dem Bau einer ersten Weserbrücke. Bei den Arbeiten daran fand man auf dem Wesergrund Reste von Eichenplanken, in denen mehrere eiserne Kanonenkugeln aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges steckten.
Die Namen und Verwandtschaftsverhältnisse der Einwohner sind von 1643 (Beginn der Kirchenregister) bis um 1950 in einem Ortssippenbuch publiziert.[4]
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten zum 1. Februar 1971 die bis dahin selbständigen Gemeinden Arenborn, Gewissenruh, Gieselwerder, Gottstreu und Oedelsheim freiwillig zur neuen Gemeinde Oberweser. Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Gieselwerder.[5] Am 1. August 1972 kam noch kraft Landesgesetz Heisebeck hinzu.[6]
Zum 1. Januar 2020 fusionierten die Gemeinden Oberweser und Wahlsburg zur neuen Gemeinde Wesertal. Der Ortsbezirk Gieselwerder mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung blieb weiter bestehen.[7]
Staats- und Verwaltungsgeschichte
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Staaten, in denen Gieselwerder lag, und deren Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[2][8]
- bis 1583: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Amt Gieselwerder
- 1567–1806 Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Sababurg
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Sababurg
- ab 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Karlshafen
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Amt Sababurg[9]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Landkreis Hofgeismar[10]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Landkreis Hofgeismar
- ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Hofgeismar
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- ab 1946: Amerikanische Besatzungszone, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Gieselwerder 1239 Einwohner. Darunter waren 34 (2,7 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 186 Einwohner unter 18 Jahren, 483 zwischen 18 und 49, 276 zwischen 50 und 64 und 294 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 531 Haushalten. Davon waren 153 Singlehaushalte, 159 Paare ohne Kinder und 186 Paare mit Kindern, sowie 60 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 117 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 348 Haushaltungen lebten keine Senioren.[11]
Einwohnerentwicklung
Quelle: Historisches Ortslexikon[2] | |
• 1585: | 37 Haushaltungen |
• 1747: | 90 Haushaltungen |
Gieselwerder: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 786 | |||
1840 | 823 | |||
1846 | 822 | |||
1852 | 848 | |||
1858 | 831 | |||
1864 | 880 | |||
1871 | 845 | |||
1875 | 874 | |||
1885 | 944 | |||
1895 | 976 | |||
1905 | 1.003 | |||
1910 | 1.005 | |||
1925 | 965 | |||
1939 | 1.102 | |||
1946 | 1.501 | |||
1950 | 1.481 | |||
1956 | 1.377 | |||
1961 | 1.320 | |||
1967 | 1.399 | |||
1970 | 1.362 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 1.239 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [2]; Zensus 2011[11] |
Religion
Heute gibt es drei Kirchengemeinden im Ort:
- Evangelische Kirchengemeinde Christuskirche
- Katholische Filialkirche Zum Guten Hirten
- Neuapostolische Kirche
Historische Religionszugehörigkeit
• 1885: | evangelische (= 99,68 %), drei katholische (= 0,32 %) Einwohner[2] | 936
• 1961: | 1107 evangelische (= 83,86 %), 160 katholische (= 12,12 %) Einwohner[2] |
Politik
Ortsbeirat
Seit der letzten Kommunalwahl hat die SPD 8 Sitze und die CDU 1 Sitz. Ortsvorsteherin ist Hildegard Gunkel-Becker.[7]
Wappen
Blasonierung: „In Blau ein neunmal von Silber und Rot geteilter Löwe, der einen goldenen Fisch in den Pranken hält.“[12] | |
Das Wappen wurde am 11. September 1954 durch das Hessische Innenministerium genehmigt. |
Neonazi-Aktivität
2020 kaufte der Neonazi- Aktivist und Funktionär, Holocaustleugner und Reichsbürger Meinolf Schönborn in Gieselwerder ein Hotel, um daraus ein Wohnheim für Neonazis zu machen.[13][14] 2021 organisierte er in seinem Hotel eine Veranstaltungsreihe mit Sonnenwendfeier und Kameradschaftsabend.[15]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Sehenswürdigkeiten sind u. a. der Mühlenplatz, ein Miniaturenpark mit Miniaturnachbildungen von z. B. Mühlen, Burgen und Schlössern der Region und das Schifffahrtsmuseum am Campingplatz.[16]
Auf dem Gieselwerdergelände befindet sich das Rathaus im Fachwerkstil.
Im Reinhardswald, oberhalb von Gieselwerder entspringt der Trumbach, gelegentlich auch Lumbach genannt. Eine Besonderheit des Baches ist der Eindruck, dass das Wasser scheinbar bergauf fließt, was auf einer optischen Täuschung beruht. Der Bach quert den Mühlenplatz in Gieselwerder und mündet nach ca. 750 m in die Weser.
Für die unter Denkmalschutz stehenden Kulturdenkmäler des Ortes siehe die Liste der Kulturdenkmäler in Gieselwerder.
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Durch Gieselwerder verläuft die Bundesstraße 80. Eine direkt im Ortskern befindliche Weserbrücke verbindet den Ort mit der Landesstraße 561, die in Richtung Süden nach Hann. Münden führt. Südlich bei Oedelsheim und weiter nördlich bei Lippoldsberg und Wahmbeck führen Gierseilfähren über die Bundeswasserstraße Weser. Bei Hann. Münden, Göttingen und Warburg befinden sich die nächsten Anschlüsse der A 7 bzw. A 44.
Regionalbahnhöfe gibt es in Hann. Münden, Hofgeismar und Bodenfelde; ICE/IC halten am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe, in Göttingen und Warburg.
Flughäfen bestehen in Hannover-Langenhagen und Kassel-Calden.
Wirtschaftsstruktur
Die Gegend um Gieselwerder ist arm an größeren Industriebetrieben, auch die Land- und Forstwirtschaft wird mittlerweile vernachlässigt.
Eine der wichtigsten wirtschaftlichen Stützen ist der Dienstleistungssektor mit kleineren Handwerksbetrieben und dem Tourismus. Gieselwerder ist ein staatlich anerkannter Erholungsort[17] im Weserbergland mit zahlreichen sehenswerten Fachwerkgebäuden. Bis 2011 trug der Ort das Prädikat Luftkurort. Es gibt im Ort etwa 140 Gästebetten in Gasthöfen, Pensionen und Ferienwohnungen. Ferner ist ein Campingplatz vorhanden. Der Weserradweg führt durch Gieselwerder. An der Weser gibt es eine Kanustation sowie eine Anlegestelle für Ausflugsschiffe auf der Weser. Des Weiteren sind in Gieselwerder ein Freibad sowie eine Kneippanlage vorhanden.
Persönlichkeiten
- Werner Noll (* 1931), Finanzwissenschaftler
Ehrenbürger
- 1895 Otto von Bismarck (1815–1898), Reichskanzler
Weblinks
- Ortsteil Gieselwerder. In: Webauftritt. Gemeinde Oberweser
- Gieselwerder, Landkreis Kassel. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Gieselwerder nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Einzelnachweise
- ↑ a b Gieselwerder In: Webauftritt der Gemeinde Oberweser. Abgerufen im August 2016.
- ↑ a b c d e f Gieselwerder, Landkreis Kassel. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. Januar 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Eberhard Michael Iba: Auf den Spuren der Brüder Grimm von Hanau nach Bremen. Märchen, Sagen, Geschichten. Pustet, Regensburg 1978, ISBN 3-7917-0536-9, S. 146.
- ↑ Klaus Kunze: Ortssippenbuch Gieselwerder, Uslar-Fürstenhagen 2005. ISBN 3-933334-15-2 und ders.: Ortssippenbuch Oedelsheim nebst Weißehütte bis 1905 und Gieselwerder bis 1705, Uslar 2003. ISBN 3-933334-13-6
- ↑ Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 29. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 7, S. 286, Punkt 362, Abs. 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,1 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 398 und 399.
- ↑ a b Vorläufige Gemeindevertretung und Ausschüsse der Gemeinde Wesertal. (PDF; 72 lB) In: Webauftritt. Gemeinde Oberweser, abgerufen im November 2020.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
- ↑ Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 49 f. (online bei Google Books).
- ↑ Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 70.
- ↑ a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 84 .
- ↑ Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Gieselwerder, Kreis Hofgeismar, Regierungsbezirk Kassel vom 11. September 1954. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1954 Nr. 39, S. 922, Punkt 946 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,4 MB]).
- ↑ Rechtsextremist kauft Immobilie: Neonazi-Haus im hessischen Wald, von Andrea Röpke, Andreas Speit und Marian Ramaswamy, taz 27. November 2020
- ↑ Neuer rechter Hotspot in Hessen?, von Marian Ramaswamy und Andrea Röpke, Blick nach Rechts 3. Dezember 2020
- ↑ Nordhessen: Sonnenwendfeier und Kameradschaftsabend, von Michael Klarmann, Blick nach Rechts 10. Juni 2021
- ↑ Website des Freilichtmuseums „Der Mühlenplatz“
- ↑ 77. Sitzung des Fachausschusses für Kurorte Erholungsorte und Heilbrunnen in Hessen vom 17. November 2011. In: Staatszeiger für das Land Hessen. Nr. 7, 2012, ISSN 0724-7885, S. 221.