Hagen (thüringisches Adelsgeschlecht)
Grafen und Freiherren vom Hagen (auch Hain, Hayn, lat.: Indagine) ist der Name eines thüringischen Uradelsgeschlechtes, das im Raum Mühlhausen, Möckern, Quedlinburg begütert war.
Geschichte
Nach einer Legende sollen bereits 525 „deutsche sächsischen Edelleute von Hagen“ (lateinisch: Nobiles de Indagine, thüringisch: von Hain) dem Frankenkönig Theuderich I. im Kampf gegen die Thüringer geholfen und den Ort Scheidungen erobert haben.[1] Der Stammeskrieger Hartugast soll dann 531 in der Entscheidungsschlacht gegen die Thüringer einen entscheidenden Beitrag geleistet und damit den verbündeten Sachsen und Franken zum Sieg verholfen haben. Zum Dank dafür sei er mit Land am Harz beschenkt worden.[2]
Nördlich von Mühlhausen wurde daraufhin die Haynerburg, das heutige Rüdigershagen errichtet, die erbliches Lehen wurde. Sie bestand aus dem den Oberwall und den Unterwall. Diese Burganlage wurden bei der Denkmalerfassung im Landkreis Worbis durch die Mitarbeiter des Weimarer Museums für Ur- und Frühgeschichte Thüringens als Oberwall und Unterwall in Resten vor Ort dokumentiert.[3]
Die erste zuverlässige urkundliche Erwähnung der Familie vom Hagen – hier in der lateinischen Schreibform Indagine – findet man im Februar 1148: „Cunnradus et Hermannus fratres de Indagine … (die Brüder Konrad und Hermann von Hagen …)“.[4]
Im 12. Jahrhundert wurde ferner Ernst de Indagine als Lehnsherr auf der Haynerburg erwähnt. Er hatte zwei Söhne, Dietrich und Heinrich. Dietrich ließ sich auf Düna (der heutigen Wasserburg Deuna) nieder, Heinrich blieb in Rüdigershagen.
1296 saßen auf den Burggütern in Mühlhausen die Brüder Rüdiger und Heinrich von Hagen sowie ein Voigt Thilo von Proiken, möglicherweise ein Vertreter des Klosters Volkenroda.
Anfang des 14. Jahrhunderts begann die Reichsstadt Mühlhausen sich verstärkt gegen Übergriffe der Landadeligen auf ihre Handelswege und das Hoheitsgebiet zu erwehren. Mühlhausen hatte hierzu den Thüringer Dreistädtebund mitbegründet. Zug um Zug wurden mit großer militärischer Übermacht die zahlreichen Burgen im Umkreis eingenommen und in der Regel zerstört. Um 1340 waren die Herren vom Hagen erstmals genötigt, einen Sühnevertrag mit dem Mühlhäuser Stadtrat zu schließen, auch ihre Burgen in Rüdigershagen waren eingeäschert worden.
Die Wasserburg Deuna wurde danach zum neuen Stammsitz der Familie. Bei den Trümmern der Alten Burg ließen die Herren vom Hagen durch Hartwig von Knorr, der Teile des Dorfes als Pfandbesitz erworben hatte, einen Wirtschaftshof im Bereich der Vorburg errichten.[5]
1544 endete die Zeit der Herren von Knorr in Rüdigershagen, als Christoph vom Hagen auf Deuna die dortigen Güter zurückerwarb.[6] Diese Persönlichkeit zählte zu den bedeutendsten Adeligen des Eichsfeldes und war ein früher Anhänger des Reformators Luther. Die Familie ging in Opposition zur katholischen Kirche und verbot sogar die Betretung ihrer Güter durch katholische Geistliche. 1562 erwarb Christoph das Gut Niedergebra.
Das 1590 erbaute Schloss in Rüdigershagen wurde von Hans vom Hagen bewohnt; er starb jedoch ohne Erben, und sein Besitz fiel an seinen Bruder Christoph in Deuna.
Stammvater des gräflichen Zweiges vom Hagen wurde Freiherr Christoph Friedrich Wilhelm (1754–1813), der neben Schloss Möckern als Fideikommißerbe auch die Güter bei Mühlhausen und im Eichsfeld besaß. Am 10. Juli 1803 erhob ihn König Friedrich Wilhelm III. in den erblichen Grafenstand. Sein Sohn, Graf Adelbert vom Hagen (1798–1876) erhielt s. d. 15. Oktober 1840, bei der Erbhuldigung zu Berlin, die Erbschenkenwürde im Herzogtum Magdeburg. Als Fideikommissherr war er Herr der Herrschaften Möckern, Hüpstedt, Rüdigershagen, Zaunrode, Stokey, Ober- und Niedergebra, Ober-Orschel, Pohlschildern, Burgsass zu Bleicherode. Unter anderem die Herrschaft Möckern mit Forst, Ackerbau, Zuckerfabrik und die Brennerei blieben bis zur Enteignung 1945 im Familienbesitz. Hans-Dietrich Graf vom Hagen kaufte nach der Deutschen Wiedervereinigung Teile des Gutes Möckern zurück.[7]
Von Renata Gräfin vom Hagen, geb. Gräfin von Wedel (1909–1974), Erbin des westfälischen Schlosses Sandfort, gelangte dieses an ihren Adoptivsohn Friedrich Freiherr von Plettenberg, der den Namen Graf vom Hagen Frhr. von Plettenberg annahm.
Wappen
Nach einigen Änderungen im Laufe der Jahrhunderte führen die Grafen vom Hagen nur noch das älteste Symbol im Wappen: In Weiß eine schwarze Wolfsangel, ein Helm mit schwarz-weißen Decken, darüber ein silberner offener Flug.
Personen
- Frey Herr Christoph von Hagen (1515–1573), Herr zu Deuna, Förderer der Reformation[8]
- Otto vom Hagen (1562–1626), deutscher Bergbauunternehmer
- Freiherr Hans Christoph vom Hagen (1646–1715) römisch-katholisch, Herr auf Deuna (Vorderhof), Landgerichtsassessor in Heiligenstadt
- Freiherr Hans Kaspar vom Hagen (1678–1757), Stadthauptmann in Duderstadt, Vizestatthalter in Heiligenstadt (1732–1757)[8], Eigentümer 1707 vom "Reichshof" in Heiligenstadt
- Freiherr Karl Hugo Wilhelm vom Hagen, wurde 1845 zum Landrat des Kreises Worbis
- Freiherr Ludwig Philipp vom Hagen (1724–1771), Staatsminister Friedrichs des Großen
- Freiherr Christoph Friedrich Wilhelm vom Hagen (1754–1813), Herr auf Schloss Möckern, preußischer Oberfinanzrat, seit 1803 Graf
- Henriette Ernestine Christiane vom Hagen (1760–1794), deutsche Dichterin
- Freiherr Ludwig vom Hagen (1770–1842), Regierungspräsident von Köln und Erfurt
- Freiherr Friedrich Josef vom Hagen (1827–1885), Offizier, Autor und Übersetzer
- Graf Wilhelm Adalbert Hermann Leo vom Hagen (1798–1876), Fideikommissherr auf Möckern, Erbschenk des Herzogthums Magdeburg, k. preuss. Kämmerer,
- Graf Hilmar vom Hagen (1835–1900), Fideikommissherr auf Möckern, Erbschenk des Herzogthums Magdeburg, Mitglied des preußischen Abgeordneten- und Herrenhauses
- Freiherr Hugo vom Hagen (1856–1913), Offizier und erster deutscher Fotograf eines Luftbildes
- Graf Rüdiger vom Hagen (1868–1947), Fideikommissherr auf Möckern, Erbschenk des Herzogtums Magdeburg
- Gräfin Aga vom Hagen (1872–1949), deutsche Malerin, Autorin und Kunstmäzenin.
- Heinrich vom Hagen (1619–1664), deutscher Bergbauunternehmer, Inhaber des Oberamtes Eisleben und schwedischer Major
- Marlis Gräfin vom Hagen (1911–2007), deutsche Politikerin (CDU)
- Romana Gräfin vom Hagen (1939–2018), deutsche Hochschulmanagerin
Gleichnamige Adelsgeschlechter
Zu beachten ist, dass es verschiedene Adelsfamilien des Namens Hagen gibt, die nicht miteinander verwandt sind, so neben den hier besprochenen thüringischen Freiherren und Grafen „vom Hagen“ die bereits 1255 erloschenen hessischen Reichsministerialen „von Hagen-Münzenberg“, die brandenburgischen „von der Hagen“, das neumärkisch-pommersche Uradelsgeschlecht „von Hagen“ oder die briefadeligen „von Hagen“ (Generalleutnant Ernst Heinrich Hagen, 1831–1905, Sohn des Kunsthistorikers Ernst August Hagen, wurde 1871 in den preußischen Adelsstand erhoben). Die verschiedenen Adelsgeschlechter des Namens Hagen haben einen gemeinsamen Familienverband gegründet.[9] Ferner gibt es bürgerliche Familien gleichen Namens, siehe Auflistung bei: Hagen (Familienname).
Literatur
- Leopold von Zedlitz-Neukirch: Neues preußisches Adelslexicon. Band 2, Gebrüder Reichenbach, Leipzig, 1842, S. 315–316 (books.google.de).
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1915, Justus Perthes, Gotha, 1914, S. 337 ff. (Textarchiv – Internet Archive).
- Otto Posse: Die Siegel des Adels der Wettiner Lande. Band II, Verlag Wilhelm Baensch, Dresden, 1906, S. 49–54.
- Edgar Rademacher: Das Wappen- und Siegelbild der obereichsfeldischen Familie vom Hagen. In: Eichsfeld Jahrbuch. Band 5, Mecke Verlag, Duderstadt, 1997, S. 67–74.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Martin Zeiller: Rödigershagen. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Ducatus Brunswick et Lüneburg (= Topographia Germaniae. Band 15). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1654, S. 177–178 (Volltext [Wikisource]).
- ↑ Edgar Rademacher: Aus der Geschichte des Dorfes Rüdigershagen. In: Kulturbund Worbis (Hrsg.): Eichsfelder Heimathefte. Heft 3. Worbis 1988, S. 216–227.
- ↑ Paul Grimm, Wolfgang Timpel: Die ur- und frühgeschichtlichen Befestigungen des Kreises Worbis. In: Kulturbund Worbis (Hrsg.): Eichsfelder Heimathefte. Worbis 1969, S. 26, 27, 60–62 (Sonderausgabe).
- ↑ Aloys Schmidt: Urkundenbuch des Eichsfeldes. Nummer 640. In: Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und Anhalt. Band 13. Magdeburg 1933.
- ↑ Edgar Rademacher: Aus der Geschichte des Dorfes Rüdigershagen. 1988, S. 219–220.
- ↑ Edgar Rademacher: Aus der Geschichte des Dorfes Rüdigershagen. 1988, S. 221.
- ↑ Mühsames Ackern auf unsicherem Boden. In: Die Welt. 23. März 1998 (welt.de)
- ↑ a b Bernhard Opfermann: Gestalten des Eichsfeldes. St. Benno-Verlag Leipzig und Verlag F.W. Cordier Heiligenstadt 1968.
- ↑ Website des Hagen’schen Familienverbands