Handwerker- und Kunstgewerbeschule Elberfeld

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Die Handwerker- und Kunstgewerbeschule Elberfeld war eine Kunstgewerbeschule und höhere Fachschule für gestaltende Handwerksberufe und angehende Zeichenlehrer in Elberfeld, Rheinprovinz.

Geschichte

Die künstlerische Ausbildungseinrichtung wurde im Jahr 1896[1] in der Trägerschaft der Stadt Elberfeld gegründet und ging aus einer bereits in den 1860er Jahren existierenden „gewerblichen Zeichenschule“ hervor, um deren Aufwertung zu einer Kunstgewerbeschule das Preußische Unterrichtsministerium in den 1880er und 1890er Jahren mit der Stadt verhandelt hatte.[2] Auch hatte sich unter der Leitung des Elberfelder Architekten Rudolf Hermanns ein Kreis angesehener Bürger zu einem Kunstgewerbeverein zusammengeschlossen, um diesem Ziel näher zu kommen. Zu ihrer Eröffnung am 1. Oktober 1897 führte die Schule die Bezeichnung Handwerker- und Kunstgewerbeschule Elberfeld[3] und stand unter der Leitung des Malers Richard Meyer, der bei der Gründung des Kunstgewerbevereins einen wegweisenden Vortrag zu Sinn, Zweck und Programm einer Kunstgewerbeschule gehalten hatte.[4]

Durch Meyers Einfluss auf die Auswahl ihm geeignet erscheinenden Lehrpersonals und auf den Lehrplan wurde die kunstpädagogische Ausrichtung der Schule, die sich den zeitgenössischen Strömungen des Jugendstils und den Reformbewegungen weit öffnete, in den folgenden Jahren maßgeblich bestimmt. Als Meyer zum 1. April 1905 zur Staatlichen Kunstgewerbeschule Hamburg wechselte,[5] folgte ihm der Kunstschriftsteller Otto Schulze-Köln als Direktor. Die Schule existierte bis zum Jahr 1930, als sie nach Verschmelzung der Städte Elberfeld und Barmen zur Stadt Wuppertal mit der Kunstgewerbeschule Barmen vereinigt wurde.[6] Die daraus hervorgehende Kunstgewerbeschule trug in den 1930er und 1940er Jahren die neue Bezeichnung Meisterschule für das gestaltende Handwerk Wuppertal, nach dem Zweiten Weltkrieg den Namen Werkkunstschule Wuppertal.

Jugendliche, junge Männer, auf Betreiben Meyers ab dem Jahr 1900 auch Mädchen und junge Frauen, wurden in Studienklassen, Fachklassen und Lehrwerkstätten durch Tages-, Abend- und Sonntagsunterricht ausgebildet. Meisterkurse gab es für Buchbinder und Kunstschlosser. Neben dem Unterricht in neun Fachklassen, die unter der Leitung von Fachlehrern standen, wurden in ergänzenden Klassen allgemeines Zeichnen, Projektion, Schattenlehre, Perspektive, Anatomie, Akt, umfassendes Naturstudium, Pflanzenzeichnen nach Moritz Meurer, Kunstgeschichte sowie Stil- und Formengeschichte unterrichtet.

Bald nach Schulgründung nahm Meyer sich vor, die Einrichtung von der Unterweisung wenig vorgebildeter Handwerkslehrlinge zu entlasten und zu einer „Gesellen- und Meisterschule“ zu entwickeln. Diese Linie führte Schulze-Köln fort. Die Schüler konnten eine Prüfung zum „Künstlereinjährigen“ absolvieren. Ferner konnten beruflich vorgebildete Schülerinnen und Schüler nach ihrem Studium an der Kunstgewerbeschule durch eine Prüfung vor der Königlichen Prüfungskommission an der Kunstakademie Düsseldorf das Zeichenlehrerexamen ablegen, so dass sie anschließend als Lehrer an höheren Lehranstalten, an Handwerker- und Kunstgewerbeschulen bzw. gewerblichen Fachschulen arbeiten konnten. Als Schulgeld wurden im Jahr 1906 für ein Semester 24 Mark erhoben.[7]

Bekannte Lehrer

Bekannte Schüler

Trivia

In dem Sketch Die Benimmschule von Loriot, einem Schüler der Staatlichen Kunstgewerbeschule Hamburg (Landeskunstschule), heißt es unter anderem, dass Elberfeld eine „erstklassige Kunstgewerbeschule“ habe. Diese Passage gehört zu den beliebtesten Loriot-Zitaten.[8]

Literatur

  • Hermann J. Mahlberg: Die Geschichte der Kunstgewerbeschulen Barmen/Elberfeld bis zur Begründung der Werkkunstschule Wuppertal im Jahr 1948. In: Hermann J. Mahlberg (Hrsg., Redaktion), Christoph Heuter (Redaktion): Kunst, Design & Co. Von der Kunstgewerbeschule Barmen/Elberfeld – Meisterschule – Werkkunstschule Wuppertal zum Fachbereich 5 der Bergischen Universität Gesamthochschule Wuppertal. 1894–1994. Festschrift zum 100jährigen Jubiläum. Fachbereich 5 der Bergischen Universität Gesamthochschule Wuppertal, Verlag Müller + Bussmann, Wuppertal 1994, ISBN 978-3-928766-10-4, S. 12–65.
  • Die Kunstgewerbeschule zu Elberfeld. In: Kunstgewerbeblatt. Neue Folge, 24. Jahrgang (1912/13), Heft 8 (Mai). S. 22 (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Klaus Peter Huttel: Wuppertaler Bilddokumente. Ein Geschichtsbuch zum 19. Jahrhundert in Bild und Wort. Born-Verlag, Kassel 1985, Band 2, S. 685
  2. Aus der Denkschrift über die Entwickelung der Fortbildungsschulen und der gewerbl. Fachschulen in Preussen während der Jahre 1883–1890. (Fortsetzung). In: Deutsche Bauzeitung. Jahrgang 1891, Nr. 43, S. 259 (Google Books)
  3. Königliche Museen zu Berlin (Hrsg.): Kunsthandbuch für Deutschland. Verzeichnis der Behörden, Sammlungen, Lehranstalten und Vereine für Kunst, Kunstgewerbe und Altertumskunde. 16., neubearbeitete Auflage, Verlag von Georg Reimer, Berlin 1904, S. 428 (Google Books)
  4. Julius Honke: Über die Förderung des kunstgewerblichen Unterrichts in Elberfeld. In: Otto Flügel, Wilhelm Rein (Hrsg.): Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik. Fünfter Jahrgang, Verlag Hermann Beyer & Söhne, Langensalza 1898, S. 212 ff. (Google Books)
  5. Hartmut Frank: Nordlicht. 222 Jahre. Die Hamburger Hochschule für Bildende Künste am Lerchenfeld und ihre Vorgeschichte. Junius Verlag, Hamburg 1989, ISBN 978-3-88506-174-8, S. 110
  6. Jahrbuch der deutschen Museen und kunsthistorischen Institute. Band 1, 1959, S. 312
  7. Handwerker- und Kunstgewerbeschule zu Elberfeld. Annonce in: Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung. Dresden 1906 (Digitalisat)
  8. Jörg Thomann: Das große Loriot-Lexikon. In: FAZ.net. 12. November 2003, abgerufen am 5. Februar 2022.