Herbie Mann

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Herbie Mann (* 16. April 1930 in Brooklyn, New York; † 1. Juli 2003 in Santa Fe), eigentlich Herbert Jay Solomon, war ein US-amerikanischer Jazz- und Fusion-Flötist und Komponist (zunächst auch Klarinettist und Saxophonist). Er zählt zu den frühen Vertretern der Weltmusik.

Leben und Wirken

Herbie Mann begann seine Musikerkarriere als Tenorsaxophonist in einer Militärband in Triest[1]. Anfang der 1950er Jahre kehrte er nach New York zurück und tourte mit dem Quintett des Akkordeonisten Mat Mathews. In dieser Zeit wechselte er, auch unter dem Einfluss der Aufnahmen von Esy Morales, zur Querflöte als Hauptinstrument.[2]

1954 war er Mitglied der Pete-Rugolo-Band, nahm Platten mit Sam Most auf und arbeitete als Studiomusiker an der Westküste. Erste Plattenaufnahmen unter eigenem Namen entstanden 1954 für das Bethlehem Label mit Joe Puma ("Herbie Mann Plays"). 1956 wirkte er bei Quincy Jones’ Debütalbum This Is How I Feel About Jazz mit. 1959 gründete er sein "Afro-Jazz-Quintet", trat beim Newport Jazz Festival auf und war im Jahr 1960 auf einer State Department Tour in Afrika und 1961 in Brasilien, was danach einen starken Einfluss auf seine spätere Musik hatte (u. a. Latin Fever 1962, auf brasilianische Themen und Musiker kommt er immer wieder zurück). Seinen kommerziellen Durchbruch erreichte er 1962 mit dem Album "At the Village Gate". Einen Hit hatte er mit dem Titel Coming Home Babe aus diesem Album.[3] Damit wurde Mann einem größeren Publikum bekannt; er führte von 1957 an bis 1970 die Down-Beat-Polls des beliebtesten Jazz-Flötisten an.

Mitte der 1960er Jahre reiste er wieder nach Brasilien und spielte mit den Stars der populären brasilianischen Musik wie Antônio Carlos Jobim und João Gilberto. Danach arbeitete er auch im Mittleren Osten mit Oud-Musikern und mit dem Dudelsack-Spieler Rufus Harley; sein Versuch, mit der Musik des Mittleren Ostens einen neuen Trend zu setzen, schlug allerdings fehl. 1968 trat er mit seiner Band aus Roy Ayers, Sonny Sharrock, Miroslav Vitouš und dem Schlagzeuger Bruno Carr auf den Berliner Jazztagen auf. Mit einer ähnlichen Besetzung entstand 1969 das Album Memphis Underground. Das Magazin Rolling Stone wählte das Album 2013 in seiner Liste Die 100 besten Jazz-Alben auf Platz 86.[4] Er war in den 1960er und 1970er Jahren einer der bestverkauften Musiker des Labels Atlantic Records,[5] bei dem er 1959 bis 1979 unter Vertrag war. Bei Atlantic arbeitete er auch als Produzent,[6] wo er u. a. Plattenaufnahmen von Chick Corea (Tones for Joans Bones), Miroslav Vitous (Mountains in the Clouds), Roy Ayers, Sonny Sharrock, Attila Zoller, Jim Pepper und Ron Carter produzierte.

In den 1970er Jahren erweiterte Mann sein musikalisches Spektrum und arbeitete mit Rock-Musikern wie Duane Allman, dem Rolling-Stones-Gitarristen Mick Taylor, Aynsley Dunbar ("London Underground", 1974) sowie mit Reggae-Musikern. Dazu reiste er auch nach Jamaika (Album Reggae 1974). Mitte der 1970er Jahre entfernte sich Mann weit vom Jazz und hatte einen Discohit mit "Hi-Jack".

In den 1980er Jahren verlegte er sich – aus ökonomischen Gründen – auf Solo-Konzerte, trat mit Glen Moore, Frank Gravis und Badal Roy auf und operierte mit einem neuen eigenen Label, The Alternative, auf dem seine Alben "Mellow" (von seinem Montreux-Auftritt 1977) sowie "Forest Rain" erschienen. 1982 trat er mit seiner Band, der "Family of Mann", in Frankfurt und in Bombay auf.

In den 1990er Jahren gründete er ein eigenes Label Kokopelli, stieg dort aber 1996 wieder aus. Herbie Mann spielte insgesamt weit mehr als einhundert Platten ein. Er arbeitete u. a. mit Chet Baker, Sarah Vaughan, Machito, Baden Powell, Art Blakey, dem Bill Evans Trio (Nirvana 1962) und Chick Corea.

1989 zog er mit seiner dritten Frau, der Schauspielerin Susan Janeal Arison, von New York[7] nach Pecos, einem kleinen Ort nahe Santa Fe in New Mexico. 1997 erkrankte er an Prostatakrebs, dem er trotz jahrelangen Kampfs am 1. Juli 2003 im Alter von 73 Jahren schließlich erlag.

Diskografie

Alben

Jahr Titel Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartsChartplatzierungen[8]
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 US
1964 Herbie Mann Live At Newport US104
(8 Wo.)US
1965 Standing Ovation At Newport US143
(3 Wo.)US
1966 Our Mann Flute US139
(6 Wo.)US
1968 Glory Of Love US151
(12 Wo.)US
1969 Memphis Underground US20
(44 Wo.)US
Atlantic
mit Roy Ayers, Sonny Sharrock, Miroslav Vitous, Bruno Carr
Live At The Whisky A Go Go US139
(10 Wo.)US
1970 The Best Of Herbie Mann US189
(2 Wo.)US
Stone Flute US184
(3 Wo.)US
1971 Push Push US137
(3 Wo.)US
Push Push US119
(23 Wo.)US
1973 The Evolution Of Mann US172
(8 Wo.)US
Hold On, I’m Comin’ US163
(6 Wo.)US
Turtle Bay US146
(8 Wo.)US
1974 London Underground US109
(10 Wo.)US
Atlantic
mit Pat Rebillot, Albert Lee, Mick Taylor, Fuzzy Samuels, Al Gorry, Aynsley Dunbar, Robbie McIntosh, Armen Halburian, Ian McDonald, Stéphane Grappelli
Reggae US141
(11 Wo.)US
1975 Discotheque US27
(18 Wo.)US
Atlantic
Waterbed US75
(7 Wo.)US
1976 Surprises US178
(2 Wo.)US
enthält den Titel Cajun Moon von J. J. Cale, gesungen von Cissy Houston (Mutter von Whitney Houston)
1977 Bird In A Silver Cage US132
(7 Wo.)US
Herbie Mann & Fire Island US122
(7 Wo.)US
1978 Brazil Once Again US165
(5 Wo.)US
1979 Super Mann US77
(13 Wo.)US

Weitere Alben

Singles

Jahr Titel
Album
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[8]
(Jahr, Titel, Album, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 US  A. C.
1966 Philly Dog US93
(1 Wo.)US
A Man And A Woman US88
(2 Wo.)US
mit Tamiko Jones
1967 To Sir, With Love US93
(1 Wo.)US
A. C.11
(9 Wo.)A. C.
1968 Unchain My Heart US81
(2 Wo.)US
1969 Memphis Underground US44
(10 Wo.)US
A. C.37
(4 Wo.)A. C.
It’s A Funky Thing-Right On (Part 1) US95
(2 Wo.)US
1974 Spin Ball A. C.48
(3 Wo.)A. C.
1975 Hijack US14
(15 Wo.)US
1979 Superman US26
(18 Wo.)US
A. C.46
(5 Wo.)A. C.

Literatur

  • Cary Ginell: The Evolution of Mann: Herbie Mann and the Flute in Jazz. Hal Leonard, Milwaukee 2014, ISBN 978-1458419811.
  • Richard Cook, Brian Morton: The Penguin Guide to Jazz on CD. 6. Auflage. Penguin, London 2002, ISBN 0-14-051521-6.
  • Leonard Feather, Ira Gitler: The Biographical Encyclopedia of Jazz. Oxford University Press, New York 1999, ISBN 0-19-532000-X.
  • Martin Kunzler: Jazz-Lexikon. Band 1: A–L (= rororo-Sachbuch. Bd. 16512). 2. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-499-16512-0.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Daneben konnte er auch Klarinette spielen.
  2. Cary Ginnell The Evolution of Mann: Herbie Mann and the Flute in Jazz Milwaukee 2014, S. 9ff.
  3. Der Titel ist eine funkige Komposition seines Bassisten Ben Tucker, das später auch Mel Tormé aufnahm. Mann hatte großen Erfolg mit Live at The Village Gate, er verkaufte damals 200.000 Exemplare des Albums und 500.000 Stück von der Single-Auskopplung; vgl. Kunzler, S. 736.
  4. Rolling Stone: Die 100 besten Jazz-Alben. Abgerufen am 16. November 2016.
  5. 25 seiner Alben gelangten in die Pop Top 200, was außer ihm kein Jazz-Musiker schaffte
  6. Dank seiner Erfolge finanzierte die Gesellschaft seine Ausbildung zum Produzenten; er leitete die Sub-Labels Embryo und Vortex
  7. Das er - obwohl seine Heimatstadt - nach eigenen Worten hasste.
  8. a b Chartquellen: US
  9. Die Auswahl wichtiger Alben Herbie Manns erfolgte unter Heranziehung des Penguin Guide to Jazz, Auflagen 1992 und 2001