Ilse Schütze-Schur

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Ilse Schütze-Schur (geb. Schütze; * 1868 in Berlin; † 1923 ebenda) war eine deutsche Malerin, Grafikerin und Kunstlehrerin.

Leben

Ilse Schütze wurde als Tochter von Clara Schütze und Wilhelm Schütze in Berlin-Charlottenburg geboren. Sie zog nach München, um dort Kunst zu studieren und ging anschließend wieder nach Berlin zurück. Am 9. Mai 1905 heiratete sie den Schriftsteller Ernst Schur, dessen Nachnamen sie annahm und mit dem sie spätestens ab 1911 in der Steglitzer Straße 79 in Berlin-Lichterfelde wohnte.[1][2]

Wirken

Verein der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen

Ilse Schütze-Schur war bereits ab 1901 Mitglied im renommierten Verein der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen (VdBKK), dem bspw. auch Käthe Kollwitz angehörte, mit der sie eine jahrelange Freundschaft verband. 1905 trat sie in den Berliner Lyceum-Club ein. Zwischen 1909 und 1922 arbeitete sie neben ca. 15 weiteren Lehrkräften als Grafiklehrerin bei der Kunstschule des Vereins.[3] Sie begann mit Klassen zu „Projektion, Graphik, Illustration, Plakat“ und Kunstgeschichte. 1911 übernahm sie den Kurs „Malerische Perspektive“ sowie zusammen mit der Künstlerin Hedwig Hauck den neuen „Schriftkursus“. 1918 war sie im Lehrplan als einzige Lehrerin für die Fächer Illustration und Grafik angegeben, 1919 bot sie als neuen Kurs das „Modenzeichnen“ an.[4]

Darüber hinaus nahm sie an Ausstellungen des Vereins teil und entwarf Plakate.[5] Bei einem Wettbewerb der Kunstschule des Vereins im Oktober 1915 zum Thema „Gesellschaftsspiel“ und im November 1915 zum Thema „Sommer“ trat Ilse Schütze-Schur auch als Jury-Mitglied auf. Sie konnte so direkten Einfluss auf die Auszeichnung der Arbeiten junger Künstlerinnen nehmen.[6]

Politische Arbeit

Illustration einer Krankenschwester aus der Zeitschrift Wachtfeuer

Durch ihren Eintritt in den Verein der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen schloss Ilse Schütze-Schur erste Verbindungen zur Frauenbewegung.[7] Nach ihrer Heirat mit Ernst Schur kam sie in engeren Kontakt mit der Sozialdemokratie. Sie illustrierte für die SPD-Zeitschrift Vorwärts und für die sozialdemokratische Zeitschrift Wachtfeuer. In den Jahren 1907, 1910 und 1914 fertigte Ilse Schütze-Schur Illustrationen für die Maifestzeitung der SPD an.

„Genesung“ aus der Zeitschrift Wachtfeuer

Mit ihrem Mann Ernst Schur publizierte sie zahlreiche Kinderbücher.

Werke (Auswahl)

  • 1907: Illustrationen und Titelzeichnung, VdBKK (Hg.): Magazin zum Künstlerinnenfest, Berlin 1907.[8]
  • 1910:
    • Titelzeichnung, Schur, Ernst: Kind und Kunst, Berlin 1910.
    • Schur, Ilse/ Schur, Ernst: Das lustige Jahr, Stuttgart ca. 1910.
  • 1911:
  • 1912: Titelzeichnung, Berliner Lyceum-Club (Hg.): Katalog zur Ausstellung „Die Frau in Haus und Beruf“ vom 24. Februar–24. März 1912, Berlin 1912.[10]
  • 1914: Federzeichnungen, Lessens, Ludwig: Kreuz und Quer durch den Balkan, in: Vorwärts, Berlin 1914.
  • 1918: Holzschnitte, Zeitschrift Wachtfeuer, Nr. 174 (1918) inklusive Titelblatt für das „Frauenheft“.
  • 1919: Titelbild, Zeitschrift Wachtfeuer, Nr. 49 mit dem Thema „Mutter“.
  • ca. 1920:
    • Schur, Ilse/ Kutzer, Ernst: Alte frohe Weisen.
    • Schur, Ilse/ Kutzer, Ernst: Neue Bilder zu alten Reimen.
    • Schur, Ilse/ Kutzer, Ernst: Lauter Lust und Singen.
  • ca. 1925: Illustrationen, Fürs Kleinste, das Feinste!

Ausstellungen

Ilse Schütze-Schur stellte regelmäßig mit dem Verein der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen und auf der Großen Berliner Kunstausstellung aus. Die nachfolgende Liste gibt einen Überblick der Ausstellungen, an denen sie teilhatte.

Preise/Auszeichnungen

  • 9. Juni 1906: Zuschuss für kunstgewerbliche Arbeiten, die auf der Weihnachtsmesse zur Ausstellung und zum Verkauf kommen sollen, finanziert von Frau Geheimrat J. Arnhold, Ilse Schütze-Schur erhielt 200 Mark[13]
  • 1909: Alice-Mertens-Wettbewerb für kunstgewerbliche Entwürfe, die zur Weihnachtsmesse 1909 des VdBKK ausgeführt werden sollen[8]
  • 10. Juni 1911: Auszeichnung im Vereinswettbewerb des VdBKK „Plakat“ für ein neues Ausstellungsplakat, Preisgeld waren 50 Mark[14]. Keins der drei ausgezeichneten Plakate wurde allerdings schlussendlich genutzt.

Rezeption

Titelbild des Katalogs zur Ausstellung „Die Frau in Haus und Beruf“

Die langjährige Unterrichtstätigkeit, rege Ausstellungsbeteiligung und zahlreichen Publikationen lassen vermuten, dass Ilse Schütze-Schur zu ihrer Lebzeit bekannt war. In einer Ausstellungsankündigung für die „Kunstnachrichten. Amtsblätter der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft“ vom 15. November 1916, wird sie gleichauf mit ihrem männlichen Kollegen als „A. Loewenstein, H. Wein, J. Schütze-Schur, H. Endell und anderen“ genannt.[15] Auch auf dem vom Verein herausgegebenen Magazin zum Künstlerinnenfest 1907 gestaltete Ilse Schütze-Schur das Titelbild. Ebenso auf der Publikation zur Ausstellung „Die Frau in Haus und Beruf“ (24. Februar–24. März 1912) des Berliner Lyceum-Clubs.[16][10] Die Ausstellung war so erfolgreich, dass sich der Verein von den Erlösen ein Gebäude am Lützowplatz 8 in Berlin kaufte.[7]

Zu ihrer künstlerischen Rezeption finden sich allerdings wenige Quellen. Dieser Mangel könnte auch mit der Zerstörung des Archivs des Vereins der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen 1944 zusammenhängen. Auch in den nach 1990 erschienenen Forschungsergebnissen zur Vereinsgeschichte wird Ilse Schütze-Schur kaum genannt.[17]

Literatur

  • Deutsches Reich/ Reichskommissar für die Weltausstellung in Saint Louis (Hg.): Weltausstellung in St. Louis 1904: amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reichs, Berlin 1904, URL: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/saint-louis1904, 18. Mai 2022.
  • Möckel, Birgit: Fortsetzung folgt! : 150 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 e.V., Berlin 2016.
  • Schuppert, Dorothea: Quo vadis, mater? Künstlerinnen des Berliner Lyceum-Clubs 1905–1933. Berlin 2015.  
  • Spreizer, Christa: Women's arenas of encounter. The London and Berlin Lyceum Clubs, in: Kohlrausch, Martin/ Peter Heyrman/ Maeyer, Jan De (Hg.): Leisure and Elite Formation. Arenas of Encounter in Continental Europe, 1815-1914, Berlin/Boston 2020, S. 79–98.
  • Verein der Berliner Künstlerinnen e.V. (Hg.): Käthe, Paula und der ganze Rest, Berlin 1992.

Einzelnachweise

  1. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: BG-VdBK 1245-1
  2. Heiratsregister, Reg.-Nr. 476/1905. In: Landesarchiv Berlin, Standesamt Charlottenburg III. Abgerufen am 30. Mai 2022.
  3. Möckel, Birgit: Fortsetzung folgt! : 150 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 e.V. Berlin 2016, ISBN 978-3-932809-81-1, S. 26.
  4. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: VdBK-1867 3850
  5. Verein der Berliner Künstlerinnen e.V. (Hrsg.): Käthe, Paula und der ganze Rest. Berlin 1992, ISBN 978-3-89181-411-6, S. 153.
  6. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: BG-VdBK 1250-1
  7. a b Schuppert, Dorothea: Quo vadis, mater? Künstlerinnen des Berliner Lyceum-Clubs 1905–1933. Hrsg.: Internationaler Lyceum-Club Berlin e.V. Berlin 2015, ISBN 978-3-00-049015-6, S. 15, 104.
  8. a b Archiv der Akademie der Künste, Signatur: BG-VdBK 1243-7
  9. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: BG-VdBK 1245-2
  10. a b Archiv der Akademie der Künste, Signatur: VdBK-1867 4262
  11. Reichskommissar für die Weltausstellung in Saint Louis (Hrsg.): Weltausstellung in St. Louis 1904 : amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reichs. Berlin 1904, S. 444, 445 (uni-heidelberg.de).
  12. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: BG-VdBK 1250-2
  13. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: BG-VdBK 1240-10
  14. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: BG-VdBK 1245-2
  15. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: BG-VdBK 1250-2
  16. Archiv der Akademie der Künste, Signatur: VdBK-1867 3843
  17. Möckel, Birgit: Fortsetzung folgt! : 150 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 e.V. Berlin 2016, ISBN 978-3-932809-81-1, S. 53 f.