Jävenitz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Jävenitz
Hansestadt Gardelegen
Koordinaten: 52° 31′ 25″ N, 11° 29′ 57″ O
Höhe: 65 m ü. NHN
Fläche: 53,72 km²
Einwohner: 894 (31. Dez. 2021)[1]
Bevölkerungsdichte: 17 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2011
Postleitzahl: 39638
Vorwahl: 039086
Jävenitz (Sachsen-Anhalt)

Lage von Jävenitz in Sachsen-Anhalt

Kirche zu Jävenitz (Oktober 2018)

Jävenitz ist ein Ortsteil der Hansestadt Gardelegen im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt, Deutschland.

Geografie

Jävenitz, ein Rundplatzdorf mit Kirche auf dem Platz,[2] liegt am nördlichen Rand der Colbitz-Letzlinger Heide etwa in der Mitte der Altmark auf einer Talsandinsel in der Niederung des Laugebachs, der in die Milde fließt.[3] Die Moordämme und das Jävenitzer Hochmoor zeigen heute das durch die Eiszeit entstandene charakteristische Bild. Der zugehörige Wohnplatz Jäskau liegt 3½ Kilometer nordöstlich des Dorfes.[4]

Geschichte

Der Name Jävenitz ist slawisch und bedeutet so viel wie Weidental. Es ist ein Runddorf, die Häuser zeigten eine fächerförmige Anlage, die Höfe eine Trapezform.

Im Jahre 1291 wurde Jävenitz erstmals als Slavicalem Jevenitze in einer Schenkungsurkunde der Markgrafen Otto und Konrad von Brandenburg an das Kloster Neuendorf genannt.[5]

1457 bestätigte Markgraf Friedrich der Jüngere Jävenitz als Klostereigentum des Zisterzienserinnenklosters in Neuendorf. Daraufhin mussten die Bewohner des Dorfes sowohl an das Kloster als auch an den Vogt der Hansestadt Gardelegen Abgaben, Hand- und Spanndienste leisten. Nach der Reformation im 16. Jahrhundert wurden diese Lasten auf Bemühung des damaligen Landvogts in Gardelegen abgelöst.

Vor allem im 16. und 17. Jahrhundert starben so viele Einwohner an der Pest, dass nur noch vier Haushalte übrig geblieben waren. Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648), im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) wurde auch Jävenitz von lüneburgischen, brandenburgischen, französischen und schwedischen Truppen ausgeplündert. Noch schlimmer waren die Leiden in der Zeit der Franzosen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Truppendurchmärsche, Rekrutierungen und Plünderungen ließen die Einwohnerzahl merklich schrumpfen. Im Jahr 1840 zählte Jävenitz wieder 308 Einwohner, es gab 59 Haushaltungen, zwei Krüge, einen Schmied, einen Stellmacher und 1853 den ersten Briefkasten.

Die damals regierenden Hohenzollern führten ihre Hofjagden in der Letzlinger Heide durch und sorgten damit für Verdienstmöglichkeiten der Einwohner. Der Bau der Berlin-Lehrter Eisenbahn 1870 hatte für Jävenitz zur Folge, dass es auf 585 Einwohner im Jahr 1885 anwuchs. Die meisten arbeiteten bei der Eisenbahn.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Tausende Morgen Wald der Heide abgeholzt. Zwei Sägewerke entstanden und 1910 zählte die Zahl der Einwohner 893 und das Dorf erhielt elektrisches Licht. Trotz der wirtschaftlichen Einschnitte durch den Ersten Weltkrieg bauten die Jävenitzer ihre Kirche auf dem Friedhof.

Jävenitz erhielt 1922–1924 eine Wasserleitung und 1927 eine Straßenbeleuchtung. Nach 1945 ließen Umsiedler die Einwohnerzahl auf 1327 ansteigen.[6]

1953 wurde die erste LPG gegründet, weitere Betriebszusammenschlüsse folgten 1958 und 1964. Die Viehbestände wurden erhöht, die Erträge der Pflanzenproduktion gesteigert. Das kulturelle Leben der Dorfbewohner bestand aus eine Laienspielgruppe, einer Schalmeienkapelle, eines Dorfclubs sowie eines Sportlerheimes. 1971 wurde der Neubau der Schule eingeweiht. 1981 wurde der Ort medizinisches Betreuungszentrum für die umliegenden Dörfer mit einer Arzt- und Zahnarztpraxis und einer Gemeindeschwesternstation.

Einen neuen Umbruch brachte die Wende 1989 und die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990. Im Ort wurden neue Wohngebiete entwickelt, es gibt einen Sportverein, die Freiwillige Feuerwehr sowie einen Schützenverein.

Oberförsterei und Gutsbezirk Forst Jävenitz

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ist der Gutsbezirk Forst Jävenitz aus der königlichen Oberförsterei Jävenitz, der königlichen Försterei und dem Gasthaus Schnöggersburg sowie aus der Försterei und Chausseehaus Zienau gebildet worden. Wilhelm Zahn berichtet, dass die Schnöggersburg oder Schnöchertsburg ein vom Oberforstmeister von Borstell 1694 erbautes Jagdhaus gewesen sei, das seinen Namen vom ersten Bewohner, dem Förster Schnöchert erhalten habe.[7][8]

Der Gutsbezirk wurde am 30. September 1929 aufgeteilt. Der Forstbezirk Luthäne kam zur Landgemeinde Hottendorf, das Förstereigehöft Schnöggersburg und Eisergrund nebst Kolonistenstellen zur Landgemeinde Staats, die Exklave westlich von Kloster Neuendorf zur Landgemeinde Kloster Neuendorf, das Förstereigehöft Barriere-Zienau und der Chausseewärterstellen zur Landgemeinde Jävenitz. Der im Privatbesitz befindliche östliche Teil des Gutsbezirks wurde in die Landgemeinde Schleuß im Landkreis Stendal eingegliedert. Der Rest ist mit den Restgutsbezirken Letzlingen und Planken zu einem „Gutsbezirk Letzlinger Heide, Anteil Kreis Gardelegen“ zusammengelegt worden.[9]

Im Jahre 1932 wurde die Oberförsterei Jävenitz aufgelöst und in großen Teilen der Oberförsterei Letzlingen zugeschlagen. An die Oberförsterei Colbitz kamen die Förstereien Vogelsang und Salchau, an die Oberförsterei Planken die Försterei Papenberg, an die Oberförsterei Burgstall die Försterei Hirschberge.[2]

Am 1. April 1934 wurden Revierförstereien im Forstamt Jävenitz umbenannt. Aus Eisergrund wurde Hottendorf (Post Jävenitz) aus Schnöggersburg wurde Eisergrund (Post Dolle über Wolmirstedt).[10]

Eingemeindungen

Am 15. April 1973 wurde die Gemeinde Trüstedt nach Jävenitz eingemeindet.[11]

Die Gemeinde Jävenitz gehörte ursprünglich zum Landkreis Gardelegen und kam am 25. Juli 1952 zum Kreis Gardelegen. Nach dessen Auflösung wurde sie am 1. Juli 1994 dem neuen Altmarkkreis Salzwedel zugeordnet.[11]

Am 1. Januar 2011 wurde die bis dahin selbstständige Gemeinde mit dem Wohnplatz Jäskau und dem Ortsteil Trüstedt und zusammen mit 17 weiteren Gemeinden per Landesgesetz in die Hansestadt Gardelegen eingemeindet.[12][13]

Einwohnerentwicklung

Landgemeinde/Gemeinde

Jahr Einwohner
1734 092
1772 060
1790 104
1798 117
1801 119
1818 100
Jahr Einwohner
1840 308
1864 505
1871 572
1885 585
1892 [0]608[7]
1895 677
Jahr Einwohner
1900 [0]0864[7]
1905 0911
1910 [0]0893[7]
1925 0875
1939 0899
1946 1308
Jahr Einwohner
1964 1038
1971 0982
1981 1168
1993 1145
2006 1216
2012 [00]957[14]
Jahr Einwohner
2016 903
2021 [0]894[1]

Gutsbezirk Oberförsterei Jävenitz

Jahr Einwohner
1885 30
1892 [0]30[7]
1905 45

Quelle bis 2006, wenn nicht angegeben:[2]

Religion

Die evangelischen Christen aus Jävenitz waren früher nach Kloster Neuendorf eingekircht.[15] Am 1. April 1929 wurde eine eigene Kirchengemeinde errichtet zu der die Evangelischen der Landgemeinde Jävenitz und des zum Gutsbezirk Jävenitz gehörigen Wohnplatzes Barriere Zienau gehörten.[16]

Seit 2000 gehört die Kirchengemeinde gemeinsam mit Kloster Neuendorf, Hottendorf und Trüstedt zum Kirchspiel Kloster Neuendorf,[2] das heute betreut wird vom Pfarrbereich Neuendorf im Kirchenkreis Salzwedel im Propstsprengel Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[17]

Politik

Bürgermeister

Letzter Bürgermeister der Gemeinde Jävenitz war Heinz Baldus.[18]

Eine Ortschaft mit einem Ortschaftsbürgermeister entstand nach der Eingemeindung nicht. Es ist stattdessen ein Mal im Jahr eine Bürgersprechstunde im Ortsteil vorgesehen.[19]

Wappen und Flagge

Das ehemalige Gemeindewappen wurde am 8. Dezember 1998 durch das Regierungspräsidium Magdeburg genehmigt.

Blasonierung: „In Grün ein aus dem unteren Schildrand wachsender goldener Hirschrumpf mit zwölfendigem Geweih.“

Die Farben des Ortes sind Grün - Gelb.

Das Wappen wurde vom Heraldiker Lutz Döring aus Erdeborn gestaltet.

Die Flagge war Grün - Gelb - Grün (1:4:1) gestreift (Hissflagge: Streifen von oben nach unten verlaufend) mit dem aufgelegten Wappen der Gemeinde auf dem breiteren gelben Mittelstreifen.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Die evangelische Dorfkirche Jävenitz ist ein gotisierender Backsteinsaal mit eingezogenem Rechteckchor und quadratischem Turm über dem Westteil. Sie wurde zwischen 1914 und 1918 errichtet.[2]

Gedenkstätte

In einer Reihengrabanlage auf dem Ortsfriedhof sind 28 KZ-Häftlinge begraben, die nach einem Räumungstransport aus dem Konzentrationslager Mittelbau-Dora im Zusammenhang mit dem Massaker von Gardelegen, der im April 1945 bei Letzlingen endete, auf dem folgenden Todesmarsch in Richtung Jävenitz von den SS-Mannschaften ermordet wurden.

Verkehr

Durch den Ort verläuft die Bundesstraße 188 (BurgdorfWolfsburgStendalRathenow). Jävenitz liegt an der Bahnstrecke Berlin–Lehrte. Am Bahnhof Jävenitz halten meist im Stundentakt Regionalbahnen der Abellio Rail Mitteldeutschland in Richtung Stendal und Wolfsburg, die Strecke wird mit Alstom Coradia LINT Zügen bedient. Die in Salzwedel ansässige Personenverkehrsgesellschaft Altmarkkreis Salzwedel mbH (PVGS) betreibt den öffentlichen Linienverkehr in der Kernstadt Gardelegen und dem Ortsteil Jävenitz.

Literatur

  • Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-3743-4, S. 1041, 1986, doi:10.35998/9783830522355.
  • Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege). 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, DNB 578458357, OCLC 614308966, S. 201, 202.

Weblinks

Commons: Jävenitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Elke Weisbach: Es sind mehr gekommen, um zu bleiben. In: Gardelegener Volksstimme, Gardelegener Kreisanzeiger. 19. Januar 2022, DNB 1047268027, S. 15.
  2. a b c d e Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-3743-4, S. 1041, 1986, doi:10.35998/9783830522355.
  3. Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  4. Verzeichnis Gemeinden und Gemeindeteile. Gebietsstand: 1. April 2013 (= Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt [Hrsg.]: Verzeichnisse / 003. Nr. 2013). Halle (Saale) Mai 2013, S. 28 (destatis.de [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 24. August 2019]).
  5. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 22. Berlin 1862, S. 376 (Digitalisat).
  6. Rudi Fischer: 800 Jahre Calvörde – Eine Chronik bis 1991.
  7. a b c d e Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege). 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, DNB 578458357, OCLC 614308966, S. 201, 202.
  8. Carl von Seydlitz: Der Regierungs-Bezirk Magdeburg. Geographisches, statistisches und topographisches Handbuch. Magdeburg 1820 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10000901~SZ%3D00421~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  9. Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1929, ZDB-ID 3766-7, S. 220.
  10. Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1934, ZDB-ID 3766-7, S. 103, Nr. 312.
  11. a b Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 358, 363.
  12. Gesetz über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Altmarkkreis Salzwedel (GemNeuglG SAW) vom 8. Juli 2010. 8. Juli 2010, GVBl. LSA 2010, 410, § 3, § 4 (sachsen-anhalt.de [abgerufen am 28. Februar 2022]).
  13. StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2011
  14. Einwohnerentwicklung 2012 in den Ortsteilen. In: Volksstimme Magdeburg. 1. Mai 2013 (volksstimme.de [abgerufen am 20. Februar 2022]).
  15. Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 62 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  16. Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1929, ZDB-ID 3766-7, S. 47, Nr. 152.
  17. Pfarrbereich Neuendorf. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
  18. Stefan Schmidt: Startschuss für den jahrelangen Kampf gegen den „Murks“. In: Altmark Zeitung. 5. August 2010 (az-online.de [abgerufen am 4. März 2022]).
  19. Ina Tschakyrow: Wie oft tagten die Gremien seit Mai 2019? In: Altmark Zeitung. 8. Januar 2022 (az-online.de).