Johann König (Galerist)

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Johann König (2019)

Johann König (* 22. Juli 1981 in Köln)[1] ist ein deutscher Unternehmer und Kunstvermittler.

Werdegang

Johann König wurde als Sohn der Illustratorin und Schauspielerin Edda Köchl-König und des Kunstprofessors und Kurators Kasper König geboren.[2][3] Sein Onkel ist der Kölner Kunstbuchverleger Walther König. Sein älterer Bruder, Leo König, ist als Galerist in New York City tätig.[4] Nachdem der Vater zum Direktor der Städelschule ernannt worden war, zog die Familie 1988 nach Frankfurt am Main. Durch einen Unfall beim Spiel mit der Munition einer Startschusspistole verlor König 1992 im Alter von 11 Jahren einen Großteil seines Augenlichts[1] und erlitt schwere Verletzungen an den Händen.[5] Nach mehreren Operationen schloss er seine Schulzeit an der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) in Marburg im Jahr 2002 mit dem Abitur ab.[6]

Im selben Jahr, noch vor dem Abitur,[7] gründete er in Berlin die Galerie für zeitgenössische Kunst.[8] Er realisierte Ausstellungen von später international etablierten Künstlern wie Tue Greenfort, Jeppe Hein, Annette Kelm, Michael Sailstorfer oder Tatiana Trouvé. Die Galerie hatte ihren ersten Standort am Rosa-Luxemburg-Platz gegenüber der Volksbühne und zog 2006 in eine ehemalige Industriehalle in der Nähe des Martin-Gropius-Baus und der Neuen Nationalgalerie. 2015 eröffnete er zusammen mit seiner Frau Lena König die König Galerie in Berlin-Kreuzberg.[9]

König war 2020 Jurymitglied des Architekturpreises Berlin.[10] Er ist außerdem Jurymitglied von PArt, einer Initiative der Spiegelberger Stiftung die Künstler während der Corona-Pandemie unterstützt[11] und der Berlin Masters Foundation, die jährlich den Toy Berlin Masters Award vergibt.[12]

Seit 2002 lebt König in Berlin und ist seit 2012 mit der Kunsthistorikerin Lena König verheiratet.[13][14] Das Paar hat zwei Kinder.[9] Im Jahr 2019 veröffentlichte er zusammen mit Daniel Schreiber seine Autobiografie Blinder Galerist.

König Galerie

2012 pachtete König gemeinsam mit seiner Frau Lena das Gemeindezentrum St. Agnes in Berlin-Kreuzberg für 99 Jahre vom Erzbistum Berlin.[15] Nach den Plänen der Architekten Brandlhuber + Emde, Burlon wurde der Kirchenraum zum Galerieraum umgebaut und im Jahr 2015 bezogen. 2016 erhielten das Ehepaar König als Bauherren sowie die Architekten und Werner Düttmann als ursprünglicher Architekt der St. Agnes-Kirche den Architekturpreis Berlin.[16]

Die König Galerie erlangte als Vertretung zeitgenössischer Kunst in Deutschland Bekanntheit und zählt zu den wichtigen Galerien in diesem Fachbereich.[1][17] 2017 eröffnete König eine weitere Galerie in London,[18] 2019 eine Dependance im MCM-Haus in Ginza (Tokio),[19] 2021 folgten Standorte in Seoul sowie in Wien im Kleinen Haus der Kunst.[20] Die Galerie vertritt fast 40 Künstler, darunter zum Beispiel Katharina Grosse, Jorinde Voigt, Alicja Kwade, Elmgreen & Dragset, Jeppe Hein, Norbert Bisky, Erwin Wurm und Chiharu Shiota.[7]

Im Juni 2020 veranstaltete König die erste Kunstmesse in seinen Berliner Galerieräumen, die unter dem Titel Messe in St. Agnes mehr als 200 Kunstwerke aus dem Primär- und Sekundärmarkt zum Verkauf anbot.[21] Seither finden unter der Marke MISA regelmäßig Messen statt, begleitet von einem ganzjährigen Onlineangebot auf misa.art.

Seit 2017 erscheint halbjährlich das König Magazin, das vor allem die Künstler aus dem eigenen Galerieprogramm bespricht. Unter dem Namen König Souvenir vertreibt die Galerie zudem eine eigene Linie an Designartikel, die oft in engem Zusammenhang zu aktuellen Ausstellungen herausgebracht werden. Während des Lockdowns infolge der Covid-19-Pandemie begann König 2020 eine Serie von Live Talks auf Instagram mit Künstlern, Kunstsammlern und Kreativen aus aller Welt.[22] König betreibt zudem drei Podcasts. In Was ist Kunst und König Kunst spricht er mit einflussreichen Protagonisten der Kunstwelt, die Einblicke in ihre Arbeit und ihren Werdegang geben. In Kunst Crime beleuchtet er Verbrechen aus der Welt der Kunst. 2020 wurde der virtuelle Galerieraum König Digital zusammen mit der App König Galerie ins Leben gerufen.

Im März 2021 veranstaltete die Galerie ihre erste NFT-Auktion auf der Plattform OpenSea im Rahmen der Gruppenausstellung The Artist Is Online, die bei König in Decentraland, einer auf Blockchain basierenden virtuellen Welt, zu sehen war.

Belästigungsvorwürfe 2022

Im August 2022 veröffentlichte die Wochenzeitung Die Zeit einen ausführlichen Artikel über die seit 2019 gegen König erhobenen Vorwürfe der sexuellen Belästigung und des Machtmissbrauchs.[23] Der Artikel beruht auf Äußerungen von zehn Frauen und wurde in zahlreichen deutschsprachigen und internationalen Medienformaten geteilt.[24][25][26][27]

Am 2. September 2022 wies König in einer Stellungnahme in der Berliner Zeitung die Anschuldigungen mit der Erklärung zurück, dass „die Kombination aus Party oder Nachtclubatmosphäre, überfüllten Räumen, Alkohol, Dunkelheit“, seinem „schlechten Sehen“ dazu geführt haben könnten, „dass sich Frauen oder auch Männer von mir bedrängt gefühlt [haben] oder ich sogar als übergriffig empfunden wurde“.[28]

Ehrungen und Auszeichnungen

Seit 2009 war König als Galerist mehrfach in der „Power-100-List“ der englischen Zeitschrift ArtReview vertreten (2009: Platz 88, 2010: Platz 84, 2011: Platz 96, 2012: Platz 99)[29] nachdem er zusammen mit seinem Vater und Onkel bereits 2005 auf Platz 27 gelistet war.[30] In der 2008 von der italienischen Zeitschrift Flash Art International durchgeführten Künstlerbefragung nach den 100 international wichtigsten Galerien wurde König auf Platz 14 gewählt.[31] 2011 erhielt König zusammen mit der britischen Künstlerin Helen Marten für deren Einzelpräsentation auf seinem Messestand bei der Pariser Kunstmesse FIAC den Prix Lafayette.[32]

Publikationen

  • Blinder Galerist. Propyläen, Berlin 2019, ISBN 978-3-549-07642-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Ulrike Timm: Galerist Johann König: „Manchmal sind Ideen die besten Kunstwerke“. In: deutschlandfunkkultur.de. 23. März 2018, abgerufen am 4. September 2022.
  2. Georg Diez Königs Familie, in: Die Zeit vom 13. Oktober 2006, abgerufen am 2. Juni 2015
  3. Tanja Kewes, Carina Kontio: Johann König: „Das ist ja das Tolle an der Kunst, dass sie so frei ist“. In: Handelsblatt. Abgerufen am 26. Oktober 2020.
  4. Ingeborg Ruthe: Johann, der Käufer. In: fr.de – Frankfurter Rundschau. 24. März 2012, abgerufen am 7. September 2022.
  5. Böttinger trifft: Johann König. Dokumentarfilm von Fernsehjournalistin Bettina Böttinger, 30 Min. Produziert von Encanto Film- und Fernsehproduktions GmbH, Köln. Erstmalige Ausstrahlung im WDR Fernsehen am 9. Dezember 2019
  6. Jina Khayyer: Der King of Kunst oder auch „The Boy is a Genius“. In: The Germans. Nr. 3, 2013, S. 39–49. Text online verfügbar über waahr.de, abgerufen am 6. April 2016.
  7. a b Christine Käppeler: Interview: Mann im Licht. In: freitag.de. 2019, abgerufen am 6. September 2022.
  8. Gabriela Herpell: Johann König im Interview über den Unfall, durch den er lange fast blind war. In: sz-magazin.sueddeutsche.de. 19. März 2014, abgerufen am 5. September 2022.
  9. a b Stephan Burkoff: „Ich habe den Mittelständler sehr gern“. In: baunetz-id.de. Heinze GmbH, 25. April 2018, abgerufen am 6. September 2022.
  10. Architekturpreis Berlin: Architekturpreis Berlin 2020. Abgerufen am 30. September 2020.
  11. PArt – Spiegelberger Stiftung. Abgerufen am 8. Oktober 2020.
  12. Berlin Masters Foundation. Abgerufen am 8. Oktober 2020.
  13. Rosemarie Tuchelt: hr2 Doppelkopf: „Ich finde wichtig, dass man sich mit Kunst auseinandersetzt“. Galerist Johann König über Bedeutung von Kunst. In: audiolibrix.de – hr2 Doppelkopf Podcast Player. Hessischer Rundfunk – HR2, 6. März 2020, abgerufen am 5. September 2022.
  14. Hans Riebsamen: Fast blind: Der Popstar unter den deutschen Galeristen. In: faz.net. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 18. August 2020]).
  15. Galerist Johann König im Gespräch. In: ndr.de. 19. September 2021, abgerufen am 7. September 2022.
  16. Architekturpreis Berlin e.V.: Preisträger 2016. Abgerufen am 18. August 2020.
  17. Hans Riebsamen: Fast blind: Der Popstar unter den deutschen Galeristen. In: faz.net. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 18. August 2020]).
  18. Berliner König Galerie eröffnet Zweigstelle in London | Monopol. Abgerufen am 18. August 2020.
  19. Johann König: Dependance in Tokyo. Abgerufen am 18. August 2020.
  20. Stephan Hilpold, Christopher Lettner: Galerist Johann König: „Will die Kunst vom Sockel holen“. In: derstandard.at. 10. September 2021, abgerufen am 5. September 2022 (österreichisches Deutsch).
  21. Kevin Hanschke: Messe in St. Agnes: Hybrid. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 19. August 2020]).
  22. 'It Was a Long Day': We Spent 18 Frenzied Hours With Art Dealer Johann König as He Raced to Reopen His Berlin Gallery. 12. Mai 2020, abgerufen am 18. August 2020 (amerikanisches Englisch).
  23. Luisa Hommerich, Anne Kunze, Carolin Würfel: Berliner Galerist Johann König: „Ich habe ihn angeschrien und beschimpft, damit er weggeht“. In: Die Zeit. 31. August 2022, abgerufen am 3. September 2022.
  24. feb: Galerist Johann König: Vorwürfe der sexuellen Belästigung in der „Zeit“. In: Der Spiegel. 31. August 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 3. September 2022]).
  25. German Gallerist Johann König Accused of Sexual Misconduct. In: artforum.com. Artforum International Magazine, 31. August 2022, abgerufen am 3. September 2022 (amerikanisches Englisch).
  26. Galerist Johann König verteidigt sich gegen Vorwurf sexueller Übergriffigkeit. In: derstandard.de. 3. September 2022, abgerufen am 3. September 2022 (österreichisches Deutsch).
  27. Alex Greenberger: German Dealer Johann König Is Accused of Sexual Misconduct in Die Zeit Report. In: artnews.com. Penske Media Corporation, 31. August 2022, abgerufen am 3. September 2022 (amerikanisches Englisch).
  28. BLZ,kuri: Johann König: „Die Berichterstattung der ZEIT ist falsch und irreführend, ich bin erschüttert“. 2. September 2022, abgerufen am 3. September 2022.
  29. „Power 100“ in: Art Review, Nr. 36.2009 (Nov.), S. 127; Nr. 45.2010 (Nov.), S. 144; Nr. 54.2011 (Nov.), S. 152
  30. „Power 100“ in: Art Review, Nr. 58.2005 (Nov.), S. 86
  31. „Artist's Choice: Top 100 Galleries“ in: Flash Art International, Nr. 258.2008 (Jan./Feb.), S. 96, Mailand : Politi
  32. Noémie Finez: Helen Marten remporte le Prix Lafayette 2011. In: connaissancedesarts.com. 24. Oktober 2011, abgerufen am 5. September 2022 (französisch).