Köhler

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Köhlerei in Grünburg bei Steyrdurchbruch (Oberösterreich)
Köhler im Pfälzerwald (um 1930)
Köhler im Pfälzerwald (um 1930)

Köhler (auch Kohler, Kähler oder Kohlbrenner)[1] bezeichnet einen Beruf, dessen Aufgabe es ist, Holzkohle herzustellen. Dazu wird Holz in einem Kohlenmeiler verschwelt. Der zugehörige Handwerksbetrieb, bzw. die Tätigkeit, nennt sich Köhlerei.

Köhler ist kein Ausbildungsberuf.[2]

Datei:Köhler aus Gebüg.jpg
Köhler aus Gebüg (Pfalz) beim "abernten" eines Kohlenmeilers (um 1954)

Die Köhlerei ist eine der ältesten Handwerkstechniken der Menschheit[3]. Die Erkenntnisse und Produkte aus der Köhlerei leisten bis heute einen wichtigen Beitrag für die Industrie, so wird von den Schwäbischen Hüttenwerken in Aalen Holzkohle für das Härten von Bremsscheiben von Autos verwendet, Daimler in Stuttgart nutzt die gleichmäßig langanhaltende Hitze zum Reparieren von Formen, in denen Motorblöcke gegossen werden und Weleda in Schwäbisch Gmünd stellt daraus Kohle-Compretten gegen Durchfall her.[4] Aufgrund ihrer geschichtlichen und kulturellen Bedeutung wurden das Köhlerhandwerk und die Teerschwelerei im Dezember 2014 in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Deutschland durch die Kultusministerkonferenz aufgenommen.[5]

Geschichte und Technik

Seit dem Mittelalter wird Holzkohle in Meilern hergestellt, zur Eisenverhüttung, aber auch für die Glasherstellung und die Verarbeitung von Edelmetallen. Mit der verstärkten Nutzung von Steinkohle ab dem 18. Jahrhundert ging die Köhlerei dann immer mehr zurück.

In Europa wird die nicht industrielle Köhlerei nur noch vereinzelt betrieben, im Hasselfelde (Harz)[6] oder in Heidenheim[4] gehören wohl zu den letzten Handwerklichen Köhlern in Deutschland. In den Gebieten um den Napf in der Zentralschweiz produzieren circa fünfzehn Köhlerinnen und Köhler pro Jahr an die neunzig bis hundert Tonnen Holzkohle und bilden in Zentraleuropa die größte Ansammlung von Köhlern. Außerhalb Mittel- und Nordeuropas wird die Köhlerei weiterhin gewerblich betrieben.[7] Nur noch rudimentär in Europa, so in Rumänien,[8] ansonsten in den tropischen Wäldern Südamerikas[9] und Afrikas.[10] Noch bis ins 20. Jahrhundert benutzten Köhler in waldreichen Gegenden, wie im Harz und im Thüringer Wald, Hillebillen (tönende Buchenholzbretter) als Alarm- und Informationsinstrument. An diese Zeiten erinnert noch heute der Name eines Höhenzugs im Harz, der „Hillebille“ genannt wird. In der heutigen Zeit wird die Tradition dieses alten Handwerkes zum großen Teil von Vereinen aufrechterhalten, darunter der Europäische Köhlerverein und der Köhlerverein Glasofen.

Mitte der 1960er-Jahre gab es im Schwarzwald noch zwei Köhler: einen bei Enzklösterle, der die Pforzheimer Goldwarenindustrie belieferte, sowie einen am Langenbach in Untermünstertal, dessen Abnehmer nahe gelegene Metallwarenfabriken waren.[11]

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Holzkohle durch Holzverkohlung zunehmend industriell hergestellt. Die Produktion wird hauptsächlich von Chemiebetrieben wie etwa Degussa, Bayer und Hoechst betrieben. Um die Holzkohle geht es den Unternehmen dabei allerdings weniger. Interessanter für sie ist die Gewinnung chemischer Produkte, etwa Holzessig, Holzgas und Teer, die während des Verkohlens entstehen. Holzkohle selbst wird für Filtertechnik oder auch für die Schwarzpulverherstellung verwendet.[2]

Umweltbeeinträchtigungen

Mit dem Köhlereiprozess sind erhebliche Beeinträchtigungen von Luft und Boden verbunden.[12] Ungefähr ein Drittel des Holztrockengewichts wird in Form von Pyrolyseprodukten in die Atmosphäre emittiert.[13] Ein weiterer Teil der Pyrolyseprodukte, die als Flüssigkeit anfallen, wie zum Beispiel Holzteer, ist für Bodenverunreinigungen verantwortlich.

Siehe auch

Literatur

  • Helmut W. Rodenhausen: HOLZKOHLE – Vom schwarzen gold zur Glut im Grill. Haupt, Bern 2019. ISBN 978-3-258-60214-1
  • Vincenz Dietrich: Das Ganze der Verkohlung in stehenden Meilern oder die sogenannte italienische Köhlerei, nach den 30jährigen praktischen Erfahrungen und Betriebsresultaten zu Hieflau und Obersteiermark bearbeitet. Kienrich, Graz 1847 (Digitalisat).
  • Karl Hasel, Ekkehard Schwartz: Forstgeschichte. Ein Grundriss für Studium und Praxis. 2., aktualisierte Auflage. Kessel, Remagen 2002, ISBN 3-935638-26-4.
  • Thomas Strauch: Von Köhlern, Rußbrennern und Harzsammlern – Historische Waldberufe rund um die Holzverwertung. Im Jahrbuch zum Bergmannskalender 2007, Seite 173 bis 180. Herausgegeben von der Deutschen Steinkohle AG.
  • Christoph Sager: Der Köhlereiprozess als Emissionsquelle im Wandel der Zeit. In: Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 75(5) (2015), S. 181–182, ISSN 0949-8036

Weblinks

Commons: Köhlerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans Markus Thomsen: Köhler: Die Arbeiter im Wald galten als gutgläubige Sonderlinge. In: DIE WELT. 22. April 2004 (welt.de [abgerufen am 29. Juni 2020]).
  2. a b Markus Schleufe: Der Herr der Rauchzeichen. In: Die Zeit. 24. November 2015, abgerufen am 22. Juli 2020.
  3. https://www.europkoehler.com/koehlern_literatur.cfm
  4. a b Peter Ilg, DER SPIEGEL: Kurioser Beruf: Köhler stellt Holzkohle von Hand her - DER SPIEGEL - Job & Karriere. Abgerufen am 29. Juni 2020.
  5. Pressemitteilung der Kultusministerkonferenz vom 12. Dezember 2014: 27 Kulturformen ins deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen (abgerufen am 7. November 2020)
  6. Ein altes Handwerk lebt, auf volksstimme.de, abgerufen am 7. November 2020
  7. Smokey Mountain in Manila (Memento vom 29. Oktober 2012 im Internet Archive), abgerufen am 15. Februar 2012.
  8. Die letzten Köhler von Rumänien, GEO-Reportage vom 2. März 2013
  9. Köhlercamps in Brasilien (Memento vom 13. November 2013 im Internet Archive)
  10. "ÖKO-TEST im Juni 2009: Holzkohle aus Südamerika und Afrika (Memento vom 6. November 2013 im Webarchiv archive.today)"
  11. Alfons Schäfer: Geschichte des Dorfes Todtnauberg - von der mittelalterlichen Bergbausiedlung zum modernen Kurort, Todtnauberg 1966, S. 38 f.
  12. Christoph Sager: Der Köhlereiprozess als Emissionsquelle im Wandel der Zeit. Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft, Band 75 (2015) 5, S. 181–182, ISSN 0949-8036
  13. Johannes Welling, Bernward Wosnitza: Meilerverfahren. in: Martin Kaltschmitt, Hans Hartmann, Hermann Hofbauer: Energie aus Biomasse – Grundlagen, Techniken und Verfahren, 2. Auflage, Springer Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-540-85094-6, S. 691–694