Kampfgeschwader 53 „Legion Condor“

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Kampfgeschwader 355)

Kampfgeschwader 53

Kampfgeschwader 53.svg
Aktiv 1. Mai 1939 bis 15. März 1945
Staat Deutsches Reich NS Deutsches Reich
Streitkräfte Wehrmacht
Teilstreitkraft Luftwaffe
Truppengattung Fliegertruppe
Typ Kampfgeschwader
Gliederung Geschwaderstab und 4 Gruppen
Standort Stab Ansbach
I. Gruppe Ansbach
II. Gruppe Schwäbisch Hall
III. Gruppe Giebelstadt
IV. (Ergänzungs-)Gruppe Giebelstadt
Ausrüstung Heinkel He 111
Zweiter Weltkrieg Überfall auf Polen
Westfeldzug
Luftschlacht um England
Deutsch-Sowjetischer Krieg
Geschwaderkommodore
Erster Kommodore Oberst Philipp Zoch

Das Kampfgeschwader 53 Legion Condor war ein Verband der Luftwaffe der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Es war nach der Legion Condor benannt, einem Verband der Wehrmacht, der im Spanischen Bürgerkrieg eingesetzt worden war.

Aufstellung

Das Kampfgeschwader 53 entstand am 1. Mai 1939 aus dem am 1. April 1937 in Gablingen bei Augsburg aufgestellten Kampfgeschwader 355. Aus dem Geschwaderstab und der I. Gruppe des KG 355 wurde am 1. Mai 1939 in Ansbach (Lage) der Stab und die I./KG 53 aufgestellt. Die II. Gruppe des KG 53 bildete sich am 1. Mai 1939 aus der II./KG 355 in Schwäbisch Hall (Lage). Die III. Gruppe des KG 53 entstand am 1. Mai 1939 in Giebelstadt (Lage) aus der III./KG 355. Im Juni 1940 entstand die IV. (Ergänzungs-)Gruppe in Giebelstadt. Das Geschwader war während der gesamten Zeit seines Bestehens mit der Heinkel He 111 ausgestattet. Jedoch war die im Juli 1942 in Agram aufgestellte 15. (kroatische) Staffel des Kampfgeschwaders 53 mit der Dornier Do 17 Z ausgerüstet worden. Die Geschwaderkennung war A1.[1]

Geschichte

Der Stab, die II. und III./Kampfgeschwader 53 standen am 1. September 1939 unter dem Kommando der 6. Fliegerdivision der Luftflotte 3 im Westen auf den Plätzen in Schwäbisch Hall und Giebelstadt. Die I. Gruppe war in Märkisch-Friedland/Crössinsee (Lage) der 1. Fliegerdivision der Luftflotte 1 unterstellt und nahm aktiv am Überfall auf Polen teil.[2]

Heinkel He 111 H-2 (A1+BT) der 9./KG 53 (9. Staffel des Kampfgeschwaders 53)

Während des Westfeldzuges standen alle drei Gruppen unter dem Kommando des II. Fliegerkorps der Luftflotte 3.[3] Von den Plätzen in Roth (Lage), Oedheim (Lage) und Frankfurt (Lage) aus erfolgten Luftangriffe auf Flugplätze zur Erringung der Luftherrschaft und taktische Einsätze zur Heeresunterstützung.[1]

In der anschließenden Luftschlacht um England blieb das gesamte Geschwader beim II. Fliegerkorps, nun aber unter dem Kommando der Luftflotte 2.[4] Dort flog es von Basen im besetzten Frankreich (Lille-Nord bzw. Lille-Mouvaux (Lage) und Vitry-en-Artois (Lage)) Luftangriffe gegen England, insbesondere Nachtangriffe auf London, Coventry, Birmingham, Liverpool u. a.[1]

Am Deutsch-Sowjetischen Krieg nahm das Geschwader mit dem Stab, der I., II. und III. Gruppe teil. Der Stab und die II. Gruppe starteten ab 22. Juni 1941 von Radom-Piastow (Lage), die I. Gruppe von Grojek (Lage) und die III. Gruppe von Radzyn (Lage) aus zu Feinflügen. Dazu waren sie dem II. Fliegerkorps der Luftflotte 2 im Mittelabschnitt der Ostfront unterstellt.[5] In vielen taktischen Einsätzen zur Erringung der Luftherrschaft und zur Heeresunterstützung war es oft an den Schwerpunkten in der Mitte der Ostfront eingesetzt. In der Nacht vom 21. zum 22. Juli 1941 erfolgte, vom Fliegerhorst Minsk-Ost[6] (Lage) aus, zusammen mit anderen Geschwadern ein Nachtangriff auf Moskau. Weitere Angriffe dieser Art folgten.[1] Bei der am 2. Oktober beginnenden Schlacht um Moskau war sie dem II. Fliegerkorps der Luftflotte 2 unterstellt.[7]

Heinkel He 111 H-6 (A1+JH) der 1./KG 53, etwa 1942/43 in Ansbach o. Gablingen

Zum Jahreswechsel 1941/42 lagen die Gruppen auf dem Fliegerhorst Schatalowka-Ost[8] (Lage) im Mittelabschnitt der Ostfront. Die I. Gruppe weilte kurzfristig zur Auffrischung in Ansbach, war aber schon wieder ab Januar in Riga an der Ostsee stationiert. Von dort führte sie auch Seeziel- und U-Bootbekämpfungseinsätze über der Ostsee durch. Die III. Gruppe verlegte für einen Monat, vom 15. Juli an, nach Chartres (Lage) in Frankreich. Dort nahm es kurzzeitig an Tag- und Nachtangriffen auf England teil. Ab August war das gesamte Geschwader wieder an der Ostfront eingesetzt. Die II. Gruppe verlegte ab November 1942 in den Südabschnitt der Ostfront. Dort nahm es teil an der Versorgung des Stalingrader Kessels.[1]

Anfang 1943 standen der Stab und die I. Gruppe in Korowje-Selo[9] (Lage) und die III. Gruppe in Dno[10] (Lage) im Nordabschnitt der Ostfront. Die II. Gruppe lag zur Auffrischung in Greifswald (Lage). Vom 5. bis 22. Juni nahmen sie an den Luftangriffen auf Gorki und Jaroslawl teil. In Nachtangriffen, zusammen mit anderen Kampfgeschwadern, sollten das Panzerwagenwerk „Molotow“ und das Kunstkautschukwerk Jaroslawl angegriffen werden.[11] Dabei kamen in Gorki 282 Menschen ums Leben, bei 527 Verletzten und 52 Gebäude des Werkes wurden zerstört. In Jaroslawl wurden über 120 Menschen getötet, rund 150 weitere verletzt und über 200 Gebäude (darunter einige Werkshallen des Kautschukwerkes) vollständig zerstört.[12] Anschließend verlegten der Stab und die I. bis III. Gruppe auf den Fliegerhorst Olsufjewo[13] (Lage) und nahmen an der Schlacht um den Kursker Bogen teil. Alle drei Gruppen waren überwiegend mit der Heinkel He 111H-16 ausgestattet und der 1. Fliegerdivision der Luftflotte 6 unterstellt.[14]

Heinkel He 111 mit Fi-103-Flugbombe unter der Tragfläche

Im Jahre 1944 befand sich das gesamte Geschwader im Südabschnitt der Ostfront. In der Nacht vom 22. zum 23. Juni griff es von Radom-Piastow[15] (Lage) aus, den im Rahmen der Operation Frantic von US-amerikanischen Flugzeugen benutzten Flugplatz Poltawa (Lage) an. Dabei wurden 43 US-amerikanische B-17-Bomber am Boden zerstört und weitere 26 beschädigt. Außerdem wurden ein Munitionsdepot und 900.000 Liter Flugbenzin vernichtet.[16]

Im August verlegt das gesamte Geschwader an die Westfront. Einsatzhäfen waren Toul (Lage), Nancy (Lage) und Verdun[17] (Lage). Aber schon Ende August schulte das Geschwader auf den Einsatz mit der V1 um. Diese waren an der Tragfläche, zwischen dem Rumpf und dem Motor untergehängt und wurden in 500 m Höhe über der Nordsee ausgeklingt. V1-Angriffe dieser Art auf London flog es von norddeutschen Fliegerhorsten wie Ahlhorn (Lage), Bad Zwischenahn (Lage), Varrelbusch (Lage), Vechta (Lage), Eggebek (Lage), Leck (Lage) und Schleswig (Lage)[18]

Am 5. Januar 1945 erfolgte der letzte Angriff auf London. Danach blieb das Geschwader auf seinen norddeutschen Plätzen und griff von hier aus in die Kämpfe im Osten ein. Am 15. März erfolgte die Auflösung.[19]

Kommandeure

Geschwaderkommodore

Dienstgrad Name Zeit
Oberst Philipp Zoch 1. Mai 1939 bis 31. Juli 1939
Oberst Erich Stahl 1. August 1939 bis Dezember 1940
Oberst Paul Weitkus 15. Dezember 1940 bis 31. Oktober 1942
Oberst Karl-Eduard Wilke 1. November 1942 bis 31. März 1943
Oberstleutnant Fritz Pockrandt 14. April 1943 bis 15. März 1945

Gruppenkommandeure

I. Gruppe
  • Oberstleutnant Karl Mehnert, 1. Mai 1939 bis 10. Mai 1940
  • Oberstleutnant Erich Kaufmann, 16. Mai 1940 bis Dezember 1941
  • Major Joachim Wienholtz, Dezember 1941 bis 30. März 1942
  • Major Fritz Pockrandt, 11. April 1942 bis 13. April 1943
  • Major Karl Rauer, 17. April 1943 bis September 1944
  • Major Martin Vetter, 15. Oktober 1944 bis März 1945
II. Gruppe
  • Oberstleutnant Wilhelm Kohlbach, 1. Mai 1939 bis Juli 1940
  • Major Reinhold Tamm, 23. Juli 1940 bis 18. August 1940
  • Major Hans Steinweg, 18. September 1940 bis Juli 1941
  • Oberstleutnant Hans Bader, 25. Juli 1941 bis Mai 1942
  • Oberstleutnant Schulz-Müllensiefen, Mai 1942 bis 14. April 1943
  • Major Herbert Wittmann, 25. Mai 1943 bis März 1945
III. Gruppe
  • Major Friedrich Edler von Braun, 1. Mai 1939 bis März 1940
  • Major Willi Rohrbacher, März 1940 bis Februar 1941
  • Major Richard Fabian, Februar 1941 bis April 1942
  • Major Walter Brautkuhl, April 1942 bis 5. August 1942
  • Major Hans Waldforst, 17. August 1942 bis 13. September 1942
  • Major Hubert Mönch, 21. Oktober 1943 bis 27. Mai 1943
  • Major Emil Allmendinger, 24. Juni 1943 bis 18. März 1945
IV. Gruppe
  • Major Joachim Wienholtz, 21. März 1941 bis 3. Dezember 1941
  • Major Karl-Andreas Zahn, 4. Dezember 1941 bis 11. April 1943
  • Major Ludwig Grözinger, 12. April 1943 bis 20. August 1944

Bekannte Geschwaderangehörige

Literatur

  • Wolfgang Dierich: Die Verbände der Luftwaffe 1935–1945. Gliederungen und Kurzchroniken ein Dokument. Hrsg.: Wolfgang Dierich. Verlag Heinz Nickel, Zweibrücken 1993, ISBN 3-925480-15-3 (703 S.).
  • H. L. de Zeng, D. G. Stankey, E. J. Creek: Bomber Units of the Luftwaffe 1933–1945. A Reference Source, Volume 1. Ian Allan Publishing, 2007, ISBN 978-1-85780-279-5 (englisch).

Einzelnachweise

  1. a b c d e Wolfgang Dierich, S. 124–125.
  2. Bernhard R. Kroener: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 5/1, Hrsg.: Militärgeschichtliches Forschungsamt, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1988, ISBN 3-421-06232-3, S. 718–719.
  3. Leo Niehorster: Battle for France, German Order of Battle, 3rd Air Force, II Air Corps, 10 May 1940. 4. November 2010, abgerufen am 8. Januar 2017 (englisch).
  4. Ulf Balke: Der Luftkrieg in Europa 1939–1941. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-86047-591-6, S. 408 (1057 S.).
  5. Leo Niehorster: German Air Force, Order of Battle, 2nd Air Fleet, II Air Corps, 22 June 1941. 1. Oktober 2010, abgerufen am 8. Januar 2017 (englisch).
  6. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 413–415, abgerufen am 14. März 2020.
  7. Horst Boog, Jürgen Förster, Joachim Hoffmann, Ernst Klink, Rolf-Dieter Müller, Gerd R. Ueberschär: Der Angriff auf die Sowjetunion. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1983, ISBN 3-421-06098-3, S. 678.
  8. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 607, abgerufen am 14. März 2020.
  9. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 301–302, abgerufen am 14. März 2020.
  10. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 154–156, abgerufen am 14. März 2020.
  11. Horst Boog: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Das Deutsche Reich in der Defensive, Band 7, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 2001, ISBN 3-421-05507-6, S. 347.
  12. A. V. Fedorčuk: Jaroslavlʹ. Istorija tvoego goroda, Akademija Razvitij, ISBN 5-7797-0630-1, S. 79
  13. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935-45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 482–483, abgerufen am 15. März 2020.
  14. Karl-Heinz Frieser, Klaus Schmider und Klaus Schönherr: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 8: „Die Ostfront 1943/44 – Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten.“ Hrsg.: Militärgeschichtliches Forschungsamt, DVA 2007, ISBN 978-3-421-06235-2, S. 90–92.
  15. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935-45, Poland S. 42–43, abgerufen am 15. März 2020.
  16. Horst Boog: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 7. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 2001, S. 364.
  17. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935-45, France (with Corsica and Channel Islands) S. 370, abgerufen am 17. März 2020.
  18. Horst Boog, Gerhard Krebs, Detlef Vogel: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 7, dva, Stuttgart 2001, ISBN 3-421-05507-6, S. 392.
  19. Wolfgang Dierich, S. 126.