Einjähriges Bingelkraut
Einjähriges Bingelkraut | ||||||||||||
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Einjähriges Bingelkraut (Mercurialis annua), weibliche (links) und männliche (rechts) Pflanze | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Mercurialis annua | ||||||||||||
L. |
Das Einjährige Bingelkraut (Mercurialis annua) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Bingelkräuter (Mercurialis), die keinen Milchsaft enthält, innerhalb der Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae).
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Das Einjährige Bingelkraut wächst als einjährige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 20 bis 50, meist etwa 30 Zentimetern erreicht. Im Gegensatz zu Euphorbia-Arten hat die Pflanze keinen Milchsaft.[1] Die vollkommen kahlen Pflanzen sind meist auf der ganzen Länge beblättert und verzweigt, wobei die Zweige meist steif nach schräg oben stehen. Der Stängel ist mehr oder weniger vierkantig. Die gesamte Pflanze ist hellgrün bis grasgrün, während das ähnliche Wald-Bingelkraut eher dunkelgrün ist. Die Laubblätter sind schmal eiförmig bis lanzettlich und am Rande stumpf gesägt. Weibliche Pflanzen haben schmalere Laubblätter als die männlichen.[1]
Generative Merkmale
Das Einjährige Bingelkraut ist meist, aber nicht immer zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch). Die Blüten der männlichen Pflanzen sitzen, zumeist in kleinen Knäueln angeordnet, in blattachselständigen Ähren, die allerdings die Laubblätter weit überragen. Die Blütenstände sind etwas länger und vielblütiger als beim Wald-Bingelkraut. Bei den weiblichen Pflanzen sitzen die Blüten in kleinen Knäueln in den Blattachseln. Die Einzelblüten sind unauffällig grünlich-gelblich und haben drei Blütenhüllblätter.
Die Blütezeit beginnt in Mitteleuropa im Juni und geht bis in den Herbst. Fruchtreife beginnt ab Juli.[1]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 16.[2]
Ökologie
Beim Einjährigen Bingelkraut handelt sich um einen Therophyt, der in Mitteleuropa nicht selten zwei Generationen pro Jahr bildet. Die Pflanze ist frostempfindlich. Das Einjährige Bingelkraut zeigt Geschlechtsdimorphismus, d. h. die Geschlechter sind deutlich unterschiedlich.[1] Die Pflanze wurzelt bis 50 Zentimeter tief.[2]
Es erfolgt meist Windbestäubung, aber auch Insektenbestäubung kommt vor. Die Kelchblätter haben innen ein Schwellgewebe, bei ihrer plötzlichen, explosionsartigen Öffnung reißen die Staubbeutel ab und werden fortgeschleudert. Pro Pflanze wurde die beachtliche Zahl von 1,3 Milliarden Pollenkörner errechnet. Pollenkitt ist vorhanden, die Pollenkörner werden je nach Wind einzeln oder in Klumpen verbreitet.[1]
Der Botaniker und Mediziner R. J. Camerarius (1665–1721) in Tübingen stellte im Jahre 1694 am Beispiel des Bingelkrauts über getrennte Kultur männlicher und weiblicher Pflanzen fest, dass es ohne das andere Geschlecht nicht zum Samenansatz kommt. Vor ihm hatte aber bereits der altgriechische Theophrast für die Dattelpalme dasselbe vermutet.[1]
Das Einjährige Bingelkraut ist ein Austrocknungsstreuer, seine Fruchtkapseln öffnen sich durch einen „Stoßmechanismus“, dabei werden die Samen bis 4 Meter weit fortgeschleudert. Weitere Ausbreitung der Samen erfolgt durch Ameisen. Die Samen sind langlebige Wärmekeimer. Auch Apomixis, also Samenbildung ohne Befruchtung wurde beobachtet.[1]
Vorkommen
Das Einjährige Bingelkraut stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Es ist seit dem 16. Jahrhundert in Mitteleuropa und nach Norden bis Skandinavien eingebürgert. In einigen Gebieten Nordamerikas ist es ein Neophyt.
Es wächst vor allem an stickstoffreichen, lehmigen und nicht allzu trockenen Ruderalstellen, beispielsweise als Unkraut in Gärten oder auf Äckern, oder auf Schuttplätzen. In Mitteleuropa ist es, außer in den Alpen, weit verbreitet. Es ist an nährstoffreichen Ruderalstellen nicht selten. Es ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Mercurialetum annuae aus dem Verband Fumario-Euphorbion, überregional ist es eine Charakterart der Klasse Chenopodietea.[2] In den Vogesen steigt die Art bis 1030 Metern Meereshöhe auf.[2]
Taxonomie
Die Erstveröffentlichung von Mercurialis annua erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum.[3]
Medizinische Bedeutung
Heilpflanze
In der Antike und im Mittelalter wurden getrocknete Pflanzen des Einjährigen Bingelkrautes als Heilpflanze vor allem gegen Frauenleiden und gegen Verdauungsprobleme (etwa Magenverstopfung) verwendet. Das Bingelkraut galt als Mittel zum schnellen Anregen der Monatsblutung, zudem wurde es bei Augenbeschwerden und verstopftem Gehörgang eingesetzt.[4]
Giftigkeit
Dagegen ist das frische Bingelkraut schwach giftig und kann unter Umständen bei Weidevieh zu Vergiftungen führen.[5]
Quellen
Literatur
- Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
- Rudolf Schubert, Klaus Werner, Hermann Meusel (Hrsg.): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Begründet von Werner Rothmaler. 14. Auflage. Band 2: Gefäßpflanzen. Volk und Wissen, Berlin 1988, ISBN 3-06-012539-2.
- Werner Rauh, Karlheinz Senghas: Flora von Deutschland und seinen angrenzenden Gebieten. Begründet von Otto Schmeil, Jost Fitschen. 84. Auflage. Quelle & Meyer, Heidelberg 1968.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 505–506.
- ↑ a b c d Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 634.
- ↑ Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 1035 (Digitalisat ).
- ↑ Hans Zotter: Antike Medizin. Die medizinische Sammelhandschrift Cod. Vindobonensis 93 in lateinischer und deutscher Sprache. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1980 (= Interpretationes ad codices. Band 2); 2., verbesserte Auflage ebenda 1986, ISBN 3-201-01310-2, S. 150 f. (zur Pflanze Mercurialis)
- ↑ Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Vorkommen, Wirkung, Therapie, allergische und phototoxische Reaktionen; neu: mit Sonderteil über Gifttiere. 5. erweiterte Auflage. Nikol, Hamburg 2008, ISBN 978-3-86820-009-6, S. 495–496.
Weblinks
- Einjähriges Bingelkraut. FloraWeb.de
- Verbreitungskarte für Deutschland. In: Floraweb.
- Mercurialis annua L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants. 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei Den virtuella floran. (schwed.)
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Heilkraeuter.de - Bingelkraut.
- USDA Natural Resources Conversation Service - Mercurialis annua.
- Neophyten.