Mietbelastungsquote

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Anteil der deutschen Mieterhaushalte aus dem freien Wohnungsmarkt mit einer Überbelastung durch alle das Wohnen betreffende Kosten (Miete, Heizkosten etc.).[1] Eine Überbelastung liegt vor, wenn die Wohnkosten höher als 40 % des verfügbaren Haushaltseinkommens sind. Diese Kennzahl entspricht dem Eurostat-Indikator "Housing cost overburden rate".

Die Mietbelastungsquote ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, welche den Anteil der Wohnungsmiete am Jahreseinkommen eines Privathaushalts wiedergibt.

Allgemeines

Einige Kennzahlen sind bei der privaten Finanzplanung und privaten Liquiditätsrechnung von Privatpersonen von wesentlicher Bedeutung. Dazu gehören unter anderem der Schuldendienstdeckungsgrad (betrifft Kreditzinsen und Tilgungen bei aufgenommenen Krediten) und die Mietbelastungsquote. Letztere liefert Hinweise auf die finanzielle Belastung von Privathaushalten durch Wohnen und zeigt den finanziellen Spielraum für andere Ausgabenzwecke.[2] Kennzahlen wie diese sollen Privatpersonen signalisieren, ob sie mietbedingte Finanzierungsrisiken besitzen, welche die Gefahr einer Privatinsolvenz in sich bergen können. Deshalb untersucht die Finanzanalyse bestimmte Ausgabengruppen, um deren Anteil am Einkommen zu ermitteln.

Die Bedeutung des Schuldendienstdeckungsgrads nimmt zu, wenn bei konstantem Einkommen das Zinsniveau steigt. Entsprechend steigt die Mietbelastungsquote, wenn Wohnungsmieten etwa wegen Wohnraummangels überproportional zum Einkommenszuwachs steigen.

Rechtsfragen

Auch das Mietrecht befasst sich mit der Mietbelastung. Ein angespannter Wohnungsmarkt im Sinne des § 556d BGB liegt insbesondere dann vor, wenn die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt, die durchschnittliche Mietbelastung der Privathaushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt, die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird oder geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Berechnung

Gegenübergestellt werden bei der Mietbelastungsquote das Nettoeinkommen und die Bruttokaltmiete Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): {\displaystyle BKM} .[3] Das Nettoeinkommen steht dem Haushalt nach Abzug aller Abgaben, Steuern und Beiträge für Pflichtversicherungen zur Verfügung. Die Bruttokaltmiete besteht aus der Nettokaltmiete und den kalten Nebenkosten (außer Heiz- und Warmwasserkosten), wobei etwaige Nachzahlungen zu berücksichtigen sind:

.

Je höher die Mietbelastungsquote bei konstantem Einkommen anwächst, umso mehr steigen die Finanzierungsrisiken und umgekehrt. Der Haushalt kann dadurch weniger sparen oder muss seine Konsumausgaben senken.

Wirtschaftliche Aspekte

Bereits Hermann Schwabe formulierte 1868 das Schwabesche Gesetz, wonach der Anteil der Wohnungsausgaben (Miete und Nebenkosten) mit steigendem Einkommen prozentual abnimmt. „Je ärmer jemand ist, desto größer ist die Summe, welche er im Verhältnis zu seinem Einkommen verausgaben muss“.[4]

Die vertretbare Mietbelastungsquote liegt bei maximal 30 % des Nettoeinkommens. Kreditinstitute legen diese Mietbelastungsquote ihren Kreditwürdigkeitsprüfungen und ihren Kreditscorings zugrunde. Darüber hinausgehende Quoten stellen eine Überbelastung dar und bedeuten ein erhebliches Finanzierungsrisiko des Privathaushalts, das die Kreditwürdigkeit einschränkt. Kommt es zu Einkommenseinbußen (ausbleibende Gratifikationen oder Prämien, Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosigkeit), steigt bei konstant bleibender Bruttokaltmiete die Mietbelastungsquote und umgekehrt. Die Folge können Mietrückstände und Kündigung von Mietverträgen sein.

Die Mietbelastungsquote variiert einerseits mit der Größe des Privathaushalts. Ein Einpersonenhaushalt musste 2018 eine Quote von 31,1 % tragen, 2 Personen 23,3 %, 3 Personen 23,1 % und 4 Personen 22,6 %.[5] Andererseits ist sie in Ballungsgebieten wie Großstädten höher als auf dem Land. Veränderungen der Wohnfläche und der Wohnqualität wirken sich ebenfalls auf die Mietbelastungsquote aus.[6] Außerdem weisen einkommensschwache Haushalte tendenziell höhere Mietbelastungsquoten auf.

Statistik

Aus einer Studie zu den Wohnverhältnissen ergeben sich für deutsche Großstädte folgende Mietbelastungsquoten:[7][8]

Stadt Mietbelastungsquote
in % (2014)
Mietbelastungsquote
in % (2018)
Anteil der Haushalte
mit einer Mietbelastungsquote
von über 30 %
Durchschnittliche Mietbelastungsquote 25,2 27,2
Berlin 30,3 43,8 44 %
Bonn 30,3 45,5 45 %
Bremen 29,1 47,5 48 %
Bremerhaven 31,0 46,5 46 %
Düsseldorf 29,2 38,8 45 %
Frankfurt am Main 28,8 42,1
Freiburg im Breisgau 25,8 41,5
Hamburg 28,6 42,8
Köln 31,0 48,4 46 %
München 29,1 40,5
Neuss 30,1 49,0 50 %
Offenbach am Main 28,7 45,6 44 %

Veränderungen der Mietbelastungsquote ergeben sich auch aus einer Veränderung der der Quote zugrunde liegenden Größen. Düsseldorf beispielsweise weist 2018 eine um fast 10 Prozentpunkte niedrigere Mietbelastungsquote als Köln auf, obwohl das Mietpreisniveau in beiden Städten kaum voneinander abweicht. Grund ist das Einkommensniveau (Pro-Kopf-Einkommen), das in Düsseldorf höher liegt als in Köln.

International

Eurostat und OECD gehen von einer maximal tragbaren Mietbelastungsquote (englisch Housing Cost Burden) von 40 % aus. Darüber liegt eine Überbelastung (englisch overburden) vor, die 2015 mit 40,9 % lediglich Griechenland vorzuweisen hatte.[9] Es folgten Finnland (32 %), Niederlande und Norwegen (jeweils 30 %).[10] Während in Deutschland etwas mehr als 20 % der Bevölkerung eine Mietbelastungsquote von mehr als 40 % zu tragen hat, sind in Griechenland weit über 80 % der Bevölkerung überbelastet. Besonders hohe Mieten weisen 2018 Paris (27,80 Euro/m²), Oslo (25,30 Euro/m²), Trondheim (21,30 Euro/m²) oder London (20,10 Euro/m²) auf.[11] In London gibt es entsprechend eine Mietbelastungsquote von 45 %.

Einzelnachweise

  1. Lebenslagen in Deutschland – Fünfter Armuts- und Reichtumsbericht. In: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Drucksache 18/11980. Bundesanzeiger Verlag GmbH, Berlin 2017 (bundestag.de [PDF]).
  2. Julian Stengel, Akteursbasierte Simulation der energetischen Modernisierung des Wohnungsgebäudebestands in Deutschland, 2014, S. 102
  3. Statistisches Bundesamt, Einkommen, Konsum und Lebensbedingungen: Mietbelastungsquote, Mai 2020
  4. Hermann Schwabe, Das Verhältnis von Miete und Einkommen in Berlin, in: Gemeindekalender und städtisches Jahrbuch, 1868, S. 266
  5. Statista, Mietbelastungsquote der privaten Haushalte in Deutschland im Jahr 2018 nach Haushaltsgröße, 2020
  6. Helmut W. Jenkis (Hrsg.), Kompendium der Wohnungswirtschaft, 1996, S. 193
  7. Andrej Holm/Stephan Junker, Working Paper I: Wohnverhältnisse in Deutschland – Eine Analyse der sozialen Lage in 77 Großstädten, 2019
  8. Statista vom 26. März 2019, In diesen Städten ist die Mietbelastung am höchsten
  9. Eurostat, Housing costs - an excessive burden for 11 % of Europeans, März 2017, abgerufen am 14. März 2020
  10. OECD (Hrsg.), Affordable Housing Database, Dezember 2019, S. 1
  11. Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Wohnen in der Sackgasse? Holzwege, Irrwege, Auswege, November 2019, S. 8