Ober-Hörgern

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Oberhörgern)
Ober-Hörgern
Koordinaten: 50° 27′ 51″ N, 8° 45′ 5″ O
Höhe: 162 (150–171) m ü. NHN
Fläche: 3,25 km²[1]
Einwohner: 398 (30. Jun. 2020)[2]
Bevölkerungsdichte: 122 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 35516
Vorwahl: 06004
Das Bild bitte nur als Dateipfad angeben!

Ober-Hörgern ist der kleinste Stadtteil von Münzenberg im südhessischen Wetteraukreis.

Geografie

Das Straßendorf liegt nordwestlich von Münzenberg in der Wetterau auf der Nordseite des Wettertales.

Verkehr

Nördlich des Ortes verläuft die Bundesautobahn 45. Durch den Ort führt die Bundesstraße 488.

Geschichte

Die älteste erhaltene Erwähnung des Dorfes stammt aus dem Jahr 1222, als in einer Schenkungsurkunde für das Kloster Arnsburg erstmals der Name Hörgern genannt wird. Seit 1271 wird zwischen Ober- und Nieder-Hörgern unterschieden. Nieder-Hörgern fiel um 1400 wüst.

Die Evangelisch-reformierte Kirche wurde im Jahr 1729 anstelle eines mittelalterlichen Vorgängerbaus errichtet. Nur der gotische Flankenturm wurde beibehalten. Er erhielt im Jahr 1778 einen neuen Helmaufbau.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Ober-Hörgern:

„Oberborgern (L. Bez. Hungen) evangel. Filialdorf; liegt an der Wetter 2 St. von Hungen und gehört dem Fürsten von Solms-Lich, hat 51 Häuser und 323 evangelische Einwohner, so wie 1 Kirche, 1 Rathhaus, 2 Backhäuser und 3 Mühlen und in der Gemarkung eine reichhaltige Salzquelle, die aber nicht benutzt wird. Im Jahr 1806 kam der Ort unter Hess. Hoheit.“[3]

Gebietsreform

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Ober-Hörgern im Landkreis Gießen zum 21. Dezember 1971 auf freiwilliger Basis in die zuvor neu neugebildete Stadt Münzenberg im Landkreis Friedberg eingegliedert.[1] Für Ober-Hörgern wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[4]

Territorialgeschichte und Verwaltung

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Ober-Hörgern lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][5][6]

Gerichte seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Ober-Hörgern ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Hohensolms-Lich“ in Nieder-Weisel zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die zweite Instanz für die Patrimonialgerichte waren die standesherrlichen Justizkanzleien. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. Ab 1822 ließen die Fürsten Solms-Hohensolms-Lich ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Lich“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Ober-Hörgern zuständig war. Auch auf sein Recht auf die zweite Instanz, die durch die Justizkanzlei in Hungen ausgeübt wurde verzichtete der Fürst 1823.[10] Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[11]

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Lich“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen. Gleichjzeitig wechselte Ober-Hörgern in den Sprengel des nunmehrigen Amtsgerichts Butzbach.[12] 2004 wurde das Amtsgericht Butzbach aufgelöst und in das Amtsgericht Friedberg integriert. Jetzt sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerentwicklung

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Ober-Hörgern 378 Einwohner. Darunter waren 9 (2,4 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 57 Einwohner unter 18 Jahren, 141 waren zwischen 18 und 49, 102 zwischen 50 und 78 und 618 Einwohner waren älter.[13] Die Einwohner lebten in 159 Haushalten. Davon waren 36 Singlehaushalte, 57 Paare ohne Kinder und 48 Paare mit Kindern, sowie 12 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 27 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 102 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[14]

Einwohnerzahlen

Ober-Hörgern: Einwohnerzahlen von 1830 bis 2020
Jahr  Einwohner
1830
  
323
1834
  
315
1840
  
337
1846
  
358
1852
  
350
1858
  
337
1864
  
345
1871
  
345
1875
  
353
1885
  
349
1895
  
321
1905
  
350
1910
  
364
1925
  
333
1939
  
330
1946
  
620
1950
  
585
1956
  
457
1961
  
361
1967
  
347
1970
  
344
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2007
  
386
2011
  
378
2015
  
388
2020
  
398
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Stadt Münzenberg[15]; Zensus 2011[13]

Religionszugehörigkeit

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1830: 323 evangelische Einwohner
• 1961: 288 evangelische, 71 katholische Einwohner

Erwerbstätigkeit

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1961: Erwerbspersonen: 124 Land- und Forstwirtschaft, 61 Produzierendes Gewerbe, 20 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 9 Dienstleistungen und Sonstiges.

Religion

Ober-Hörgern gehört zum Kirchspiel Gambach.

Wappen

Am 7. März 1966 wurde der Gemeinde Ober-Hörgern im Landkreis Gießen ein Wappen mit folgender Blasonierung verliehen: Auf blauem Schild ein goldener, von links nach rechts gewendeter, durch einen goldenen Steigbügel laufender Gurt, beseitet von 6 weißen sechseckigen Salzkristallen (3:3).[16]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Ober-Hörgern wurde Sieger im vom hr-fernsehen ausgerichteten Wettbewerb Dolles Dorf 2016.[17]

Kulturdenkmäler

  • Südlich des Dorfes liegt die Doppelmühle. Zu ihr führt eine Bruchsteinbrücke über die Wetter.

Infrastruktur

Söhne und Töchter des Ortes

  • Wilhelm Fenchel (1873–1938), hessischer Politiker (HBB, DVP) und ehemaliger Abgeordneter des Landtags des Volksstaates Hessen in der Weimarer Republik sowie der 2. Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen
  • Rudolf Mulch (1907–1989), deutscher Dialektologe und Lexikograph.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Ober-Hörgern, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Stadt Münzenberg, abgerufen im Januar 2021.
  3. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 219 (Online bei google books).
  4. Hauptsatzung. (PDF; 45 kB) § 5. In: Webauftritt. Stadt Münzenberg, abgerufen im Januar 2021.
  5. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  6. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
  7. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 22, 438 f. (Online bei google books).
  8. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 424 (online bei Google Books).
  9. Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 135 (online bei Google Books).
  10. Theodor Hartleben (Hrsg.): Allgemeine deutsche Justiz-, Kameral- und Polizeifama, Teil 1. Band 2. Johann Andreas Kranzbühler, 1832, S. 271 (online bei Google Books).
  11. Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
  12. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  13. a b Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt;
  14. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt;
  15. Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Stadt Münzenberg, archiviert vom Original; abgerufen im Januar 2021. (Zahlen aus Web-Archiv)
  16. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Ober-Hörgern, Landkreis Gießen, Regierungsbezirk Darmstadt vom 4. März 1966. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1966 Nr. 12, S. 385, Punkt 250 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,1 MB]).
  17. Dolles Dorf 2016

Weblinks

  1.  Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!