Deutsche Stiftung Patientenschutz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Deutsche Stiftung Patientenschutz
Patientenschutz-Logo
Rechtsform: Stiftung bürgerlichen Rechts
Zweck: Die Stiftung dient sozialen Zwecken auf dem Gebiet der Sorge für alte, schwerstkranke, pflegebedürftige und sterbende Menschen. Sie bezieht Stellung für deren Selbstbestimmung sowie für den Schutz vor Willkür und Inhumanität. Stiftungszweck ist auch das Eintreten gegen die Liberalisierung von Euthanasie[1]
Vorsitz: Harald Schliemann, Vorsitzender des Stiftungsrates
Geschäftsführung: Eugen Brysch, Vorstand
Bestehen: 1995
Stifter: Malteserorden
Sitz: Dortmund
Website: stiftung-patientenschutz.de

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz (früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung) ist eine durch den Malteserorden gegründete Organisation zur Interessenvertretung von schwerstkranken, pflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Sie nimmt Einfluss auf Politik, Krankenkassen und Leistungserbringer, um das Gesundheitswesen im Interesse der Pflegebedürftigen und Sterbenden zu verbessern.[2][3]

Geschichte

Gegründet wurde die Stiftung 1995 als Deutsche Hospiz Stiftung[4] durch den Malteserorden, der eine Anschubfinanzierung geleistet hat. Heute finanziert sich die Stiftung ausschließlich aus Zinsen ihres Vermögens, Spenden und Beiträgen von mehr als 55.000 Mitgliedern und Förderern. Sie verzichtet auf Gelder der Leistungserbringer und Krankenkassen, der Kirchen oder der öffentlichen Hand. Hierdurch will sie nach eigenen Angaben ihre Unabhängigkeit bewahren.[5]

Im Jahr 2009 erfolgte die Umbenennung in Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung. Damit sollte unterstrichen werden, dass die Stiftung sich nicht als Dachverband oder Interessensvertretung hospizlicher Einrichtungen, sondern als Sprecherin schwerstkranker Menschen versteht.

Im September 2012 gab die Organisation bekannt, dass sie sich künftig Deutsche Stiftung Patientenschutz nennen wolle.[6] Als Stiftungsorgane wirken ein Alleinvorstand und ein neunköpfiger Stiftungsrat unter dem Vorsitz von Harald Schliemann.[7] Es gilt nach der veröffentlichten Satzung weiter die Einschränkung der Klientel auf schwere Fälle.

Selbstverständnis

Die Stiftung begreift Hospiz „nicht bloß als bestimmten Ort, sondern vor allem als Synonym für Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende“.[4] Sie ist keine Organisation der Patientenselbsthilfe. In einer Selbstdarstellung schreibt die Stiftung, da Schwerstkranke, Pflegebedürftige und Sterbende sich nicht selbst organisieren können, stehe sie als „fachkundige Beraterin, erfahrene Fürsprecherin und starke Lobby“ an deren Seite.[5] Der Stiftungsratsvorsitzende Harald Schliemann sagt, es gehe darum, diesen Menschen eine Stimme zu geben und ihre Anliegen gegenüber Leistungserbringern und Kostenträgern zu vertreten.[8]

Jährlich sterben in Deutschland circa 870.000 Menschen. Etwa 60 Prozent von ihnen, also rund 522.000 Menschen, würden nach Angaben der Stiftung in ihren letzten Wochen, Monaten und Jahren professionelle Schmerzmedizin, menschliche Zuwendung und palliative Versorgung benötigen. Tatsächlich würden aber nur insgesamt 79 000 Sterbende pro Jahr in einer Palliativstation (28 000), im Hospiz (25 000) oder durch einen ambulanten Dienst (26 000) versorgt. 443 000 Sterbende jährlich blieben ohne palliative Hilfe.[9]

Aufgrund dessen fordert die Stiftung, nicht allein auf mehr Hospize und Palliativstationen zu setzen, sondern einen „grundlegenden Wandel in der Gesundheitsversorgung der Betroffenen“ herbeizuführen. Die Stiftung verlangt einen Aktionsplan Palliativversorgung, der sicherstelle, dass bis 2020[veraltet] die Hälfte der Sterbenden tatsächlich die notwendige Hilfe erhalte.[9] Dringend benötigt würden „mobile palliative medizinische und pflegerische Teams, die dort im Einsatz sind, wo tatsächlich gestorben wird – in Pflegeheimen, Krankenhäusern und zu Hause“. Zusätzlich müssten die Angebote der bestehenden Einrichtungen des Gesundheitswesens auf die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen ausgerichtet werden.[10]

Die Stiftung lehnt ein Recht auf aktive Sterbehilfe ab und fordert, dass diese in Deutschland strafbar bleibt.[11]

Tätigkeiten

Laut ihrer Satzung dient die Stiftung „sozialen Zwecken auf dem Gebiet der Sorge für alte, schwerstkranke, schwerstpflegebedürftige und sterbende Menschen“.[1] Dieser Stiftungszweck soll laut Satzung durch unterschiedliche Tätigkeiten verwirklicht werden, wie zum Beispiel durch das Patientenschutztelefon, durch die Vertretung der Mitglieder des Fördervereins der Stiftung sowie durch Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit.

Patientenschutztelefon

Am bundesweiten Patientenschutztelefon erhalten Betroffene und deren Angehörige kostenfrei Rat bei Fragen rund um Vorsorge, schwere Krankheit oder Pflege. Die Themen reichen von der Beratung zur Patientenverfügung bis hin zur direkten Intervention in Konfliktfällen.[12] Laut Aussagen der Stiftung arbeiten dort Experten aus den Bereichen Pflege, Recht und Seelsorge mit jahrelanger Erfahrung im Patientenschutz.[13]

Schiedsstelle Patientenverfügung

An die Schiedsstelle Patientenverfügung können sich sowohl Ärzte als auch Angehörige wenden, wenn es bei der Auslegung einer Patientenverfügung zu Konflikten kommt. Im Streitfall prüfen Mitarbeiter der Stiftung nach eigenen Angaben jede Patientenverfügung innerhalb von zwei Werktagen. So sollen drohende gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden, wenn sich behandelnder Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigter uneins sind über die Auslegung einer Verfügung.

Service Versicherungsfragen

Schwerkranke und pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen haben oftmals Probleme mit ihrer Kranken- und Pflegeversicherung.[14] Es geht dabei auch um Leistungsansprüche, zum Beispiel die Bezahlung eines Hospizaufenthalts, um die Pflegestufe oder um die Bewilligung eines Hilfsmittels. Die Stiftung bietet hier ebenso Hilfe an wie bei der Klärung des Rechtsanspruchs auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung, bei der gesetzlich und privat versicherte Patienten unterschiedlich abgesichert sind.[15] Es ist jedoch nicht die Aufgabe der selbsternannten Patientenschützer, bestimmte Krankenkassen oder Zusatzversicherungen zu empfehlen.

Öffentliche Stellungnahmen

Befürchtung schleichender Triage von COVID-19-Patienten in Pflegeheimen

In einem Beitrag über versteckte COVID-19-Triage in Pflegeheimen in der Fernsehsendung FAKT vom 26. Januar 2021 kam der Vorstand Eugen Brysch zu Wort: „Es steht zu befürchten, dass einer sehr großen Zahl von COVID-19-Patienten in Pflegeeinrichtungen eine adäquate stationäre Versorgung in Krankenhäusern versagt wird, […] dass da eine Triage im Pflegeheim stattfindet […]“. Besonders warnte er davor, dass ein schleichender Prozess diese Triage zu einem nicht ausgesprochenen Brauch machen könnte.[16] Die Grünen-Politikerin Corinna Rüffer (MdB) äußerte sich mit ähnlichen Befürchtungen.

Erfolge

Im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber einen Rechtsanspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung für jeden Versicherten festgeschrieben.[17] Dazu wurden Vorschläge aus einem Entwurf für ein Palliativleistungsgesetz der Deutschen Hospiz Stiftung[18] aufgegriffen.

Am 18. Juni 2009 hat der Bundestag ein Patientenverfügungsgesetz beschlossen. Bereits vier Jahre vorher hatte die Stiftung einen eigenen Gesetzentwurf[19] präsentiert. Auch wenn nicht alle inhaltlichen Forderungen erfüllt wurden, so zeigt sich die Stiftung zumindest dahingehend zufrieden, dass durch das Gesetz wenigstens Leitplanken eingezogen sind, an denen sich Betroffene, Angehörige, Ärzte und Vormundschaftsrichter orientieren können. Insbesondere wurden die Vorschläge für die inhaltliche Gestaltung einer Patientenverfügung durch das Gesetz realisiert.

Das Bundesamt für Justiz erteilte zum 15. Mai 2013 der Stiftung das Verbandsklagerecht.[20]

Kritik

Im Mai 2014 veröffentlichte die Zeitschrift Der Spiegel in dem Artikel Bodentruppe der Industrie massive Kritik an der Stiftung. 2013 sponserte das Pharmaunternehmen Grünenthal die Stiftung mit 40.000 Euro. Der ehemalige langjährige Geschäftsführer von Grünenthal, Michael Wirtz, mit 13,5 % größter Anteilseigner der Pharmafirma, ist Mitglied im Stiftungsrat. In den Gremien der Stiftung befinden sich außer der Schirmherrin Uschi Glas auch Unternehmer und ehemalige Politiker. So war bis Mai 2016 Eugen Münch, Aufsichtsratsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG, als stellvertretender Stiftungsratsvorsitzender aktiv. Der Spiegel fragte: „Haben der Mitbesitzer eines Pharmakonzerns und der Mitbesitzer einer Klinikkette dabei ausschließlich die Interessen kranker Menschen im Auge?“ Hingegen befindet sich in den Gremien der Stiftung kein einziger Patientenvertreter oder Angehörige von betroffenen Patienten.[21]

Die Stiftung weist die Kritik auf ihrer Internetseite zurück und betont, eine Einflussnahme der Grünenthal GmbH auf ihre Arbeit habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Die Spende des Unternehmens im Jahr 2013 entspreche einem Anteil von 1,6 Prozent ihrer Gesamteinnahmen. Grünenthal unterstütze seit Jahren auch andere Organisationen mit Spenden, beispielsweise die Hospizstiftung Region Aachen,[22] den Bundesverband Kinderhospiz oder die Deutsche PalliativStiftung. Die Stiftung nehme die Kritik jedoch zum Anlass, ab 2014 auf Spenden der Grünenthal GmbH zu verzichten. Daneben gebe es keine weiteren Unternehmen, die der Organisation größere Spenden zukommen ließen.[5]

Im Februar 2014 beantragte die Stiftung beim Bundesministerium für Gesundheit als fünfter Verband für die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt zu werden, welcher in vielen Bereichen über den Leistungsanspruch der gesetzlich krankenversicherten Menschen rechtsverbindlich zu entscheiden hat. Im März 2014 erfolgte ein Ablehnungsbescheid des BMG, die Stiftung als maßgebliche Patientenvertretung anzuerkennen. Laut BMG müssen maßgebliche Patientenvertretungsverbände die Belange von Patienten nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend fördern. Laut BMG sei dies „bei der Antragstellerin nicht der Fall“. Diese Behauptung wurde in einem Klageverfahren widerlegt: Im April 2014 verklagte die Stiftung das BMG vor dem Sozialgericht Düsseldorf.[23][24] Auch wenn der Stiftung aus strukturellen Gründen („mangels Mitgliederkreis“) ein Sitz im Gemeinsamen Bundesausschuss verwehrt bleibt, so stellt das Sozialgericht Düsseldorf in seinem Urteil von Juni 2018 fest, dass die Deutsche Stiftung Patientenschutz ideell und nicht nur vorübergehend die Belange von Patienten fördert und die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet. Auch sind sich alle Beteiligten einig, dass die Stiftung „durch Offenlegung ihrer Finanzierung nachweisen [kann], dass sie neutral und unabhängig [arbeitet]“.[25]

Auszeichnungen

  • Arnold-Janssen-Preis (Mai 2008)[26]
  • Springer Charity-Award (Oktober 2009)[27]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Deutsche Stiftung Patientenschutz Auszug aus der Satzung vom 20.12.2012 (PDF; 38 kB)
  2. Eine Lobby für Sterbende und Schwerstkranke. In: Ärztezeitung. 28. August 2009.
  3. Deutsche Hospiz-Stiftung kritisiert Kompromiss zu Organspenderecht. In: Der Westen. 24. November 2011.
  4. a b Deutsche Hospiz Stiftung benennt sich um in Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung. Pressemitteilung 45-09 der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, 15. Dezember 2009.
  5. a b c Wie finanziert die Deutsche Stiftung Patientenschutz ihre Arbeit? In: Patientenschutz-Info-Dienst 03/2014 vom 12. September 2014.
  6. stiftung-patientenschutz.de Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung wird die Deutsche Stiftung Patientenschutz
  7. Organigramm der Stiftung Patientenschutz. November 2018, abgerufen am 3. Dezember 2018.
  8. Christoph Arens: Sprachrohr für Schwerstkranke – Hospiz Stiftung will keine Hospiz Stiftung mehr sein. In: Domradio. 20. September 2012, abgerufen am 21. September 2014.
  9. a b Eva Quadbeck: Im Spezialzentrum steigt die Lebenserwartung: Krebskranke brauchen bessere Therapie. In: RP Online. 6. September 2013, abgerufen am 1. Januar 2014.
  10. Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz-Stiftung stellt Aktionsplan auf. In: Tageblatt. 9. Februar 2012.
  11. Sterbehilfe. In: Deutsche Stiftung Patientenschutz. Abgerufen am 12. August 2022.
  12. bild.de 27.000 Anfragen am Patientenschutztelefon, bild.de, 2012.
  13. stiftung-patientenschutz.de Patientenschutztelefon: offizielle Webseite
  14. handelsblatt.com Krankenkasse drängelt teure Kunden raus. 30. Oktober 2012.
  15. dgpalliativmedizin.de Drohende Versorgungslücke zu Lasten privat Versicherter. Deutsche PalliativStiftung, 6. Juni 2013.
  16. Link zur Sendung FAKT vom 26. Januar 2021 in der ARD Mediathek, das wörtliche Zitat um Minute 02:54 Sekunden – 03:16, die weitere Äußerung 06:03 – 06:51.
  17. Seit dem 1. September 2009 gilt das vom Deutschen Bundestag am 19.06.2009 beschlossene neue Gesetz zur Regelung der Patientenverfügung (3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts). auf: palliativ-portal.de
  18. Gesetz zur Verbesserung der palliativen und hospizlichen Leistungen (Palliativleistungsgesetz – PallLG) – Gesetzentwurf mit Begründung. (PDF; 291 kB) In: diakonie-wissen.de. Abgerufen am 14. Juni 2017.
  19. Gesetz zur Sicherung der Autonomie und Integrität von Patienten am Lebensende – Gesetzentwurf mit Begründung. (PDF; 253 kB) auf: hospize.de, 16. Juni 2005.
  20. Pressemitteilung der Stiftung und Bescheinigung des Bundesamts für Justiz zum Verbandsklagerecht vom 6. Mai 2013 (als PDF)
  21. Deutsche Stiftung Patientenschutz: Organigramm der Stiftung (Memento vom 6. November 2016 im Internet Archive), gesichtet am 6. November 2016 (als PDF)
  22. Hospizstiftung Region Aachen Offizielle Webseite, Stand 21. September 2014.
  23. Markus Grill: Bodentruppen der Industrie. In: Der Spiegel. Nr. 22, 2014, S. 68–69 (online). (Vorabmeldung: Mehr Pharmaspenden für Selbsthilfegruppen mit teuren Medikamenten.)
  24. Arno Fricke: GBA-Aufnahme – Patientenschützer verklagen Deutschland. In: aerztezeitung.de. 29. April 2014.
  25. Sozialgericht Düsseldorf: Urteil vom 12.06.2018 – Az.: S 11 KR 331/14. In: www.stiftung-patientenschutz.de. 25. Oktober 2018.
  26. Georg Kaster (Hrsg.): Sterben – an der oder durch die Hand des Menschen? Dokumentation der 3. Internationalen Gocher Gespräche. dialogverlag, Münster 2009, ISBN 978-3-937961-99-6, S. 226.
  27. Galenus-Preis und Charity-Award verliehen. In: aerztezeitung.de. 19. Oktober 2009.