Petrus Canisius

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Petrus Canisius
Petrus Canisius auf einem Kupferstich um 1600
Petrus Canisius auf einem Kupferstich um 1600
Geboren 8. Mai 1521 (Nimwegen, Herzogtum Geldern)
Seligsprechung 1864 durch Pius IX.
Heiligsprechung 1925 durch Pius XI.
Attribute Totenschädel, Kruzifix, Katechismus

Petrus Canisius, auch Petrus Kanisius, latinisiert aus Pieter Kanijs, auch P. Kanîs (* 8. Mai 1521 in Nimwegen, Herzogtum Geldern; † 21. Dezember 1597 in Freiburg im Üechtland, Schweiz), war ein Theologe und Schriftsteller, einer der ersten deutschen Jesuiten und einflussreicher geistlicher und politischer Vorkämpfer der Gegenreformation.[1] Auf ihn gehen die ersten katholischen Katechismen zurück. Der katholischen Kirche gilt Petrus Canisius nach Bonifatius als zweiter Apostel Deutschlands, Heiliger und Kirchenlehrer.

Name

Die heute noch von einigen Autoren vertretene Meinung, der nimwegische Familienname Kanis oder Canis leite sich von (de) Hondt (= Hund) oder sogar Hontjes (= Hunde) ab, ist widerlegt worden. Schon 1611 schrieb der Jesuit Jan Buys oder Busaeus aus Nimwegen, dass der Name Canis nicht von dem deutschen Wort Hundt abgeleitet werden könne, obwohl das Wappen einen Hund führt.[2] Der Name erscheint in den Akten von Nimwegen nur als Kanis, Canis, Kanijs oder Kanees, manchmal lateinisiert zu Canisius oder Kanisius.

Leben

Petrus Canisius war der Sohn des Bürgermeisters von Nimwegen. Sein Geburtsort lag damals in der Diözese Köln und somit im Heiligen Römischen Reich. Am Tag seiner Geburt wurde über Martin Luther in Worms die Reichsacht verhängt.

Am 8. Mai 1543, mit 22 Jahren, trat Petrus Canisius dem erst wenige Jahre zuvor gegründeten Orden der Jesuiten bei. Als achtes Mitglied der jungen Societas Jesu legte er im Pfarrhaus von St. Christoph in Mainz sein Gelübde ab.[3] Später legte Canisius als erster deutscher Ordensprovinzial (1556–1569) den Grundstein dafür, dass die Jesuiten die Gegenreformation in Deutschland maßgeblich bestimmten.

Im Januar 1547 berief der Bischof von Augsburg, Kardinal Otto Truchsess von Waldburg, Canisius zum Konzil von Trient. Um diese Zeit begann er, die latinisierte Form seines Namens zu verwenden.

Sterbezimmer des Petrus Canisius im Kollegium St-Michael (Freiburg im Uechtland)

Canisius war Rektor und Theologieprofessor der Universität Ingolstadt und zählte zu den ersten Jesuiten, die ab 1552 nach Wien beordert wurden, um die Gegenreformation voranzutreiben. In Wien baute er die darniederliegende katholische Fakultät neu auf, war erfolgreicher Prediger und gründete hier mit Unterstützung Ferdinands I. das erste Jesuitenkolleg im deutschen Sprachraum, das eines der wichtigsten Instrumente der Gegenreformation war. Das Bischofsamt lehnte er ab, die Ernennung zum Administrator der Diözese Wien für die Jahre 1554 bis 1555 akzeptierte er und war auch als Domprediger tätig.[4] Seine vielleicht bedeutendste Leistung in Wien war aber die Abfassung des ersten katholischen Katechismus, der ein jahrhundertelang erfolgreiches Buch blieb. Der „Kanisi“ war bis ins 20. Jahrhundert im deutschen Sprachraum Synonym für den Katechismus.[5]

Im Februar 1556 predigte Canisius im überfüllten Stephansdom und führte den neuen Dombaumeister Hans Saphoy in sein Amt ein. In der Folge wurde das Abhalten lutherischer Gottesdienste in privaten Bürgerhäusern und im Wiener Rathaus streng verboten.

Canisius entfaltete ein reges Wirken im süddeutschen Raum. Sowohl Kaiser Ferdinand I. als auch Papst Gregor XIII. vertrauten ihm die Kirchenpolitik an. Von 1559 bis 1566 war er Domprediger in Augsburg.[6]

Achtung schuf sich Petrus Canisius durch seine zurückhaltende Art im Umgang mit den Reformatoren, indem er nie von Ketzern oder Irrlehren sprach, sondern behutsam von „neuen Lehrern“ und „neuen Lehren“. Kirchliche Missstände prangerte er jedoch scharf und deutlich an. Sein Katechismus, der 1555 unter dem Titel Summa doctrinae christianae erschien, war als Antwort auf Luthers Großen Katechismus gedacht und wurde schon zu Lebzeiten 200 Mal nachgedruckt und ab 1591 vom Augsburger Fürstbischof Johann Otto von Gemmingen in den Schulen seines Machtbereiches eingeführt.

Gleichwohl war Canisius ein Verfechter der Hexenverfolgung. In seinen Augsburger Predigten machte er Hexen für Unwetter und Missernten verantwortlich und warf ihnen unter anderem Kindesmord und Kannibalismus vor. Dies trug zu einem Stimmungsumschwung zugunsten der Verfolgungsbefürworter im zuvor eher weltoffenen und humanistisch geprägten Augsburg bei.[7] Wolfgang Behringer sieht in Canisius’ Predigten der 1560er-Jahre eine Mitursache für den neuen Ausbruch des Hexenwahns in Mitteleuropa nach einer Latenzphase von zwei Generationen.[8]

Petrus Canisius im Dom zu Innsbruck
Die nach ihm benannte Kirche in Wien von der Canisiusgasse aus gesehen

In seinen letzten Lebensjahren gründete Canisius 1580 im Schweizer Freiburg das Kollegium Sankt Michael. Nach seinem Tod wurde Petrus Canisius in der Freiburger Universitätskirche St. Michael beigesetzt. 2021 wurde ein Teil der Reliquien in die Heilig-Grab-Kapelle der Freiburger St. Nikolaus-Kathedrale umgebettet.[9]

Der Kirchenrechtler und Historiker Heinrich Canisius († 1610 in Ingolstadt) war sein Neffe.

Werke

  • Kölner Taulerdruck (als Herausgeber), 1543 (s. Meister Eckhart)
  • Summa doctrinae christianae […]. 1555
  • Catechismus minimus (Kleiner Katechismus), 1556; univie.ac.at (Memento vom 17. Juli 2007 im Internet Archive) (deutsch)
  • Parvus catechismus catholicorum, 1558
  • Kurzer Inbegriff der christlichen Lehre Ausgabe 1826 und Katechismus der christkatholischen Religion in drei Abtheilungen Ausgabe 1833[10]

Ehrungen und Patronate

Büste des Peter Canisius in der Münchner Ruhmeshalle

1864 wurde Canisius selig und 1925 von Pius XI. heiliggesprochen und zum Kirchenlehrer ernannt. Leo XIII. bezeichnete ihn in der Enzyklika Militantis ecclesiae (1. August 1897) zum 300. Todestag als den „Zweiten Apostel Deutschlands“ nach Bonifatius.

Canisius' Büste fand Aufstellung in der Ruhmeshalle in München.

Canisius ist Schutzpatron der katholischen Schulorganisation in Deutschland und der 1964 errichteten Diözese Innsbruck.

Folgende Institutionen, Objekte und Werke sind nach Canisius benannt:

Literatur

  • Friedrich Wilhelm BautzCanisius, Petrus. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 909–912.
  • James Brodrick: Petrus Canisius: 1521–1597. Aus dem Engl. übers. von Karl Telch. Herder, Wien 1950 (2 Bände).
  • Pierre Emonet: Petrus Canisius. Der Unermüdliche. Aus dem Französischen übersetzt von Dietmar Bauer SJ und Klaus Jochum SJ. Echter-Verlag, Würzburg 2021, ISBN 978-3-429-05549-3.
  • Leonhard Ennen: Canisius, Petrus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 749–756.
  • Rita Haub: Petrus Canisius. Botschafter Europas. Lahn-Verlag, Limburg 2004, ISBN 3-7867-8513-9.
  • Rita Haub: Petrus Canisius und die Bedeutung seiner literarischen Tätigkeit für die Schweiz. In: Freiburger Geschichtsblätter, Jg. 74 (1997), S. 23–69, Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird..
  • Hubert JedinCanisius, Petrus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 122 f. (Digitalisat).
  • Werner Kunzenmann (Red.): Petrus Canisius. Er bewegte den Erdteil. Hrsg. durch die Diözese Innsbruck, Pfarre Petrus Canisius. Innsbruck 1994, ISBN 3-9014-5051-8.
  • Franz Loidl, Martin Krexner: Wiens Bischöfe und Erzbischöfe. Schendl, Wien 1983, ISBN 3-85268-080-8.
  • Mathias Moosbrugger: Petrus Canisius, Wanderer zwischen den Welten. Tyrolia, Innsbruck 2021, ISBN 978-3-7022-3929-9.
  • Mathias Moosbrugger: „Ich ... kann den Mund nicht halten“. Petrus Canisius und das Apostolat der Geschwätzigkeit. In: Geist und Leben, Jg. 94 (2021), S. 133–140.
  • Julius Oswald, Peter Rummel (Hrsg.): Petrus Canisius, Reformer der Kirche. Festschrift zum 400. Todestag des zweiten Apostels Deutschlands. Sankt Ulrich, Augsburg 1996, ISBN 978-3-929246-17-9.
  • Otto Pfülf: Der selige Pater Petrus Canisius in seinem tugendreichen Leben dargestellt. Zur 300jährigen Gedächtnisfeier seines Todes. Benziger Verlag, Einsiedeln 1897.
  • Klaus Unterburger: Die Katechismen des Petrus Canisius. Eine Erfolgsgeschichte. In: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte, Bd. 39 (2020), S. 61–80.
  • Heinz Wieser: Petrus Canisius, der Jesuitenorden und das Akademische Gymnasium Innsbruck. In: Der Schlern, Bd. 94 (2021), Heft 6, S. 64–71.

Weblinks

Commons: Petrus Canisius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Petrus Canisius im Ökumenischen Heiligenlexikon, abgerufen am 10. März 2013
  2. Jan Buys SJ an Matthäus Rader SJ, Mainz, am 3. Januar 1611, in: Otto Braunsberger (Hrsg.): Beati Petri Canisii Iesu Epistulae et Acta VIII. Friburgi Brisgoviae 1923, S. 399–400.
  3. Hans Baumann: Daten der Mainzer Stadtgeschichte. In: Stadt Mainz (Hrsg.): Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft, Geschichte. Verlag Hermann Schmidt, Mainz, II/1993.
  4. stephanskirche.at.
  5. Erzdiözese Wien: Petrus Canisius: der Mann, der Wien wieder katholisch machte. In: erzdioezese-wien.at. 5. Mai 2021, abgerufen am 5. Mai 2021.
  6. Anton Schmid: Die Anfänge der Domprädikaturen in den deutschsprachigen Diözesen. In: Römische Quartalschrift für Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 89 (1994), Heft 1–2, S. 78–110, hier S. 99.
  7. Walter Ansbacher: Hexenglaube und Hexenverfolgung in der abendländischen Geschichte. Hrsg.: Bischöfliches Seelsorgeamt Augsburg. Fachbereich für Religions- und Weltanschauungsfragen (= Weltanschauung. Nr. 1/2008). Augsburg 2008, Der Neubeginn der Hexenverfolgungen nach der Reformation (bistum-augsburg.de [PDF; 362 kB; abgerufen am 10. März 2013]).
  8. https://www.jesuiten.org/news/reliquien-des-hl-petrus-canisius-in-fribourg-erhoben-1
  9. herzmariae.blogspot.com.br (deutsch)
  10. Canisius-Preis für Abiturientin. In: Augsburger Allgemeine, über die erste Preisverleihung; abgerufen am 27. August 2017
VorgängerAmtNachfolger
Christoph WertweinAdministrator von Wien
1554–1555
Anton Brus von Müglitz