Plácido Domingo

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Plácido Domingo (2019)
Plácido Domingo (2014)

José Plácido Domingo Embil, KBE (* 21. Januar 1941[1] in Madrid) ist ein spanischer Opernsänger der Stimmlagen Tenor und Bariton[2], Dirigent und Intendant. Er gehörte neben José Carreras und Luciano Pavarotti zu den Drei Tenören.

Leben

Plácido Domingo als Festredner beim National Endowment for the Arts 2008

Plácido Domingo wurde als Sohn der Zarzuelasänger Pepita Embil und Plácido Domingo Ferrer geboren und verbrachte seine Kindheit ab 1949 in Mexiko. Seine erste Frau war von 1957 bis 1958 Ana María Guerra Cué, und seit 1962 ist er mit der Sopranistin Marta Ornelas (* 1935) verheiratet. Er debütierte 1959 in einer kleinen Rolle (Borsa in Rigoletto in Mexiko-Stadt) und am 19. Mai 1961 als Alfredo in der Traviata (in Monterrey, Mexiko). Von 1962 bis 1965 war er zusammen mit seiner Frau in Tel Aviv (Israel) engagiert, bevor seine eigentliche internationale Karriere mit einem erfolgreichen Auftritt 1966 an der New York City Opera in Alberto Ginasteras Don Rodrigo begann. Seither ist er an allen großen Opernhäusern und Opernfestspielen der Welt aufgetreten – so zum Beispiel unter anderem am Gran Teatre del Liceu (Debüt 1966), an der Hamburgischen Staatsoper (Debüt 1967), der Wiener Staatsoper (Debüt 1967), der Deutschen Oper Berlin (Debüt 1967), der Metropolitan Opera (Debüt 1968), der Lyric Opera of Chicago (Debüt 1968), der Arena von Verona (Debüt 1969), der San Francisco Opera (Debüt 1969), der Mailänder Scala (Debüt 1969), am Royal Opera House London (Debüt 1971), an der Bayerischen Staatsoper München (Debüt 1972), am Teatro Colón (Debüt 1972), an der Pariser Oper, (Debüt 1973), bei den Salzburger Festspiele (Debüt 1975), an der Los Angeles Opera (Debüt bei der Eröffnung am 7. Oktober 1986), an der Washington National Opera (Debüt 1986), am Mariinski-Theater (Debüt 1992), bei den Bayreuther Festspielen (Debüt 1992), an der Berliner Staatsoper (Debüt 1993), am Teatro Real (Debüt 1997) sowie an der Königliche Oper Kopenhagen (Debüt 2006).

Domingo gilt als einer der vielseitigsten Tenöre und hat 134 verschiedene Rollen gesungen. Im Mittelpunkt seines breiten Repertoires steht das italienische und französische Fach mit Opern von Giuseppe Verdi, Giacomo Puccini, Georges Bizet, Jules Massenet, Pietro Mascagni, Ruggero Leoncavallo, Umberto Giordano und anderen. Eine seiner Paraderollen war der Otello (in der gleichnamigen Oper von Verdi), mehrmals auf Schallplatte aufgenommen und von Franco Zeffirelli mit ihm verfilmt. Er hat sich auch als Wagner-Sänger profiliert, speziell als Lohengrin, Siegmund (in Die Walküre) und als Parsifal. Er singt auch in Russisch (Gherman in Pique Dame) und hat an den Uraufführungen der Opern Goya (von Gian Carlo Menotti), El Poeta (von Federico Moreno Torroba), Divinas palabras (von Antón García Abril) und Nicholas and Alexandra (von Deborah Drattell) mitgewirkt. Bis in die jüngste Zeit eignet er sich immer wieder neue Rollen an: So hat er beispielsweise 2005 neu Franco Alfanos Cyrano de Bergerac an der Met einstudiert sowie den Part des Tristan in Wagners Tristan und Isolde auf CD aufgenommen. Im Dezember 2006 und Januar 2007 sang er an der Met die Hauptrolle in der Uraufführung der neuesten Oper von Tan Dun, The First Emperor.

Domingo begann als Bariton und sang vor seiner Tenorkarriere nur eine Bariton-Partie auf der Bühne, den Figaro in Il barbiere di Siviglia unter Claudio Abbado. In jüngerer Zeit sang er den Simon Boccanegra am Royal Opera House, Covent Garden (2007), Germont (La traviata) und die Titelpartien in Nabucco und Rigoletto. 2013 verkörperte er die Partie des Grafen Luna in Verdis Il trovatore an der Berliner Staatsoper, 2014 auch bei den Salzburger Festspielen. Ab den neunziger Jahren (erstmals anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 1990) war er zusammen mit José Carreras und Luciano Pavarotti (Die drei Tenöre) wiederholt und mit Erfolg in großen Arenen aufgetreten. Auf dem 2002 veröffentlichten Album Shaman des Latin Rock- und Jazz-Gitarristen Carlos Santana übernahm er den Gesangspart des letzten Songs, Novus.

1996 wurde Domingo künstlerischer Direktor der Washington National Opera und war von 2003 bis 2011 ihr Generaldirektor; seit 2003 ist er Generaldirektor der Oper von Los Angeles. Er ist auch als Dirigent tätig, unter anderem dirigierte er an der Met, am Covent Garden, an der Staatsoper Unter den Linden, an der Wiener Staatsoper, an der Bayerischen Staatsoper, am Theater an der Wien und bei den Bayreuther Festspielen (Die Walküre, 2018). 1993 gründete er Operalia, einen Wettbewerb für junge Opernsänger, der seither jährlich in verschiedenen Städten der Welt durchgeführt wird (bisher in Paris, Mexiko-Stadt, Madrid, Bordeaux, Tokio, Hamburg, San Juan, Los Angeles, Washington, Valencia sowie in der trinationalen Bodensee-Region).

Domingo setzte sich für die Wiederaufführung wenig bekannter Werke ein, in denen er selbst auftritt, so im Theater an der Wien in einer Zarzuela (Luisa Fernanda von Federico Moreno Torroba), (Goya von Gian Carlo Menotti) und Verdis I due Foscari. 2016 trat er hier außerdem in der Rolle des Macbeth von Verdi mit dem Finale der Fassung von 1847 auf. Im Mai 2017 wurde anlässlich des Jubiläums seines ersten Auftretens an der Wiener Staatsoper vor 50 Jahren eine Gala veranstaltet, in der Domingo in drei Bariton-Partien Verdis auftrat: Renato (Un ballo in maschera), Germont (La traviata) und Simon Boccanegra. Am 11. Juni 2017 debütierte er dort in der Rolle des Marquis Posa in Don Carlo.

Karitatives Engagement

Domingo ist für seine vielfältigen Wohltätigkeitsveranstaltungen und -aktionen bekannt. So gründete er nach dem großen Erdbeben in Mexiko-Stadt, bei dem er auch eigene Familienangehörige verlor, ein Kinderdorf für die Waisen des Erdbebens. Ein Jahr lang sagte er beinahe alle Verpflichtungen an den großen Opernbühnen ab und gab nur noch Benefizkonzerte, deren Erlös den Waisen und anderen Hilfsprojekten in Mexiko zugutekam. Immer wieder unterstützt er Hilfsprojekte in aller Welt, speziell solche, die sich benachteiligter Gruppen annehmen. Im November 2006 wurde er – gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern – von dem Schweizer Hörgerätehersteller Phonak zum „Botschafter des Hörens“ ernannt. Er unterstützt die Hear the World Foundation zum Schutz des Gehörs und zur Hilfe für Hörgeschädigte. Seit Juni 2011 gehört Domingo gemeinsam mit den Weltfußballern Pelé und Johan Cruyff sowie dem früheren Außenminister der USA Henry Kissinger und dem ehemaligen Vorsitzenden des FBI Louis Freeh zur Lösungskommission der FIFA.[3]

Vorwürfe wegen sexueller Belästigung

Im August 2019 wurden Vorwürfe wegen sexueller Belästigung mehrerer Kolleginnen bekannt, die bis zu 30 Jahre zurückreichen.

Es wurde jedoch nie offiziell Anzeige erstattet, noch gab es ein Gerichtsverfahren oder eine Verurteilung.

Nichtsdestotrotz trat er daraufhin von seinem Posten als Generaldirektor der LA Opera zurück. Zitat: Er tue dies mit "schwerem Herzen", aber angesichts der jüngsten Anschuldigungen gegen ihn sei dieser Schritt im besten Interesse für das Opernhaus.[4]

Ende Februar 2020 entschuldigte sich Domingo bei allen Kolleginnen und Kollegen, die sich durch seine Äußerungen oder Handlungen unwohl oder in irgendeiner Weise verletzt gefühlt haben. Er hat wiederholt, dass es nie seine Absicht war, jemanden zu verletzen oder zu beleidigen. „Ich habe mich nie aggressiv gegenüber jemandem verhalten, und ich habe nie etwas getan, um die Karriere von jemandem in irgendeiner Weise zu behindern oder zu schädigen. Im Gegenteil, ich habe einen Großteil meines halben Jahrhunderts in der Opernwelt damit verbracht, die Branche zu unterstützen und die Karriere unzähliger Sängerinnen und Sänger zu fördern.“[5]

Die von der Oper von Los Angeles eingeleitete Untersuchung über die Vorfälle am Haus bestätigte die Vorwürfe nicht, kritisierte aber die unzureichende Kommunikation und fehlendes Bewusstsein über sexuelle Belästigung an der Oper.[6]

Ehrungen und Auszeichnungen

Domingo erhielt mehrere hohe Ehrungen, wie z. B. Prinz-von-Asturien-Preis (Spanien, 1991), Kennedy Center Honoree (USA, 2000), Honorary Knighthood (Großbritannien, 2002), Commandeur de la Legion d’Honneur (Frankreich, 2002), Presidential Medal of Freedom (USA, 2002), World Award in der Kategorie World Achievement Award (2003), Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse usw. sowie die Ehrendoktorate des Royal Northern College of Music (England, 1982), des Philadelphia College of Performing Arts (USA, 1982), der Oklahoma City University (USA, 1984), der Universität Complutense Madrid (Spanien, 1989), der University of New York (USA, 1990), der Georgetown University (USA, 1992), des Washington College of Chestertown (USA, 2000), der Universidad Anáhuac (Mexiko, 2001), der Fryderyk-Chopin-Musikakademie, Warschau (Polen, 2003) und der Universität Oxford (England, 2003), Classical Brit Award (England, Mai 2006, für seine 2006 erschienene Studioaufnahme Tristan und Isolde und für sein Lebenswerk) sowie das Große Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich (2007) und das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. Er ist Bayerischer (2005) und österreichischer Kammersänger. Seit 2000 ist er Mitglied der American Academy of Arts and Sciences.[7] Zudem ist er Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper und Träger deren Ehrenringes (2012) sowie des Ehrenrings der Stadt Wien (1994). Ein Stern auf dem Hollywood Walk of Fame führt seinen Namen. Im Jahr 2008 erhielt er einen „Bambi“, und 2009 wurde er als Erster mit dem mit einer Million Dollar dotierten Birgit-Nilsson-Preis ausgezeichnet. Ebenfalls 2009 erhielt er in der Dresdner Semperoper den ECHO Klassik-Preis für sein Lebenswerk. Im November 2010 erhielt er den Latin Grammy Award „Person of the Year“ für seine „professionellen und philanthropischen Verdienste“. 2013 wurde er mit dem japanischen Praemium Imperiale geehrt. 2015 wurde er Ehrendoktor der Universität Salamanca.[8] 2020 wurde ihm der Österreichische Musiktheaterpreis für sein Lebenswerk zuerkannt.[9]

Diskografie

Studioalben

Jahr Titel Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[10]
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 DE  AT  CH  UK  US  ES
1983 My Life for a Song UK31
(8 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: Mai 1983
1986 The Collection UK30
Gold
Gold

(14 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: Dezember 1986
1988 Greatest Love Songs UK63
(2 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: April 1988
1989 Goya: A Life in Song UK36
(4 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: März 1989
The Essential UK20
Gold
Gold

(8 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: März 1989
Die schönste Stimme DE6
Gold
Gold

(12 Wo.)DE
Erstveröffentlichung: Dezember 1989
1990 Be My Love: An Album of Love UK14
Gold
Gold

(12 Wo.)UK
US171
(6 Wo.)US
Erstveröffentlichung: November 1990
1991 The Broadway I Love UK45
Silber
Silber

(6 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: November 1991
1992 Arias And Spanish Songs UK47
(3 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: Juni 1992
1994 De Mi Alma Latina – From My Latin Soul UK97
(1 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: Oktober 1994
2000 Songs of Love – Love Songs DE83
(3 Wo.)DE
UK53
(4 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: August 2000
2008 Amore Infinito DE99
(1 Wo.)DE
US117
(2 Wo.)US
ES39
(16 Wo.)ES
Erstveröffentlichung: November 2008
2012 Songs AT20
(8 Wo.)AT
UK78
(2 Wo.)UK
US136
(2 Wo.)US
ES37
(4 Wo.)ES
Erstveröffentlichung: Oktober 2012

Trivia

Eine Puppe aus der Sesamstraße namens Placido Flamingo (im englischen Original auch „Blaffido Flamingo“) wurde nach dem Opernsänger benannt und geriert sich entsprechend als großspuriger Opernstar.[11] Domingo selbst trat als Gast in einem Duett mit der Puppe auf.[12]

Im Hollywoodfilm Manolo und das Buch des Lebens aus dem Jahr 2014 spricht Domingo den Urgroßvater Manolo.

Literatur

Weblinks

Commons: Plácido Domingo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Plácido Domingo, My first forty years (Knopf, 1983), S. 7; Stanley Sadie, The New Grove Dictionary of Music and Musicians (Macmillan, 1980), S. 533; Daniel Snowman, Plácido Domingo's Tales from the Opera (Amadeus, 1994), S. 9; Helena Matheopoulos, Plácido Domingo - My Operatic Roles (Little Brown, 2000) S. 10 ff. unter Abdruck von Geburtsurkunde und Taufschein. In älteren Quellen finden sich zum Teil abweichende Angaben, so etwa das Jahr 1934 bei Karl Josef Kutsch und Leo Riemens, Das große Sängerlexikon (2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Francke 1982; in späteren Auflagen auf 1941 korrigiert); Attila Csampai und Dietmar Holland: Giacomo Puccini: Tosca. Texte, Materialien, Kommentare (rororo Opernbuch, 1980), S. 263; Harold Rosenthal und John Warack, The Concise Oxford Dictionary of Opera (2nd edition, Oxford University Press 1979, in späteren Auflagen auf 1941 korrigiert); bei Stanley Sadie und Alison Latham, The Norton/Grove Concise Encyclopedia of Music (Macmillan, 1994), S. 213 findet sich dagegen 1937.
  2. WAZ: Startenor Plácido Domingo singt jetzt Baritonrollen;abgerufen am 21. Sep. 2013
  3. Blatter vows to restore FIFA's credibility auf edition.cnn.com
  4. [1]
  5. Facebook Plácido Domingo 27.02.2020.
  6. LA Opera Independent Investigation: Summary of Findings and Recommendations, LA Opera, 10. März 2020.
  7. Book of Members. Abgerufen am 23. Juli 2016 (englisch).
  8. Plácido Domingo reivindica la presencia de la música en todos los niveles de la Educación al recibir el doctorado honoris causa por la Universidad de Salamanca. (Memento vom 17. Januar 2015 im Internet Archive) Nachricht vom 13. Januar 2015 auf saladeprensa.usal.es (spanisch), abgerufen am 14. Januar 2015.
  9. Österreichischer Musiktheaterpreis: Domingo erhält Preis für sein Lebenswerk. In: Die Presse. 26. Juli 2020, abgerufen am 26. Juli 2020.
  10. Chartquellen: DE AT CH UK US
  11. Placido Flamingo. In: SesameStreet.org. Abgerufen am 12. Dezember 2013.
  12. Classic Sesame Street – Look Through the Window (Placido Flamingo and Plácido Domingo).