Prosoziales Verhalten

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Prosoziales Verhalten bezeichnet in der Sozialpsychologie eine freiwillige Handlung, in der Menschen die Intention verfolgen, anderen Personen Nutzen zu bringen, oftmals[1] ohne dass es dabei um die eigenen Interessen (z. B. an Sicherheit) geht (Altruismus). Als Voraussetzung für prosoziales Handeln gilt Empathie. Prosozialem Verhalten steht antisoziales Verhalten und Aggression entgegen, in der Handeln anderen Personen Schaden zufügt, sei es in psychischer oder physischer Form.

Motivationen für prosoziales Verhalten

Der amerikanische Sozialpsychologe Daniel Batson erklärt sich die Gründe für prosoziales Verhalten anhand von vier motivationalen Kräften, nämlich dem Altruismus, dem Egoismus, dem Kollektivismus und den Prinzipien. Zu beachten gilt hierbei allerdings, dass nicht nur eines dieser Motive Ursache für prosoziales Verhalten sein muss. Es ist auch möglich, dass mehrere Motive auf dasselbe prosoziale Verhalten einen Einfluss nehmen.

Altruistische Verhaltensweise

Hierbei handelt eine Person freiwillig uneigennützig und selbstlos um anderen zu helfen. Dies kann dem handelnden Individuum selbst oftmals mehr Kosten als Nutzen bringen. Dieses Verhalten erfolgt nicht zwanghaft willentlich, moralisch, normativ oder idealistisch, sondern kann auch Bestandteil des angeborenen Verhaltens einer Person oder eines anderen Lebewesens sein. Unterschieden wird unter anderem in Brutpflegeverhalten, moralischer und normativer Altruismus, Sympathie-Altruismus, rationaler Altruismus, Selbstverwirklichungs-Altruismus und pathologischer Altruismus. Empathie spielt oftmals ebenfalls eine große Rolle, durch die sich eine Person zu prosozialem Verhalten motiviert fühlen kann.

Egoistische Verhaltensweise

Der eigene Vorteil bildet hier die Grundlage des Handelns, weshalb die egoistische Verhaltensweise gegenteilig zur altruistischen Verhaltensweise als eigennützig beschrieben wird. Dementsprechend wird Hilfe dann geleistet, wenn das handelnde Individuum eine Gegenleistung oder eine andere Art von Belohnung dafür erwartet. Dazu zählt auch die Intention, das eigene Prestige zu verbessern oder an Beliebtheit und Freunden zu gewinnen.

Kollektive Verhaltensweise

Beim Kollektivismus nimmt eine bestimmte Gruppe die höchste Priorität ein, beispielsweise die eigene Familie, eine Partei oder eine Religion, weshalb man hierbei von prosozialem Verhalten sprechen kann, wenn man der jeweiligen Gruppe etwas Gutes tun möchte. Somit wird geholfen, um die Bedingungen des Kollektivs zu verbessern.

Prinzipien

Moralische Prinzipien regen Personen ebenfalls zu prosozialem Verhalten an. Dabei orientiert sich dessen Verhalten an religiösen und ethischen Richtlinien. Zudem spielt auch die Erziehung eine große Rolle dabei, ob eine Person prosozial handelt oder nicht.

Bedingungen für Hilfsbereitschaft und Störfaktoren

Des Weiteren ist die Hilfsbereitschaft einer Person situationsabhängig. Das Entscheidungsmodell für Hilfeverhalten von Latané und Darley erläutert, welche fünf Schritte auftreten müssen, damit in einer Notsituation eingeschritten wird. 1. Die Situation muss bemerkt werden. 2. Die Situation muss als Notfall registriert werden. 3. Die Person muss die Verantwortung für die Situation übernehmen. 4. Es wird entschieden, wie geholfen werden kann. 5. Es wird geholfen. Alle Schritte müssen erfolgen, damit tatsächlich eingeschritten wird. Dabei gibt es verschiedene Störfaktoren, die verhindern können, dass die jeweiligen Schritte umgesetzt werden können. Zu solchen Störfaktoren zählen Lärm sowie weitere Ablenkungen, Unklarheiten bezüglich des Gefahrenpotenzials, die Untätigkeit weiterer Zeugen, Ignoranz, Verantwortungsdiffusion, Angst, Unsicherheit oder soziale Normen. Menschen tendieren seltener dazu hilfsbereit zu handeln, wenn andere Personen anwesend sind. Das lässt sich auf den Zuschauereffekt zurückführen, welcher das Phänomen beschreibt, dass in Notsituationen wie einem Unfall häufiger nicht eingegriffen wird, wenn weitere Zeugen anwesend sind.

Entwicklung von prosozialem Verhalten

Biologische Erklärung

Ausgehend von Charles Darwins Evolutionstheorie, welche besagt, dass nur die am besten angepassten Lebewesen überleben, ist es zunächst schwierig nachzuvollziehen, weshalb Menschen hilfsbereit handeln sollten, wenn diese Handlungen das eigene Überleben riskieren könnten. Da prosoziales Verhalten meist gegenüber blutsverwandten Personen, wie beispielsweise den eigenen Nachkommen, auftritt, liegt die Vermutung nahe, dass der Hilfeleister damit das Überleben der eigenen Gene sicherstellt. Auch die Hilfeleistung gegenüber Personen außerhalb der eigenen Familie lässt sich evolutionspsychologisch erklären. Unterbewusst besteht gegenüber dem Hilfeempfänger nämlich die Erwartungshaltung, dass dieser im Falle einer Notsituation einem selbst ebenfalls zur Seite stehen wird. Dementsprechend sichert Hilfsbereitschaft gegenüber Nicht-Verwandten auch in einer gewissen Form das Weiterbestehen der eigenen Gene. Hilfreiches Verhalten ist also zum Teil genetisch bedingt und ergibt biologisch gesehen insofern Sinn, dass es sich langfristig lohnt fair zu handeln. Somit steckt teils auch Egoismus hinter selbstlosem Verhalten.

Erziehung

Um erfolgreich hilfreich zu handeln, genügt es nicht, dass die Grundvoraussetzung dafür in unseren Genen vorhanden ist. Es ist auch gelerntes Wissen erforderlich, damit individuell bestimmt werden kann auf welche Art und Weise in welcher Situation potenziell geholfen werden kann. Dies erlernen Menschen bereits im Kleinkindalter in Form von Beobachtungen ihrer Bezugspersonen. Hilfeleistungen werden observiert, wodurch sie schließlich nachgeahmt und erlernt werden können. Zudem lernen Kinder noch, sowohl ihre Mitmenschen besser einschätzen zu können und die Bedürfnisse anderer zu erkennen und zu verstehen, als auch wie sie ihr eigenes Handeln reflektieren, um Probleme lösen zu können. Dies verhilft Heranwachsenden dabei, die Grundstrukturen für prosoziales Verhalten zu entwickeln und zu formen.

Einzelnachweise

  1. Sowohl altruistische als auch egoistische Motivation kommt in Frage nach z. B. der Begriffsbestimmung von Hans-Werner Bierhoff: Art. prosoziales Verhalten, in: Dorsch Lexikon der Psychologie.

Weblinks