Der Satz von Turán (nach Pál Turán) ist eine Aussage aus dem mathematischen Teilgebiet der Graphentheorie. Er macht eine Aussage über die maximale Anzahl von Kanten, die ein Graph mit gegebener Knotenzahl haben kann, ohne einen vollständigen Untergraphen mit
Knoten enthalten zu müssen.
Der Fall der Dreiecke
Es sei
ein ungerichteter Graph mit
Knoten. Ein Untergraph aus drei Knoten heißt in naheliegender Weise ein Dreieck, wenn je zwei dieser drei Knoten durch eine Kante verbunden sind. Der Satz von Turán präzisiert die Aussage, dass der Graph, wenn er keine Dreiecke enthalten soll, nicht zu viele Kanten haben kann:
- Satz von Turán (Dreiecke):[1] Hat ein Graph
mit
Knoten keine Dreiecke, so hat er höchstens
Kanten.
Dabei ist
die größte ganze Zahl, die kleiner gleich
ist.
Für kleine
ist die Aussage klar:
Graphen mit 4 Knoten und mindestens 5 Kanten enthalten mindestens ein Dreieck.
: Dieser Graph hat weder Kanten noch Dreiecke und es ist
.
: Solche Graphen haben keine Dreiecke und höchstens eine Kante; es ist
.
: Solche Graphen haben genau dann ein Dreieck, wenn die Kantenzahl 3 ist; und es ist
.
: Es ist
und tatsächlich hat jeder 4er-Graph mit 5 Kanten mindestens ein Dreieck.
Für größere
führt man die Aussage auf Graphen mit
Knoten zurück, was dann einen Induktionsbeweis ermöglicht, wobei man gerade und ungerade
unterscheiden muss. Hier soll nur der Fall für gerade
kurz angedeutet werden:
Entfernt man a und b aus G so verbleiben nur die schwarzen Kanten.
Man entferne eine Kante, die zwei Knoten
und
verbindet, aus
. Der so erhaltene Untergraph enthält ebenfalls keine Dreiecke und nur
Knoten, also gemäß Induktionsvoraussetzung höchstens
Kanten. Der Graph
hat darüber hinaus noch die entfernte Kante und weitere Kanten, die von
oder
ausgehen und in
enden. Gehen etwa
von
aus, so müssen die von
ausgehenden Kanten in anderen Knoten von
enden, denn anderenfalls enthielte
ein Dreieck, das heißt von
können höchstens
Kanten in
endende ausgehen. Die maximal mögliche Kantenzahl von
ist daher
.
Daraus folgt die Behauptung für gerade
. Der Fall ungerader
kann ganz ähnlich behandelt werden.
Die durch den Satz von Turán angegebene Grenze ist scharf, wie das Beispiel des bipartiten Graphen
zeigt, denn dieser Graph hat
Knoten und
Kanten.
Der Turán-Graph
Ein Dreieck ist der vollständige Graph
.
Es stellt sich daher die Frage, ob man eine Obergrenze für die Anzahl von Kanten eines Graphen, der keinen zu
isomorphen Untergraphen enthält, angeben kann.
Um diese Frage beantworten zu können, wird der so genannte Turán-Graph wie folgt definiert:
Der Turán-Graph

Der Turán-Graph
ist der vollständige m-partite Graph, der in der k-ten Klasse
Elemente hat. Beachte dazu, dass
gilt und
daher
Knoten hat. Die Anzahl der Kanten von
werde mit
bezeichnet.
Man kann zeigen, dass
wobei
ist und
für die Division mit Rest steht.
Der nebenstehende Turán-Graph
hat demnach
Kanten.
Eine leichte Rechnung zeigt
. Diese obere Abschätzung der Kantenzahl des Turán-Graphen wird häufig verwendet.
Der allgemeine Fall
- Satz von Turán:[2] Hat ein Graph
mit
Knoten keinen zu
isomorphen Untergraphen (
), so hat er höchstens
Kanten. Jeder Graph ohne einen zu
isomorphen Untergraphen mit
Knoten und
Kanten ist isomorph zum Turán-Graphen
.
In der extremalen Graphentheorie definiert man zu einem Graphen
die Zahl
als die maximale Kantenzahl, die ein Graph mit
Knoten und ohne einen zu
isomorphen Untergraphen haben kann. Der Satz von Turán hat daher folgendes Korollar:
Der Satz von Turán sagt aber mehr aus, nämlich dass je zwei Graphen mit
Knoten ohne einen zu
isomorphen Untergraphen, die diesen Extremwert realisieren, isomorph zu
sind.
Ist
und
gerade, so ist
und daher
. Ist
ungerade, so ist
und daher
. Daher ist
und man erhält den bereits oben besprochenen Spezialfall der Dreiecke.
Die im Satz vorgenommene Einschränkung
kann zu
abgeschwächt werden, auch wenn der dadurch entstehende Fall nicht sonderlich interessant ist. Ein Graph ohne einen zu
isomorphen Untergraphen ist ein kantenloser Graph und tatsächlich ist
für alle
. Auch die Fälle
müssen nicht ausgeschlossen werden. Für
ist
in der oben für
angegebenen Formel, und es ist daher
; man erhält daher die triviale Aussage, dass ein Graph mit
Knoten genau dann einen zu
isomorphen Untergraphen enthält, wenn er vollständig ist, denn
hat
Kanten. Ist
, so ist
und daher
, ist
so ist
und daher ebenfalls
; das heißt, in den Fällen
kann der Graph so viele Kanten wie möglich haben, was klar ist, da er ohnehin keinen zu
isomorphen Untergraphen enthalten kann.
Literatur
- K. Wagner: Graphentheorie. Bibliographisches Institut, Mannheim 1970, ISBN 3-411-00248-4
- P. Turan: Eine Extremalaufgabe aus der Graphentheorie. In: Mat. Fiz. Lapok., 48, 1941, S. 436–452 (ungarisch)
Einzelnachweise
- ↑ Frank Harary: Graphentheorie. R. Oldenbourg, München 1974, ISBN 3-486-34191-X.
- ↑ Béla Bollobás: Graph Theory, An Introductory Course. Springer Verlag, New York 1979, ISBN 0-387-90399-2, IV, §2, Theorem 6